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VwGH vom 26.06.1997, 95/18/1291

VwGH vom 26.06.1997, 95/18/1291

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 5/95, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde aufgrund des Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 54 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß er "in den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens" gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

Nachdem die belangte Behörde eingangs ihres Bescheides die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides auch für den angefochtenen Bescheid als maßgeblich bezeichnete, führte sie aus, die kriegerischen Handlungen in der Heimat des Beschwerdeführers stellten keinen Grund für dessen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG dar. Der Beschwerdeführer habe keine konkreten Umstände vorgebracht, aus denen sich seine Gefährdung und/oder Bedrohung im gesamten Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens ergebe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 54 Abs. 1 FrG hat auf Antrag eines Fremden die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht ist. Nach § 37 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Nach § 37 Abs. 2 FrG ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Falle der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/18/1127, mwN).

3. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß der in Bosnien-Herzegowina - im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - herrschende Bürgerkrieg für sich allein nicht ausreiche, eine Bedrohung und/oder Gefährdung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zlen. 95/18/1135 und 1216).

4. Der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, der Beschwerdeführer habe durch das Vorbringen, seine Frau und seine Kinder seien im August 1994 von Janja nach Tuzla verschleppt worden, er selbst habe über die Drina der "ethnischen Säuberung" entkommen können, eine ihn konkret betreffende Bedrohung in Bosnien-Herzegowina geltend gemacht, ist zu entgegnen, daß sich dieses Vorbringen jedenfalls nur auf das von der serbischen Bürgerkriegspartei kontrollierte Gebiet von Bosnien-Herzegowina bezieht und schon von daher nicht geeignet ist, eine sich auf das gesamte Gebiet dieses Staates erstreckende Gefährdungs- bzw. Bedrohungssituation darzutun (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 95/18/1127).

Darüber hinaus hat die belangte Behörde - durch Verweis auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides - zu Recht darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am selbst ausgeführt hat, in seiner Heimat nicht im Sinne des § 37 FrG verfolgt zu werden.

5. Insoweit die belangte Behörde die Ansicht vertrat, der Antrag sei schon deshalb abzuweisen gewesen, weil der Beschwerdeführer - durch sein nur auf Bosnien-Herzegowina bezogenes Vorbringen - nicht dargetan habe, im gesamten Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens bedroht zu werden, verkannte sie, daß sich der Antrag des Beschwerdeführers auf "die (offensichtlich gemeint: jeden einzelnen der) Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien" bezog. Aus dem oben, Punkt II 1., zitierten Wortlaut der §§ 37 Abs. 1 und 2 sowie 54 Abs. 1 FrG ergibt sich, daß die Voraussetzungen der Unzulässigkeit der Abschiebung für jeden Staat, auf den sich der Antrag bezieht, gesondert zu beurteilen sind.

Dies führt jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil das auf Bosnien-Herzegowina bezogene Vorbringen des Beschwerdeführers - wie oben, Punkt II 3. und 4., dargestellt - nicht geeignet ist, eine dort gegebene Gefährdung und/oder Bedrohung darzutun und der Beschwerdeführer zu seiner behaupteten Bedrohung in den übrigen Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens im Verwaltungsverfahren kein Vorbringen erstattet hat.

6. Die sich als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.