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VwGH vom 20.04.2001, 98/05/0150

VwGH vom 20.04.2001, 98/05/0150

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des HE in W, vertreten durch Dr. ES, Rechtsanwalt in W, L-Straße, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 04/A/41/00376/97, betreffend eine Baustrafe (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist (handelsrechtlicher) Geschäftsführer einer Schlosserei- und Handels- Ges.m.b.H. (im Folgenden: Gesellschaft). Der Gesellschaft gehören 361/1663 Anteile an einer näher bezeichneten Liegenschaft mit dem Haus W, N-Straße. An diesem Haus besteht Wohnungseigentum.

Mit Bescheid vom trug der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 (im Folgenden: MA 37), den Eigentümern dieses Hauses gemäß § 129 Abs. 2, 4 und 10 der Bauordnung für Wien auf, innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Bescheides im Einzelnen aufgezählte Schäden und Vorschriftswidrigkeiten an der Hauskanalanlage beheben bzw. beseitigen zu lassen. Dieser Bescheid erging an alle Miteigentümer, u.a. auch an die Gesellschaft, und weiters an die Verwalterin R.Ü.. Mit Schreiben vom zeigte die MA 37 dem Magistrat der Stadt Wien, unter Hinweis auf diesen rechtskräftigen Bauauftrag an, es sei bei einer Überprüfung am festgestellt worden, dass die Anordnungen dieses Bescheides nicht erfüllt worden seien. Mit Schreiben vom legte die Verwaltungsstrafbehörde dem Beschwerdeführer als nach außen vertretungsbefugtem Organ der Gesellschaft zur Last, dass es die Gesellschaft als Miteigentümerin unterlassen habe, dafür zu sorgen, dass das Gebäude und die bauliche Anlage in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechendem Zustand erhalten werde, weil in der Zeit vom bis bestimmte, in sechs Punkten aufgezählte Schäden an der Hauskanalanlage nicht behoben wurden. Weiters wurde dem Beschwerdeführer auf Grund seiner Organstellung hinsichtlich desselben Zeitraumes zur Last gelegt, dass bestimmte, in sechs Punkten aufgezählte Vorschriftswidrigkeiten an der Hauskanalanlage nicht beseitigt wurden. Er wurde aufgefordert, sich schriftlich zu rechtfertigen.

In seiner diesbezüglichen Rechtfertigung führte der Beschwerdeführer aus, dass er die Hausverwaltung R.Ü. vom gegenständlichen Gebrechen verständigt habe und die Hausverwaltung verpflichtet gewesen wäre, Aufträge zu erteilen. Er verwies darauf, dass die Hausversicherung monatelang keinen Sachverständigen zur Begutachtung des Schadens geschickt und dann die Ansicht vertreten habe, dass die Magistratsabteilung 30 den Schaden verursacht habe und mitzahlen müsse. Ihn als Minderheitseigentümer treffe kein wie immer geartetes Verschulden an einer allfälligen Verzögerung, die Entscheidungsfindung bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft sei nicht einfach.

Die Hausverwalterin übermittelte der Verwaltungsstrafbehörde einen von ihr eingeholten Kostenvoranschlag einer Firma F.P. vom , der die Instandsetzung des beschädigten Kanals betraf und auf eine Summe von S 129.288,-- lautete.

Mit Straferkenntnis vom erkannte die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer im Sinne der in der Aufforderung zur Rechtfertigung genannten Tatbegehungen für schuldig; bezüglich der Nichtbehebung der Schäden an der Hauskanalanlage wurde der Schuldspruch auf § 129 Abs. 2 und § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien in Verbindung mit § 9 Abs. 2 VStG, in Bezug auf die Vorschriftswidrigkeiten an der Hauskanalanlage auf §§ 129 Abs. 10 und 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien in Verbindung mit § 9 Abs. 2 VStG gestützt und es wurden Geldstrafen in der Höhe von S 7.500,-- und S 5.000,-- sowie jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Die Strafbehörde verwies darauf, dass die Hausverwaltung bereits am einen Kostenvoranschlag eingeholt habe und dass die Durchführung der Arbeiten an der fehlenden Zustimmung des Beschwerdeführers gescheitert sei. Der Beschwerdeführer habe als Miteigentümer nicht alles in seinen Kräften Stehende unternommen, damit das Baugebrechen ehestmöglich beseitigt werde.

