VwGH vom 20.12.2001, 2001/16/0436
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des H in O, vertreten durch Dr. Kurt Lechner, Rechtsanwalt in Neunkirchen, Triester Straße 34, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ RV/370-09/07/01, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- (= 331,75 EUR) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Übergabsvertrag vom übertrug Maria W. als Übergeberin an ihren Sohn Gerhard W. als Übernehmer unter "Beitritt" des Beschwerdeführers, des Lebensgefährten der Übergeberin, näher bezeichnete Liegenschaftsanteile. In Punkt II der Vertragsurkunde ist unter Z 1a) ausgeführt:
"1.) Für die Übergabe der Übergabsgegenstandes gem. Punkt Ib.) hat sich die Übergeberin folgende Gegenleistung ausbedungen:
a) Der Übernehmer räumt der Übergeberin, aber auch Helmut R (= Beschwerdeführer), geb. , die Dienstbarkeit des lebenslänglichen und unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechtes hinsichtlich der im Punkt I.3. genannten Räumlichkeiten im Gebäude auf der Liegenschaft EZ 92 KG 23127 Oberdanegg ein, samt Mitbenützung von Keller, Dachboden, Terrasse, und des Gartens, sowie aller Wege im und außerhalb des Hauses zur ungestörten Ausübung der hier vereinbarten Rechte; ebenso räumt ihnen der Übernehmer das Recht ein, jederzeit Besuch von Verwandten und Bekannten in den vom Wohnungsgebrauchsrecht umfassten Räumlichkeiten zu empfangen und vorübergehend beherbergen zu können. Diese Dienstbarkeit wird sowohl von der Übergeberin, als auch von Helmut R angenommen.
Die Übergeberin verpflichtet sich wie bisher auch künftig sämtliche auf die von ihren Wohnungsgebrauchsrecht umfassten Räumlichkeiten aliquot entfallenden Bewirtschaftungskosten, wie Strom, Wasser, Heizung, Gemeindeabgaben, etc. zu bezahlen.
Die Vertragsteile vereinbaren, für diese einzuräumende Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes die Liegenschaft EZ 92 23127 Oberdanegg zum Pfande zu bestellen und diese Dienstbarkeit im Grundbuch zu verdinglichen.
Diese Dienstbarkeit des lebenslänglichen und unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechtes wird mit monatlich je S 500,--, sohin monatlich S 1.000,-- jährlich S 12.000,-- bewertet, was bei einem Alter der Übergeberin von 54 Jahren und Helmut R von 49 Jahren nach den Bestimmungen der § 15 Abs. i.V.m.
§ 16 Abs. 2 Z. 8 i.V.m. § 16 Abs. 4 Bewertungsgesetz zu vervierzehnfachen ist und somit für die Gebührenbemessung einen Betrag von S 168.000,--
ergibt."
Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien dem Beschwerdeführer für den Erwerb des Wohnungsrechtes Schenkungssteuer in Höhe von S 11.550,--
vor.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, das Gebäude O. Nr. 30 sei bereits vor dem Übergabsvertrag sowohl von der Übergeberin als auch ihrem Lebensgefährten auf Grund einer mündlichen Vereinbarung bewohnt worden. Der Übergabsvertrag habe die Rechtspositionen nicht verändert.
Nach einer die Berufung als unbegründet abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde in dem dagegen erhobenen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ausgeführt, der Beschwerdeführer lebe seit ca. 27 Jahren in Lebensgemeinschaft mit der Übergeberin genau in den Räumlichkeiten, die im gegenständlichen Übergabsvertrag bezeichnet worden seien. Bereits zu Beginn der Lebensgemeinschaft habe die Übergeberin dem Beschwerdeführer mündlich das Recht eingeräumt, die im Übergabsvertrag genannten Räumlichkeiten bewohnen zu dürfen. Im Übergabsvertrag werde daher nur das schriftlich festgehalten, was bereits 27 Jahre vorher vereinbart worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde insbesondere ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei im Übergabsvertrag die Möglichkeit eingeräumt worden, sein Wohnungsrecht nicht nur gegenüber dem anderen Vertragsteil, sondern auch gegenüber jedem Dritten geltend zu machen. Der Beschwerdeführer habe das Wohnungsrecht ohne Gegenleistung erhalten. Auf einen zwischen der Übergeberin und dem Beschwerdeführer abgeschlossenen mündlichen Vertrag sei in der gegenständlichen Vertragsurkunde kein Hinweis enthalten. Im Übergabsvertrag würden nur Rechtsbeziehungen zwischen dem Übernehmer und dem Beschwerdeführer geregelt.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt, dass die Einräumung des Wohnungsrechtes als Schenkung angesehen wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 3 Abs 1 Z 3 ErbStG gilt als Schenkung iS dieses Gesetzes, was infolge Vollziehung einer von dem Geschenkgeber angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beigefügten Bedingung ohne entsprechende Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, dass eine einheitliche Zweckzuwendung vorliegt.
