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VwGH vom 08.10.1990, 89/15/0077

VwGH vom 08.10.1990, 89/15/0077

Beachte

Besprechung in:

ÖStZB 1991, 260;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Wetzel, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m.b.H. gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat II) vom , Zl. 6/2-2297/4/86-03, betreffend Umsatzsteuer 1983 und 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer im Juli 1984 begonnenen abgabenbehördlichen Prüfung bei der Beschwerdeführerin wurde festgestellt, daß die Bücher (Konten, Journale, Hauptabschlußübersichten) nur bis geführt waren. Für die Zeit danach waren bei Prüfungsbeginn keine Buchungen vorhanden. Die ab bewirkten Ausfuhrvorgänge waren bei Prüfungsbeginn nicht verbucht. Der Prüfer vertrat die Auffassung, daß somit die gemäß § 6 Abs. 1 UStG 1972 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Z. 3 und § 18 Abs. 8 UStG 1972 geforderten materiell-rechtlichen Voraussetzungen der für Ausfuhrlieferungen in Anspruch genommenen Steuerfreiheit nicht erfüllt seien.

Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer für 1983 und 1984 der oben wiedergegebenen Auffassung des Prüfers folgend fest.

In den dagegen erhobenen Berufungen und weiteren im Berufungsverfahren erstatteten Schriftsätzen machte die Beschwerdeführerin - zusammengefaßt - geltend, es sei zwar richtig, daß die Buchhaltung - bedingt durch lange Auslandsaufenthalte ihrer Geschäftsführer - zu Prüfungsbeginn nur bis aufgebucht gewesen sei; die Grundaufzeichnungen wie Kassabuch, Eingangs- und Ausgangsfakturenlisten seien jedoch vollständig und lückenlos vorhanden gewesen. Im ganzen Jahr 1983 habe es nur 31 Ausgangsfakturen gegeben. Die Beschwerdeführerin habe ihre Umsätze in Form einer "Ausgangsfakturenliste" aufgezeichnet, in die sie nach Vorliegen der jeweiligen Ausgangsfaktura deren fortlaufende Nummer und das Ausstellungsdatum, die (Kurz-)bezeichnung des Abnehmers, den Fakturenbetrag und bei Inlandslieferungen den auf Mehrwertsteuer entfallenden Betrag verzeichnet habe. Nach Einlangen der Rechnung des Spediteurs die Kosten der Versendung betreffend sei in der "Ausgangsfakturenliste" bei der Bezeichnung der entsprechenden Faktura die fortlaufende Nummer der Eingangsfaktura verzeichnet worden. Auf den entsprechenden Ausgangsfakturen seien die abgekürzte Bezeichnung des Spediteurs sowie die fortlaufende Nummer und das Ausstellungsdatum der Rechnung des Spediteurs vermerkt worden. Jeder Exportfaktura sei eine Kopie der entsprechenden Ausfuhrbescheinigung angeschlossen worden. Diese Liste der Ausgangsfakturen habe mehr Aussagekraft als die unkommentierten Salden der tagfertigen Buchhaltung. Der vom Gesetz geforderte Buchnachweis sei daher erbracht, auch wenn die Buchhaltung nicht tagfertig gewesen sei. Die Beschwerdeführerin legte zwei Fakturen vor, auf denen als "Produktbezeichnung" der gelieferten Gegenstände nicht weiter erläuterte Ziffern- bzw. Buchstaben- Ziffernkombinationen aufscheinen; dazu erklärte sie, so hätten alle Fakturen ausgesehen.

In einer Stellungnahme zu den Berufungen führte der Prüfer u. a. aus, die "Ausgangsfakturenliste" sei in der Kanzlei des Steuerberaters der Beschwerdeführerin geführt und mit Bleistift geschrieben worden. Sie hätte die fortlaufende Rechnungsnummer, das Rechnungsdatum, den Namen des ausländischen Abnehmers, zum Teil dessen Kurzanschrift sowie den Fakturenbetrag enthalten. Die letzte Eintragung vor Prüfungsbeginn sei am erfolgt. Infolge des Fehlens von Angaben über Art und Menge der gelieferten Gegenstände, den Tag der Ausfuhr und zum Teil der Anschrift des ausländischen Abnehmers sei das Erfordernis eines buchmäßigen Nachweises nicht erfüllt.

Dem Amtsvermerk vom zufolge gab die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin bekannt, daß sie die Rechnungen nach Einlangen in die Fakturenliste eingetragen habe. Der entsprechende Exportumsatz sei in der Fakturenliste nach Einlangen der Eingangsfaktura des Spediteurs vermerkt worden. Dies sei zwar später als die Ausfuhrlieferung erfolgt, in der Regel aber noch innerhalb des jeweiligen Voranmeldungszeitraumes.

