VwGH vom 18.06.2002, 2001/16/0610
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der B in G, vertreten durch Dr. Rath und Partner, Rechtsanwälte in Graz, Friedhofgasse 20, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. RV 513/1-7/01, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Notariatsakt vom übertrug der Ehegatte der Beschwerdeführerin schenkungsweise an die Beschwerdeführerin die ideelle Hälfte der Liegenschaft EZ 1576 GB 63291 Weinitzen, bestehend aus den Grundstücken Nr. 1693 und 1696/3, wobei im Vertrag darauf hingewiesen wurde, dass sich auf der Liegenschaft der Rohbau eines Hauses befindet. Als Übergabs- und Übernahmstermin wurde der Tag der Vertragsunterfertigung vereinbart.
Mit Note vom teilten die Rechtsanwälte der Beschwerdeführerin dem Finanzamt Graz-Umgebung (im Folgenden kurz: Finanzamt) mit, dass der Rohbau einen Wert von ca. 1 Million Schilling aufweisen dürfte.
Mit vorläufigem Schenkungssteuerbescheid vom setzte das Finanzamt Schenkungssteuer ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 750.000,-- fest, wobei dieser Betrag als "Einheitswerte der Grundstücke" bezeichnet wurde.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit der Begründung, sie habe nur die Hälfte der beiden Grundstücke erworben. Außerdem würde der erhöhte Einheitswert der beiden Grundstücke zum S 109.000,-- bzw. S 135.000,-- betragen, wobei sie Ausfertigungen der Einheitswertbescheide vom 27. und , je zum beischloss. Diese Bescheide waren jeweils für unbebaute Grundstücke ergangen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab, wobei das Finanzamt darauf hinwies, dass sich gemäß § 19 Abs. 3 ErbStG zum Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld ein vorläufiger Einheitswert von S 1,501.000,-- ergebe; davon sei die Hälfte (S 700.500,--) als Bemessungsgrundlage für die Schenkungssteuer heranzuziehen.
Dagegen stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, wobei sie es als unverständlich bezeichnete, dass von einem vorläufigen Einheitswert von S 1,501.000,-- ausgegangen werde.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie davon ausging, es sei vom Finanzamt für das Grundstück Nr. 1693 mit dem Rohbau ein gemäß § 19 Abs. 3 ErbStG besonderer Einheitswert von S 1,012.000,--, gemäß AbgabenÄG 1982 ein um 35 Prozent erhöhter Einheitswert von S 1,366.000,-- festgestellt worden, sodass als Einheitswert für den Hälfteanteil der EZ 1576 ein Wert von S 750.000,-- herangezogen worden sei.
Ausgehend davon führte die belangte Behörde wörtlich Folgendes aus:
"Der besondere Einheitswert nach § 19 Abs. 3 ErbStG wird folgendermaßen ermittelt: Ausgehend von der Angabe der Berufungswerberin, dass die Kosten des Rohbaues S 1,000.000,-- betragen und der Einheitswert des Grundstückes Nr. 1693 im unbebauten Zustand zum mit S 81.000,-- festgestellt wurde, wird der besondere Einheitswert gem. § 19 Abs. 3 ErbStG für das Grundstück Nr. 1693 mit dem darauf befindlichen Rohbau zum Stichtag mit S 1,012.000,-- festgestellt.
(Der gem. AbgÄG 1982 um 35% erhöhte Einheitswert beträgt S 1,366.000,--).
Somit errechnet sich die Bemessungsgrundlage für die Schenkungssteuer wie im Folgenden dargestellt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
EW Grundstück 1693 mit Rohbau | S | 1,366.000 |
EW Grundstück 1696/3 | S | 135.000 |
Summe | S | 1,501.000 |
davon die Hälfte | ||
= Bemessungsgrundlage | S | 750.500" |
Außerdem wies die belangte Behörde darauf hin, dass vom Finanzamt Graz-Umgebung/Bewertungsstelle für das Grundstück Nr. 1693 (Einfamilienhaus) mit Bescheid vom , EW-AZ 69/540-2-3902/2 eine Artfortschreibung durchgeführt und ab der Einheitswert mit S 1,012.000,--, gem. AbgÄG 1982 um 35 Prozent erhöhter Einheitswert von S 1,366.000,-- festgestellt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass nur von einem Einheitswert von S 244.000,-- auszugehen sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 18 ErbStG ist für die Wertermittlung, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgebend.
Die Bewertung richtet sich nach § 19 Abs. 1 leg. cit., soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften).
Die Abs. 2 und 3 der letztzitierten Gesetzesstelle lauten:
"(2) Für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für inländisches Grundvermögen und für inländische Betriebsgrundstücke ist der Einheitswert maßgebend, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes (Besondere Bewertungsvorschriften) auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird.
(3) Haben sich in den Fällen des Abs. 2 die Verhältnisse zwischen dem unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld dergestalt geändert, dass nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung oder eine Artfortschreibung gegeben sind, so ist auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld ein besonderer Einheitswert festzustellen."
Die Bebauung eines Grundstückes stellt gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 iVm den §§ 51 und 53 Abs. 1 BewG einen Grund für eine Artfortschreibung dar.
Demzufolge hätte gemäß § 19 Abs. 3 ErbStG auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld (also zum ) ein besonderer Einheitswert festgestellt werden müssen, weil gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 leg. cit. bei Schenkungen unter Lebenden die Steuerschuld mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung entsteht.
Eine solche bescheidmäßig vorzunehmende Feststellung ist weder den vorgelegten Verwaltungsakten noch dem erstinstanzlichen Erbschaftssteuerbescheid zu entnehmen. Die Hinweise auf eine entsprechende Feststellung in der Begründung der Berufungsvorentscheidung vom sowie des angefochtenen Bescheides vermögen die vom § 19 Abs. 3 ErbStG geforderte besondere Einheitswertfeststellung zum ebensowenig zu ersetzen wie der im übrigen nur gegen Klement Ganster erlassene Einheitswertbescheid (Artfortschreibung) des Finanzamtes zum für "Grundbesitz (Einfamilienhaus)".
Da sohin die im Beschwerdefall gemäß § 19 Abs. 3 ErbStG erforderliche Feststellung eines besonderen Einheitswertes auf den fehlt, ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muss.
Für das fortzusetzende Verfahren wird bemerkt, dass mit Rücksicht auf die zum erfolgte Artfortschreibung für das bebaute Grundstück mit S 1,012.000,-- (gemäß AbgÄG 1982 erhöht auf S 1,366.000,--) eine Bewertung des Rohbaues zum mit demselben Betrag unter Bedachtnahme auf die gemäß § 53 Abs. 9 BewG heranzuziehenden "Kosten, die für die in Bau befindlichen Gebäude und Gebäudeteile bis zum Feststellungszeitpunkt entstanden sind" von vornherein als überhöht erscheint.
Mit Rücksicht auf die einfache Sach- und Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am