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VwGH vom 05.03.1990, 89/15/0125

VwGH vom 05.03.1990, 89/15/0125

Beachte

Besprechung in:

ÖStZB 1991, 104;

AnwBl 9/1990, S 515;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Wetzel, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 11 - 943/89, betreffend Börsenumsatzsteuer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der A-GmbH mit dem Sitz in Wien waren im Jahr 1985 W mit einer zur Hälfte bar eingezahlten Stammeinlage von S 980.000,-- und H mit einer zur Hälfte bar eingezahlten Stammeinlage von S 1.020.000,-- beteiligt. Mit Notariatsakt vom erklärte W, seinen Geschäftsanteil um den Abtretungspreis von S 500.000,-- der Beschwerdeführerin abzutreten; diese erklärte die Vertragsannahme.

Für diesen Vorgang setzte das Finanzamt gemäß den §§ 17, 21 und 22 Kapitalverkehrsteuergesetz (KVG) Börsenumsatzsteuer in der Höhe von S 2.500,-- fest.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, das der Besteuerung unterzogene Anschaffungsgeschäft sei niemals rechtsgültig zustande gekommen. Die geschäftlich und rechtlich völlig unerfahrene Beschwerdeführerin sei von ihrem damaligen Lebensgefährten K arglistig und im Zusammenwirken mit W und H überredet worden, als "Strohmann" für K die Geschäftsanteile an der A-GmbH zu erwerben. Diese hätten sich als völlig wertlos herausgestellt. Die Beschwerdeführerin habe das Entgelt für die Geschäftsanteile nicht bezahlt, da sie hiezu nicht in der Lage und, da es sich um ein Scheingeschäft, zu dessen Abschluß sie durch arglistige Täuschung bewogen worden sei, gehandelt habe, auch nicht verpflichtet gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie führte aus, daß schon das Geschäft, durch das sich jemand zur Abtretung eines Gesellschaftsanteiles verpflichte, der Börsenumsatzsteuer unterliege. Die Nichtzahlung des Kaufpreises oder das Unterbleiben der Ausführung des Vertrages seien für die Steuerschuld ohne Bedeutung.

Mit der vorliegenden Beschwerde begehrt die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid "als gesetzwidrig aufzuheben". Sie vertritt die Auffassung, die belangte Behörde hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung und korrektem Verfahren zu dem Ergebnis kommen müssen, daß der Abtretungsvertrag als Scheingeschäft, welches nur durch arglistige Täuschung zustande gekommen sei, nichtig sei und daher keine Steuerpflicht auslösen könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 17 Abs. 1 KVG unterliegt der Abschluß von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere, das sind entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtet sind (§ 18 Abs. 1), der Börsenumsatzsteuer. Als Wertpapiere gelten gemäß § 19 Abs. 2 KVG u.a. auch Anteile an Kapitalgesellschaften. Die Börsenumsatzsteuer knüpft nicht an den tatsächlich bewirkten Umsatz (die Lieferung oder Leistung) an, sondern an das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, das die Verpflichtung zur Übereignung der Wertpapiere (des Geschäftsanteiles) begründet.

Den Darlegungen der Beschwerdeführerin, sie habe das Geschäft, zu dessen Abschluß sie durch "arglistiges Zusammenwirken" bewogen worden sei, als "Strohmann" abgeschlossen, können Umstände, die der Entstehung der Steuerpflicht entgegenstünden, nicht entnommen werden.

Gemäß § 23 Abs. 1 BAO sind Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen für die Erhebung von Abgaben ohne Bedeutung.

Die Beschwerdeführerin leitet aus dem Umstand, daß sie das Anschaffungsgeschäft als "Strohmann" abgeschlossen habe, ab, daß es sich dabei um ein Scheingeschäft gehandelt habe.

Nach der Definition des § 916 ABGB liegt ein Scheingeschäft vor, wenn Willenserklärungen im Einverständnis mit dem Empfänger bloß zum Schein abgegeben werden. Zum Schein abgegeben sind Erklärungen, die einverständlich keine bzw. nicht die aus der Sicht eines objektiven Dritten als gewollt erscheinenden

Rechtsfolgen auslösen sollen (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 916).

