VwGH vom 15.12.1998, 98/05/0143
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Ing. Rudolf Potz in Schwechat, vertreten durch Dr. Friedrich Doschek, Rechtsanwalt in Wien I, Bösendorferstraße 7, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR - B XI - 23/96, betreffend Bauauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 435, KG Simmering, bestehend aus den Grundstücken Nr. 957/20 Garten und . 584 Baufläche, Simmeringer Hauptstraße 195.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom wurde den Eigentümern des Hauses Simmeringer Hauptstraße 195 gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, "binnen 12 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheide ...das ohne baubehördliche Bewilligung erweiterte, bzw. umgebaute Gasthaus im Gesamtausmaß von ca. 400 m2 - das ist der auf dem mit dem Versagungsvermerk vom , MA 37/11-Simm. Hauptstr. 195/3184/88 versehenen Plan rot umrandete Bereich - zu beseitigen". In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, bei dem mit Bescheid vom 31. Juli 1875, Zl. 2554, bewilligten Straßentrakt (Gasthaus) Front Simmeringer Hauptstraße sei die hofseitige Außenmauer teilweise abgetragen und durch Errichtung von 45 cm starken Ziegelmauern die Trakttiefe des Gasthauses um ca. 2,90 m bzw. 1,57 m vergrößert worden. Die Scheidewände seien teilweise abgetragen und die Fenster- und Türöffnungen bei den straßenseitigen Schauflächen abgeändert worden. Die Außenmauern der in Holzriegelbauweise bewilligten, an der linken Seite des Gasthauses angebauten Veranda seien abgetragen und an ihrer Stelle ein Zubau von 25 cm bzw. 30 cm starken Mauerziegeln im Ausmaß von ca. 13,07 m x 4,09 m errichtet sowie 7 cm starke Leichtbauwände hergestellt und WC-Anlagen eingebaut worden. Weiters sei hofseitig im Anschluß an den Straßentrakt entlang der rechten Grundgrenze ein Teil der Außenmauern und der Mittelmauer des bestehenden Lagergebäudes abgetragen und durch Errichtung von 25 cm x 30 cm starken Ziegelmauern eine Erweiterung des Gasthauses in Form eines Zubaues im Ausmaß von ca. 10,10 m x 7,20 m vorgenommen worden. Aufgrund der durchgeführten Änderungen und durchgeführten Zubauten sei ein eine bauliche Einheit bildendes Gebäude entstanden, welches technisch eine Trennung von Zubauten und Bestand nicht zulasse, da im Falle einer Beseitigung von Zubauten durch das Fehlen von großflächigen Außenwandteilen des Bestandes ein bauordnungswidriger Zustand entstünde. Die Genehmigungspflicht für die Änderungen und Errichtung der Zubauten ergebe sich aus den Bestimmungen des § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien. Eine Baubewilligung sei für die durchgeführten Änderungen und die Errichtung der Zubauten nicht erteilt worden; diese seien daher im Sinne des § 129 Abs. 10 leg. cit. vorschriftswidrig und somit zu beseitigen.
