VwGH vom 30.11.1993, 89/14/0184
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde der P-GesmbH in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 219-4/87, betreffend Investitionsprämie für das zweite Kalendervierteljahr 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH errichtete im Jahr 1986 eine Sechsergondelumlaufbahn (Seilbahn-Großanlage) mit einem Kostenaufwand von ca. 130 Millionen Schilling und beantragte für die Gesamtanlage eine Investitionsprämie nach dem Investitionsprämiengesetz.
Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darüber, ob die Anlage zur Gänze als bewegliches Wirtschaftsgut anzusehen ist, für das eine Investitionsprämie zusteht (Auffassung der Beschwerdeführerin), oder ob Teile der Anlage (Stützen mit zugehörigen Fundamenten sowie Teile der Tal-, Mittel- und Bergstation) als unbewegliche Wirtschaftsgüter anzusehen und daher von der Investitionsprämie ausgeschlossen sind (Auffassung der belangten Behörde).
Die Beschwerdeführerin hat zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, deren Behandlung jedoch abgelehnt wurde. In der antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1 Investitionsprämiengesetz kann für unbewegliche Wirtschaftsgüter grundsätzlich keine Investitionsprämie in Anspruch genommen werden (die im Gesetz angeführten Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen im Beschwerdefall nicht zum Tragen).
Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon aus, daß für die Beurteilung eines Wirtschaftsgutes als beweglich oder unbeweglich die Verkehrsauffassung maßgebend ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 82/14/0067, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die Beschwerdeführerin vertritt im wesentlichen die Auffassung, daß die von ihr errichtete Seilbahn-Anlage ein einheitliches Wirtschaftsgut darstellt, das als beweglich anzusehen ist. Die Seilbahnstützen mit ihren Fundamenten sowie jene Gebäudeteile in Tal-, Mittel- und Bergstation, die technisch dem Betrieb der Seilbahn dienen, seien von untergeordneter Bedeutung.
Ebenso wie große Maschinen, z.B. Papiermaschinen, Stahlbearbeitungsmaschinen oder Industrieöfen, ein Fundament benötigten, ohne daß die darauf entfallenden Herstellungskosten von der Investitionsprämie ausgeschlossen wären, bildeten auch die Stützen, Fundamente und sonstigen technischen Anlagen, die für den Betrieb einer Seilbahn erforderlich sind, gemeinsam mit den beweglichen Einrichtungen einer solchen Anlage ein einheitliches bewegliches Wirtschaftsgut.
Der Gerichtshof vermag diese Auffassung nicht zu teilen. Die Beschwerdeführerin stellt selbst den Vergleich mit einer Bahn dar, die sowohl aus beweglichen Wirtschaftsgütern (Zugmaschinen, Waggons) als auch aus unbeweglichen Wirtschaftsgütern (Schienenanlagen, Fahrbahn) besteht. Sie meint aber, daß dieser Vergleich nur auf eine sogenannte Zweiseilbahn zutrifft, die über ein Tragseil und ein Zugseil verfügt. Das Tragseil sei unbeweglich und diene als Fahrbahn. Im Beschwerdefall handle es sich aber um eine Einseilumlaufbahn, bei der die Fahrbetriebsmittel an einer umlaufenden Förderseilschleife entweder fix oder betrieblich lösbar befestigt seien. Es gebe demnach kein Tragseil, womit auch die Fahrbahn entfalle.
Dieser Auffassung ist schon deswegen nicht zuzustimmen, weil eine technische Einrichtung, die gleichzeitig mehrere Funktionen erfüllt, nicht dazu führt, daß eine der erfüllten Funktionen als entbehrlich entfällt. Wird bei einer Seilbahn für die Funktion des Tragseiles und des Zugseiles eine einheitliche technische Lösung gefunden, so geht die tragende Funktion damit nicht verloren. Sie wird lediglich mit der Fortbewegungsfunktion kombiniert. Für diese Lösung sind aber ebenso wie bei einem ausschließlichen Tragseil Stützen erforderlich, die mit Hilfe von Fundamenten mit Grund und Boden verbunden werden. Gleiches gilt für die entsprechenden technischen Einrichtungen in Tal-, Mittel- und Bergstationen. Es handelt sich dabei um Einrichtungen, die für den Betrieb einer Seilbahn unentbehrlich sind und auch kostenmäßig (im Beschwerdefall ca. 40 v.H. der Gesamtkosten) derart ins Gewicht fallen, daß ihnen nicht bloß eine untergeordnete Bedeutung beigemessen werden kann. Die eben erwähnten Teile einer Seilbahn sind durchaus vergleichbar mit den Schienenanlagen einer Bahn, die losgelöst von den beweglichen Fahrbetriebsmitteln ein eigenes nach der Verkehrsauffassung unbewegliches Wirtschaftsgut darstellt (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom , 91/13/0033).
