VwGH vom 11.05.1993, 89/14/0290

VwGH vom 11.05.1993, 89/14/0290

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden SenatspräsidentMag. Onder sowie die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der I GmbH & Mitgesellschafter (Dr. D Sch-I, Dr. K Sch, U Sch, Dr. D Sch), alle in G, alle vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der FLD für Stmk, vom , B 346-3/87, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die I Brot GmbH, Dr. D Sch-I, Dr. K Sch, U Sch und Dr. D Sch haben dem Bund Aufwendungen von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die I Brot GmbH (in der Folge: GmbH) gründete mit Gesellschaftsverträgen vom atypische stille Gesellschaften, beginnend ab mit Dr. D Sch-I, Dr. D Sch, Dr. K Sch und U Sch. Die Gesellschafter waren am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven in folgender Höhe (ihren Kapitaleinlagen entsprechend) beteiligt:

I Brot GmbH 22,5 %

Dr. D Sch-I 50 %

Dr. K Sch 12,5 %

U Sch 12,5 %

Dr. D Sch 2,5 %

Dr. D Sch-I und U Sch sind Schwestern, Dr. D Sch und Dr. K Sch deren Ehegatten. Alle vier Personen sind auch an der GmbH beteiligt, wobei Dr. K Sch und U Sch deren Geschäftsführer sind.

Der im Jahr 1983 erwirtschaftete Verlust von rund 158.000 S wurde den Gesellschaftern im genannten Beteiligungsverhältnis zugerechnet. Mit Gesellschafterbeschluß vom wurde abweichend von den Gesellschaftsverträgen jedoch folgendes vereinbart:

"... ZWEITENS:

Im Hinblick darauf, daß seit Bestehen der GmbH und auch seit Zuführung der erforderlichen Kapitalmittel durch die stillen Gesellschafter kein bilanzmäßiger Gewinn mehr erzielt werden konnte, weist die Geschäftsführung darauf hin, daß neuerlich Maßnahmen von den Gesellschaftern getroffen werden müßten, um die Eigenkapitalbasis der Gesellschaft zu verbessern und damit für die Zukunft eine bessere Ertragsfähigkeit zu sichern. Dabei wird noch darauf hingewiesen, daß aufgrund der vorliegenden Bilanz per eine bilanzmäßige Überschuldung der GmbH vorliegt und schon aus diesen Gründen unbedingt der Gesellschaft neue Mittel zugeführt werden müßten.

Es wird nach Diskussion einstimmig beschlossen, daß die stillen Gesellschafter vorerst auf ein Jahr - sollte sich das Ergebnis nicht wesentlich bessern, bis zu einem neuen Gesellschafterbeschluß - auf jegliche Gewinnanteile zugunsten der GmbH verzichten und auch bei einem eventuellen Ausscheiden eines oder aller stillen Gesellschafter, auf die Abfindung von stillen Reserven verzichten, sodaß eine Abfindung nur mit dem Buchwert der stillen Einlage erfolgen kann.

Die von den Geschäftsführern der GmbH verlangte weitere Kapitaleinzahlung wird jedoch einstimmig abgelehnt. ..."

Dieser Beschluß wurde dem Finanzamt mit Schreiben vom selben Tag zur Kenntnis gebracht.

Der im Jahr 1984 erzielte Gewinn von rund 277.000 S wurde diesem Beschluß entsprechend zur Gänze als Gewinn der GmbH erklärt.

Das Finanzamt rechnete im Bescheid betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1984 hingegen allen Gesellschaftern die ihrem Beteiligungsverhältnis entsprechenden Gewinnanteile mit der Begründung zu, von der in den Gesellschaftsverträgen vereinbarten Gewinnverteilung dürfe nur aus gewichtigen Gründen abgegangen werden. In der Absicht, die Eigenkapitalbasis der GmbH zu verbessern, um dieser für die Zukunft eine bessere Ertragsfähigkeit zu sichern (die GmbH war zum bilanzmäßig überschuldet), könne kein solcher gewichtiger Grund gesehen werden. Es sei vielmehr das Vorliegen rein steuerlicher Gründe zu vermuten.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führten die Gesellschafter aus, der Gesellschafterbeschluß vom sei sehr wohl aus gewichtigen Gründen gefaßt worden. Durch die Erzielung von Verlusten in den vergangenen Jahren sei eine bilanzmäßige Überschuldung der GmbH eingetreten. Um diese schrittweise abzubauen, sei es erforderlich geworden, der GmbH Kapital zuzuführen. Die stillen Gesellschafter hätten sich zwar nicht zur Leistung weiterer Kapitaleinlagen durchringen können, seien aber bereit gewesen, bis zur Fassung eines weiteren Gesellschafterbeschlusses auf Gewinnanteile zugunsten der GmbH zu verzichten. Die ab dem Jahr 1984 geänderte Gewinnverteilung (die Tragung der Verluste wurde hingegen nicht geändert), sei somit nicht willkürlich, sondern auf Grund der gesetzlichen Verpflichtung zum Abbau der Überschuldung der GmbH erfolgt.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt den Gesellschaftern vor, der Beschluß der stillen Gesellschafter, vorerst für ein Jahr auf ihre Gewinnanteile zu verzichten, weise auf eine Einlage der stillen Gesellschafter in Höhe ihrer Gewinnanteile hin. In diesem Fall seien die Gewinne den stillen Gesellschaftern aber bereits zugeflossen und von diesen auch zu versteuern.

