VwGH vom 26.04.2001, 2001/16/0186
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der S AG in G, vertreten durch Dr. Norbert Scherbaum, Dr. Günther Schmied, Dr. Georg Seebacher und Dr. Werner Mecenovic, Rechtsanwälte in Graz, Marburgerkai 49, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , Zl. Jv 2988-33/00, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem mit der Beschwerde vorgelegten Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Zwischen der Beschwerdeführerin als Klägerin sowie A, B und C als Beklagten war vor dem Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz ein Verfahren wegen Räumung und Zahlung eines Betrages von
S 123.183,42 (rückständiger Mietzins) anhängig. Das Verfahren endete am durch Abschluss eines gerichtlichen Vergleiches. Dieser lautet auszugsweise:
"1.) Die beklagten Parteien verpflichten sich, das im Erdgeschoß (straßenseitig, links) des Hauses 8020 Graz, Mariengasse 45, gelegene Geschäftslokal ... bis längstens zu räumen und von den eigenen Fahrnissen geräumt bei sonstiger Exekution der klagenden Partei zu übergeben.
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2.) | ... | |||||||||
3.) | Die beklagten Parteien verpflichten sich weiters zur ungeteilten Hand, der klagenden Partei den Betrag von S 168.685,24 samt 4 % Zinsen seit sowie ... bei sonstiger Exekution bis längstens zu bezahlen. Die beklagten Parteien verpflichten sich weiters, der klagenden Partei einen pauschalen Prozesskostenersatz in der Höhe von S 45.000,--bei sonstiger Exekution bis zu bezahlen. | |||||||||
4.) Die klagende Partei verzichtet auf eine Exekutionsführung nach Punkt 1.) dieses Vergleiches, wenn die beklagten Parteien zum einen ihrer Zahlungsverpflichtung nach Punkt 3.) zeitgerecht nachkommen und zum anderen den Mietzins für das Monat September bis längstens sowie die in der Folge fällig werdenden Mietzinse jeweils zeitgerecht bezahlen. | ||||||||||
..." | ||||||||||
Mit Zahlungsauftrag vom schrieb der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes für ZRS Graz (im Anschluss an eine Nachprüfung durch die Revisorin) der Beschwerdeführerin eine restliche Pauschalgebühr nach TP 1 GGG im Betrag von S 37.148,-- zur Zahlung vor. | ||||||||||
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag nicht Folge gegeben und die Gerichtsgebührenvorschreibung auf S 38.832,-- erhöht. Die belangte Behörde ermittelte die Bemessungsgrundlage unter Heranziehung der Vergleichspunkte wie folgt: | ||||||||||
Punkt 1.) Verpflichtung zur Räumung |
S 7.950,--
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Punkt 3.) Verpflichtung zur Zahlung |
S 168.685,24
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Punkt 4.) Verzicht auf Exekutionsführung bei |
zeitgerechter Zahlung
S 2,730.109,20
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Summe |
S 2,906.744,44
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gerundet gemäß § 6 Abs. 2 GGG | ||||||||||
S 2,906.750,-- | ||||||||||
Hinsichtlich der Bemessung zu Punkt 4.) stützte sich die belangte Behörde auf § 58 Abs. 1 JN und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach sich die zu bezahlende Ergänzungsgebühr im Falle von gerichtlichen Räumungsvergleichen dann, wenn eine zeitlich nicht exakt begrenzte Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages übernommen wird, nach dem Zehnfachen des Jahreswertes richtet. | ||||||||||
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit dem sich die Beschwerdeführerin in einem Recht verletzt erachtet, weil die (weitere) Gerichtsgebühr unter Zugrundelegung einer falschen Bemessungsgrundlage unrichtig ermittelt worden sei. | ||||||||||
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen: | ||||||||||
Die Beschwerdeführerin wehrt sich ausdrücklich nicht gegen die Einbeziehung der Vergleichspunkte 1.) bis 3.) in die Bemessungsgrundlage. Sie bestreitet jedoch, dass es durch den Vergleichspunkt 4.) zu einer Verpflichtung der beklagten Parteien zur Zahlung der Mietzinsbeträge gekommen sei. Es sei für den Fall, dass der Mietzins bis bezahlt wird, lediglich ein Räumungsverzicht vereinbart worden. | ||||||||||
Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Wird allerdings der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen. | ||||||||||
Wird in einem gerichtlichen Räumungsvergleich eine zeitlich nicht exakt begrenzte Verpflichtung zur Zahlung eines wiederkehrenden Betrages übernommen, so richtet sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Bemessungsgrundlage für die zu zahlende zusätzliche Gebühr in Anwendung von § 58 Abs. 1 JN nach dem Zehnfachen des Jahreswertes (s. die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren6 (1999), S. 87 ff, zitierte hg. Rechtsprechung). Die Verwendung des Wortes "verpflichtet" ist zur Auslösung der Gebührenpflicht nicht erforderlich. Die Verpflichtung kann auch durch eine andere Formulierung ausgedrückt werden. Es kommt bei der gerichtsgebührenrechtlichen Beurteilung eines Prozessvergleiches auch nicht darauf an, ob damit ein exekutionsfähiger Titel geschaffen wurde (vgl. das hg. Erk. vom , Zl. 97/16/0384). | ||||||||||
Aus dem Inhalt des vorliegenden Vergleiches ergibt sich zweifelsfrei, dass für die Zukunft ein Exekutionstitel geschaffen werden sollte und die weitere Zahlung des Mietzinses Gegenleistung für den Verzicht der Beschwerdeführerin auf eine Exekutionsführung und damit Voraussetzung für die weitere Benützung des Bestandobjektes ist. Es kann daher nicht ernstlich in Abrede gestellt werden, dass auch für die Zeit nach dem eine Verpflichtung der Beklagten vorliegt. Allein darin, dass im Falle der Nichtzahlung die Beschwerdeführerin sofort (ohne einen weiteren Titel erlangen zu müssen) zur Führung einer Räumungsexekution berechtigt wäre, kann für die gerichtsgebührenrechtliche Beurteilung kein Unterschied zur ausdrücklichen Übernahme einer Zahlungsverpflichtung gesehen werden. | ||||||||||
Dass mit dem Vergleich möglicherweise eine gesetzliche Rechtsfolge "antizipiert" wird, ist ohne Bedeutung. Einerseits ist es typisch, dass auch den Parteien ohnehin zustehende Ansprüche zum Gegenstand eines gerichtlichen Vergleiches gemacht werden. Darüber hinaus knüpft das GGG bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten (s. die bei Tschugguel/Pötscher, aaO, S 3 unter E 7 und E 8 zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Aus diesem Grundsatz ergibt sich, dass eine nähere inhaltliche Prüfung des Vergleichsgegenstandes nicht stattzufinden hat und dass es insbesondere nicht darauf ankommt, ob das bisherige Bestandsverhältnis aufrecht bleibt oder ein neues begründet wurde. | ||||||||||
Da auch hier der tatsächliche Endtermin für die Bezahlung des Mietzinses im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses unbestimmt war, war nach § 58 Abs. 1 JN das Zehnfache der Jahresleistung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 97/16/0171, mit weiteren Hinweisen). | ||||||||||
Sohin ließ bereits der Beschwerdeinhalt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden. | ||||||||||
Wien, am |