VwGH vom 16.11.1993, 93/05/0096
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1) der E und
2) der J, beide in K, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. R/1-V-9037, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1) XY-GesmbH in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W,
2) S 3) R, 4) O, 5) P, 6) A, 7) B, 8) G, alle in K, alle vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in S 9) F in T, und
10) Marktgemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,--, der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- sowie den zweit- bis achtmitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von S 240,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Antrag der zweit- bis achtmitbeteiligten Parteien auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes sowie auf Ersatz der S 240,-- übersteigenden Stempelgebühren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde den Erst- bis Neuntmitbeteiligten dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Vorschreibung von Auflagen die baubehördliche Bewilligung "zur Errichtung eines Müllplatzes" sowie einer "Einfriedung" auf dem Grundstück Nr. 14, EZ. 333 des Grundbuches über die Kat. Gem. K, erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerinnen, wonach durch das geplante Bauvorhaben ihr Zufahrts- und Zugangsrecht "über den gesamten Platz" verletzt werde, wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Die den Schutz des Ortsbildes sowie befürchtete Geruchsbelästigungen betreffenden Einwendungen der Erstbeschwerdeführerin wurden als unbegründet abgewiesen.
Die dagegen eingebrachten Berufungen der Beschwerdeführerinnen wurden mit gesonderten Bescheiden des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Die dagegen erhobenen Vorstellungen der Beschwerdeführerinnen wurden mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen.
In dem für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlichen Teil der Begründung ihres Bescheides führte die Aufsichtsbehörde aus, die Tatsache, daß Teile des Bauplatzes der mitbeteiligten Bauwerber vor dem Erwerb dieses Grundstücksteiles durch die nunmehrigen Bauwerber als Verkehrsfläche im öffentlichen Gut der mitbeteiligten Marktgemeinde gestanden seien, sei im Hinblick auf die nunmehrige Widmung dieses Grundstückes im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde nicht relevant. Eine Bebauung dieses Grundstückes wäre lediglich dann nicht möglich, wenn es im geltenden Flächenwidmungsplan etwa als Verkehrsfläche ausgewiesen wäre. Selbst wenn die Ausweisung als "Bauland - Kerngebiet" im derzeit geltenden Flächenwidmungsplan mit einem Fehler behaftet wäre - wofür im übrigen keine Anzeichen vorliegen -, hätte die Baubehörde keine Möglichkeit, aus diesem Grunde die beantragte Baubewilligung zu versagen, da sie bei Erlassung des Baubewilligungsbescheides an die derzeit geltenden Verordnungen - etwa den Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde - gebunden sei. Schließlich wies die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides nach einer Wiedergabe des Wortlautes des § 99 Abs. 4 der NÖ Bauordnung 1976 noch darauf hin, daß der Berufungsbehörde zuzustimmen sei, wenn sie die Behauptung, das Bestehen einer Fahrservitut über den Bauplatz der mitbeteiligten Bauwerber stünde der Erteilung einer Baubewilligung für eine Einfriedung entgegen, als privatrechtlich qualifiziert habe. Nachdem in der Bauverhandlung über diese Frage keine Einigung zu erzielen gewesen sei, habe die Baubehörde diese Einwendung zu Recht auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. B 75/91-11, wurde die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte - Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die erstmitbeteiligte Partei erwogen:
Gemäß § 118 Abs. 8 der NÖ Bauordnung 1976 genießen als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Zufolge Abs. 9 dieser Gesetzesstelle werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über 1. den Brandschutz; 2. den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können; 3. die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung;
4. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.