Ohne auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung einzugehen, stellten die Gesellschafter einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der das bisherige Vorbringen im wesentlichen wiederholt wurde, mit der Begründung ab, der Gesellschafterbeschluß vom sei steuerlich nicht anzuerkennen, weil er dem nach der Rechtsprechung bei Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen zu beachtenden "Fremdvergleich" nicht standhalte. Das "nahe Angehörigenverhältnis" ergebe sich im vorliegenden Fall einerseits aus der engen verwandtschaftlichen Beziehung der vier natürlichen, an der GmbH beteiligten Personen, anderseits aus der Tatsache, daß die stillen Gesellschafter und die Gesellschafter der GmbH dieselben natürlichen Personen seien. Unter Familienfremden wäre es undenkbar, auf einen Gewinnanteil so ohne weiteres zugunsten eines anderen (fremden) Gesellschafters zu verzichten.

Die Gesellschafter erhoben zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit dem die Behandlung dieser Beschwerde ablehnenden Beschluß vom , B 1907/88-9, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ab. Im hg Verfahren machten die Gesellschafter Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbestritten ist, daß die an der GmbH beteiligten, miteinander verwandten natürlichen Personen auch atypische stille Gesellschafter der GmbH sind.

Die Gesellschafter werfen der belangten Behörde vor, den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf das Verwandtschaftsverhältnis gestützt zu haben, ohne auszuführen, warum ein gleichartiger Beschluß nicht auch zwischen Familienfremden hätte zustande kommen können. Die belangte Behörde hätte sich außerdem mit dem Argument der wirtschaftlichen Notwendigkeit des Gesellschafterbeschlusses vom infolge der bilanzmäßigen Überschuldung der GmbH zum sowie der Erzielung eines Verlustes im Jahr 1983 auseinandersetzen müssen. Da der Gesellschafterbeschluß der Erhaltung der Firmengrundlage gedient habe, halte er auch einem Fremdvergleich stand. Denn auch einem Gesellschafter der Beschwerdeführerin, der an der GmbH nicht beteiligt gewesen wäre, hätte das wirtschaftliche Schicksal der GmbH nicht gleichgültig sein können.

Mit diesen Ausführungen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Mit Gesellschafterbeschluß vom wurde unter anderem vereinbart, daß die stillen Gesellschafter vorerst auf ein Jahr - sollte sich das Ergebnis der GmbH nicht wesentlich bessern, bis zu einem neuen Gesellschafterbeschluß - auf jegliche Gewinnanteile sowie bei einem allfälligen Ausscheiden auf die Abfindung von stillen Reserven zugunsten der GmbH verzichten. Die stillen Gesellschafter, die laut den Gesellschaftsverträgen vom Kapitaleinlagen von bis zu 1 Mio S zu leisten hatten, verpflichteten sich mit diesem Beschluß demnach, auf nicht absehbare Zeit den weitaus überwiegenden Teil der von der GmbH erzielten Verluste zu tragen, während die gesamten Gewinne (einschließlich der stillen Reserven) der GmbH zufallen sollten. Nach § 336 Abs 2 HGB kann die Beteiligung eines stillen Gesellschafters am Gewinn nicht ausgeschlossen werden. Da die stillen Gesellschafter mit dem Gesellschafterbeschluß vom auf jegliche Gewinnanteile verzichtet haben, hält schon deshalb diese Vereinbarung der insbesondere bei Familiengesellschaften regelmäßig gebotenen Angemessenheitsprüfung (vgl Gassner in Handbuch der Familienverträge, Herausgeber Ruppe, S 380 bis S 385; Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch2, Tz 33 zu § 23) nicht Stand.

Die am abgeschlossene Gewinnverteilungsvereinbarung ist somit steuerlich unbeachtlich, weswegen die belangte Behörde keine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu vertreten hat.

Die Rüge der Gesellschafter, die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften dadurch verletzt, daß sie den angefochtenen Bescheid nicht hinreichend begründet sowie sich mit dem Argument der wirtschaftlichen Notwendigkeit des Gesellschafterbeschlusses nicht auseinandergesetzt habe, führt ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde. Die aufgezeigten Verfahrensmängel sind nicht wesentlich, weil die belangte Behörde auch bei Prüfung der Frage der bilanzmäßigen Überschuldung der GmbH zum zu keinem im Spruch anders lautenden Bescheid hätte kommen können.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.