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VwGH vom 23.02.1999, 98/05/0207

VwGH vom 23.02.1999, 98/05/0207

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Adelheid Kretschmer, des Franz Halasz, der Brigitte Halasz, des Reinhard Flunger und der Christine Flunger, alle in Gerasdorf, alle vertreten durch Dr. Wolf-Georg Schärf, Rechtsanwalt in Wien I, Kramergasse 1, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR-B XXII-20/97, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Mischek, Arbeiterwohnheim Gesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Dr. Axel Nepraunik, Rechtsanwalt in Wien XIX, Döblinger Hauptstraße 7), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom , eingelangt bei der Behörde am , beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für ein Arbeiterwohnheim mit Tiefgarage auf der Liegenschaft in Wien XXII, EZ 47, Grundstück Nr. 201/2, und EZ 53, Grundstück Nr. 202/2 der Katastralgemeinde Süßenbrunn. Das Baugesuch war mit der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom belegt. Das zu bebauende Grundstück ist ein Eckgrundstück, es wird im Westen von der Rohrergasse, in deren Verlauf auch die Grenze zwischen den Gemeindegebieten von Gerasdorf und Wien liegt, und im Süden von dem im spitzen Winkel zur Rohrergasse verlaufenden Elfingerweg begrenzt, der entlang der Bahntrasse führt. Die Grundstücke der Beschwerdeführer sind vom Bauvorhaben durch die Rohrergasse getrennt. Nach dem Plan über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen ist die Bauklasse I, offen oder gekuppelt, mit einer Gebäudehöhe von maximal 6,5 m und einer bebaubaren Fläche von maximal 25 % festgelegt, in einer Entfernung von 3 m von der Rohrergasse ist eine Baufluchtlinie festgelegt, die zwischen den Vermessungspunkten 3.87 und 3.75 nach Süden verläuft, sodaß der Winkel zwischen der Rohrergasse und dem Elfingerweg nicht bebaubar ist, entlang des Elfingerweges ist ebenfalls eine Vorgartentiefe von 3 m festgelegt.

Über das Baugesuch wurden drei Büroverhandlungen durchgeführt, zuletzt am , zu der die Beschwerdeführer als Anrainer geladen wurden. Sie sprachen sich gegen das Bauvorhaben aus und brachten vor, daß die Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinie nicht eingehalten würden, ebenso seien die Bestimmungen des "§ 134 a der Wiener Bauordnung betreffend den Abstand" des linken Gebäudes nicht eingehalten worden, es sei nicht gewährleistet, daß alle notwendigen Bestimmungen, die den Schutz der Anrainer zum Ziele hätten, eingehalten würden, insbesondere sei nicht gewährleistet, daß die erforderlichen baulichen Maßnahmen in bezug auf Immissionen von Lärm, Geruch und Abgasen getroffen worden seien.

Mit Bescheid vom erteilte der Magistrat der Stadt Wien, MA 37/22, der Mitbeteiligten die beantragte Baubewilligung; die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als unbegründet abgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom abgewiesen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom , B 245/98-4, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum Beschwerdepunkt führen die Beschwerdeführer aus, sie seien in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten auf bauliche Herstellungen und Errichtung eines Arbeiterwohnheimes, einer Tiefgarage und der Nichteinhaltung der Fluchtlinien und Abstände gemäß § 134 der Wiener Bauordnung verletzt. Der Verwaltungsgerichtshof geht im Zusammenhang mit dem übrigen Beschwerdevorbringen davon aus, daß es sich bei der behaupteten Verletzung im Recht der Anrainer auf bauliche Herstellungen und Errichtungen eines Arbeiterwohnheimes und einer Tiefgarage um eine sprachlich mißglückte Formulierung handelt, da im Recht auf bauliche Herstellungen und Errichtung eines Arbeiterwohnheimes und einer Tiefgarage im Beschwerdefall nur der Bauwerber verletzt sein könnte.

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit wird darin erblickt, daß der Berufungsbescheid nicht auf den Flächenwidmungsplan Rücksicht nehme. Dazu wird ausgeführt, daß der amtsführende Stadtrat F.S. in einem Schreiben erklärt habe, daß der bahnbegleitende Weg auf 6 m Breite ausgebaut würde. Infolgedessen könne die Baufluchtlinie im angefochtenen Bescheid nicht dem Flächenwidmungsplan entsprechen.

Dazu ist zunächst festzustellen, daß das Baugesuch mit der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom belegt war. Die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen gilt gemäß § 11 Wiener Bauordnung in der Fassung LGBl. Nr. 49/1993 auf die Dauer eines Jahres und ist für alle innerhalb dieses Zeitraumes eingebrachten Ansuchen um Bewilligung eines der im § 9 Abs. 1 lit. a bis d leg. cit. genannten Vorhaben maßgebend. Sie räumt daher einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Baubewilligung im Rahmen der bekanntgegebenen Bebauungsbestimmungen ein, mag sich auch der Bebauungs- oder Flächenwidmungsplan zwischenzeitlich geändert haben oder eine Bausperre verhängt worden sein. Im übrigen steht den Beschwerdeführern, deren Liegenschaften an der Rohrergasse liegen, kein Mitspracherecht in bezug auf die Gestaltung des Bauvorhabens entlang des Elfingerweges zu, wobei aber nicht unerwähnt bleiben soll, daß die bekanntgegebenen Bebauungsbestimmungen durch das Bauvorhaben auch in diesem Bereich eingehalten werden.

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, die Abstände "des linken Gebäudes" würden gemäß dem Einreichplan nicht eingehalten. Obwohl nicht klar ist, was die Beschwerdeführer unter dem "linken Gebäude" verstehen, ist festzustellen, daß das eingereichte Gebäude im Bereich der Rohrergasse die dort festgelegte Baufluchtlinie nur in einem Eckpunkt berührt, im übrigen von dieser Baufluchtlinie weit zurückrückt, sodaß keine Verletzung des subjektiv-öffentlichen Rechtes der Beschwerdeführer auf Einhaltung des Abstandes erkannt werden kann.

In der Verfahrensrüge wird vorgebracht, die Behörde habe es unterlassen, einen Lokalaugenschein durchzuführen.

Gemäß § 70 WBO ist eine mündliche Verhandlung durchzuführen, die Durchführung eines Ortsaugenscheines ist im Gegensatz zu den meisten anderen Bauordnungen nicht zwingend vorgeschrieben. Aus den aus § 45 und § 39 AVG ableitbaren Grundsätzen wird aber eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle dann durchzuführen sein, wenn ansonsten das Bauvorhaben oder seine Auswirkungen auf die Umgebung nicht verläßlich beurteilt werden könnten. Einen derartigen Umstand, der die Durchführung einer mündlichen Ortsverhandlung notwendig erscheinen ließe, erblicken die Beschwerdeführer darin, daß aus den "Flächenwidmungsplänen auch infolge des unterschiedlichen Maßstabes nicht ersichtlich" sei, ob und inwieweit der Flächenwidmungsplan mit den geplanten Baufluchtlinien übereinstimme. Die Verwendung unterschiedlicher Maßstäbe, die in den jeweiligen Plänen jeweils ersichtlich gemacht sind, kann nicht zu einer ernsthaften Schwierigkeit führen; um die Lage eines Bauvorhabens zu beurteilen, bedarf es eines Blickes in den Plan, zur Feststellung der Abstände genügt eine einfache Rechenoperation.

Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.

Wien, am