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VwGH vom 26.02.2004, 2001/16/0092

VwGH vom 26.02.2004, 2001/16/0092

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Höfinger, Dr. Kail und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde 1. der C Immobiliengesellschaft m.b.H., 2. des M, beide in W, beide vertreten durch Dr. Marco Iglitsch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ballgasse 6, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom , Zl. Jv 4301- 33a/00, betreffend Pauschalgebühr nach dem GGG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren der Beschwerdeführer wird abgewiesen.

Begründung

Mit einer beim Bezirksgericht Baden am eingebrachten Klage begehrten die Beschwerdeführer von den Beklagten, eine bestimmte Liegenschaft von eigenen Fahrnissen zu räumen und den Klägern von eigenen Fahrnissen geräumt zu übergeben.

Bei der Streitverhandlung vom wurde ein Vergleich geschlossen, dessen Punkte 1. und 2. lauten:

"1. Die beklagten Parteien verpflichten sich, den klagenden Parteien das Haus ... bis zum geräumt von eigenen Fahrnissen und unter Verzicht auf jeglichen Räumungsaufschub zu übergeben.

Für die Monate Juli 2000 bis inklusive Juni 2001 verpflichten sich die beklagten Parteien zu ungeteilter Hand, einen monatlichen Mietzins von S 13.500,--, jeweils am Monatsersten mit 5-tägigem Respiro, zu bezahlen.

2. Die klagenden Parteien verpflichten sich, von diesem Räumungstitel keinen Gebrauch zu machen, wenn bis spätestens ein Kaufvertrag zwischen der Erstklägerin und einem der Beklagen oder beiden gemeinsam über die klagsgegenständliche Liegenschaft (lasten- und bestandsfrei) zu einem Kaufpreis von

S 4,900.000,-- zuzüglich der im Zuge der Vertragserrichtung anfallenden Kosten, Gebühren und Steuern abgeschlossen und der Kaufpreis spätestens bei Vertragsunterfertigung erlegt wird."

Mit Zahlungsauftrag vom schrieb der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Baden, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 5,062.000,-- (= Summe aus dem in Punkt 1. des Vergleiches vereinbarten Mietzins in Höhe von S 162.000,-- und dem in Punkt 2. genannten Kaufpreis in Höhe von S 4,900.000,--), unter Abzug der bereits anlässlich der Klage entrichteten Pauschalgebühr, der Beschwerdeführerin eine solche von S 84.333,-- vor.

In ihrem dagegen erstatteten Berichtigungsantrag brachten die Beschwerdeführer vor, es hätte der Steuerwertfestsetzung nur der Mietzins laut Punkt 1. des Vergleiches zugrunde gelegt werden dürfen, nicht aber die in Punkt 2. des Vergleiches erfolgte Verpflichtung. Bei dieser Lösungsbefugnis handle es sich um eine bloße Befreiungsmöglichkeit, sodass sie für die Bewertung des Streitgegenstandes nicht heranzuziehen sei. Es hätte sich daher ein Pauschalgebührenbetrag inklusive 15 % Streitgenossenzuschlag von S 7.923,50 ergeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag keine Folge. Mit dem Vergleichgspunkt 2. sei der Streitgegenstand des ursprünglich nur auf Räumung gerichteten Verfahrens, abgesehen von der nunmehr vereinbarten Mietzinszahlung, auch dahingehend erweitert worden, dass dem Beklagten hinsichtlich der Liegenschaft ein Aufgriffsrecht eingeräumt wurde. Werde ein solches Recht ausgeübt, verschaffe es dem Berechtigten noch nicht unmittelbar das Eigentum, sondern nur einen obligatorischen Anspruch auf Übertragung, sodass dieses Recht nicht in Anwendung des § 60 Abs. 2 JN mit dem Einheitswert bewertet werden könne. Wenn sich hier die Kläger erboten hätten, anstelle der Räumung einen Kaufvertrag zum Kaufpreis von S 4,900.000,-- anzunehmen, sei allein dieser Betrag streitwertbestimmend. Dort wo es sich um ein Geldleistungsbegehren oder Sachleistungsbegehren mit einer auf Geld lautenden Lösungsbefugnis, einem auf Geld lautenden Alternativbegehren oder einen auf Geld lautenden Eventualbegehren handelt, sei der Kläger an die im Begehren genannte Geldsumme gebunden. Die hier vorgenommene Bewertung durch die Vergleichsparteien muss als Angabe des Streitwertes gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 JN angesehen werden.

