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VwGH vom 28.06.1995, 89/16/0014

VwGH vom 28.06.1995, 89/16/0014

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Steiner, Dr. Fellner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der A GmbH in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom , GA 13 - EG-340/1/2/86, betreffend Feststellung über das Zutreffen der Erfordernisse des Protokolls Nr 3 für die Ausstellung von Warenverkehrsbescheinigungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.220,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt ua die Erzeugung von und den Handel mit Schibindungen. Die Bestandteile der zur Gänze im Inland zusammengesetzten Schibindungen werden sowohl im Zollgebiet als auch im Zollausland (Japan sowie Gebiet des damaligen Jugoslawiens) hergestellt.

Auf Grund von Verifizierungsersuchen ausländischer Zollbehörden wurde eine Betriebsprüfung-Zoll durchgeführt, in der die Richtigkeit der von der Beschwerdeführerin ab November 1979 ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen durch Einsichtnahme in 1.070 Ursprungsnachweise und 1.609 Rechnungen geprüft wurde. In der über das Ergebnis dieser Prüfung am aufgenommenen Niederschrift wurde im wesentlichen festgehalten, von der Beschwerdeführerin sei eine Reihe von Warenverkehrsbescheinigungen zu Unrecht ausgestellt worden. Hiebei habe es sich um Ursprungsnachweise über Waren gehandelt, die entweder eindeutig aus Drittländern stammten oder um solche, die zwar im Inland erzeugt worden seien, aber unter so weitgehender Verwendung von Drittlandwaren, daß sie nicht die österreichische Ursprungseigenschaft erlangt hätten. Weiters seien auch Ursprungsnachweise über Waren ausgestellt worden, die sowohl im Inland als auch in Drittländern erzeugt worden seien, ohne daß durch eine verläßlich getrennte Lagerhaltung Gewähr gegeben gewesen wäre, es seien nur inländische Ursprungswaren mit den Warenverkehrsbescheinigungen exportiert worden. Die Beschwerdeführerin bestätigte die Richtigkeit des in der Niederschrift dargestellten Sachverhaltes und nahm zur Kenntnis, das Ergebnis dieser Prüfung könne ausländischen Zollbehörden bekanntgegeben werden.

In der Folge teilte der Bundesminister für Finanzen den ausländischen Zollbehörden mit, bestimmte von der Beschwerdeführerin gelieferte Schibindungen sowie Bindungsmusterbretter seien nicht als Erzeugnisse inländischen Ursprungs anzusehen.

Da die Beschwerdeführerin von den deutschen Importeuren für die nach Widerruf der Warenverkehrsbescheinigungen vorgeschriebenen Abgaben in der Bundesrepublik Deutschland im Regreßweg herangezogen wurde, stellte sie beim Zollamt Wien nachstehende Anträge:


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1.
Mit Schreiben vom den Antrag, einen Bescheid zu erlassen, "wonach die mit Rechnung vom gelieferten 15.340 Stück Racing-Brake, Artikel Nr. 177.640, österreichische Ursprungserzeugnisse im Sinne des Protokolls Nr. 3 ... sind".
2.
Mit Schreiben vom einen gleichlautenden Antrag für die mit Rechnung vom gelieferten 190 Stück Racing-Brake, Artikel Nr. 177.640".
3.
Mit Schreiben vom einen gleichlautenden Antrag für folgende an die Firma A ausgelieferten Waren:

"Warenverkehrsbescheinigung EUR 1-B 3056481-F 2/184

vom .

1440 Paar 160 Ferse 81 Artikel-Nr.: 107253 zu DM 36.086,40

1440 " 160 Backe 81 " " 118101 " " 24.076,80

5880 " Racing Brake " " 177640 " " 24.343,20

1440 " " " " " " " " 5.961,60

50 Stück Führung-Ferse

30-81 " " " " 71,50

50 Stück Führung-Ferse

60-81 " " 162078 " " 71,50

Warenverkehrsbescheinigung EUR 1-B 3056484-F 2/628

vom :

