VwGH vom 19.09.2001, 2001/16/0097

VwGH vom 19.09.2001, 2001/16/0097

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch die Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 14. Feber 2000, GZ. RV/0422-09/98, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Notariatsakt vom übertrugen die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte ihre Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mbH gegen Entgelt an eine Erwerberin, wobei der Notariatsakt auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"...

Zweitens:

Herr Anton SITTER und Frau Melitta SITTER treten hiemit ihre im Punkt Erstens näher bezeichneten Geschäftsanteile an der Firma Wohnpark Doktorberg Immobilien Ges.m.b.H. um den Abtretungspreis von S 150.000,-- (Schilling einhunderfünfzigtausend) an die Firma "m & a" Beteiligungs-, Finanzierungs-Beratungsgesellschaft m.b.H. ab und diese erklärt die Vertragsannahme.

Festgehalten wird, dass vom Abtretungspreis von S 150.000,-- (Schilling einhundertfünfzigtausend) S 100.000,-- auf Herrn Anton SITTER und S 50.000,-- (Schilling fünfzigtausend) auf Frau Melitta SITTER entfallen.

...

Neuntens:

Herr Diplomkaufmann Heinz PIPPAN verpflichtet sich gegenüber Herrn Anton SITTER, diesen hinsichtlich aller Forderungen und Ansprüche der Raiffeisen Zentralbank Österreich Aktiengesellschaft, Zweigstelle St.Marx, die diesem als Bürger und Zahler aus den der Wohnpark Doktorberg Immobilien Ges.m.b.H. zu Kontonummern 20-01.096.114 und 30-01.096.114 gewährten Krediten erwachsen können, vollkommen klag- und schadlos zu halten und die Entlassung des Herrn Anton Sitter aus der persönlichen Haftung als Bürge und Zahler in den vorbezeichneten Kreditangelegenheiten bei der Raiffeisen Zentralbank Österreich Aktiengesellschaft bis längstens dreißigsten Juni tausendneunhundertsiebenundneunzig () zu erwirken.

..."

Mit vorläufigem Börsenumsatzsteuerbescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (im Folgenden kurz Finanzamt) gegenüber der Käuferin Börsenumsatzsteuer ausgehend von einem Preis von S 150.000,-- fest, wobei folgender Auftrag erteilt wurde:

"Sie werden ersucht innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides ha. detailliert bekanntzugeben, mit welchen Beträgen die Forderungen und Ansprüche der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG, Zweigstelle St. Marx gegenüber der Wohnpark Doktorberg Immobilien GesmbH zu Kto. Nr. 20-01.096114 und 30- 01.096.114 im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausgehaftet sind, sowie aus welchem Grund die Verpflichtung zur Entlassung des Herrn Anton Sitter aus der persönlichen Haftung als Bürge und Zahler durch Herrn Dkfm. Heinz Pippan übernommen wurde?"

Dazu teilte der steuerliche Vertreter der Käuferin dem Finanzamt unter anderem Folgendes mit:

"zu Frage 1)

Die Forderungen und Ansprüche der RZB, Zweigstelle St. Marx hafteten gegenüber der Wohnpark Doktorberg Immobilien GesmbH zu

Kto. Nr. 20-01.096.114 mit S 13,774.860,69 per und

S 13,502.469,43 per

und zu

Kto. Nr. 30-01.096.114 mit S 2,174.904,05 per und

S 2,133.507,36 per

aus (siehe dazu die beiliegenden Kopien der Bankauszüge).

zu Frage 2)

Begründet wurde die Entlassung des Hrn. Anton Sitter aus der persönlichen Haftung als Bürge und Zahler und die Übernahme durch Hrn. Heinz Pippan durch die Bedingung seitens Hrn. Anton Sitter für die Abtretung der Anteile. ..."

Über die Käuferin wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , 3 S 1032/97b der Konkurs eröffnet.

Am erließ das Finanzamt gegen die Käuferin einen neuen vorläufigen Börsenumsatzsteuerbescheid ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 16,099.764,74.

