VwGH vom 19.03.2003, 2001/16/0488

VwGH vom 19.03.2003, 2001/16/0488

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid des Berufungssenates I der Region Innsbruck bei der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , Zl. ZRV 757/1-I1/01, betreffend Eingangsabgaben (mitbeteiligte Partei: Z Bt. in Z, N), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Wie einer am von Organen des Hauptzollamtes Wien aufgenommenen Niederschrift zu entnehmen ist, wurde am die für die mitbeteiligte Partei zugelassene Zugmaschine amtliches Kennzeichen FVL 460, mit dem Aufleger amtliches Kennzeichen FXT 638, beim Zollamt Heiligenkreuz von Ungarn nach Österreich und sodann weiter nach Deutschland verbracht. Nach Entladung in Deutschland sei dort eine Ladung Fahrzeugteile für Ungarn aufgenommen worden. Bei der Rückfahrt über Österreich habe auf einem Parkplatz in Heiligenkreuz ein LKW-Fahrer mit der Zugmaschine amtliches Kennzeichen EXB 869 sowie dem Aufleger FYG 727, der mit Bitumen beladen war, gewartet. In Heiligenkreuz seien die beiden Zugmaschinen getauscht worden. Der Aufleger FXT 638 mit der Ladung Kraftfahrzeugteile sei mit der Zugmaschine EXB 869 nach Ungarn gebracht worden. Mit der Zugmaschine FVL 460 sei der Aufleger FYG 727 nach Korneuburg gebracht und dort entladen worden.

Mit Bescheid des Hauptzollamtes Wien vom wurde gemäß Artikel 204 Absatz 1 Buchstabe a, Absatz 2 und 3 Zollkodex (ZK) iVm § 79 Abs. 2 ZollR-DG eine Einfuhrzollschuld in Höhe von S 125.440,-- für das im Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführte Sattelzugfahrzeug amtliches Kennzeichen FVL 460 eingefordert, weil mit diesem Beförderungsmittel eine aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung entstandene Verpflichtung nicht erfüllt worden sei. Das Fahrzeug sei für eine Beförderung von Waren im Binnenverkehr benutzt worden, weil mit dem Sattelanhänger FXT 648 Stoßfänger für Kraftfahrzeuge von Deutschland nach Österreich transportiert und in Österreich "umgesattelt" worden seien.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Wien vom als unbegründet abgewiesen. Dabei wurde der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides insofern abgeändert, als festgestellt wurde, dass der Fahrer des Sattelfahrzeuges eine aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung für das Beförderungsmittel entstandene Verpflichtung nicht erfüllt habe, weshalb die auf dem Sattelfahrzeug lastende Eingangsabgabenschuld für ihn sowie auch für die Mitbeteiligte als Dienstgeber entstanden sei. Nach Aufhebung der Berufungsvorentscheidung durch die belangte Behörde wurde die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom neuerlich als unbegründet abgewiesen. Der Spruch des angefochtenen Bescheides wurde durch die Feststellung ergänzt, dass die Mitbeteiligte das Beförderungsmittel FVL 460 nicht ausschließlich für Beförderungen, die außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft beginnen oder enden, verwendet habe. In der Begründung der Berufungsvorentscheidung wurde ausgeführt, die mit dem Beförderungsmittel beförderte Fracht (Stoßdämpfer für Kraftfahrzeuge) sei infolge Umsattelns des Sattelanhängers nicht in einem Zug nach Ungarn transportiert worden. Sowohl die Beförderung der Kfz-Teile von Deutschland zum Ort des Umsattelns in Österreich als auch die dort erfolgte Übernahme einer anderen Fracht (Bitumen) zur Verbringung nach Korneuburg seien Beförderungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft (Kabotage) gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerde gegen diese Berufungsvorentscheidung stattgegeben und die Berufungsvorentscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben. Die belangte Behörde vertrat in der Begründung die Auffassung, es habe sich in beiden Fällen (Beförderung von Kfz-Teilen und von Bitumen) um grenzüberschreitende Warenbeförderungen gehandelt. Im Falle der mit dem Sattelanhänger amtliches Kennzeichen FXT 638 beförderten Kfz-Teile sei der Transport im Zollgebiet der Gemeinschaft begonnen worden und habe außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft (in Szentgotthard) geendet. Im Falle des mit dem Sattelanhänger amtliches Kennzeichen FYG 727 beförderten Bitumens habe der Transport in Ungarn begonnen und in Korneuburg seinen ordnungsgemäßen Abschluss gefunden. Der Umstand, dass die Mitbeteiligte den Beförderungsvorgang mit zwei verschiedenen Sattelfahrzeugen habe ausführen lassen, könne nicht als begünstigungsschädlich erkannt werden. Der Ort des Umsattelns (Heiligenkreuz) stelle nicht den Lade- bzw Entladeort dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtwidrigkeit erhobene Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Die mitbeteiligte Partei unterließ es, eine Gegenschrift zu erstatten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Art. 718 der ZK-DVO in der auf den Beschwerdefall noch

anzuwendenden Fassung lautet:

"Artikel 718

(1) Die vorübergehende Verwendung wird für die gewerblich verwendeten Straßenfahrzeuge bewilligt.

(2) Im Sinne dieses Artikels gelten als Fahrzeuge alle Straßenfahrzeuge einschließlich der Anhänger, die an derartige Fahrzeuge angehängt werden können.