Dieser Bescheid wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom am zugestellt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Soweit für das Beschwerdeverfahren entscheidungserheblich, wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, die aufgrund des Berufungsvorbringens durchgeführten Erhebungen hätten ergeben, daß sämtliche Bautätigkeiten auf der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft für das "Ursprungsgebäude" vor der Jahrhundertwende erfolgt, Abänderungen jedoch erst nach Ende des zweiten Weltkrieges durchgeführt worden seien. Es sei unwahrscheinlich, daß Baubewilligungen in Verstoß geraten seien, zumal sonst alle Unterlagen für diese sowie für die Nachbarliegenschaften vorhanden seien. Im Bauansuchen des Beschwerdeführers vom sei die baubehördliche Bewilligung für die Herstellung von Zubauten und den Umbau des Gasthauses in eine Diskothek beantragt worden. Die Wiederherstellung von Teilen eines Gebäudes, welches durch Kriegseinwirkungen zerstört worden sei, könne nicht als Indiz für eine weitere Baubewilligung angesehen werden, zumal der Beschwerdeführer nicht dargetan habe, daß es sich um einen gänzlichen Wiederaufbau gehandelt habe, da geringfügige Instandsetzungsarbeiten nicht bewilligungspflichtig gewesen seien. Auch ein Nichttätigwerden der Baubehörden in den letzten 50 Jahren könne nicht als Nachweis herangezogen werden, daß ein Konsens für etwaige Abänderungen vorliege. Die Genehmigungspflicht der durchgeführten baulichen Abänderungen sei auch vom Beschwerdeführer nicht angezweifelt worden. Selbst die Anhängigkeit eines neuerlichen Antrages auf Erteilung der Baubewilligung stehe der Zulässigkeit eines Auftrages nach § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien nicht entgegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Beschwerdeführer replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem Beschwerdeführer wurde der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom zuhanden seines Vertreters zugestellt. Der Beschwerdeführer hat am einen entsprechenden Antrag bei der Baubehörde erster Instanz gestellt, in welchem der Beschwerdeführervertreter auf die erteilte Vollmacht unter Hinweis auf § 10 AVG hingewiesen hat. Beruft sich ein Rechtsanwalt auf die ihm erteilte Vollmacht, so zeigt er damit der Behörde auch die für die betreffende Sache erteilte Zustellvollmacht an, ohne daß es noch einer weiteren Erwähnung oder eines urkundlichen Nachweises derselben bedürfte (vgl. hiezu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E. 99 zu § 10 AVG). Der erstinstanzliche Bescheid ist daher gegenüber dem Beschwerdeführer rechtswirksam erlassen worden. Ob er dem Beschwerdeführer auch persönlich tatsächlich zugekommen ist, ist nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, weil der Beschwerdeführervertreter mit dem Hinweis "Vollmacht erteilt" auch als Zustellbevollmächtigter im Sinne des § 9 Zustellgesetz anzusehen ist (vgl. hiezu Walter/Thienel, a.a.O., E. 22 f zu § 9 Zustellgesetz).
Mit dem unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in der Beschwerde erstatteten Vorbringen, die Berufungsbehörde habe den Beschwerdeführer nicht als Partei einvernommen, vermag der Beschwerdeführer keinen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil nicht dargetan wird, aufgrund welcher Beweisergebnisse die belangte Behörde zu welchem anderen Ergebnis hätte kommen sollen.
Mit dem Beschwerdevorbringen, neben der Baubewilligung aus dem Jahre 1875 müßten auch baubehördliche Bewilligungen für das vom Bauauftrag umfaßte Bauvorhaben vorliegen, entfernt sich der Beschwerdeführer von den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, ohne deren Richtigkeit substantiiert zu bekämpfen. Auch mit dem vorgelegten privaten Sachverständigengutachten kann der Beschwerdeführer die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde nicht widerlegen. Die Behauptung, der Beschwerdeführer sei von den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens vor Bescheiderlassung nicht verständigt worden, ist aktenwidrig, da die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit Schreiben vom vom Befund und der Stellungnahme der MA 35 vom in Kenntnis gesetzt hat und der Beschwerdeführer auch von der Möglichkeit einer Stellungnahme hiezu Gebrauch gemacht hat, ohne jedoch die fachkundigen Ausführungen auf gleicher fachlicher Ebene zu widerlegen.
Auch während der Anhängigkeit eines Ansuchens um nachträgliche Baubewilligung kann ein Auftrag zur Beseitigung der eigenmächtigen Neuerung erteilt werden (vgl. hiezu die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 3. Auflage, S. 601, referierte hg. Rechtsprechung), weshalb es nicht von Bedeutung ist, ob der Miteigentümer des vom Bauauftrag erfaßten Grundstückes zu Unrecht die Zustimmung für einen Antrag auf Erteilung der nachträglichen Baubewilligung verweigert hat. Die Baubehörde ist an sich von Amts wegen verpflichtet, in Ansehung unbefugter Bauten mit der Erlassung eines Abtragungsauftrages vorzugehen.
Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gegenüber am erlassen. Die Vorschriften über Bewilligung für Bauten langen Bestandes und Sonderbaubewilligungen gemäß §§ 71a und 71b der Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 46/1998 kommen daher im Beschwerdefall nicht zur Anwendung. Gemäß Art. II dieser Novelle tritt nämlich dieses Landesgesetz bezüglich der vorgenannten Gesetzesstellen mit dem seiner Kundmachung folgenden Tag (d.i. der ) in Kraft.
Aus diesen Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am