4320 Paar 160 Ferse 81 Art.-Nr.: 107253 im Wert ÖS 757.900,80

bzw. DM 108.259,20

4320 " 160 Backe 81 " " 118101 im Wert ÖS 505.440,--

bzw. DM 72.230,40

8640 " Racing Brake " " 177641 im Wert ÖS 250.560,--

bzw. DM 35.769,60

Warenverkehrsbescheinigung EUR 1-B 3056485-F 2/904

vom

10000 P. 157 Backe 1981 Art.-Nr. 117832 im Wert ÖS 1,280.000,--

bzw. DM 182.900,--

Warenverkehrsbescheinigung EUR 1-B 3056487-F 2/1 1303 vom

1920 P. 160 Ferse 1981 Art.Nr. 107253 im Wert von ÖS 336.844,--

bzw. DM 48.115,20

1920 " 160 Backe 1981 " " 118101 " " von ÖS 224.640,--

bzw. DM 32.102,40"


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4.
Mit Schreiben vom einen weiteren gleichlautenden Antrag für folgende Waren:

"Warenverkehrsbescheinigung - EUR 1-B 3056 492-F 2/2725 vom 19./:

10000 Paar 157 Backe 1981, Art.Nr. 117832 im Rechnungswert von ÖS 1,280,000,--

bzw. DM 182.900,--

Warenverkehrsbescheinigung - EUR 1-B 3056 493-F 2/2950 vom 20./

5000 Stück Bindungshülle 1980, Art.Nr. 131301

im Rechnungswert von ÖS 170.000,--

bzw. DM 24.500,--

200 Stück Musterbretter 60+RB (Racing Brake)-

81, Art.Nr. 179440 im Rechnungswert von ÖS 27,986,--

bzw. DM 3.998,--

400 Stück Musterbretter 30 + Bremse 30 -

1981, Art.Nr. 179450, im Rechnungswert von ÖS 36.848,--

bzw. DM 5.264,--

500 Stück Musterbretter 157 + Senior-Stop,

Art.Nr. 179460, im Rechnungswert von ÖS 66.780,--

bzw. DM 9.540,--

500 Stück Musterbretter 57 + Junior-Stop,

Art.Nr. 179470, im Rechnungswert von ÖS 31.899,--

bzw. DM 4.557,--

Warenverkehrsbescheinigung EUR 1-B 3056 500F 2/4032 vom 10./:

400 Stück Musterbretter-Pakete 1981, Art.Nr. 179400, im Rechnungswert von ÖS 1,008.000,--."

Die Beschwerdeführerin behauptete, in den Anträgen jeweils,beweisen zu können, es handle sich bei den strittigen Waren um Erzeugnisse inländischen Ursprungs.

Nach einer ergänzenden Betriebsprüfung-Zoll wurde am eine weitere Niederschrift mit Vertretern der Beschwerdeführerin aufgenommen. Dieser Niederschrift sind eidesstattliche Erklärungen von Bediensteten der Beschwerdeführerin angeschlossen. In der über das Ergebnis dieser Prüfung am aufgenommenen Niederschrift wurde im wesentlichen festgehalten, die Beschwerdeführerin sei nicht in der Lage, den Ursprung einzelner Waren belegmäßig nachzuweisen. Es gebe nur eidesstattliche Erklärungen von Angestellten der Beschwerdeführerin, wonach gleichartige Waren zwar im selben Raum, jedoch getrennt nach Herstellungsländern gelagert worden seien; überdies sei das Verpackungsmaterial nach Herstellungsländern unterschiedlich gewesen. Die Beschwerdeführerin bestätigte wiederum die Richtigkeit des in der Niederschrift dargestellten Sachverhaltes.

Auf Grund der Anträge erließ das Zollamt Wien den Bescheid

vom mit nachstehendem Inhalt:

"Es wird festgestellt, daß


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a)
all jene Waren, die ausschließlich in Drittländern hergestellt werden, von denen behauptet wird, daß sie österreichischen Ursprung besitzen, ohne daß dafür eine Begründung oder gar ein Beweis erbracht wird, das sind die Artikelnummern 16077 und 162078, weiters
b)
all jene Waren, zu deren Herstellung drittländische Materialien verwendet wurden, die nicht die Zolltarifnummer gewechselt haben, das sind die Artikelnummern 179400, 179440, 179450, 179460 und 169470, sowie
c)
all jene Waren mit unbestritten zwei verschiedenen Erzeugnisstätten, das sind die Artikelnummern 118101, 117832, 131301, 117640 und 177641,
welche alle mit Ursprungsnachweisen zur Ausfuhr gelangten, aus den jeweils gegebenen Gründen NICHT Ursprungserzeugnisse im Sinne des Protokolls Nr. 3 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom (BGBl. Nr. 466/1972 in der geltenden Fassung) sind.
All jene Ursprungsnachweise, die einen oder mehrere der oben angeführten Artikelnummern beinhalten, insbesondere die Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 Nrn.