Am erließ das Finanzamt gegen die Beschwerdeführerin einen "Mitzahlungs-Börsenumsatzsteuerbescheid", wobei es von einer Steuerbemessungsgrundlage von S 5,366.588,25 ausging.

In der Begründung dieses Bescheides findet sich folgender Hinweis:

"Da nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist, erfolgt die Vorschreibung vorläufig gem. § 200 BAO."

Im Zusammenhang damit wurde folgender Auftrag erteilt:

"Um Bekanntgabe der Höhe der aushaftenden Forderung der RZB AG zum Stichtag wird gebeten (binnen 4 Wochen ab Bescheidzustellung)."

Sowohl gegen den gegen die Käuferin erlassenen "Grundlagenbescheid" als auch gegen den ihr gegenüber erlassenen "Mitzahlungsbescheid" erhob die Beschwerdeführerin Berufung, wobei sie sich gegen die Einbeziehung des Punktes Neuntens des Notariatsaktes in die Bemessungsgrundlage wandte.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die von der Beschwerdeführerin gegen den ihr gegenüber erlassenen "Mitzahlungsbescheid" erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen und mit gesondertem Bescheid vom gleichen Tag wurde die von der Beschwerdeführerin gegen den gegenüber der Käuferin erlassenen Bescheid erhobene Berufung zurückgewiesen.

Gegen die Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz; der Zurückweisungsbescheid blieb unbekämpft.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie im Kern ihrer Argumentation die Auffassung vertrat, der Umstand, dass ein Dritter die Verpflichtung übernommen habe, "den Bw" bezüglich der Haftung schad- und klaglos zu halten, ändere nichts daran, dass die Haftungsübernahme Teil des vereinbarten Preises sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich u.a. in ihrem Recht darauf verletzt, dass ihr gegenüber nicht eine Haftungsübernahme in die Bemessungsgrundlage einbezogen wird, die nur den zweiten Verkäufer betrifft.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 21 Z. 1 KVG wird die Steuer regelmäßig von dem vereinbarten Preis berechnet.

Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom , 2000/16/0366 bis 0368; vom , Zl. 97/16/0354, und vom , Zlen. 99/16/0454, 99/16/0435, sowie Zlen. 99/16/0408 - 0440, 0536, und die dort jeweils zitierte Vorjudikatur) zählen zum Entgelt alle Leistungen, die der Erwerber zu erbringen hat, gleichgültig an wen diese Leistungen erfolgen und unabhängig davon, in welchem Ausmaß die Leistungen letzten Endes tatsächlich erbracht werden.

Kern der Argumentation der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist der Hinweis darauf, dass die von Dkfm. Heinz Pippan persönlich gegenüber dem zweiten Verkäufer übernommene Haftung sie nicht tangiere. Diesem Argument kann man sich im gegebenen Zusammenhang nicht verschließen.

Auf Grund der im Punkt Zweitens des Notariatsaktes unübersehbar vorgenommenen Trennung der beiden Anteilserwerbe auch bezüglich der Preise und angesichts der Formulierungen des Punktes Neuntens besteht überhaupt kein Anhaltspunkt dafür, die Haftungsübernahme durch Dkfm. Pippan gegenüber dem zweiten Verkäufer in die Bemessungsgrundlage der Beschwerdeführerin einzubeziehen. Das Schreiben des steuerlichen Vertreters der Käuferin (arg.: "... für die Abtretung der Anteile") ist der Beschwerdeführerin keinesfalls zuzurechnen und abgesehen davon, spricht nichts dafür, dass die in Rede stehende Haftungsübernahme auch eine Bedingung für den Verkauf des Anteils der Beschwerdeführerin gewesen wäre.

Bereits dadurch ist der angefochtene Bescheid aber mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muss.

Auf das zweite Beschwerdeargument, die belangte Behörde hätte im vorliegenden Fall keinen vorläufigen Bescheid erlassen dürfen, braucht daher gar nicht mehr eingegangen zu werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.

Mit Rücksicht auf die besonders einfache Sach- und Rechtslage konnte die Entscheidung gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Wien, am