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VwGH vom 20.12.1994, 89/14/0214

VwGH vom 20.12.1994, 89/14/0214

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der X & Co. in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom , Zl. 165/1-3/89, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine Kommanditgesellschaft. Sie beteiligte sich im Jahr 1970 an einem anderen Unternehmer mit S 20 Millionen als echter stiller Gesellschafter. Es wurde eine Wertsicherung vereinbart, die im Falle der Rückzahlung der Einlage deren Ausmaß bestimmen sollte. Während der Dauer des Gesellschaftsverhältnisses war eine Umsatzbeteiligung der Beschwerdeführerin vorgesehen. Mit Wirkung ab wurde das Gesellschaftsverhältnis vom Inhaber des Handelsgeschäftes aufgekündigt.

Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darüber, ob der Wertsicherungsbetrag, der anläßlich der Rückzahlung der Einlage gemeinsam mit dieser ausbezahlt wurde, als stille Rücklage anzusehen ist, die gemäß § 12 EStG 1972 übertragen werden kann. Die Beschwerdeführerin bejaht dies im wesentlichen mit dem Argument, daß die stille Beteiligung Anlagevermögen darstelle, das durch die Kündigung aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sei, wobei die Differenz zwischen Buchwert und Rückzahlungsbetrag ebenso eine stille Rücklage darstelle, wie bei anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens die Differenz zwischen Buchwert und Veräußerungserlös. Die belangte Behörde vertritt hingegen die Auffassung, daß Wertsicherungsbeträge ebenso wie Zinsen als Früchte des Kapitals und damit als Teile des laufenden Gewinnes und nicht als Teile des Veräußerungserlöses anzusehen seien. Dabei sei unmaßgeblich, ob die Wertsicherungsbeträge laufend zu bezahlen oder endfällig seien.

In der Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes

geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, daß die Beschwerdeführerin gemäß § 335 HGB (nunmehr § 178 HGB) als echter stiller Gesellschafter am Handelsgewerbe eines Dritten beteiligt war. Weiters ist unbestritten, daß neben der als Umsatzbeteiligung gestalteten Gewinnbeteiligung eine Wertsicherungsvereinbarung vorlag, nach der die bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses rückzuzahlende Vermögenseinlage ermittelt werden sollte.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Rechtsansicht, daß diese Wertsicherung zu einem Ansteigen des Wertes ihrer stillen Beteiligung geführt habe, und daß dieser Wertzuwachs als stille Rücklage im Sinne des § 12 EStG 1972 bei Beendigung ihres Gesellschaftsverhältnisses und Rückzahlung der Vermögenseinlage realisiert worden sei. Diese Auffassung ist verfehlt. Das Wesen einer stillen Gesellschaft besteht in der entgeltlichen Nutzungsüberlassung von Kapital als Dauerleistung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/14/0064). Dies gilt gleichermaßen, ob die stille Beteiligung Privatvermögen darstellt oder im Rahmen eines Betriebsvermögens gehalten wird. Wirtschaftlich betrachtet weist die stille Gesellschaft eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Darlehensgewährung auf. In beiden Fällen geht das zur Verfügung gestellte Kapital in das Eigentum des Empfängers über. Dieser schuldet die Rückzahlung des empfangenen Kapitals. Der Geldgeber hingegen hat Anspruch auf ein Entgelt dafür, daß er Kapital zur Nutzung überlassen hat. Dabei wird dem Umstand, daß der in Zukunft zurückzuzahlende Betrag durch Änderungen der Geldwertverhältnisse an Wert verlieren kann, in der Regel bereits durch das laufende Nutzungsentgelt Rechnung getragen. Ähnlich wie die Zinsen eines Darlehens dienen die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters AUCH dazu, einer allfälligen Geldentwertung Rechnung zu tragen. Aus verschiedenen Gründen sind im Wirtschaftsleben aber auch Vereinbarungen üblich, wonach zu erwartende Geldwertänderungen in anderer Weise, nämlich durch Beisetzung einer Wertsicherungsklausel, berücksichtigt werden sollen. Die Wertsicherungsbeträge können laufend ermittelt und zusätzlich zum übrigen Nutzungsentgelt ausbezahlt werden; sie können aber auch endfällig gestaltet sein. In beiden Fällen haben sie jedoch aus der Sicht des Gläubigers dieselbe Funktion, nämlich die Werterhaltung des hingegebenen Kapitals bzw. die Rückzahlung eines wertgleichen Betrages zu gewährleisten.

