VwGH vom 22.05.2001, 98/05/0174
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Friedrich Gruber in Waldneukirchen, vertreten durch Dres. Werner Steinacher und Alfred Hammerer, Rechtsanwälte in Salzburg, Jahnstraße 11, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-011600/1-1995 Pe/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:
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1. | Gemeinde Waldneukirchen, vertreten durch den Bürgermeister, | |||||||||
2. | Ing. Johann und Birgit Kalkgruber in Aschach an der Steyr, Hohe Bergstraße 2), zu Recht erkannt: |
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Gemeinde in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Zweitmitbeteiligten suchten mit Schreiben vom um die Erteilung der Baubewilligung für den Neu- und Umbau eines alten Bauernhofes auf der Parzelle Nr. 119/1 (Eggmair 38, Waldneukirchen) an. Die Bauwerber beabsichtigen, das ehemalige landwirtschaftliche Anwesen Eggmair 38 teilweise neu zu bauen und umzubauen. Die vorgesehenen Baumaßnahmen betreffen im Wesentlichen die Neuerrichtung des gesamten Hausstockes, wobei dieser im Ausmaß von ca. einem Drittel unterkellert werden soll. Weiters wird auf dem gesamten Anwesen der Dachstuhl erneuert und dadurch die bestehende Firsthöhe um ca. 80 cm erhöht. Eine landwirtschaftliche Nutzung des Anwesens ist nicht vorgesehen.
Das Baugrundstück liegt im Dorfgebiet; westlich des Baugrundstückes befindet sich die Tischlereibetriebsanlage des Beschwerdeführers, wobei dessen Grundstücke als Betriebsbaugebiet ausgewiesen sind.
Bei der Bauverhandlung vom wendete der Beschwerdeführer ein, er sei in seiner Gewerbeausübung gefährdet bzw. in seinem Recht eingeschränkt, auf das geplante Bauvorhaben von seinem bestehenden und genehmigten Betrieb genehmigte Emissionen einwirken zu lassen. Durch die Erhöhung des Gebäudes und den Einbau von Wohnräumen im Dachgeschoß sei mit höheren Emissionsbelästigungen zu rechnen als dies bisher der Fall gewesen sei. Er erklärte auch, er hätte gegen den jetzigen Bestand keinen Einwand, wenn der Bestand als landwirtschaftliches Objekt erhalten bliebe.
Der in der Verhandlung anwesende Bausachverständige führte aus, dass abzuklären sein würde, ob eine heranrückende Bebauung im Sinne des § 31 Abs. 5 Oö BauO 1994 vorliege. Er verwies auf die gewerbebehördliche Genehmigung vom , bei der der Dauerschallpegel an den Nachbargrundstücken mit Wohnhäusern mit 43 dB (A) und im Nahbereich von landwirtschaftlichen Gebäuden mit 53 dB (A) begrenzt wurde.
Auf diese Werte nahm der Beschwerdeführer bei der weiteren Verhandlung vom Bezug und brachte vor, dass er mit strengeren Auflagen durch die Gewerbebehörde rechnen müsse, als dies derzeit der Fall sei. Er stützte seinen Einwand auch auf § 3 Z. 4 Oö BauTG. Weiters machte er geltend, dass die Widmung Dorfgebiet nicht den Erfordernissen des Raumordnungsgesetzes entspreche.
Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde auf Grund des Ergebnisses der Bauverhandlung unter Auflagen die beantragte Baubewilligung. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden teils ab-, teils zurückgewiesen.
In seiner dagegen erstatteten Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, dass beim Bauvorhaben keine Instandsetzung vorliege, sondern der Hausstock zur Gänze abgerissen und daher ein neues Gebäude aufgebaut werde. Es handle sich um einen Neubau. Es seien nicht nur schädliche Umwelteinwirkungen zu beachten, die vom geplanten Bauvorhaben ausgehen, sondern auch solche, die von außen auf das geplante Bauvorhaben einwirkten. Außerdem beantragte er, den Flächenwidmungsplan für das Baugrundstück auf "Grünland" abzuändern.
Dieser Berufung gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom - abgesehen von Modifikationen im Spruch - keine Folge. § 31 Abs. 5 Oö BauO 1994 finde nur bei unbebauten Grundstücken Anwendung.