B 3056481,

B 3056484,

B 3056485,

B 3056487,

B 3056492,

B 3056493 und

B 3056500

werden daher hinsichtlich der genannten Artikeln widerrufen.

Bezüglich des Artikels Nr. 107253 wurde festgestellt, daß dieser ein Ursprungserzeugnis darstellt."

Zur Begründung führte das Zollamt im wesentlichen aus, schon aus § 7 Abs 1 EG-Abkommen-Durchführungsgesetz (EGAbkDG) gehe klar hervor, die Beweislast für die Richtigkeit des Ursprungs von Waren liege bei der Beschwerdeführerin. Dies gelte sowohl im Zeitpunkt der Ausstellung einer Warenverkehrsbescheinigung als auch im Zeitpunkt der Prüfung ihrer Richtigkeit. Eine Warenverkehrsbescheinigung sei daher zu widerrufen, wenn der Exporteur anläßlich einer Prüfung keine zweckdienlichen Unterlagen zum Nachweis der Richtigkeit derselben vorlegen könne. Wie im Zug der Betriebsprüfung-Zoll festgestellt worden sei, sei eine Reihe von Warenverkehrsbescheinigungen zu Unrecht ausgestellt worden. Die Richtigkeit dieser Feststellung sei von der Beschwerdeführerin in der mit ihr am aufgenommenen Niederschrift bestätigt worden. In der Folge habe die Beschwerdeführerin behauptet, beweisen zu können, es handle sich bei den strittigen Waren um Erzeugnisse inländischen Ursprungs. Anläßlich der daraufhin durchgeführten ergänzenden Betriebsprüfung-Zoll sei es der Beschwerdeführerin nicht gelungen, den Ursprung einzelner Waren belegmäßig nachzuweisen. Die eidesstattlichen Erklärungen von Angestellten, es seien nur inländische Ursprungswaren in den Integrationsraum ausgeführt worden, vermögen den erforderlichen belegmäßigen Nachweis ebensowenig zu ersetzen, wie die behauptete, nach Herkunftsländern unterschiedliche Verpackung der Waren. Eigenartig erscheine es, daß Jahre nach den von der Beschwerdeführerin zur Kenntnis genommenen Feststellungen der Betriebsprüfung-Zoll behauptet werde, es seien nur inländische Ursprungswaren in den EG- bzw EFTA-Raum ausgeführt worden. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, daß die Beschwerdeführerin schon im Jahr 1977 zu Unrecht behauptet habe, inländische Ursprungswaren nach Italien exportiert zu haben; auch bei Exporten in die Schweiz und in die Bundesrepublik Deutschland sei bei den dortigen Zollbehörden der Verdacht entstanden, die Beschwerdeführerin habe unrichtige Warenverkehrsbescheinigungen ausgestellt. Es sei daher nicht erwiesen, daß die Beschwerdeführerin bei Exporten in den Integrationsraum ausschließlich über inländische Ursprungswaren Ursprungsnachweise ausgestellt habe.

Mit Berufung wandte die Beschwerdeführerin zunächst ein, es gehe nicht an, UNBEFRISTET festzustellen, bestimmte Waren stellten keine Erzeugnisse inländischen Ursprungs dar. Im übrigen vertrat sie die Ansicht, es sei - mit einer Ausnahme - unrichtig, sie hätte unter Verwendung von Warenverkehrsbescheinigungen Waren, die nicht inländischen Ursprungs gewesen seien, in den Integrationsraum exportiert. Beim Versand von Drittlandwaren in den Integrationsraum seien entweder keine Warenverkehrsbescheinigungen ausgestellt oder in den ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen darauf hingewiesen worden, daß mit inländischen Ursprungswaren auch solche japanischen bzw jugoslawischen Ursprungs verpackt seien. Es sei überdies unzulässig, bei Waren, die sowohl im Inland erzeugt als auch aus Drittländern zugekauft worden seien, generell den inländischen Ursprung zu verneinen. Es gehe schließlich nicht an, Beweisregeln für den inländischen Ursprung von Waren aufzustellen. Es seien zum Nachweis des Ursprungs der in Rede stehenden Waren bereits taugliche Zeugenbeweise erbracht worden; allerdings seien einige der genannten Zeugen noch nicht vernommen worden.

