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VwGH vom 24.04.2002, 2001/16/0601

VwGH vom 24.04.2002, 2001/16/0601

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des I M in W, vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in Wien VIII, Wickenburggasse 3, gegen den Bescheid des Präsidenten des LG für ZRS Wien vom , Zl. Jv 5825-33a/01, betreffend Gerichtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am brachte der Beschwerdeführer beim LG für ZRS Wien gegen drei beklagte Parteien eine Klage auf Zahlung von S 30 Mio. sA und Feststellung (bewertet mit S 1 Mio.) ein, wobei in einem beiliegenden Schriftsatz vom Rechtsanwalt des Beschwerdeführers Verfahrenshilfe mit folgendem Wortlaut beantragt wurde:

"In obiger Angelegenheit ersuche ich namens meiner Mandantschaft, I M, zur Prozessführung im Sinne beiliegender Klage die Verfahrenshilfe im vollen Umfang zu gewähren, wobei ich mich bereit erkläre, als Verfahrenshelfer tätig zu werden."

In der Klagsschrift selbst, die der auch jetzt für den Beschwerdeführer einschreitende Rechtsanwalt mit dem Beisatz "Vollmacht erteilt" namens des Beschwerdeführers einbrachte und unterfertigte, wird mit keinem Wort auf den Verfahrenshilfeantrag Bezug genommen.

Über gerichtlichen Verbesserungsauftrag vom legte der Beschwerdeführer ein Vermögensbekenntnis vor, worauf ihm mit B des LG f ZRS Wien vom , GZ. 20 Cg 192/00b-3, die Verfahrenshilfe bewilligt wurde. Dabei wurde ihm mit Bescheid der Abt. III des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom , Zl. Vz 1455/2000, der im Verfahrenshilfeantrag genannte Rechtsanwalt beigegeben.

Auf Grund von Rekursen der beklagten Parteien gegen die Bewilligung der Verfahrenshilfe wies das OLG Wien als Rekursgericht mit Beschluss vom , 13 R 141/00a, in Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses den Verfahrenshilfeantrag des Beschwerdeführers ab.

Daraufhin wurde für den eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung anberaumt. Nachdem am genannten Tag Ruhen des Verfahrens eingetreten war, erklärte der für den Beschwerdeführer eingeschrittene Rechtsanwalt dem Gericht gegenüber folgendes (AV v. ON 16):

"Ich erkläre, dass ich in ggst. Verfahren nur bevollmächtigt war, den Verfahrenshilfeantrag einzubringen und im Verfahren um Gewährung der Verfahrenshilfe bevollmächtigt war sowie eine Klage als bestellter Verfahrenshelfer einzubringen war".

Einem Aktenvermerk des LG für ZRS Wien vom ist zu entnehmen, dass der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers über telefonische Anfrage des Gerichtes seitens des Beschwerdeführers als klagender Partei die in einem Schriftsatz der Gegenseite vom aufgestellte Behauptung, es sei am zufolge Vereinbarung so genanntes "ewiges Ruhen" eingetreten, bestätigte.

Mit Zahlungsauftrag vom schrieb der Kostenbeamte des LG für ZRS Wien dem Beschwerdeführer Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG zuzüglich Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG vor.

Dagegen stellte der Beschwerdeführer einen Berichtigungsantrag mit der Behauptung, er habe die Erhebung der Klage von der Gewährung der Verfahrenshilfe abhängig gemacht. Bei Nichtgewährung der Verfahrenshilfe hätte er von der Klage abgesehen. Zufolge des Beschlusses des OLG Wien "wurde die

Klage ... nicht eingebracht".

Die belangte Behörde gab dem Berichtigungsantrag keine Folge, wobei sie davon ausging, dass weder in der Klage noch im Verfahrenshilfeantrag ein Hinweis darauf enthalten gewesen sei, dass die Klagserhebung nur für den Fall der Bewilligung der Verfahrenshilfe gelte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Unterbleiben der Gebührenvorschreibung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des gerichtlichen und des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Gerichtsgebührenpflicht knüpft - um eine einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten - an formale, äußere Tatbestände an (vgl. dazu die zahlreiche bei Tschugguel/Pötscher, MGA Gerichtsgebühren7 unter EA 6ff und B 2ff zu § 1 GGG referierte hg. Judikatur).

Gemäß § 2 Z. 1 lit. a GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Pauschalgebühr für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz u.a. mit der Überreichung der Klage begründet. Die Klagserhebung ist ein formaler, äußerer Tatbestand, der die Gerichtsgebührenpflicht begründet.

