VwGH vom 24.01.2002, 2001/16/0340

VwGH vom 24.01.2002, 2001/16/0340

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der B Aktiengesellschaft in N, vertreten durch Dr. Christian Kuhn & Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Elisabethstraße 22, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem-523179/1-2001-Keh/Pü, betreffend Getränkesteuer für Jänner bis Oktober 1999 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Kremsmünster in 4550 Kremsmünster, Rathausplatz 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin bei der Abgabenbehörde erster Instanz, die Getränkesteuer für die im Einzelnen angeführten Voranmeldungszeiträume zurückzuzahlen bzw. einen Abgabenbescheid zu erlassen. Es wurden in diesem Antrag für die Monate Jänner bis einschließlich Oktober 1999 die Bemessungsgrundlagen, die Steuerbeträge, die Schwundbeträge und die so ermittelten Zahlungsbeträge im Einzelnen angeführt. Als Begründung für den Antrag gab die Beschwerdeführerin an, dass die Getränkesteuer der Mehrwertsteuerrichtlinie und der Verbrauchsteuerrichtlinie widerspreche, sodass sich aus diesem Grund die Selbstberechnung als unrichtig erwiesen habe.

Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Antrag auf Festsetzung für die Monate Jänner bis Oktober 1999 und Rückzahlung der Getränkesteuer als unzulässig zurück. Nach § 7 des O.ö. Gemeindegetränkesteuergesetzes in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 5/1996 sei die Abgabe einer monatlichen Erklärung nicht vorgesehen. Veranlagungs- und damit Erklärungszeitraum sei das Kalenderjahr, sodass eine bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer für einzelne Monate nicht möglich sei. Mangels Festsetzungsmöglichkeit seien auch die gleichzeitig gestellten Rückzahlungsanträge unzulässig.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung wiederholte die Beschwerdeführerin, dass ihre Selbstbemessung aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen unrichtig sei, sodass die Getränkeabgabe mit Bescheid auf S 0,-- zu korrigieren sei.

Nach abweisender Berufungsvorentscheidung durch den Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom erhob die Beschwerdeführerin "in zweiter Instanz das Rechtsmittel der Berufung". Es sei § 201 BAO anzuwenden, wonach eine behördliche Festsetzung dann zu erfolgen habe, wenn sich die Berechnung als unrichtig erweise. Es spreche daher nichts dagegen, die Behörde bereits unterjährig von der unrichtigen Selbstbemessung in Kenntnis zu setzen, also einen Antrag auf Festsetzung mit S 0,-- zu stellen.

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde diese Berufung als unbegründet ab. Eine rechtsverbindliche Selbstberechnung der Getränkesteuer komme beim Abgabepflichtigen erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes in Betracht. Bei den monatlichen Zahlungen handle es sich um pauschale Vorauszahlungen, von den Gemeinden würden in der Praxis aber auch individuell vom Abgabepflichtigen ermittelte Teilbeträge akzeptiert werden. Diese Akzeptanz beschränke sich ausschließlich auf die Zahlung und nicht auf die Festsetzung im Wege der Selbstberechnung. Eine Selbstberechnung sei für Teile von Veranlagungszeiträume nicht möglich. Damit kämen aber auch abgabenbehördliche Festsetzungen für Teile eines Veranlagungszeitraumes nicht in Betracht, denn es lägen keine Gründe vor, auf Grund derer die Abgabenbehörde gemäß § 150 Abs. 2 der O.ö. Landesabgabenordnung festzusetzen hätte. Ohne vorausgehende Inanspruchnahme des § 7 Abs. 4 des O.ö. Gemeinde-Getränkesteuergesetzes hätte die Gemeinde nicht nur keine Verpflichtung, sondern sogar keine Möglichkeit zur bescheidmäßigen Festsetzung der Getränkesteuer für Teile des Veranlagungszeitraumes. Mangels Festsetzungsmöglichkeit sei daher dem Rückzahlungsantrag nicht stattzugeben gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Auch die belangte Behörde wies darauf hin, dass eine rechtsverbindliche Selbstberechnung erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes in Betracht komme. Eine bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe könne auch erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes erfolgen, weil erst zu diesem Zeitpunkt beurteilt werden könne, ob sich die Selbstberechnung als unrichtig oder unvollständig erweise.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf eine Sachentscheidung durch Festsetzung der Getränkesteuer für den Zeitraum 1. Jänner bis , ferner in ihrem Recht auf Unterbleiben der Vorschreibung von Getränkesteuer und auf Gutschrift sowie Rückerstattung der bereits entrichteten Getränkesteuer für den Zeitraum 1. Jänner bis verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Spruchteil 2. des Urteils vom hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache C - 437/97, Slg. 2000, I-1157, erkannt, dass Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren der Beibehaltung einer auf alkoholische Getränke erhobenen Steuer wie der im Ausgangsverfahren streitigen Getränkesteuer entgegensteht.