In einer Ergänzung zur Berufung bekämpfte die Beschwerdeführerin Feststellungen der Betriebsprüfung-Zoll, die jedoch nicht Gegenstand des Bescheides des Zollamtes vom gewesen sind.

Die belangte Behörde vernahm mehrere (ehemalige) Angestellte der Beschwerdeführerin zum Thema der Lagerung, Manipulation sowie des Ursprungs der in Rede stehenden Waren. Hiebei führte der Lagerleiter GH ua aus, die Waren seien nach Herstellungsländern getrennt in einem Raum gelagert worden. Ein Irrtum hinsichtlich des Ursprungs sei nicht auszuschließen, aber eher unwahrscheinlich. Vormerkwaren seien nicht gesondert gelagert worden. Im Gegensatz zu Waren aus Jugoslawien seien solche aus Japan nicht anders als inländische Ursprungswaren verpackt gewesen. Er habe auf diesen Verpackungen einen handschriftlichen Vermerk "Japan" angebracht. Die Exportsachbearbeiterinnen BB und BL gaben ua bekannt, sie hätten nach den Angaben des Lagerleiters Warenverkehrsbescheinigungen ausgestellt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß hiebei Fehler unterlaufen seien. Der (ehemalige) Leiter der Exportabteilung HD behauptete ua, es seien Packlisten vorhanden gewesen, aus denen der Ursprung der Waren ersichtlich gewesen sei.

Um beurteilen zu können, ob auf Grund der von der Beschwerdeführerin geführten Packlisten Rückschlüsse auf den Ursprung der in Rede stehenden Waren gezogen werden könnten, ordnete die belangte Behörde eine weitere ergänzende Betriebsprüfung-Zoll an. In der über das Ergebnis dieser Prüfung am aufgenommenen Niederschrift wurde im wesentlichen festgehalten, von der Lagerabteilung seien an die Exportabteilung sogenannte Packzettel übergeben worden. In den handschriftlich erstellten Packzetteln sei durch Symbole vermerkt worden, wenn keine inländischen Ursprungswaren versandt worden seien. Aus den Symbolen der Packlisten könne das Ursprungsland nicht abgelesen werden. Es seien daher, wenn kein besonderer Vermerk angebracht worden sei, Ursprungsnachweise ausgestellt worden. Die Beschwerdeführerin bestätigte abermals die Richtigkeit des in der Niederschrift dargestellten Sachverhaltes.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung mit der Maßgabe folgender Ergänzung des Spruches ab:

"Vorstehende Feststellungen beziehen sich auf den Zeitraum vom November 1979 bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieses Bescheides vom , Zl. EG-340/21.336/IA/86, d.i. bis zu dessen Zustellung".

Ferner wurden im Spruch des angefochtenen Bescheides unterlaufene Schreibfehler und zwar in lit b die Artikelnummer 169470 auf Artikelnummer 179470 und in lit c die Artikelnummer 117640 auf Artikelnummer 177640 berichtigt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde zunächst aus, die Beschwerdeführerin bemängle zu Recht, daß der Bescheid des Zollamtes keine Aussage über den Zeitraum enthalte, für den die in ihm enthaltenen Feststellungen getroffen worden seien. Eine Präzisierung des Feststellungszeitraumes liege jedoch insoweit vor, als dieser Bescheid im Spruch den Widerruf jener Warenverkehrsbescheinigungen verfüge, die sich auf die von den Feststellungen der unrichtigen Anwendung von Ursprungskriterien der Freihandelsabkommen erfaßten Waren bezögen. Ein solcher Widerruf könne sich den Denkgesetzen folgend nur auf die Vergangenheit, somit auf den der Wirksamkeit des Bescheides vorausgehenden Zeitraum beziehen. Die (österreichische) Zollbehörde habe diesen Bescheid auch nicht anders ausgelegt oder angewendet. Zur Beseitigung allfälliger Zweifel sei der Spruch des Bescheides des Zollamtes entsprechend zu ergänzen bzw abzuändern. Zur Frage der Feststellung einer Ware als Ursprungserzeugnis im Sinn des Protokolls Nr 3 zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und der EWG in Verbindung mit den Bestimmungen des EGAbkDG vertrat die belangte Behörde im wesentlichen die Ansicht, der Beschwerdeführerin sei unter Berücksichtigung des Ergebnisses des Zollverfahrens hinsichtlich der in Rede stehenden Waren der Nachweis mißlungen, diese seien Erzeugnisse inländischen Ursprungs. Von einer Umkehr der Beweislast könne keine Rede sein. Nach § 7 Abs 1 EGAbkDG obliege es demjenigen, der die Erteilung einer Warenverkehrsbescheinigung beantrage, die dafür notwendigen Angaben vollständig und wahrheitsgemäß zu machen und ihre Richtigkeit durch Vorlage aller nach Lage des Einzelfalls erforderlichen und geeigneten Unterlagen nachzuweisen. Es sei daher keineswegs erforderlich gewesen, von Amts wegen zusätzliche Ermittlungen durchzuführen. Die in Rede stehenden Waren gälten daher als Erzeugnisse unbestimmten (unbekannten bzw unbestimmbaren) Ursprungs, weswegen der Widerruf der Warenverkehrsbescheinigungen zu Recht erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Export von Waren in die EWG unter Inanspruchnahme der Abgabe von Warenverkehrsbescheinigungen verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Sowohl die Beschwerdeführerin als auch der Bundesminister für Finanzen erstatteten weitere Schriftsätze.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Verpflichtung der Behörde über die gestellten Anträge mit Bescheid abzusprechen, ergibt sich aus § 92 Abs 1 lit b BAO. Nach dieser Bestimmung sind Erledigungen einer Abgabenbehörde als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen.

