VwGH vom 24.04.2002, 2001/16/0554
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des Dr. A, Rechtsanwalt in Innsbruck, Gänsbacherstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. RV 1141/1-T6/01, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 181,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erhielt von seinem Vater schenkungsweise unter anderem einen Betrag in Höhe von S 245.961,-- auf folgende Art und Weise: Der Geschenkgeber tätigte am auf ein Überbringersparbuch der RLB eine Einlage von S 100.000,--. Er folgte das Sparbuch dann an den Beschwerdeführer mit dem Vorbehalt aus, dass es weiter ihm (dem Geschenkgeber) gehöre, der Beschwerdeführer aber davon Abhebungen tätigen dürfe. Am 13. Juni und zahlte der Geschenkgeber dann nochmals je S 100.000,-- ein und folgte das Sparbuch dann dem Beschwerdeführer jeweils wieder aus, damit dieser Abhebungen tätigen konnte. Erst zu Weihnachten 1995 wurde das Sparbuch dem Beschwerdeführer endgültig übergeben, wobei es damals ein Guthaben von S 54.039,-- aufwies.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde (in Bestätigung der Rechtsansicht der ersten Instanz) für die vom Beschwerdeführer getätigten Abhebungen die angestrebte Steuerbefreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 19 ErbStG mit der Begründung, diese Befreiungsbestimmung komme "für Barabhebungen von einem Sparbuch des Geschenkgebers und Übergabe des Bargelds an den Geschenkgeber" nicht in Betracht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Steuerbefreiung verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 19 ErbStG (idF BGBl. I Nr. 42/2000) bleiben steuerfrei Schenkungen unter Lebenden und Zweckzuwendungen (§ 4 Z. 2) von Geldeinlagen bei inländischen Kreditinstituten und sonstigen Forderungen gegenüber inländischen Kreditinstituten (§ 1 des Bankwesengesetzes), denen ein Bankgeschäft zugrundeliegt, ausgenommen Schenkungen unter Lebenden und Zweckzuwendungen von derartigen Geldeinlagen und sonstigen Forderungen an Privatstiftungen. Die Befreiung ist auf Rechtsvorgänge anzuwenden, für die die Steuerschuld vor dem In-Kraft-Treten dieser Bestimmungen entstanden ist, es sei denn, der Steuerpflichtige hat bei In-Kraft-Treten dieser Bestimmung davon Kenntnis, dass der Vorgang Gegenstand abgabenrechtlicher oder finanzstrafrechtlicher Ermittlungen ist oder der Abgabenbehörde bekannt war. Die Befreiung ist auch im Falle der Zusammenrechnung nach § 11 mit Zuwendungen, die nach dem erfolgen, zu berücksichtigen.
Der Beschwerdeführer vertritt im Kern seiner Ausführungen die Auffassung, dass der von der belangten Behörde angenommene Vorgang einer Barabhebung durch den Geschenkgeber und Übergabe des Geldes an ihn als Geschenknehmer gar nicht vorliegt. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides im Recht.
Auszugehen ist davon, dass der in Rede stehende Befreiungstatbestand die Schenkung unter Lebenden von "Geldeinlagen bei einem inländischen Kreditinstitut" betrifft. Eine solche im Wege der Einzahlung auf ein Sparbuch getätigte Geldeinlage ist hinsichtlich des Vorganges der Schenkung unter Bedachtnahme auf die Rechtsnatur des jeweiligen Sparbuchs zu beurteilen. Sparbücher sind - wie vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 98/16/0024 (unter Hinweis auf die dort angeführte einschlägige Rechtsprechung des OGH) klargestellt wurde - entweder Inhaber- oder Rektapapiere (vgl. dazu auch Avancini in Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht I Rz 9/67-9/72), wobei die Übertragung der im Sparbuch verkörperten Forderung gegen das Kreditinstitut (das Kreditinstitut ist ja Eigentümer des in ihr Vermögen übergegangenen eingezahlten Geldes geworden; Avancini a.a.O. Rz 9/7) entweder nach rein sachenrechtlichen Grundsätzen (bei Inhaberpapieren) oder im Wege einer Zession des Rechtes aus dem Papier und der Übergabe der Urkunde (= Übertragung des Rechtes am Papier) erfolgt (siehe dazu das oben zitierte hg. Erkenntnis Zl. 98/16/0024; weiters Avancini a.a.O. Rz 9/67 und 9/69 sowie Laurer in Fremuth u.a. MKK-BWG Rz 12 und 13 zu §§ 31, 32 BWG).
Wird demzufolge auf die dargestellte Art vom Geschenkgeber dem Geschenknehmer eine Sparurkunde übertragen und behebt der Geschenknehmer selbst als Gläubiger der im Sparbuch verkörperten Forderung die Einlage, dann kann von vornherein keine Rede davon sein, dass der Geschenkgeber eine Barabhebung tätigt und dann das behobene Bargeld verschenkt. Das hat gleichermaßen für die Schenkung der gesamten Einlage als auch für die Schenkung von Teilbeträgen der in einem Sparbuch verkörperten Forderung zu gelten. Dass der Geschenknehmer, dem auf die genannte Art nur ein (allenfalls von ihm selbst im Wege der Abhebung der Höhe nach erst zu bestimmender) Teil der Einlage übertragen wird, das Sparbuch nach der Transaktion hinsichtlich des Restguthabens dem Geschenkgeber wieder zurückstellt, vermag daran, dass im Wege der Übergabe des Sparbuches (bei Rektapapieren samt Zession des Rechtes aus dem Papier) ein Teil der im Sparbuch verbrieften Forderung gegen die Bank (= Einlage) schenkungsweise übertragen wurde, nichts zu ändern. Gegenstand der vorliegenden Schenkung war damit - eine Geldeinlage bei einem inländischen Kreditinstitut.
Die belangte Behörde hat demnach dadurch, dass sie dem Beschwerdeführer die für den festgestellten Vorgang angestrebte Steuerbefreiung versagte, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muss.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 501/2001.
Die Abweisung des Mehrbegehrens hatte zu erfolgen, weil gemäß § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG einem Rechtsanwalt in eigener Sache Schriftsatzaufwand nicht zuzusprechen ist.
Wien, am