In seiner dagegen erstatteten Vorstellung machte der Beschwerdeführer insbesondere geltend, es liege in der Beschränkung der Einwendungsmöglichkeiten des benachbarten Gewerbetreibenden auf Fälle des Neubaues eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung vor, sodass bei verfassungskonformer Auslegung und entsprechend der Anordnung des § 3 Z. 4 BauTG Einwendungen des benachbarten Gewerbeinhabers auch in anderen Fällen, in denen durch eine gleich gelagerte Änderung der Verhältnisse, etwa durch Umbau eines landwirtschaftlichen Betriebes in ein Wohnhaus, in bestehende Rechte des Gewerbeinhabers eingegriffen werde, zulässig und im Bauverfahren zu berücksichtigen seien. Die vorliegende Widmung widerspreche dem Gebot, dass sich die einzelnen Widmungen gegenseitig möglichst nicht beeinträchtigen dürften.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangten Behörde der Vorstellung keine Folge. Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 5 Oö BauO 1994 sei das Recht des Nachbarn, Einwendungen der dort genannten Art zu erheben, auf den Fall beschränkt, dass es sich um einen Neubau auf einem bisher unbebauten Grundstück handle, da nur dann eine "heranrückende Bebauung" vorliege.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde nach Durchführung eines Vorverfahrens mit Beschluss vom , B 439/96, abgelehnt. In seiner Beschwerdeergänzung erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Nachbarrecht auf Berücksichtigung von Einwendungen gegen eine heranrückende Bebauung gemäß § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1995 verletzt. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, wie auch die mitbeteiligte Gemeinde, eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 (Stammfassung; BO) lautet:
"(5) Bei Neubauten auf bisher unbebauten Grundstücken (heranrückende Bebauung) sind auch Einwendungen zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer bestehenden benachbarten baulichen Anlage ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken. Dies gilt jedoch nur für Immissionen, die auf Grund rechtskräftiger Bescheide zulässig sind. In diesem Fall hat der Nachbar die entsprechenden Nachweise beizubringen."
Der Verwaltungsgerichtshof hatte mit Erkenntnis vom , Zl. 96/05/0008, einen gleich gelagerten Fall zu behandeln: Das Bauansuchen aus 1995 bezog sich auf einen Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses auf einem Grundstück, auf welchem sich bis 1994 ein landwirtschaftliches Gebäude befunden hatte. Selbst der Umstand, dass dieses Gebäude schon im Zeitpunkt der Verhandlung nicht mehr bestanden hatte, änderte nichts daran, dass das Grundstück nicht als "bisher unbebautes Grundstück" im Sinne des § 31 Abs. 5 BO qualifiziert werden konnte.
Ganz ähnlich war der Fall des Erkenntnisses vom , Zl. 99/05/0138: Auf einem Grundstück, auf dem sich ursprünglich eine Garage befand, sollte ein Bürohaus mit Mietwohnungen errichtet werden. Auch bei diesem Sachverhalt sah der Verwaltungsgerichtshof das Grundstück nicht mehr als "unbebaut" im Sinne des § 31 Abs. 5 BO an und lehnte die Auffassung des damaligen Beschwerdeführers, wonach es nur darauf ankomme, dass ein Grundstück bisher nicht mit Wohngebäuden bebaut sei, mangels einer entsprechenden Determinierung im Gesetz ab. Bei der Frage, ob ein bisher unbebautes Grundstück vorliege, komme es auf die Widmung eines bestehenden Objektes auf dem zu bebauenden Grundstück nicht an.
Daher liegt auch im Beschwerdefall kein "bisher unbebautes Grundstück" im Sinne der herangezogenen Gesetzesbestimmung vor, sodass die diesbezügliche Einwendung des Beschwerdeführers von den Verwaltungsbehörden zu Recht als unbegründet erkannt wurde.
Zu dem in der Beschwerde behaupteten Verfahrensmangel, die Behörde wäre zur Prüfung verpflichtet gewesen, in welchem Ausmaß durch das geplante Bauvorhaben eine Beeinträchtigung der Nachbarrechte des Beschwerdeführers dadurch möglich sei, dass sich die von seiner baulichen Anlage einzuhaltenden Grenzwerte verringerten, ist zu bemerken, dass eine solche Beweisaufnahme nur dann erforderlich gewesen wäre, wenn § 31 Abs. 5 BO zur Anwendung käme.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Da die zu beurteilende Rechtsfrage durch die zitierten Erkenntnisse geklärt wurde, konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am