Eine solche bescheidmäßige Feststellung hat ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage auch dann zu erfolgen, wenn sie ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse der Partei liegt (Stoll, BAO-Kommentar, 935). Ein solcher Feststellungsbescheid ist dann nicht zu erlassen, wenn die Rechtsfrage in einem anderen Verfahren geklärt werden kann; das andere Verfahren muß allerdings gleichwertig sein (Ritz, BAO-Kommentar, Rz 10 zu § 92).

Die Beschwerdeführerin ist, als der die Warenverkehrsbescheinigungen ausstellende Exporteur, nach Widerruf der Warenverkehrsbescheinigungen in den im Importstaat durchgeführten Abgabenverfahren, in denen dem ausländischen Abgabenschuldner die Abgaben vorgeschrieben werden, nicht Partei des Verfahrens und kann daher dort ihre Interessen nicht entsprechend vertreten. Die Erlassung eines (im Instanzenzug bekämpfbaren) Bescheides, mit den von der österreichischen Zollbehörde festgestellt wird, ob den exportierten Waren der österreichische Ursprung im Sinn des Protokolls Nr 3 zukommt, ist daher in einem solchen Fall für den Beschwerdeführer ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung.

Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, daß der Feststellungsbescheid des Zollamtes im Beschwerdefall seine Rechtsgrundlage nicht im § 7 Abs 3 EGAbkDG in der Fassung der 4. Novelle, BGBl Nr 545/1984, hat. Zum einen ist diese Regelung - sie lautet: "Über Antrag des Exporteurs ist in einem Bescheid festzustellen, zu welchem Ergebnis die Prüfung geführt hat; der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Aufnahme der Niederschrift zu stellen" - erst nach Stellung der Anträge am in Kraft getreten ist, zum anderen bezieht sich der Antrag - im Zeitpunkt der Antragstellung war der Inhalt dieser Regelung nicht bekannt und eine Änderung des Begehrens wurde im Verfahren nicht vorgenommen - nicht auf Feststellung des "Ergebnisses einer Prüfung", sondern auf Feststellung, daß "bestimmte Artikel in bestimmten Sendungen österreichische Ursprungserzeugnisse im Sinne des Protokolls Nr 3 sind".

Der zu erlassende Feststellungsbescheid war nur auf Antrag zu erlassen. In einem solchen Fall darf der Bescheid nur erlassen werden, wenn und soweit ein hierauf gerichteter Antrag vorliegt (Ritz, BAO-Kommentar, Rz 1 zu § 115).

Die Anträge beziehen sich - wie bereits dargestellt - auf die Feststellung der österreichischen Ursprungseigenschaft im Sinn des Protokolls Nr 3 für bestimmte Waren in bestimmten Sendungen.

Im Bescheid des Zollamtes Wien vom wurde festgestellt, daß alle unter lit a bis c angeführten, mit der Artikelnummer näher umschriebenen Waren nicht Ursprungserzeugnisse im Sinne des Protokolls Nr 3 seien. Beispielhaft ("insbesonders") wurden noch bestimmte Warenverkehrsbescheinigungen mit ihrer jeweiligen Nummer angeführt, die "hinsichtlich der genannten Artikel widerrufen" werden. Bezüglich eines Artikels wurde festgestellt, daß dieser ein Ursprungserzeugnis im Sinne des Protokolls Nr 3 sei.