Als Rechtsgeschäfte iS des zweiten der beiden in dieser Vorschrift enthaltenen Tatbestände kommen dabei sowohl unentgeltliche als auch entgeltliche Rechtsgeschäfte in Betracht. Unter Bedingung iS dieser Vorschrift ist jeder bedungene, also vereinbarte Vertragspunkt zu verstehen (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2001/16/0206, mwH).
Dem Beschwerdeführer wurde in Punkt II des in Rede stehenden Übergabsvertrages, der zwischen Maria W. und Gerhard W. abgeschlossen worden ist, vom Übernehmer ausdrücklich die Dienstbarkeit des lebenslänglichen und unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechts eingeräumt. Damit wurde der Beschwerdeführer zu Lasten des Übernehmers Gerhard W. ohne Gegenleistung in seinem Vermögen bereichert, womit der Tatbestand iSd zweiten Alternative des § 3 Abs 1 Z 3 ErbStG erfüllt ist.
Im Verwaltungsverfahren wurde vom Beschwerdeführer vorgebracht, das gegenständliche Gebäude sei von der Übergeberin und ihm als Lebensgefährten auf Grund einer "mündlichen Vereinbarung" bewohnt worden. Nähere Angaben über die Art dieser Vereinbarung wurden nicht gemacht. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Nutzung des Gebäudes durch den Beschwerdeführer Ausfluss der als Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft verstandenen Lebensgemeinschaft (vgl Stabentheiner, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft - ein Überblick, NZ 1995, 49 mit zahlreichen Hinweisen auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung) gewesen ist. Demgegenüber wurde dem Beschwerdeführer in der Vertragsurkunde vom ausdrücklich die persönliche Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauches bestellt, wobei vereinbart wurde, dass die Dienstbarkeit im Grundbuch zu "verdinglichen" sei. Damit wurde dem Beschwerdeführer zweifellos gegenüber der vormaligen Nutzungsberechtigung auf Grund der Lebensgemeinschaft eine andere Rechtsposition eingeräumt.
Insbesondere übersieht der Beschwerdeführer aber mit seinem Vorbringen, es sei das ihm schon vorher eingeräumte Wohnrecht nur urkundlich festgehalten worden, dass keine Identität der Personen besteht, die dieses Wohnrecht eingeräumt haben. In dem Rechtsgeschäft vom hat dem Beschwerdeführer nicht die Lebensgefährtin, sondern der Übernehmer Gerhard W. die Dienstbarkeit des Wohnungsrechts eingeräumt. In diesem Sinne ist bei einem solchen Vertrag zu Gunsten Dritter als "Geschenkgeber" derjenige anzusehen, in dessen Vermögen sich der bedungene Vertragspunkt belastend auswirkt, das ist der Übernehmer (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2001/16/0206). Während dem Beschwerdeführer seinem Vorbringen nach zunächst ein Nutzungsrecht nur im Verhältnis zu seiner Lebensgefährtin ohne dingliche Wirkung eingeräumt worden ist wurde ihm mit der in Rede stehenden Vereinbarung vom von einem Dritten, dem Übernehmer, jedenfalls ein Titel zur Erlangung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauches eingeräumt. Damit hat der Beschwerdeführer im Verhältnis zum Übernehmer unentgeltlich eine Rechtsposition erlangt, die er vordem nicht innegehabt hatte. Die genannte Vereinbarung stellt damit für den Beschwerdeführer einen der Schenkungssteuer unterliegenden Erwerbsvorgang dar.
Das weitere Vorbringen, das Wohnungsgebrauchsrecht sei lediglich der Lebensgefährtin dinglich eingeräumt worden, während das Wohnungsgebrauchsrecht des Beschwerdeführers grundbücherlich nicht sichergestellt worden sei, ist für die Beurteilung, ob im Vermögen des Beschwerdeführers eine Bereicherung eingetreten ist, ohne Bedeutung. Es ist aber auch unzutreffend, weil in der Urkunde ausdrücklich vereinbart und damit ein Titel dafür geschaffen worden ist, dass die Dienstbarkeit im Grundbuch zu "verdinglichen" sei. Der Umstand, dass sich die Aufsandungserklärung nur auf die Einverleibung der Dienstbarkeit zu Gunsten der Übergeberin bezieht, ist in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich.
Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am