Spruchteil 3. dieses Urteils lautet:

"3. Niemand kann sich auf Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12 berufen, um Ansprüche betreffend Abgaben wie die Steuer auf alkoholische Getränke, die vor Erlass dieses Urteils entrichtet wurden oder fällig geworden sind, geltend zu machen, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt."

Dass Rückzahlungsanträge einen Rechtsbehelf im Sinne dieses EuGH-Urteils bilden, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen (hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/16/0449, mwN). Der hier vorliegende Festsetzungs- und Rückzahlungsantrag vom erfolgte auch in dem Sinn rechtzeitig, dass er vor 0 Uhr des gestellt wurde (siehe abermals das Erkenntnis vom ); zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens herrscht aber darüber Streit, ob der Rückzahlungsantrag - letztlich - verfrüht gestellt wurde.

Die §§ 6 und 7 des O.ö. Gemeinde-Getränkesteuergesetzes, LGBl. Nr. 15/1950, § 6 in der Fassung LGBl. Nr. 4/1998, § 7 in der Fassung LGBl. Nr. 47/1997, lauten:

"§ 6

Entstehen der Steuerschuld; Vorauszahlung

(1) Die Steuerschuld entsteht im Zeitpunkt der Veräußerung der Getränke gegenüber der Gemeinde, in der die Veräußerung gemäß § 3 Abs. 7 und 8 des Umsatzsteuergesetzes 1994 ausgeführt wird.

(2) Der Steuerschuldner hat für die Getränke, für die im Laufe eines Kalendermonats die Steuerschuld entstanden ist, eine pauschale Vorauszahlung bis zum 15. des übernächsten Kalendermonats ohne weitere Aufforderung beim Gemeindeamt (Magistrat) zu entrichten. Steuerschuldner, für die das Kalendervierteljahr der Voranmeldungszeitraum für die Umsatzsteuer gemäß § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 ist, können die pauschalierten Vorauszahlungen vierteljährlich leisten, und zwar bis zum 15. Mai, 15. August, 15. November und 15. Februar.

(3) Berechnungsgrundlage für die im laufenden Veranlagungszeitraum zu entrichtenden pauschalen Vorauszahlungen gemäß Abs. 2 bildet die um 4% erhöhte, für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum (§ 7 Abs. 1) ermittelte Getränkesteuer; zu den im Abs. 2 erster Satz angegebenen Terminen ist jeweils ein Zwölftel dieser Pauschalierungsgrundlage zu leisten. Steuerschuldner, die eine vierteljährliche Vorauszahlung gemäß Abs. 2 zweiter Satz wählen, haben zu den jeweiligen Terminen ein Viertel der Pauschalierungsgrundlage zu leisten.

(4) Steuerschuldnern, die die Zahlungsfrist wiederholt versäumen oder bei denen Gründe vorliegen, die die Entrichtung der Steuer als gefährdet erscheinen lassen, kann der Bürgermeister (der Magistrat) statt der im Abs. 2 vorgeschriebenen Zahlungsfrist eine kürzere, äußerstenfalls eine tägliche Zahlungsfrist oder die Höhe des zu entrichtenden Pauschalbetrages vorschreiben. Die Berechnungsgrundlage für diesen Pauschalbetrag bildet das Zwölftel der um 4% erhöhten, für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum ermittelten Getränkesteuer dieses Steuerschuldners oder der Getränkesteuer, die in ähnlichen Betrieben üblicherweise abgeführt wird.

§ 7

Steuererklärung; Veranlagungszeitraum

(1) Die Getränkesteuer wird auf Grund einer Getränkesteuererklärung berechnet, die vom Steuerpflichtigen innerhalb von drei Monaten nach dem Ablauf des Veranlagungszeitraumes beim zuständigen Gemeindeamt (Magistrat) einzureichen ist. Veranlagungszeitraum ist das Kalenderjahr; für Steuerschuldner, die nach § 20 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663/1994, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 21/1995 ihre Umsatzsteuer nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, gilt das Wirtschaftsjahr als Veranlagungszeitraum.

(2) Wird die steuerpflichtige Tätigkeit während des Veranlagungszeitraumes beendet, hat der Steuerschuldner dies dem Gemeindeamt (Magistrat) binnen 14 Tagen anzuzeigen und bis zum 15. des übernächsten Kalendermonats eine Steuererklärung über den bisherigen Teil des Veranlagungszeitraumes einzureichen. Gleiches gilt, wenn innerhalb des Veranlagungszeitraumes über einen Steuerpflichtigen die Insolvenz eröffnet wird, eine Änderung der Unternehmensbezeichnung oder der Unternehmensrechtsform, eine Unternehmensübertragung oder eine Unternehmensnachfolge stattfindet.