Die Bewilligung der Verfahrenshilfe bewirkt gemäß § 8 GGG persönliche Gebührenfreiheit, wobei gemäß § 9 leg. cit. die Gebührenfreiheit im Falle der Bewilligung mit dem Tag eintritt, an dem die Verfahrenshilfe beantragt worden ist.

Der Kostenbeamte ist an die Entscheidungen des Gerichtes über die Verfahrenshilfe gebunden (Tschugguel/Pötscher a.a.O EA 3ff zu § 9 GGG).

Nach ständiger hg. Judikatur stellt die Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag keine abzuwartende Voraussetzung für die Vorschreibung der Gerichtsgebühr dar (Tschugguel/Pötscher a.a.O. EA 9 zu § 9 GGG) und entsteht die Gerichtsgebührenpflicht mit der Überreichung der Klage auch dann, wenn ein in der Klage gestellter Verfahrenshilfeantrag in der Folge abgewiesen wird (so insbesondere die a.a.O. unter EA 11 zitierten hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/16/0260, und vom , Zlen. 2000/16/0374, 0375; vgl. auch die a.a.O. unter EB 4 referierte hg. Rechtsprechung).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist dem Beschwerdeführer, der jetzt den Standpunkt einnimmt, er habe seinen Rechtsanwalt "niemals bevollmächtigt", in seinem Namen eine Klage einzubringen (die Vollmacht habe sich nur auf die Vertretung im Verfahren zur Erlangung der Verfahrenshilfe bezogen) entgegenzuhalten, dass sich eine derartige Einschränkung der Vollmacht des für den Beschwerdeführer einschreitenden Rechtsanwaltes aus dem Akt 53 Cg 69/01h (vormals 20 Cg 192/00b) des LG f ZRS nicht ergibt. Die zivilgerichtliche Judikatur lässt zwar eine Beschränkung der Prozessvollmacht eines Rechtsanwaltes in zeitlicher Hinsicht zu (siehe dazu z.B. die bei Stohanzl, MGA JN-ZPO14 unter E 3 zu § 32 ZPO referierte Rechtsprechung), jedoch ist auch eine solche Beschränkung davon abhängig, dass sie dem Prozessgegner bekannt gegeben wird (§ 32 ZPO). Davon kann angesichts der ohne Einschränkung abgegebenen Erklärung des für den Beschwerdeführer bei Klagseinbringung einschreitenden Rechtsanwaltes "Vollmacht erteilt" (gemäß § 30 Abs. 2 ZPO) überhaupt keine Rede sein.

Der Umstand, dass diese Berufung auf die Vollmacht - wie jetzt erstmals in der Beschwerde behauptet wird - nur auf Grund der "Routine der automatischen Textverarbeitung" erfolgte (was immer auch der Beschwerdeführer damit jetzt zum Ausdruck bringen will), vermag an der ohne Einschränkung iS des § 32 ZPO abgegebenen Prozesserklärung ebenso wenig etwas zu ändern, wie die nachträglich erfolgte Erklärung des Rechtsanwaltes vom .

Dazu kommt, dass der in Rede stehende Rechtsanwalt auch noch nach der Abweisung der Verfahrenshilfe durch das Rekursgericht dem Erstgericht gegenüber für den Kläger durch Abgabe verfahrensrechtlicher und materiellrechtlich wirksamer Erklärungen (Bestätigung der Vereinbarung des sog. "ewigen Ruhens" laut AV vom ) vertretungsweise tätig wurde.

Die erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung des Beschwerdeführers, sein Rechtsanwalt habe auf ein Schreiben vom hin telefonisch dahingehend geantwortet, ihm sei Vollmacht nur zur Vertretung im Rahmen des Verfahrens zur Erlangung der Verfahrenshilfe erteilt worden, ist eine unzulässige und unbeachtliche Neuerung, auf die nicht weiter eingegangen werden muss.

Da es angesichts des ohne jede Einschränkung erfolgten Einschreitens des Rechtsanwaltes des Beschwerdeführers unter Berufung auf die erteilte Vollmacht auch für die belangte Behörde im Verfahren zur Einhebung der Gerichtsgebühr keinerlei Zweifel an der wirksam erhobenen Klage und damit an der Erfüllung des Gebührentatbestandes nach TP 1 GGG gab, bedurfte es auch keiner weiteren Ermittlungen.

Somit erweist sich der angefochtene Bescheid in jeder Richtung als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit und war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Mit Rücksicht auf die durch die oben zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am