Es ist daher auch der Vergleich mit den Fundamenten von maschinellen Einrichtungen unzutreffend, weil bei einer Seilbahn die Fundamente nicht der bloßen Montage von Maschinen, sondern der Montage von Stützen und sonstigen Befestigungseinrichtungen dienen, die gleichsam als "Unterbau" für den Transport der Fahrbetriebsmittel erforderlich sind. Dem von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Umstand, daß die Stützen demontiert und in verlängertem oder verkürztem Ausmaß einem neuen Gelände angepaßt werden könnten, kommt für die Beurteilung als unbewegliches Wirtschaftsgut deswegen keine Bedeutung zu, weil durch eine derartige Demontage nicht ein und dasselbe Wirtschaftsgut bloß transferiert, sondern ein neues Wirtschaftsgut unter Verwendung der Bauteile eines alten, untergegangenen Wirtschaftsgutes geschaffen würde (vgl. das hg. Erkenntnis betreffend eine Druckrohrleitung vom , 84/14/0148). Im übrigen träfe dieses Argument gleichermaßen auf die Stützen eines Tragseiles zu, das von der Beschwerdeführerin selbst als unbewegliches Wirtschaftsgut (dient als Fahrbahn) bezeichnet wurde. Schließlich ist noch zu sagen, daß die Beschwerdeführerin den Inhalt des hg. Erkenntnisses vom , 82/14/0067, nicht richtig wiedergibt: Sie behauptet, der Gerichtshof habe in diesem Erkenntnis "eindeutig" ausgeführt, daß "die Liftanlage mit Liftstützen und deren Fundamenten als bewegliches Wirtschaftsgut anzusehen sei". In Wahrheit hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit der Frage, in welchen Fällen eine Anlage als einheitliches Wirtschaftsgut anzusehen ist, und in welchen Fällen sie aus mehreren selbständig bewertbaren Wirtschaftsgütern besteht, die Auffassung vertreten, daß die bei maschinellen Einrichtungen üblichen Fundamente keine selbständigen Wirtschaftsgüter darstellen, daß dies aber für Schiabfahrten und Lifttrassen mit den dazugehörigen Wasserableitungsanlagen nicht gelte; diese seien von der Liftanlage getrennt als selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter anzusehen. Unmittelbar im Anschluß an diese für den damaligen Beschwerdefall allein maßgebende Aussage hat der Gerichtshof folgendes ausgeführt:
"Überträgt man dennoch die eben zitierten Erkenntnisse auf den Beschwerdefall, dann wären allenfalls die Fundamente der Liftstützen mit dem Lift als Einheit zu sehen, nicht aber darüber hinaus auch Lifttrasse, Abfahrten und Wasserableitungsanlagen."
Die Worte "dennoch" und "allenfalls" signalisieren einen gewissen Widerspruch zu den Ausführungen des Gerichtshofes, die er unmittelbar vorher zur Frage der Einheitlichkeit eines Wirtschaftsgutes getroffen hat. Grund für die zitierte Aussage war, daß die belangte Behörde im damaligen Beschwerdefall die gesamte Liftanlage einschließlich der Stützen und ihrer Fundamente als einheitliches Wirtschaftsgut beurteilt hatte und nur strittig war, ob auch Schiabfahrten, Lifttrasse und Wasserableitungsanlagen zur Liftanlage gehörten. Von einer eindeutigen Aussage des Gerichtshofes zur damals unbestrittenen Einheitlichkeit der Liftanlage (ohne Abfahrten etc.) kann daher keine Rede sein.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 41 Abs. 2 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.