VwGH vom 17.10.2001, 2001/16/0338

VwGH vom 17.10.2001, 2001/16/0338

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2001/16/0339

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zehetner, über die Beschwerden der E AG in W, vertreten durch Doralt, Seist, Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien IX, Währingerstraße 2-4, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland je vom , 1.) GZ RV 207-09/00 und 2.) GZ RV 206-09/00, betreffend Rechtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 30.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem Schreiben vom teilte die E. GmbH dem Finanzamt mit, dass sie von ihrer Gesellschafterin, der Beschwerdeführerin, ein unverzinsliches Gesellschafterdarlehen in Höhe von S 67,750.000,-- erhalten habe. Darlehensgebühr falle nicht an, weil das Darlehen treuhändig zugezählt worden sei.

Nach einem entsprechenden Vorhalt wurde in einem Schreiben der E. GmbH vom ausgeführt, die von der Beschwerdeführerin zugezählten Darlehen in Höhe von S 67,750.000,--

und S 21,650.000,-- seien treuhändig gewährt worden. Mit einem weiteren Schriftsatz vom wurde mitgeteilt, dass das erstgenannte Darlehen am und das zweitgenannte am zugezählt worden sei.

Über entsprechende Aufforderung wurden mit einer Eingabe vom Kopien von zwei Vereinbarungen der Beschwerdeführerin als Treugeber mit der W. GmbH als Treuhänder vom und vom übermittelt. Die beiden Vereinbarungen hatten im Wesentlichen übereinstimmend folgenden auszugsweise wiedergegebenen Inhalt:

I.

Der Treugeber stellt dem Treuhänder einen Betrag von öS 67,750.000,-- - 21,650.000,-- - ... zu nachfolgenden Bedingungen treuhändig zur Verfügung.

II.

1. Der Treuhänder gewährt diesen Betrag der E. GmbH als unverzinstes Darlehen.

2. Die Laufzeit des Darlehens beginnt am - - und wird auf unbestimmte Zeit gewährt.

3. Bezüglich der Rückzahlung des Darlehens werden wir Sie noch gesondert in Kenntnis setzen.

III.

1. Der Treugeber beauftragt den Treuhänder, den zur Verfügung gestellten Betrag bis längstens - - der E.GmbH zur Verfügung zu stellen und hierüber zu berichten.

2. ...

Mit Bescheiden vom schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin von den beiden genannten Gesellschafterdarlehen eine Darlehensgebühr nach § 33 TP 8 GebG vor.

In den Berufungen gegen diese Bescheide wurde im Wesentlichen vorgebracht, es bestehe keine Gebührenpflicht für Darlehensauftragsverträge. Eine Treuhandschaft sei kein Auftragsvertrag.

Mit einer Eingabe vom hatte die H. GmbH angezeigt, dass sie von ihrem Gesellschafter, der Beschwerdeführerin, ein unverzinsliches Gesellschafterdarlehen in Höhe von S 32,880.000,-- zugezählt bekommen habe.

Im Laufe des Verwaltungsverfahrens wurde ein Treuhandvertrag mit der W. GmbH über den Betrag von S 32,880.000,-- vorgelegt, der im Wesentlichen gleich wie die oben wiedergegebenen Treuhandverträge lautete.

Gegen den ebenfalls am gegenüber der Beschwerdeführerin erlassenen Gebührenbescheid über eine Darlehensgebühr von einer Bemessungsgrundlage von S 32,880.000,-- wurde ebenfalls Berufung mit gleichem Inhalt wie die oben bezeichnete Berufung erhoben.

Mit den beiden im Wesentlichen gleichlautenden angefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat in der Begründung dieser Bescheide übereinstimmend die Auffassung, mit den vorliegenden Treuhandverträgen sei nicht ein fiduziarisches Treuhandverhältnis, sondern lediglich eine Ermächtigungstreuhand begründet worden. Der an die W. GmbH überwiesene Betrag sei jeweils nicht in deren Eigentum übertragen worden, sondern nur zum alleinigen Zweck der Darlehensgewährung zur Verfügung gestellt worden. Durch die Aufnahme der Darlehen als "Treuhanddarlehen" bzw als "Verbindlichkeiten gg. verbundene Unternehmen" in den Bilanzen zum seien auch die Bedingungen des § 33 TP 8 Abs 4 GebG erfüllt.