Mit ihrer dagegen erhobenen Beschwerde begehren die Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Durch den hier geschlossenen Vergleich fand eine Streitwerterhöhung statt, die gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG eine Neuberechnung der Pauschalgebühr bedingte; dem dort enthaltenen Gebot, die bereits entrichtete Pauschalgebühr einzurechnen, wurde entsprochen. Strittig ist, ob nicht nur der im Punkt 1. genannte Mietzins, sondern auch der im Punkt 2. genannte Kaufpreis streitwerterhöhend wirkte.

Nach § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN. Mangels Anwendbarkeit einer anderen Bestimmung ist hier § 56 JN heranzuziehen. Erbietet sich der Kläger, an Stelle der angesprochenen Sache eine bestimmte Geldsumme anzunehmen, oder stellt er ein alternatives Begehren auf Zuerkennung einer Geldsumme, so ist die in der Klage angegebene Geldsumme nach § 56 Abs. 1 JN für die Beurteilung der Zuständigkeit und für die Besetzung des Gerichtes maßgebend. In allen anderen Fällen hat der Kläger den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben (Abs. 2 des § 56 JN).

Im Punkt 2. des vorliegenden Vergleiches haben sich die hier beschwerdeführenden Kläger bereit erklärt, auf den Räumungsanspruch zu verzichten, wenn die Beklagten die Liegenschaft um einen Betrag von S 4,900.000,-- kaufen.

Eine derartige Befreiungsmöglichkeit, indem dem Beklagten angeboten wurde, einen Kaufvertrag in einem bestimmten Umfang abzuschließen und durch Bezahlung dieses Kaufpreises von der (Alt-)Schuld befreit zu sein, hat der Verwaltungsgerichtshof in dem von den Beschwerdeführern zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/16/0131, gleich einer Lösungsbefugnis im Sinne des § 56 Abs. 1 JN angesehen. Darunter versteht man die dem Kläger durch § 410 ZPO eingeräumte Möglichkeit, bei einer nicht in Geld bestehenden Klagsforderung über Antrag im Urteil den Ausspruch zu erwirken, dass sich der Beklagte durch Zahlung einer bestimmten Geldsumme von der Leistung befreien kann (siehe die Zitate bei Gitschthaler in Fasching2 I, Rz 1 zu § 56 JN). Wenn aber ein Fall des § 56 Abs 1 JN vorliegt, kommt die von der belangten Behörde vorgenommene Heranziehung des § 56 Abs. 2 JN nicht in Betracht; es handelt sich nicht um einen "anderen Fall".

Wäre schon in der Klage die Lösungsbefugnis eingeräumt worden, dann wäre tatsächlich der Lösungsbetrag im Sinne des § 56 Abs. 1 als Streitwert heranzuziehen gewesen (siehe den Fall des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 97/16/0195). Hier liegt aber ein Vergleich vor.

Bei der Frage, ob der Lösungsbetrag einen höheren Streitwert im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG darstellt, kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf an, ob sich die Vergleichspartei zu dieser Leistung verpflichtet hat (siehe die Nachweise im zitierten Erkenntnis vom ; dort war der damalige Beklagte nicht verpflichtet, jenen Vergleichspunkt zu erfüllen, der den Lösungsbetrag enthielt).

Im Fall des Erkenntnisses vom , Zl. 2000/16/0400, ging es wie hier um eine Räumungsverpflichtung und um die im Vergleich eingeräumte Möglichkeit, dass bei Bezahlung bestimmter Beträge vom Räumungstitel kein Gebrauch gemacht wird. Auch in jenem Fall wurde darauf abgestellt, dass der Vergleichspunkt mit den Lösungsbeträgen keine Verpflichtung des Beklagten enthielt.

Da auch im vorliegenden Fall von einer Verpflichtung der Beklagten, den (Kaufvertrag abzuschließen und den) Lösungsbetrag zu bezahlen, keine Rede sein kann, hat dessen Höhe auf den (neuen) Streitwert keinen Einfluss. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, der somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Die Pauschalgebühr deckt auch die Umsatzsteuer.

Wien, am