Der angefochtene Bescheid übernahm den Inhalt dieses Spruches mit der Maßgabe der zeitlichen Einschränkung.

Damit hat die belangte Behörde - wie auch schon zuvor das Zollamt - jedoch den Boden der Antragstellung verlassen und über Umstände bescheidmäßig Feststellungen getroffen, die nicht beantragt waren, weil sie nicht über die im Antrag bestimmt bezeichneten Waren in den einzelnen konkret angeführten Sendungen abgesprochen hat, sondern ohne antragsmäßige Deckung darüberhinaus für alle mit einer bestimmten Artikelnummer näher bezeichneten Waren für einen bestimmten Zeitraum (auf die - unzulässige - zeitliche Beschränkung im angefochtenen Bescheid ist daher nicht näher einzugehen) festgestellt hat, diese Waren seien nicht Ursprungserzeugnisse im Sinne des Protokolls Nr 3 des Abkommens zwischen der Rebublik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Weiters wurden ebenfalls ohne entsprechenden Antrag der Beschwerdeführerin noch dazu völlig unbestimmt "all jene Ursprungsnachweise" (die Aufzählung der Warenverkehrsbescheinigungen erfolgt beispielsweise-arg.: "insbesonders") hinsichtlich bestimmter Artikel widerrufen.

Daraus ergibt sich, daß mit dem angefochtenen Bescheid Feststellungen getroffen wurden, die nicht beantragt waren. Der aus diesem Grunde mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete Bescheid war somit gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren wird schon bei der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides hinsichtlich der noch strittigen Ursprungseigenschaften der Waren zu berücksichtigen sein, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , Zl 89/16/0177, Slg Nr 6463/F) auch bei nachträglichen Prüfungen von Warenverkehrsbescheinigungen eine den Exporteur treffende Beweislastregel gilt. Erbringt nämlich der Exporteur die für die Richtigkeit der von ihm ausgestellten Ursprungsnachweise nötigen Beweise nicht, ist davon auszugehen, daß die Voraussetzungen für die Gewährung des Vorzugszolls nicht gegeben sind und die Ursprungsnachweise zu Unrecht ausgestellt wurden. Der Exporteur muß als von einer formellen Beweislast Betroffener die Richtigkeit seiner Erklärung eindeutig nachweisen. Nachweisen heißt in diesem Zusammenhang, daß ein behördliches Urteil über die Gewißheit des Vorliegens einer entscheidungsrelevanten Tatsache (eben die "Überzeugung" hievon) herbeigeführt wird. Die Glaubhaftmachung durch den Exporteur genügt daher nicht.

Schreibt der Gesetzgeber für den Nachweis bestimmter Tatsachen zwingend die Vorlage von "geeigneten Unterlagen" durch den Exporteur vor (§ 7 Abs 1 EGABkDG in der Fassung der 2. Novelle, BGBl Nr 599/1980), dann sind die Abgabenbehörden in diesen Fällen weder verpflichtet noch berechtigt, die fraglichen Tatsachen durch eigene Ermittlungsmaßnahmen aufzuklären (vgl nochmals Erkenntnis vom ).

Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift betont, sei sie keineswegs im Ermittlungsverfahren davon ausgegangen, daß die erforderlichen Nachweise nur durch bestimmte Beweismittel erbracht werden könnten (wie dies noch im bereits genannten Erkenntnis vom festgehalten ist). Sie habe im Ermittlungsverfahren auch andere als "buchhalterische" oder papiermäßige Nachweise verlangt, erhalten und gewürdigt.

Ob die Beschwerdeführerin den Nachweis der österreichischen Ursprungseigenschaft im Sinne des Protokolls Nr 3 der in den Anträgen genannten Waren letztlich zu führen imstande ist, wird von der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren in begründeter und schlüssiger Beweiswürdigung festzustellen sein. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es im Hinblick auf seine bloß kassatorische Entscheidungsbefugnis verwehrt, die Beweiswürdigung (auch nicht eingeschränkt auf das Antragsbegehren) vorzunehmen. Es erscheint aber auch nicht zielführend, jetzt noch auf die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid weiter einzugehen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß im fortgesetzten Verfahren die Beweislage sich allenfalls geändert darstellt.

Die von der Beschwerdeführerin beantragte Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG unterbleiben, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl Nr 416/1994.