In seiner dagegen erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer auf § 13c WEG, wonach alle Wohnungs- und sonstigen Miteigentümer zu deren Verwaltung die Wohnungseigentümergemeinschaft bildeten und dieser Rechtspersönlichkeit zukomme. Vertreter dieser juristischen Person sei gemäß § 17 WEG der gemeinsame Verwalter, dem nach außen die unbeschränkbare Verwaltung der Liegenschaft und Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft zustehe. Die Gesellschaft habe über keine Verwaltungsbefugnisse an allgemeinen Teilen des Hauses verfügt, sodass kein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers vorliegen könne. Der Beschwerdeführer habe die Behebung der Baugebrechen auch nicht verhindert. Verantwortlich sei allein die durch das dritte Wohnrechtsänderungsgesetz 1994 neu geschaffene Wohnungseigentümergemeinschaft, vertreten durch den jeweiligen Verwalter. Gemäß § 17 Abs. 1 Z. 3 WEG seien für Erhaltungsarbeiten, die in größeren als einjährigen Abständen wiederkehren, und für größere Verbesserungsarbeiten mehrere Angebote einzuholen. Die Verwalterin habe aber nur ein Angebot eingeholt, das nach Auffassung des Beschwerdeführers zu hoch angesetzt gewesen sei. Weil die Verwalterin ihrer Verpflichtung zur Einholung weiterer Angebote nicht nachgekommen sei, habe sich der Beschwerdeführer gegen die Durchführung der Arbeiten ausgesprochen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung in der Schuldfrage keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass die verletzte Rechtsvorschrift um die Bestimmung des § 135 Abs. 3 BauO für Wien ergänzt wurde; gleichzeitig wurden die Geldstrafen auf S 7.000,-- und S 4.500,-- herabgesetzt. Die Berufungsbehörde verwies in ihren Feststellungen auf den Bauauftrag und auf den Umstand, dass damals R.Ü. Verwalterin war. Die weiteren - ausdrücklichen - Feststellungen beziehen sich auf Umstände nach dem Tatzeitraum. Erkennbar ging die Berufungsbehörde davon aus, dass der Beschwerdeführer im Tatzeitraum trotz Untätigkeit der Hausverwaltung gegen diese keinerlei Maßnahmen gesetzt habe und dass er die Tätigkeit der Hausverwaltung überhaupt nicht kontrolliert habe. Er habe weder von sich aus die Mängel behoben, obwohl großteils sein Lokal davon berührt gewesen sei, noch sei er an die Miteigentümer herangetreten, um diese zu einem gemeinsamen Vorgehen zu bewegen. Da er weder die Hausverwaltung überwacht habe noch selbst Schritte zur Sanierung gesetzt hätte, sei ihm zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten mit einer Stellungnahme vor, in der inhaltlich auf das Beschwerdevorbringen eingegangen wird und die Abweisung der Beschwerde beantragt wird; gleichzeitig wurde aber auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 2 Bauordnung für Wien (im Folgenden in der Fassung LGBl. Nr. 42/1996; BO) hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, dass die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u. dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Gemäß § 129 Abs. 10 BO ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Gemäß § 135 Abs. 1 BO werden Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis zu S 300.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft. Gemäß § 135 Abs. 3 BO ist, wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Der Eigentümer ist neben dem Verwalter verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ.

