VwGH vom 11.11.1998, 98/04/0110
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der A-Gesellschaft m.b.H. in Z, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , Zl. 34.050/25-III/A/3/98, betreffend Verweigerung der Bewilligung zur Führung einer besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtung gemäß § 30 des Berufsausbildungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem Bescheid vom erteilte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der Beschwerdeführerin (unter dem Namen B-Gesellschaft m.b.H.) gemäß § 30 BAG in Übereinstimmung mit dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung, der von der österreichischen Bundesregierung am beschlossen wurde, als Übergangsmaßnahme die Bewilligung zur Führung einer besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtung an einem näher bezeichneten Standort für die Ausbildung von insgesamt 15 Auszubildenden für vier Lehrjahre, beginnend mit bis in drei näher bezeichneten Lehrberufen unter Vorschreibung der nachfolgenden sieben Auflagen:
"1. Die Ausbildung hat sich auf arbeitsmarktmäßig besonders benachteiligte Personen, die sich nachweislich bei zumindest fünf Lehrberechtigten beworben und auch Vorstellungstermine wahrgenommen haben, zu beschränken. Der Nachweis über die Bewerbung bei zumindest fünf Lehrberechtigten samt Wahrnehmung der Vorstellungstermine entfällt bei jenen Personen, die am Tag der Zustellung des Bescheides in Ausbildung beim Bewilligungsträger stehen.
2. Im Ausbildungsvertrag ist der Hinweis aufzunehmen, daß die Übernahme in ein Lehrverhältnis bei einem Lehrberechtigten gemäß § 2 BAG angestrebt wird und der Auszubildende daran mitzuwirken hat.
3. Die Auszubildenden sind nach Möglichkeit und mit Unterstützung des Arbeitsmarktservice Steiermark oder der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Steiermark bei Lehrberechtigten gemäß § 2 BAG in reguläre Lehrverhältnisse unterzubringen.
4. Den Auszubildenden ist eine monatliche Ausbildungsvergütung von jeweils höchstens ATS 2.000,- zu bezahlen. Dieser Betrag kann ab entsprechend der Steigerung der Lebenshaltungskosten gemessen am Verbraucherpreisindex (Basis ) erhöht werden. Dies ist in den Ausbildungsverträgen und in der der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Steiermark gemäß Punkt 7 vorzulegenden Liste aufzunehmen.
5. Für die fachliche Betreuung der Auszubildenden sind Ausbilder, die die Voraussetzung gemäß § 2 Abs. 2 lit. c BAG erfüllen, zu bestellen.
6. Der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Steiermark und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten ist im Abstand von sechs Monaten, erstmals beginnend mit , ein Bericht über den Stand der Ausbildung, die Gestaltung der Ausbildung und die Maßnahmen im Sinne der Punkte 2, 3 und 4 vorzulegen.
7. Die Ausbildungsverhältnisse sind bei der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Steiermark in Form einer Liste unter Angabe sämtlicher im § 12 Abs. 3 BAG geforderten Angaben und unter Anschluß der einzelnen Ausbildungsverträge anzumelden. Hiebei ist auch nachzuweisen, daß es sich bei den auszubildenden Personen um solche handelt, die im Sinne des Punktes 1 arbeitsmarktmäßig besonders benachteiligt sind."
Zur Begründung führte der Bundesminister aus, die Bewilligung habe auf Grund des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens unter Bedachtnahme auf die Bewilligungsvoraussetzungen gemäß § 30 Abs. 2 BAG erteilt werden können. Die zeitliche Beschränkung der Bewilligung gründe sich auf § 30 Abs. 2 und 3 leg. cit. Die Höhe der Ausbildungsvergütung gründe sich auf die Zielsetzung für Auffangnetze nach dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung, beschlossen durch die österreichische Bundesregierung am . Für die Durchführung der Ausbildung im fraglichen Standort seien vom Bewilligungsträger Ausbilder bestellt, die ausschließlich mit Ausbildungsaufgaben betraut seien. Auf Grund dieser Bestellung werde die Verhältniszahlenregelung im Sinne des § 8 Abs. 3 BAG und der darauf beruhenden einschlägigen Ausbildungsverordnungen für die genannten Lehrberufe erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Erteilung einer Bewilligung zur Führung einer besonderen Ausbildungseinrichtung ohne die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Auflagen Punkt 1., 2., 3., 4. und 7. verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt sie vor, nach § 30 Abs. 2 BAG sei von der Behörde eine Bewilligung zur Schaffung von gegenständlichen Ausbildungseinrichtungen zu erteilen, wenn die dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt seien. Das Vorliegen aller dieser vom Gesetz geforderten Voraussetzungen habe die belangte Behörde als gegeben angesehen, weshalb sie dem Antrag der Beschwerdeführerin grundsätzlich stattgegeben habe. Der bekämpfte Bescheid sehe allerdings Auflagen für die Ausbildung von Lehrlingen vor, die im Gesetz keinerlei Deckung fänden. Das gelte (aus näher ausgeführten Gründen) insbesondere für die Auflagen Nr. 1, 2, 3, 4 und 7.