In den Beschwerden gegen diese Bescheide erachtet sich die Beschwerdeführerin insbesondere in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung einer Darlehensgebühr für Treuhanddarlehen verletzt.

Die belangte Behörde erstattete Gegenschriften und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Verfahren im Hinblick auf ihren persönlichen und sachlichen Zusammenhang zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und hierüber erwogen:

Darlehensverträge unterliegen gemäß § 33 TP 8 Abs 1 GebG 1957 einer Gebühr in Höhe von 0,8 vH vom Wert der dargeliehenen Sache. Wurde über das Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft keine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenpflicht maßgeblichen Weise errichtet, so gelten die nach den abgabenrechtlichen Vorschriften im Inland zu führenden Bücher und Aufzeichnungen des Darlehensschuldners, in die das Darlehen aufgenommen wurde, gemäß Abs 4 dieser Gesetzesstelle als Urkunde. Der Darlehensschuldner hat die Gebühr selbst zu berechnen und innerhalb von drei Monaten nach dem Entstehen der Gebührenschuld zu entrichten.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens besteht zunächst Streit über die Rechtsnatur der von der Beschwerdeführerin mit der W. GmbH abgeschlossenen Treuhandvereinbarungen. Bei der fiduziarischen Treuhand wird vom Treugeber das Vollrecht an den Treuhänder übertragen, der es im eigenen Namen, aber im Interesse des Treugebers auszuüben hat. Demgegenüber erwirbt der Treuhänder bei der Ermächtigungstreuhand nur ein Verfügungsrecht in Bezug auf ein Vollrecht, das beim Treugeber bleibt (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 98/16/0133, mwH.).

In den Beschwerdefällen wurde der Treuhänder jeweils beauftragt, den ihm zur Verfügung gestellten Geldbetrag innerhalb von drei Tagen der jeweiligen Tochtergesellschaft zur Verfügung zu stellen und hierüber zu berichten. Der Treuhänder war somit nach dem klaren Wortlaut der getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich der Art der Ausübung des ihm übertragenen Verfügungsrechtes auf die Ausführung dieses Auftrages beschränkt. Für den Treuhänder bestand damit bloß eine einzige, innerhalb weniger Tage zu vollziehende Möglichkeit, über das ihm übertragene Recht zu disponieren. Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, kann bei einer solchen Vereinbarung von der Übertragung des Vollrechtes an dem jeweiligen Geldbetrag an den Treuhänder keine Rede sein. Insbesondere hatte er auf die Rückführung des Darlehens keinen Einfluss. Daraus folgt aber, dass die Beschwerdeführerin damit Darlehensgeber als Gesellschafterin der Gesellschaften, denen die Geldbeträge zugezählt worden sind, gewesen ist.

Dabei kommt dem Umstand, dass die belangte Behörde hinsichtlich des vorliegenden Sachverhalts in einem Gesellschaftsteuer betreffenden Bescheid eine andere Ansicht vertreten hat, schon deshalb keine Bedeutung zu, weil eine Bindung zwischen derartigen Abgabenbescheiden im Gesetz nicht vorgesehen ist.

Dennoch entsprechen die angefochtenen Bescheide nicht dem Gesetz:

Im Falle der Anknüpfung der Gebührenschuld an die Ersatzbeurkundung im Sinne des § 33 TP 8 Abs 4 GebG kommt abweichend von der generellen Regelung des § 28 Abs 1 Z 2 GebG als Gebührenschuldner nicht der Darlehensgläubiger, sondern (allein) der Darlehensschuldner in Betracht. Dass der in den Beschwerdefällen heranzuziehenden Spezialbestimmung des § 33 TP 8 Abs 4 GebG der Vorrang gegenüber der generellen Regelung zukommt, steht außer jedem Zweifel. Der Sinn dieser Spezialbestimmung kann dabei auch darin erkannt werden, dass die vom Darlehensschuldner geführten Bücher und Aufzeichnungen die Ersatzurkunde darstellen; es ist daher in diesem Falle der Ersatzbeurkundung der Darlehensschuldner, der in erster Linie imstande ist, die abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Da in den Beschwerdefällen die Gebühr jeweils der Beschwerdeführerin als Gläubigerin der gewährten Darlehen vorgeschrieben worden ist, haben die Abgabenbehörden insoweit das Gesetz verletzt.

Aus den angeführten Gründen waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am