Wohl ist im Falle der Bestellung eines Hausverwalters dieser grundsätzlich primär für die ordnungsgemäße Instandsetzung des Hauses verantwortlich (siehe die Nachweise bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften3, E 35 zu 135 BO). In dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis vom , Zl. 86/05/0019, MietSlg 38.888, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass durch die Bestellung eines Verwalters nach § 17 WEG sämtliche Verwaltungsrechte auf diesen übergegangen sind. Allerdings ist die Regelung des § 135 Abs. 3 BO als lex specialis zu § 9 VStG anzusehen. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Hauseigentümers für Verletzungen der ihm durch die Bauordnung auferlegten Pflichten ist also auch dann gegeben, wenn er es bei der Beaufsichtigung des Verwalters an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ (hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0115).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer von dem Gebrechen auf Grund des Bauauftrages, der der Gesellschaft zugestellt worden war, gewusst. Schon aus der Rechtfertigung des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren, aber auch aus seiner Aussage vor der Berufungsbehörde geht hervor, dass es ihm allein darauf ankam, dass die notwendigen Behebungsarbeiten durch die bestehenden Hausversicherungen gedeckt sind. Die Verpflichtungen des Hauseigentümers gemäß § 129 Abs. 2 und 10 BO bestehen aber unabhängig von allfälligen Regressmöglichkeiten; wenn der Beschwerdeführer seine Aktivitäten von diesen Regressmöglichkeiten abhängig macht, dann lag in Wahrheit die von der belangten Behörde zu Recht angenommene Untätigkeit vor, die zu einer Verantwortung nach § 135 Abs. 3 letzter Satz neben dem Verwalter führte.

In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass es sich sowohl bei einer Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 10 BO als auch bei einer Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 BO um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG handelt; der Täter kann zufolge § 5 Abs. 1 VStG nur dann straflos bleiben, wenn er glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei bzw. wenn er nicht aufzuzeigen vermag, dass er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, um das Baugebrechen innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen (siehe beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/05/0007, und vom , Zl. 2000/05/0110).

Während der Verwalter unverzüglich nach Ergehen das Bauauftrages einen Kostenvoranschlag eingeholt hat, ist eine Aktivität des Beschwerdeführers in Richtung auf eine tatsächliche Gebrechensbehebung nicht erkennbar. Ein Entlastungsbeweis im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG ist dem Beschwerdeführer daher nicht geglückt.

Auch mit dem Hinweis auf § 13c Wohnungseigentumsgesetz 1975 ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen: In Bezug auf baupolizeiliche Aufträge hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit dieser Bestimmung im Erkenntnis vom , Zl. 98/05/0081, auseinander gesetzt und ausgeführt:

"Normadressat für Aufträge gemäß § 129 Abs. 10 WBO ist (sind) der Eigentümer (die Miteigentümer) eines vom baupolizeilichen Auftrag erfassten Baues. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/06/0182, ausgesprochen hat, bietet der Wortlaut des § 13c Wohnungseigentumsgesetz 1975 - WEG 1975, BGBl. Nr. 417 in der Fassung des 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 800/1993, keinerlei Hinweis dafür, dass mit der Einführung der mit eingeschränkter Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Wohnungseigentümergemeinschaft an den Eigentumsverhältnissen an der Liegenschaft und an den darauf befindlichen Gebäuden etwas geändert werden sollte. Auch der Wiener Baurechtsgesetzgeber - wie im zitierten Erkenntnis der Tiroler Baurechtsgesetzgeber - hat als Bescheidadressaten und als Partei des baupolizeilichen Verfahrens den Eigentümer (die Miteigentümer) der baulichen Anlage vorgesehen. Es sind auch in § 129 Abs. 10 WBO im Falle des Miteigentums die einzelnen Miteigentumsrechte angesprochen. § 13c WEG berührt die Eigentumsverhältnisse an baulichen Anlagen nicht. Der vorliegende baupolizeiliche Auftrag, der sich auf einen gemeinsamen Teil der Liegenschaft bezieht, wurde daher zu Recht nicht der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern den Miteigentümern (u.a. den Beschwerdeführern) erteilt."

Damit ist aber klargestellt, dass sich an der Verantwortlichkeit des Eigentümers im Bauauftragsverfahren durch § 13c WEG in der Fassung des 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes nichts geändert hat, sodass auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit - die genauso an die Eigentümerstellung anknüpft - gleich geblieben ist.

Damit erweist sich die Beschwerde aber insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994; entsprechend ihrem Antrag

war der belangten Behörde - obwohl sie einen Schriftsatz erstattet hat, der inhaltlich einer Gegenschrift entsprach - nur der Vorlageaufwand zu ersetzen.

Wien, am