(3) Unbeschadet Absatz 4 unterliegt die Bewilligung der

vorübergehenden Verwendung nach Absatz 1 der Voraussetzung, dass

die Fahrzeuge

a) von einer außerhalb des Zollgebiets der

Gemeinschaft ansässigen Person oder für deren Rechnung eingeführt

werden;

b) von dieser Person oder für deren Rechnung

gewerblich verwendet werden;

c) außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft auf den

Namen einer außerhalb dieses Zollgebiets ansässigen Person amtlich zugelassen sind. In Ermangelung einer amtlichen Zulassung gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn die betreffenden Fahrzeuge Eigentum einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person sind;

d) ausschließlich für Beförderungen verwendet werden, die außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft beginnen oder enden.

(4) Wird ein Anhänger an ein Kraftfahrzeug angehängt, das im Zollgebiet der Gemeinschaft amtlich zugelassen ist, so kann die vorübergehende Verwendung auch dann bewilligt werden, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 3 Buchstaben a) und b) nicht erfüllt sind.

(5) Die in Absatz 1 genannten Fahrzeuge dürfen unter den in Absatz 3 genannten Voraussetzungen so lange im Zollgebiet der Gemeinschaft verbleiben, wie dies zur Ausführung der Tätigkeit, für die vorübergehende Verwendung beantragt wurde,

z. B. Heranführen, Aus- oder Einsteigen von Personen, Abladen oder Laden von Waren, Beförderung sowie Durchführung von Wartungsarbeiten, erforderlich ist.

(6) Im Sinne des Absatzes 3 Buchstaben a) und b) müssen Personen, die für die Rechnung einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person handeln, von dieser eine ordnungsgemäße Vollmacht erhalten.

(7) Abweichend von Absatz 3

a) können gewerblich verwendete Fahrzeuge unter den in

Absatz 6 genannten Voraussetzungen von natürlichen Personen

geführt werden, die ihren Wohnsitz im Zollgebiet der Gemeinschaft

haben;

b) kann die Zollstelle zulassen, dass

- ausnahmsweise eine im Zollgebiet der Gemeinschaft

ansässige Person Fahrzeuge zur gewerblichen Verwendung im Verfahren der vorübergehenden Verwendung für eine bestimmte Dauer in dieses Zollgebiet einführt und dort verwendet; die Verwendungsdauer wird von der Zollstelle in jedem Einzelfall festgelegt;


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-
eine im Zollgebiet der Gemeinschaft ansässige natürliche Person, die Angestellte einer außerhalb dieses Zollgebiets ansässigen Person ist, ein Fahrzeug, das Eigentum der letztgenannten Person ist, in dieses Zollgebiet einführt und dort gewerblich verwendet. Das zur vorübergehenden Verwendung zugelassene Fahrzeug kann auch privat verwendet werden, wenn diese Verwendung im Vergleich zur gewerblichen Verwendung von untergeordneter Bedeutung ist und nur gelegentlich erfolgt und wenn dies im Anstellungsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist;
c) können gewerblich verwendete Fahrzeuge im Binnenverkehr eingesetzt werden, sofern die im Bereich des Verkehrs geltenden Vorschriften, insbesondere über die Voraussetzung für den Marktzugang und die Durchführung von Beförderungen, diese Möglichkeit vorsehen."
Gemäß Artikel 670 Buchstabe p ZK-DVO ist Binnenverkehr die Beförderung von Personen, die im Zollgebiet der Gemeinschaft in ein Beförderungsmittel einsteigen und in diesem Gebiet wieder aussteigen, bzw. die Beförderung von Waren, die im Zollgebiet der Gemeinschaft verladen und in diesem Gebiet wieder entladen werden. Ein Binnenverkehr liegt nach dieser Bestimmung in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor, wenn Waren im Zollgebiet der Gemeinschaft verladen und dort wieder entladen wurden. Voraussetzung für das Vorliegen eines unzulässigen Binnenverkehrs ist demnach auch die Entladung der Waren. Vor der Entladung der Waren ist nach dieser Bestimmung ein unzulässiger Binnenverkehr noch nicht verwirklicht und die widerrechtliche Verwendung des Beförderungsmittels noch nicht gegeben (vgl. das hg Erkenntnis vom , Zl. 2001/16/0035).
Im Beschwerdefall wurde jeweils ein Sattelanhänger, der selbst ein Beförderungsmittel iS der angeführten Bestimmungen ist, im Zollgebiet der Gemeinschaft an ein anderes Zugfahrzeug angehängt. Der Transport wurde nach diesem von der Behörde als "Umsatteln" bezeichneten Vorgang mit der anderen Zugmaschine wie im Versandschein angegeben zum vorgesehenen Bestimmungsort fortgesetzt. Dabei kam es aber nicht zu einer Entladung des Auflegers als Straßenfahrzeug iS der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen hinsichtlich der im Aufleger transportierten Waren. In diesem Vorgang des "Umsattelns" kann somit eine Entladung der verladenen Waren nicht erblickt werden. Ein unzulässiger Binnenverkehr liegt daher nicht vor.
Da es somit zu einem Laden oder Abladen von Waren bei dem in Heiligenkreuz vorgenommenen Wechsel der Zugfahrzeuge gar nicht gekommen ist, kann der Beschwerdeführer auch aus der Bestimmung des Artikel 718 Abs. 5 ZK-DVO nichts für seinen Standpunkt gewinnen. Da die Zugfahrzeuge nur zur Beendigung des grenzüberschreitenden Beförderungsvorganges verwendet worden sind, kam es dabei nicht zu einem unzulässigen Verbleib im Zollgebiet der Gemeinschaft.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Wien, am