VwGH vom 21.03.2002, 2001/16/0608
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2002/16/0064 E
2002/16/0063 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der V GmbH in W, vertreten durch Dr. Gerald Ganzger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , Zl. Jv 4574 - 33a/01, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Bezirksgericht Donaustadt als Exekutionsgericht verhängte über die Beschwerdeführerin aufgrund der einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom wegen wiederholten Verstoßes gegen § 9a UWG Geldstrafen wie folgt: mit den Beschlüssen ON 1 und ON 2 vom Geldstrafen von jeweils S 40.000,--, mit den Beschlüssen ON 3 bis ON 14 vom bzw. Geldstrafen von jeweils S 60.000,--, mit den Beschlüssen ON 17 bis ON 30 vom bzw. Geldstrafen von jeweils S 80.000,-- und mit den Beschlüssen ON 31 bis ON 44, vom bzw. Geldstrafen von jeweils S 100.000,--, insgesamt somit Geldstrafen in der Höhe von S 3,320.000,--.
Mit wurden die Akten dieses Exekutionsverfahrens aufgrund der mit in Kraft getretenen 5. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien, BGBl. I 57/1999, vom Bezirksgericht Donaustadt dem mit zuständig gewordenen Bezirksgericht Leopoldstadt abgetreten.
Mit Beschluss vom gab das Landesgericht für ZRS Wien den Rekursen gegen obige Beschlüsse des Bezirksgerichtes Donaustadt nicht Folge. Der Revisionsrekurs wurde als unzulässig erachtet.
Mit Zahlungsauftrag vom schrieb die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Leopoldstadt der Beschwerdeführerin die Zahlung der genannten Geldstrafen zuzüglich Einhebungsgebühr vor.
In dem gegen diesen Zahlungsauftrag eingebrachten Berichtigungsantrag brachte die Beschwerdeführerin vor, die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Leopoldstadt sei zur Erlassung des Zahlungsauftrages unzuständig gewesen. Das Bezirksgericht Leopoldstadt sei durch die 5. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien, BGBl. I Nr. 57/1999, errichtet worden. Diese Novelle sei am in Kraft getreten. Nach Artikel II § 2 Abs. 1 dieser Gesetzesnovelle sei Artikel I, mit welchem die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Leopoldstadt für die Bezirke II und XX festgelegt worden sei, auch nach dem nicht anzuwenden. Dies gelte auch für Verfahrenshandlungen, Entscheidungen oder Verfügungen, die nach rechtskräftiger Beendigung dieser Verfahren vorzunehmen oder vorgenommen worden seien. Nach Artikel II § 2 Abs. 2 dieser Novelle sei jedoch auf Exekutionsverfahren der Artikel I auch dann anzuwenden, wenn diese Verfahren mit dem Ablauf des bereits anhängig gewesen seien.
Die Einbringung von Beugestrafen, die in einem Exekutionsverfahren verhängt worden seien, seien nicht in der EO geregelt, sondern im GEG 1962. Dieses Gesetz gelte gemäß § 1 GEG nicht nur für Geldstrafen, die nach der Exekutionsordnung (EO) verhängt würden, sondern für Geldstrafen aller Art, die von den Gerichten verhängt würden, oder deren Einbringung nach besonderen Vorschriften den Gerichten obliege. Die gerichtliche Einbringung der in einem Exekutionsverfahren verhängten Geldstrafen erfolge somit nicht nach den Bestimmungen der EO, sondern nach den Bestimmungen des GEG. Artikel II § 2 Abs. 2 der 5. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien beziehe sich ausschließlich auf Exekutionsverfahren. Deshalb bleibe für die gerichtliche Einbringung von Geldstrafen jeglicher Art aus Verfahren, die vor dem beim Bezirksgericht Donaustadt anhängig gemacht worden seien, dieses Bezirksgericht zuständig.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag mit der Begründung keine Folge, Artikel I der 5. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetzes für Wien, mit welchem die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Leopoldstadt festgelegt worden sei, sei auf Exekutionsverfahren auch dann anzuwenden, wenn diese Verfahren mit Ablauf des bereits anhängig gewesen seien. Alle in Frage kommenden Exekutionsakten seien daher an das Bezirksgericht Leopoldstadt abzutreten gewesen. Aufgrund der abschlägigen Entscheidung des Rekursgerichtes sei vom zuständigen Richter die Einhebung der Geldstrafen verfügt worden. Da sich diese Verfügung nur an den Kostenbeamten der zuständigen Geschäftsabteilung des Bezirksgerichtes Leopoldstadt richten und nur dieser die Einhebung veranlassen könne, liege die behauptete Unzuständigkeit nicht vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in ihrem Recht verletzt, keine Geldstrafe bezahlen zu müssen, weil der Zahlungsauftrag von einer örtlich unzuständigen Behörde erlassen worden sei.
Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die örtliche Zuständigkeit zur Erlassung des Zahlungsauftrages strittig. Ohne näher darauf einzugehen, welche Folgerungen sich aus der allfälligen örtlichen Unzuständigkeit der Kostenbeamtin für die Rechtmäßigkeit des verwaltungsbehördlichen Verfahrens im Beschwerdefall überhaupt ergeben, ist die Beschwerdeführerin mit ihrer Auffassung, die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Leopoldstadt sei unzuständig gewesen, nicht im Recht.
Mit der 5. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien, BGBl. I Nr. 57/1999, hat der Gesetzgeber das Bundesgesetz über die Errichtung des Bezirksgerichts Leopoldstadt und die Änderung der Zuständigkeiten der Bezirksgerichte Floridsdorf und Donaustadt beschlossen.
Durch Artikel I Z 2 der Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien wurde in § 2 Z 6a die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Leopoldstadt für die Bezirke II und XX festgelegt.
Mit Artikel I Z 3 dieser Novelle wurde in das Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien nach dem § 6c nachstehender § 6d eingefügt:
"§ 6d. (1) In Wien wird das Bezirksgericht Leopoldstadt errichtet.
(2) Das Bezirksgericht Leopoldstadt ist zur Ausübung der den Bezirksgerichten übertragenen Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen, in Strafsachen (§ 9 Abs. 1 StPO) sowie zur Ausübung der den Bezirksgerichten nach § 17 EO übertragenen Gerichtsbarkeit zuständig, soweit hiezu nicht das Bezirksgericht für Handelssachen Wien, das Bezirksgericht Innere Stadt Wien oder der Jugendgerichtshof Wien berufen sind."
Artikel II § 1 und § 2 Abs. 1 und Abs. 2 der Novelle lauten:
"§ 1. Dieses Bundesgesetz tritt am in Kraft.
§ 2. (1) Auf Verfahren, die bei den Bezirksgerichten Floridsdorf oder Donaustadt vor dem anhängig geworden sind, ist der Art. I auch nach dem nicht anzuwenden; dies gilt auch für Verfahrenshandlungen, Entscheidungen oder Verfügungen, die nach der rechtskräftigen Beendigung dieser Verfahren - etwa auch infolge einer Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklage (§§ 529, 530 f ZPO) oder einer Wiederaufnahme von Strafverfahren - vorzunehmen sind oder vorgenommen werden.
(2) Auf Exekutionsverfahren ist jedoch der Art. I auch dann anzuwenden, wenn diese Verfahren mit dem Ablauf des bereits anhängig waren."
Beim Bezirksgericht Donaustadt waren vor dem Exekutionsverfahren anhängig, in denen mit den Beschlüssen ON 1 bis ON 14 und ON 17 bis ON 44 über die Beschwerdeführerin Geldstrafen verhängt wurden.
Gemäß Artikel I u. II § 1 in Verbindung mit Artikel II § 2 Abs. 2 der 5. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien ist - von der Beschwerdeführerin unbestritten - in den in Rede stehenden Exekutionsverfahren die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Donaustadt mit auf das Bezirksgericht Leopoldstadt übergegangen.
Wenn der Zahlungspflichtige die geschuldeten Beträge nicht sogleich erlegt oder diese nicht aus einem Kostenvorschuss berichtigt werden können, wird die Einbringung dieser Beträge gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 GEG von dem hiezu bestimmten Beamten des Gerichtes erster Instanz (Kostenbeamter) veranlasst (Zahlungsauftrag).
Mit der Einbringung von Geldstrafen ist der Kostenbeamte des Gerichtes erster Instanz gemäß § 6 Abs. 1 GEG iVm § 234 Geo betraut (vgl. Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, S. 327 zu § 6 GEG).
Im Beschwerdefall war aufgrund der geänderten Zuständigkeiten durch die 5. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien in den in Rede stehenden Exekutionsverfahren ab ausschließlich das Bezirksgericht Leopoldstadt als Gericht erster Instanz zuständig. Somit war nach diesem Zuständigkeitsübergang die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Leopoldstadt gemäß § 6 Abs. 1 GEG iVm § 234 Geo zur Erlassung des Zahlungsauftrages für die im Exekutionsverfahren verhängten Geldstrafen örtlich zuständig, weil sich die Zuständigkeit des Kostenbeamten im Einbringungsverfahren gemäß § 210 Geo immer nach dem Gericht 1. Instanz richtet, bei dem jenes Verfahren anhängig ist, in dem der einzubringende Betrag entstanden ist.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde in Anbetracht der einfachen Rechtsfrage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Durch die Entscheidung in der Hauptsache erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters, der Beschwerde die beantragte aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am