Die belangte Behörde wies die Berufungen mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage vertrat sie die Auffassung, die Ausgangsfakturenlisten stellten schon deshalb keinen buchmäßigen Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen der Steuerfreiheit dar, weil Hinweise auf den jeweiligen Gegenstand der Lieferung und die näheren Umstände der Ausfuhr (Zeitpunkt, Beförderungsunternehmen) fehlten. Ebenso fehlten taugliche Hinweise auf jene Belege, die ohne unnötigen Zeitaufwand die Überprüfung der Voraussetzungen der Steuerfreiheit gewährleisteten. Die Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin könnten auch nicht als fortlaufend im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 1 UStG 1972 angesehen werden, weil die Beschwerdeführerin die Ausfuhrlieferungen vorerst als steuerpflichtigen Vorgang aufgezeichnet und einen Hinweis auf die erfolgte Ausfuhr erst nach Vorliegen der Faktura des Spediteurs vorgenommen habe.

Die vorliegende Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ausfuhrlieferungen im Sinne des § 7 UStG 1972 sind gemäß § 6 Z. 1 UStG 1972 steuerfrei.

Gemäß § 7 UStG 1972 in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung liegt eine Ausfuhrlieferung im Sinne des § 6 Z. 1 dieses Gesetzes nur vor, wenn

1. der Unternehmer das Umsatzgeschäft, das seiner Lieferung zu Grunde liegt, mit einem ausländischen Abnehmer abgeschlossen hat,

2. der Gegenstand in Erfüllung dieses Umsatzgeschäftes in das Ausland befördert oder versendet worden ist,

3. diese beiden Voraussetzungen buchmäßig (§ 18 Abs. 8) nachgewiesen sind,

4. die Versendung oder Beförderung in das Ausland gemäß den Vorschriften der Abs. 2, 3 und 5 nachgewiesen wurde (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/15/0110, und die darin zitierte Vorjudikatur).

Der oben zu 3. genannte Buchnachweis ist (ebenso wie der Ausfuhrnachweis) nach ständiger Rechtsprechung und Lehre eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, ist die Steuerfreiheit selbst dann zu versagen, wenn die übrigen sachlichen Voraussetzungen gegeben sind (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Slg. 6144/F, und vom , Zl. 87/15/0100; Kranich - Siegl - Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer § 7 Anm 100; Plückebaum - Malitzky, Umsatzsteuergesetz § 6 Rz 99; Rau - Dürrwächter - Flick - Geist, Umsatzsteuergesetz5 § 6 Anm 171 ff).

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist strittig, ob die von der Beschwerdeführerin geführte "Ausgangsfakturenliste" im Zusammenhalt mit ihren Ausgangsfakturen und den Fakturen der Spediteure, die die Versendung besorgten, einen buchmäßigen Nachweis im Sinne der §§ 7 Abs. 1 Z. 3, 18 Abs. 8 UStG 1972 darstellt.

§ 18 Abs. 8 UStG 1972 bestimmt, daß die dem buchmäßigen Nachweis dienenden Bücher oder Aufzeichnungen im Inland zu führen und mit den dazugehörigen Belegen im Inland aufzubewahren sind; die nachzuweisenden Voraussetzungen müssen daraus leicht nachprüfbar zu ersehen sein.

Unter den gemäß § 18 Abs. 8 UStG 1972 nachzuweisenden Voraussetzungen sind im Falle des § 6 Z. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 UStG 1972 (steuerfreie Ausfuhrlieferung) der Abschluß des der Ausfuhrlieferung zu Grunde liegenden Umsatzgeschäftes mit einem ausländischen Abnehmer und die Versendung des Gegenstandes der Lieferung in das Ausland in Erfüllung dieses Umsatzgeschäftes zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/15/0214).