Gemäß § 30 Abs. 1 BAG bedarf das Ausbilden von Personen in einem Lehrberuf in besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtungen, die weder von einem Lehrberechtigten geführt werden, noch Schulen oder im § 29 angeführte Anstalten sind, einer Bewilligung.
Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die Bewilligung gemäß Abs. 1 vom Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie (jetzt Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) zu erteilen, wenn
a) die Organisation und Ausstattung der Ausbildungseinrichtung die Vermittlung aller für die praktische Erlernung des betreffenden Lehrberufes nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse ermöglicht,
b) für die erforderliche Anzahl von Personen, die die persönlichen Voraussetzungen für das Ausbilden von Lehrlingen besitzen, vorgesorgt ist,
c) die Gestaltung der Ausbildung im wesentlichen dem Berufsbild des betreffenden Lehrberufes und das Ausbildungsziel den in der Prüfungsordnung dieses Lehrberufes gestellten Anforderungen entspricht und die Ausbildung mit der Ablegung der Lehrabschlußprüfung abgeschlossen wird,
d) glaubhaft gemacht wird, daß die Führung der Ausbildungseinrichtung für mehrere Jahre mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit sichergestellt ist, und
e) für die Wirtschaft und die Lehrstellenbewerber ein Bedarf nach einer selbständigen Ausbildungseinrichtung besteht und die Ausbildung von Lehrstellenbewerbern im betreffenden Lehrberuf in betrieblichen Lehrverhältnissen nicht gewährleistet ist.
Gemäß § 30 Abs. 3 BAG ist die erstmalige Bewilligung unter Bedachtnahme auf die Lehrzeit der beantragten Lehrberufe auf die Dauer des längsten der beantragten Lehrberufe zu erteilen. Sodann ist die Bewilligung unbefristet zu erteilen.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat um die Bewilligung der Inhaber der Ausbildungseinrichtung anzusuchen und die für die Prüfung des Vorliegens der im Abs. 2 geforderten Voraussetzungen notwendigen Angaben zu machen und die erforderlichen Unterlagen vorzulegen.
Wenn die im Abs. 2 lit. a bis d genannten Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, ist nach dem Abs. 5 dieser Gesetzesstelle dem Inhaber der Bewilligung unter Androhung des Entzuges oder der Nichtverlängerung der Bewilligung eine angemessene, höchstens ein Jahr dauernde Frist zur Behebung der Mängel zu setzen. Werden die Mängel innerhalb der gesetzten Frist nicht behoben, so hat der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie (jetzt Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) die Bewilligung zu entziehen oder nicht zu verlängern.
Wie sich aus dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 30 BAG ergibt, ist die in dessen Abs. 1 genannte Bewilligung zu erteilen, wenn die im Abs. 2 lit. a bis e genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Andernfalls ist die Bewilligung zu verweigern. Auf allfällige nach Erteilung der Bewilligung eintretende Änderungen des Sachverhaltes, die einen gänzlichen oder teilweisen Wegfall dieser Voraussetzungen bewirken, hat die Behörde mit einem Mängelbehebungsauftrag, gegebenenfalls mit Entziehung der Bewilligung oder Verweigerung der Verlängerung der Bewilligung, zu reagieren.
Bei dieser Rechtslage ist, wie die Beschwerdeführerin zutreffend hervorhebt, für die Vorschreibung von Auflagen anläßlich der Erteilung der Bewilligung - selbst mit dem Ziel der Sicherstellung des Weiterbestehens der gesetzlichen Voraussetzungen der Bewilligung - kein Raum.
Da die belangte Behörde in Verkennung dieser Rechtslage der Beschwerdeführerin die beantragte Bewilligung nur unter Vorschreibung der eingangs wiedergegebenen Auflagen erteilte, belastete sie schon aus diesem Grund den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das auf Zuspruch von Umsatzsteuer zum Schriftsatzaufwand gerichtete Mehrbegehren war im Hinblick auf die Pauschalierung des diesbezüglichen Aufwandersatzes in der genannten Verordnung abzuweisen.
Wien, am