Wie der Gerichtshof in seinem bereits oben zitierten Erkenntnis vom ausgesprochen hat, sind bei einer stillen Gesellschaft auch endfällige Wertsicherungsbeträge ebenso wie Gewinnansprüche als KapitalERTRÄGE zu beurteilen. Sie sind stets getrennt von der Vermögenseinlage zu sehen und daher auch dann nicht geeignet, den Wert der Einlage zu erhöhen, wenn sie dem stillen Gesellschafter erst gemeinsam mit der Rückzahlung seiner Einlage zufließen. Der Gerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsansicht abzurücken. Anders als bei stillen Rücklagen im Sinne des § 12 EStG 1972, die als Differenz zwischen Buchwert und Veräußerungserlös eines Wirtschaftsgutes durch ein Veräußerungsgeschäft in Erscheinung treten, liegt im Beschwerdefall eine Nutzungsvereinbarung vor, bei der das Nutzungsentgelt, ähnlich wie eine Miete, (auch) dem Umstand Rechnung trägt, daß das genutzte Wirtschaftsgut (Kapital) durch die Nutzungsdauer eine Werteinbuße erleidet bzw. erleiden kann.

Die Beschwerdeführerin wendet schließlich ein, daß eine Beurteilung der Wertsicherungsbeträge als betriebliche Kapitalerträge zur Folge hätte, daß diese Erträge steuerlich laufend zu erfassen gewesen wären, und daß hinsichtlich dieser Erfassungszeiträume bereits Verjährung eingetreten sei.

Nun hat aber die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren in ihrer Gegenäußerung vom selbst zutreffend darauf hingewiesen, daß "die Höhe der allfälligen Wertsicherungsbeträge erst beim Zeitpunkt der Rückzahlung festgestellt werden kann", und daß es "dem Vorsichtsprinzip" entspricht, derartige (ungewisse) Forderungen nicht zu aktivieren.

Dem ist zuzustimmen. Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß "endfällige" Wertsicherungsbeträge, wie sie im Beschwerdefal vereinbart wurden, nicht bloß am Ende der Vertragsdauer fällig werden, sondern daß sie zu diesem Zeitpunkt überhaupt erst als Forderung entstehen. Ebenso wie Gewinnansprüche nicht bereits mit der Vereinbarung einer künftigen Gewinnbeteiligung, sondern erst mit der tatsächlichen Erzielung des verteilungsfähigen Gewinnes als Forderungen entstehen und damit im Rahmen des Betriebsvermögensvergleiches erfolgswirksam werden, sind auch bei Kapitalnutzungsverträgen Ansprüche auf Wertsicherungsbeträge, bei denen der Anspruch erst mit der Beendigung der Nutzungsdauer entsteht, VOR diesem Zeitpunkt noch nicht als vermögenswerte Forderungen zu erfassen.

Um Mißverständnissen vorzubeugen, sieht sich der Gerichtshof veranlaßt darauf hinzuweisen, daß Leistungsvergütungen, die laufendes Nutzungsentgelt darstellen, von einer solchen Betrachtungsweise ausgenommen sind.

Daß jener bilanzierende Vertragsteil, der sich zu Wertsicherungszahlungen verpflichtet hat, dieser Verpflichtung bereits während der Laufzeit der Kapitalnutzung durch entsprechende Passivierungen Rechnung tragen muß, ergibt sich aus dem Imparitätsprinzip und steht der "hinausgeschobenen" Gewinnrealisierung beim Empfänger nicht entgegen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.