Als "Strohmann" wird im allgemeinen derjenige bezeichnet, der einen (verdeckten) Treuhandauftrag ausführt

(Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts I8, 172). Die Ausführungen der Beschwerdeführerin bieten keinen Anlaß, dem von ihr verwendeten Begriff eine andere Bedeutung beizumessen. Ein allenfalls vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichender Inhalt der behaupteten "Strohmann-Vereinbarung" konnte der Abgabenbehörde nicht bekannt sein. In einem solchen Fall hätte die Beschwerdeführerin die Pflicht zur Darlegung dieses Inhaltes getroffen. Die Durchführung eines Erkundungsbeweises sieht das Gesetz nicht vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/14/0024).

Die Treuhandschaft stellt aber nach herrschender Auffassung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/16/0105, Slg. 5915; SZ 22/86; Strasser in Rummel aaO Rz 42 zu § 1002) kein Scheingeschäft dar. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt daher der Treuhänder sowohl der Grunderwerbsteuer - als auch der Gebührenpflicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 81/16/0097; vom , Zl. 82/16/0105, Slg. 5915, und vom , Zl. 1312/60). Auch der Abschluß eines Anschaffungsgeschäftes über Anteile an einer Kapitalgesellschaft durch einen Treuhänder stellt für diesen - ungeachtet der für die ertragssteuerliche oder bewertungsrechtliche Beurteilung maßgeblichen Zurechnung des Gesellschaftsanteiles zum Treugeber - einen der Börsenumsatzsteuer unterliegenden Rechtsvorgang dar. Die Beschwerdeführerin kann sich somit nicht mit der Begründung, sie habe das Anschaffungsgeschäft als "Strohmann" abgeschlossen, auf § 23 Abs. 1 BAO, wonach Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen für die Erhebung von Abgaben ohne Bedeutung sind, berufen.

Die Beschwerdeführerin begründet ihre Auffassung, der vorliegende Abtretungsvertrag sei niemals rechtsgültig zustande gekommen, darüber hinaus mit einem - im Sachverhaltsbereich nicht weiter konkretisierten - "arglistigen Zusammenwirken" des Verkäufers W und ihres Lebensgefährten K. Über welche Umstände und auf welche Weise die Beschwerdeführerin arglistig getäuscht worden sei, kann ihren Darlegungen nicht entnommen werden. Dies kann aber schon deshalb auf sich beruhen, weil listige Veranlassung zu einem Vertrag (§ 870 ABGB) nicht die absolute Nichtigkeit desselben, sondern ein - durch Klage oder Einrede geltend zu machendes - Anfechtungsrecht des Getäuschten begründet (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 113 f; SZ 52/22; JBl 1982,36). Es steht dem Getäuschten jedoch frei, am Vertrag festzuhalten (Koziol - Welser, aaO 131); der Auffassung der Beschwerdeführerin, der Vertrag sei - im Hinblick darauf, daß sie arglistig getäuscht worden sei - "nicht rechtsgültig zustande gekommen", kann daher nicht gefolgt werden. Daß die erfolgreiche Anfechtung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück - ("ex tunc") wirkt, ändert nichts daran, daß der Tatbestand, an den die Steuerpflicht anknüpft, nämlich der Abschluß des Anschaffungsgeschäftes, verwirklicht wurde.

Die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäftes ist aber gemäß § 23 Abs. 4 BAO für die Abgabenerhebung insoweit und solange ohne Bedeutung, als nicht die Anfechtung mit Erfolg durchgeführt wurde. Daß eine Aufhebung der Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes bereits erfolgt sei, behauptet die Beschwerdeführerin gar nicht; sie kann sich daher auch nicht mit Erfolg auf dessen Anfechtbarkeit berufen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 512/73, Slg. 4611).

Es muß daher nicht erörtert werden, ob die spätere Aufhebung eines Rechtsgeschäfts bei Tatbeständen, die dem Prinzip der zivilrechtlichen Anknüpfung folgen, für die Erhebung der Abgaben von Bedeutung ist.

Die Behauptungen der Beschwerdeführerin, daß ihr "somit" (offenbar im Hinblick auf ihre Eigenschaft als "Strohmann") jeglicher rechtsgeschäftlicher Bindungswille gefehlt habe und das Rechtsgeschäft in der Form, wie es abgeschlossen worden sei, von den Parteien nicht wirklich gewollt worden sei, können der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil sie derartiges im Verfahren vor den Abgabenbehörden, die schon auf Grund des Inhaltes der Vertragsurkunde vom Vorliegen des Bindungswillens der Vertragsteile ausgehen konnten, nicht vorgebracht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2970/76).

Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt somit nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom , BGBl. Nr. 206.