Die Erstbeschwerdeführerin hat sich anläßlich der im Gegenstande abgehaltenen Bauverhandlung u.a. deshalb "gegen die Erteilung einer Baubewilligung" ausgesprochen, "weil sie seit Menschengedenken" ein "ersessenes Zufahrts- und Zugangsrecht über den gesamten Platz hat und durch das geplante Bauvorhaben, insbesondere durch die 1,20 m hohe Mauer in diesem Recht behindert bzw. ihr unmöglich gemacht wird". Die Zweitbeschwerdeführerin hat in ihrem - rechtzeitig - schriftlich erhobenen "Einspruch gegen das Bauvorhaben am Stiftungsplatz" geltend gemacht, "daß für unser Haus seit hunderten Jahren das Zufahrtsrecht (Gewohnheitsrecht) besteht. Der Stiftungsplatz ist seit jeher ein öffentlicher Platz mit Zufahrtsrecht für alle Anrainer".
Auch die Zweitbeschwerdeführerin hat damit offensichtlich zum Ausdruck bringen wollen, daß durch die den Gegenstand des Bauansuchens der mitbeteiligten Bauwerber bildende Einfriedung die Zufahrtsmöglichkeit zu ihrer Liegenschaft zumindest behindert wird, womit aber klargestellt ist, daß die Beschwerdeführerinnen mit diesem Vorbringen nicht behauptet haben, durch das zu errichtende Bauwerk in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten im Sinne des § 118 Abs. 9 der NÖ Bauordnung 1976 berührt zu werden, sondern vielmehr - lediglich - eine privatrechtliche Einwendung vorgebracht haben, welche von den Baubehörden im Hinblick auf die Vorschrift des § 99 Abs. 4 leg. cit. zutreffend auf den Rechtsweg verwiesen worden ist. Die belangte Behörde hat daher der Vorstellung der Beschwerdeführerinnen unter diesem Gesichtspunkt mit Recht keine Folge gegeben und demgemäß auch keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Verletzung von Verfahrensvorschriften zu vertreten, wenn sie zu der auch in der Beschwerde aufgeworfenen Frage, "ob der gegenständliche Bauplatz eine öffentliche Straße darstellt", keine näheren Feststellungen getroffen hat.
Ungeachtet dessen soll nicht unerwähnt bleiben, daß der in Rede stehende Bauplatz, wie schon erwähnt, als "Bauland
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- | Kerngebiet" im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 2 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 gewidmet ist, weshalb die Beschwerdeführerinnen mit ihrem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 210/80, für ihren Standpunkt auch dann nichts gewinnen könnten, wenn die Baubehörden darauf meritorisch einzugehen gehabt hätten, weil in diesem Erkenntnis die Auffassung vertreten worden ist, daß auf einer für den Verkehr gewidmeten Fläche die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung eines Bauwerkes nicht in Betracht kommt. Angesichts der Widmung des Bauplatzes als "Bauland | |||||||||
- | Kerngebiet" kann nicht von einer Widmung als Verkehrsfläche ausgegangen werden, woran auch der Umstand nichts ändern könnte, daß noch keine förmliche Entscheidung des Gemeinderates über die Auflassung der in Rede stehenden Fläche als Gemeindestraße im Sinne des § 32 Abs. 5 des NÖ Landesstraßengesetzes getroffen worden sein sollte, weil eine allfällige ehemalige Widmung dieser Fläche für den öffentlichen Verkehr jedenfalls durch die auf Grund des Raumordnungsgesetzes durch den Gemeinderat später erfolgte Widmung als "Bauland - Wohngebiet" gegenstandslos geworden wäre. |
Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Der Antrag der Zweit- bis Achtmitbeteiligten auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes wird gemäß § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG abgewiesen, weil nur der Ersatz jenes Schriftsatzaufwandes vorgesehen ist, der für einen Mitbeteiligten mit der Einbringung einer schriftlichen Äußerung zur BESCHWERDE verbunden war. Der Schriftsatz der Zweit- bis Achtmitbeteiligten vom befaßte sich aber lediglich mit dem Antrag der Beschwerdeführerinnen, ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Das Mehrbegehren hinsichtlich des Ersatzes der Stempelgebühren war abzuweisen, weil der erwähnte Schriftsatz nur in zweifacher Ausfertigung vorzulegen war.