(3) Weicht der in der Steuererklärung enthaltene Gesamtbetrag von der Summe der für den Veranlagungszeitraum gemäß § 6 Abs. 2 geleisteten Steuerbeträge ab, so sind

1. Rückstände spätestens mit der Einreichung der Steuererklärung zu entrichten oder

2. Mehrleistungen entweder mit den folgenden Steuerleistungen zu verrechnen oder auf Antrag zu erstatten.

(4) Für Steuerpflichtige, bei denen Gründe vorliegen, die die Entrichtung der Steuer oder die Vorlage der Steuererklärung als gefährdet erscheinen lassen, kann die Gemeinde (der Magistrat) die Abgabe einer Getränkesteuererklärung für Teile des Veranlagungszeitraumes vorschreiben.

(5) Abweichend von Abs. 1 erster Satz ist die Getränkesteuererklärung für das Jahr 1996 von Steuerpflichtigen, deren Veranlagungszeitraum das Kalenderjahr ist, längstens bis zum beim zuständigen Gemeindeamt (Magistrat) einzureichen."

Somit entstand die Steuerschuld im Zeitpunkt der Veräußerung; monatlich war nach einer bestimmten Berechnungsgrundlage eine Vorauszahlung zu leisten, berechnet wurde die Getränkesteuer auf Grund einer Getränkesteuererklärung, die vom Steuerpflichtigen in den ersten drei Kalendermonaten einzureichen war. Die Abgabe galt gemäß § 150 Abs. 1 LAO durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstberechnung als festgesetzt.

Die hier anzuwendenden Bestimmungen der

O.ö. Landesabgabenordnung 1996 lauten:

"§ 150

(1) Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, gilt die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstberechnung als festgesetzt.

(2) Die Abgabenbehörde hat die Abgabe mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung der Erklärung unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.

(3) Solang die Abgabenbehörde nicht gemäß Abs. 2 mit Bescheid die Abgabe festgesetzt hat, kann der Abgabepflichtige

1. die Erklärung innerhalb eines Monats ab deren Einreichung ändern;

2. in der Abgabenerklärung unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche Unrichtigkeiten innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Einreichung der Erklärung berichtigen.

(4) Die Abs. 1 bis 3 gelten sinngemäß,...

§ 186

(1) Wurde eine Abgabe zu Unrecht entrichtet, abgeführt oder zwangsweise eingebracht, ist der zu Unrecht entrichtete Betrag auf Antrag zurückzuzahlen. Dies gilt auch für Abgaben, hinsichtlich derer die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung zulassen, wenn die Abgabe noch nicht durch die Abgabenbehörde festgesetzt wurde (§ 150 Abs. 2).

(2) Wurden Wertzeichen in der Absicht verwendet, ..."

Der zweite Satz des § 186 Abs. 1 LAO 1996 sieht somit die Rückzahlung auch für Abgaben vor, hinsichtlich derer die Selbstberechnung zugelassen ist. Eine "Selbstberechnung" im Sinne dieser Bestimmung ist aber nicht nur die Erklärung gemäß § 7 Abs. 1 Gemeinde-Getränkesteuergesetz, weil § 6 Abs. 3 leg. cit. "die Berechnungsgrundlage" für die pauschalierten Vorauszahlungen (der gemäß Abs. 1 schon entstandenen Steuerschuld) festlegt. Auch stellt § 186 Abs. 1 zweiter Satz LAO 1996 nicht darauf ab, ob die Selbstberechnung monatlich oder jährlich erfolgt, es muss nur die Selbstberechnung überhaupt zugelassen sein. Entscheidend ist somit allein, dass eine Abgabe, für die die Selbstberechnung zulässig ist, "entrichtet" wurde.

Dies ist aber im vorliegenden Fall unbestritten, sodass von der von den Gemeindebehörden angenommenen Unzulässigkeit des Antrages keine Rede sein kann. Die von der belangten Behörde herangezogene hg. Judikatur (Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0242) erging nicht zur LAO 1996.

Im Übrigen ist auch die Festsetzung durch einen Bescheid gemäß § 150 Abs. 2 LAO 1996 dann nicht vom Ablauf des Erklärungszeitraumes abhängig, wenn sich (schon vorher) die Selbstberechnung als unrichtig herausgestellt hat.

Da die belangte Behörde dies verkannte und die Zurückweisung billigte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Im fortgesetzten Verfahren auf Gemeindeebene wird die Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt der Berufungsbehörde zu beachten sein, zumal in der Berufungsentscheidung festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin für das gesamte Jahr 1999 mit Schreiben vom eine vollständige Getränkesteuererklärung erstattet hat.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am