Die "Ausgangsfakturenliste" der Beschwerdeführerin stellt - auch im Zusammenhang mit den Belegen (Ausgangsfakturen der Beschwerdeführerin und Fakturen der Spediteure) - schon deshalb keinen buchmäßigen Nachweis der oben genannten Voraussetzungen der Steuerfreiheit dar, weil diesen Aufzeichnungen - abgesehen vom Fehlen von Angaben über die Ausfuhr - nicht entnommen werden kann, welche Waren Gegenstand der Umsatzgeschäfte und der Lieferungen waren. Dies kann auch den Ausgangsfakturen der Beschwerdeführerin nicht entnommen werden, weil dort als "Produktbezeichnungen" lediglich nicht erläuterte und dem Außenstehenden nicht nachvollziehbare Zahlen- bzw. Buchstaben-Zahlenkombinationen aufscheinen. Nach der auch im vorliegenden Zusammenhang sinngemäß heranzuziehenden Vorschrift des § 11 Abs. 1 Z. 3 UStG 1972 hat eine Rechnung unter anderem die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände zu enthalten. Gemäß § 11 Abs. 4 UStG 1972 können die in Abs. 1 Z. 1 bis 3 geforderten Angaben auch durch Schlüsselzahlen oder Symbole ausgedrückt werden, wenn ihre eindeutige Bestimmung aus der Rechnung oder aus anderen Unterlagen gewährleistet ist. Diese Unterlagen müssen sowohl beim Aussteller als auch beim Empfänger der Rechnung vorhanden sein, es sei denn, daß vom Rechnungsaussteller öffentlich kundgemachte Tarife zur Verrechnung kommen. Wegen der Vorschrift des § 18 Abs. 8 UStG 1972 muß im Zusammenhang mit der Erbringung des buchmäßigen Nachweises überdies gefordert werden, daß Unterlagen, die eine eindeutige Bestimmung der mit Schlüsselzahlen oder Symbolen bezeichneten Gegenstände der Lieferungen ohne schwierige oder zeitraubende Zuordnungsvorgänge gewährleisten, den Aufzeichnungen angeschlossen werden. Da die Aufzeichnungen und Belege der Beschwerdeführerin diesen Anforderungen nicht entsprechen, kann aus ihnen der Gegenstand der Umsatzgeschäfte und Lieferungen der Beschwerdeführerin nicht festgestellt - geschweige denn leicht nachprüfbar ersehen - werden. Die Angabe der handelsüblichen Bezeichnung des Liefergegenstandes ist aber unverzichtbares Element des buchmäßigen Nachweises (vgl. Rau - Dürrwächter - Flick - Geist, Umsatzsteuergesetz5 § 6 Anm 187).

Im vorliegenden Fall hindert das Fehlen nachvollziehbarer Angaben den Gegenstand des jeweiligen Umsatzgeschäftes betreffend auch die Herstellung eines Zusammenhanges zwischen den in den Ausgangsfakturen bezogenen Geschäften mit den Angaben in den Ausfuhrnachweisen.

Im vorliegenden Fall war es auch nicht möglich, die einzelnen Ausfuhrumsätze bis zu den Buchaufzeichnungen zurückzuverfolgen, weil die Beschwerdeführerin solche im strittigen Zeitraum nicht geführt hat.

Die Beschwerdeführerin erblickt einen Verfahrensmangel darin, daß die belangte Behörde "den Buchnachweis nur global abhandelt, ohne auf die einzelnen Lieferungen und die dafür vorliegenden Aufzeichnungen einzugehen". Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels ist aber nicht zu erkennen, weil die Beschwerdeführerin nicht darlegt, inwiefern sich die von ihr zum buchmäßigen Nachweis vorgelegten Aufzeichnungen und Belege die einzelnen Umsatzgeschäfte und Lieferungen betreffend voneinander unterschieden hätten; hingegen hat die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren zu den vorgelegten Ausgangsfakturen erläutert, daß "alle Fakturen so ausgesehen" hätten.

Die Beschwerdeführerin vertritt ferner die Auffassung, die Voraussetzungen der Steuerfreiheit lägen jedenfalls im Hinblick auf die nachträgliche Erbringung des Buchnachweises vor, weil das Gesetz die Nachreichung des Ausfuhrnachweises bzw. die nachträgliche Geltendmachung der Steuerfreiheit vorsehe; eine Differenzierung in der Richtung, daß die Nachreichung des buchmäßigen Nachweises nicht zulässig sei, erscheine nicht gerechtfertigt.

Damit bezieht sich die Beschwerdeführerin offenbar auf § 7 Abs. 1 Z. 2 UStG 1972, wonach der Unternehmer die Steuerfreiheit bereits vor Erbringung des Ausfuhrnachweises in Anspruch nehmen kann, wenn der Ausfuhrnachweis innerhalb von sechs Monaten nach Bewirkung der Lieferung erbracht wird. Zu dieser Vorschrift hat der Verwaltungsgerichtshof aber bereits ausgesprochen, daß sich die dem Unternehmer eingeräumte Wahlmöglichkeit schon nach dem Gesetzeswortlaut, aber auch nach dem gesamten Sinn der Regelung nicht auf die Pflicht des Unternehmers zum buchmäßigen Nachweis der in § 7 Abs. 1 UStG 1972 angeführten Voraussetzungen und daher auch nicht auf den Zeitpunkt auswirkt, in dem dieser buchmäßige Nachweis zu erbringen bzw. vom Unternehmer anzulegen ist. Der buchmäßige Nachweis setzt vielmehr voraus, daß es sich um Aufzeichnungen handelt, die unmittelbar nach Ausführung des Umsatzgeschäftes vorgenommen worden sind. Er darf daher nicht "nachträglich" erbracht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. 6144/F).

Im übrigen ist den zuletzt wiedergegebenen Ausführungen der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, daß nicht ersichtlich ist, daß sie die aufgezeigten Mängel der zur Erbringung des buchmäßigen Nachweises vorgelegten Aufzeichnungen und Belege behoben hätte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom , BGBl. Nr. 206.