VwGH vom 13.05.2004, 2001/16/0017

VwGH vom 13.05.2004, 2001/16/0017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der O GmbH & Co KG in W, vertreten durch Dr. Alexander Grohmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/784-09/99, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erwarb mit Kaufvertrag vom von der S-Baubetriebe GesmbH 14 Eigentumswohnungen samt 14 PKW-Abstellplätzen um den (im Kaufvertrag so bezeichneten) "Nettokaufpreis" von S 19.519.630,--. Vereinbart war im Kaufvertrag, dass dieser Nettokaufpreis ein Fixpreis sei, in dem sowohl die Grund- als auch die Baukosten der schlüsselfertigen, den Bestimmungen des Vertrages entsprechenden Einheit einschließlich der Kosten der Erschließung des Grundstückes enthalten seien und eine Nachverrechnung von während der Bauzeit eingetretenen Lohn- und Materialpreiserhöhungen ausgeschlossen sei. Die Punkte 3.2 und 3.3 des Kaufvertrages lauten:

"3.2 Umsatzsteuer

Zusätzlich zum Nettokaufpreis hat die Käuferin die Umsatzsteuer aus den Baukosten in Höhe von höchstens S 3,051.991,--

zu entrichten, wobei die Käuferin nach Fertigstellung des Bauvorhabens eine endgültige Abrechnung der Umsatzsteuer gemäß § 12 UstG 1994 erhält.

3.3 Der Gesamtkaufpreis inklusive Umsatzsteuer beträgt daher höchstens S 22,571.621,--

Die Vertragsparteien halten einvernehmlich fest, dass die Käuferin die vertragsgegenständlichen Wohnungen zum Zwecke der Vermietung erwirbt. Die Verkäuferin erklärt sich aus diesem Grund grundsätzlich bereit, einer steuerlichen Überrechnung gemäß § 215 BAO der Umsatzsteuer zuzustimmen und wird zu diesem Zweck das entsprechende Einvernehmen seitens der Käuferin mit der Verkäuferin herzustellen sein."

In seiner Abgabenerklärung gemäß § 10 GrEStG 1987 vom gab der Beschwerdeführervertreter den oben genannten Gesamtkaufpreis als Gegenleistung an; mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien die Grunderwerbsteuer mit 3,5 % von der genannten Bemessungsgrundlage fest.

Mit einem dem Finanzamt am angezeigten Nachtrag zum Kaufvertrag wurde in der Präambel festgehalten, dass mit Wirkung ab durch das Budgetbegleitgesetz 1998 die Veräußerung von Grund und Gebäuden aus Unternehmen neu geregelt worden sei; durch Aufhebung des § 12 Abs. 14 UStG entfalle die Möglichkeit der Rechnungslegung von korrigierten Vorsteuern. In Abänderung bzw. Ergänzung des am abgeschlossenen Kaufvertrages wurde daher (auszugsweise wiedergegeben) vereinbart:

"3.2 Umsatzsteuer

Zusätzlich zum Nettokaufpreis hat die Käuferin die Umsatzsteuer für den in der Präambel angeführten Kaufgegenstand in Höhe von 20 % S 3,903.926,-- zu entrichten, wobei die Käuferin sich verpflichtet, der Käuferin eine Rechnung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes auszustellen.

3.3 Der Gesamtkaufpreis inklusive Umsatzsteuer beträgt daher S 23,423.556,-"

Darauf nahm das Finanzamt mit Bescheid vom das Verfahren von Amts wegen gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und behob den Bescheid vom . Die Grunderwerbsteuer wurde mit 3,5 % von der nunmehrigen Bemessungsgrundlage (Gesamtkaufpreis) neu festgesetzt.

In der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung wurde der letztgenannte Bescheid insoferne angefochten, als der Bemessung der Grunderwerbsteuer der Bruttokaufpreis inklusive 20 % USt und nicht der Nettokaufpreis zugrunde gelegt wurde.

Es sei gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 in der Fassung des Budgetbegleitgesetz 1998 für die Steuerpflicht der andernfalls umsatzsteuerfreien Grundstückslieferung optiert worden. Aus § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 sei nicht zu entnehmen, ob es sich bei der Gegenleistung um den Netto- oder den Bruttokaufpreis handle, weil im Zeitpunkt des Inkrafttretens des GrEStG 1987 Grundstückslieferungen umsatzsteuerbefreit gewesen seien. Die Beschwerdeführerin habe als Gegenleistung an die Verkäuferin den Nettokaufpreis erbracht. Die Umsatzsteuer werde hingegen "überrechnet" und fließe daher der Verkäuferin nicht als Gegenleistung für den gelieferten Liegenschaftsanteil zu. Sie stelle für die Verkäuferin keinen Wert der Gegenleistung dar. Der Begriff des Entgelts im § 4 UStG 1994 und der Begriff der Gegenleistung im § 4 GrEStG 1987 könnten nicht unterschiedlich verstanden werden.

Eine Kumulation von zwei Verkehrsteuern dürfe nicht eintreten. Die Verkehrsteuer-Umsatzsteuer dürfe daher nicht einer weiteren Verkehrsteuer, nämlich der Grunderwerbsteuer unterworfen werden. Es wäre gleichheitswidrig, die Grunderwerbsteuer der Höhe nach bei sonst gleichem Grundstück und gleichem Kaufpreis allein davon abhängig zu machen, ob für die Regelbesteuerung optiert wurde oder nicht, weil Unternehmer und Nichtunternehmer bezüglich der Grunderwerbsteuer ohne sachliche Rechtfertigung unterschiedlich behandelt würden. Mit der Möglichkeit der Option für die Regelbesteuerung wollte der Gesetzgeber nicht die Höhe der Grunderwerbsteuer beeinflussen. Es sollte damit die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges eröffnet werden; werde aber die Umsatzsteuer wiederum der Grunderwerbsteuerpflicht unterworfen, so werde diesbezüglich der Zweck des Gesetzes unterlaufen.

Nach abweisender Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin mit den Argumenten der Berufung die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie verwies auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen seien. Auch im Fall der Option zur Umsatzsteuerpflicht gehöre die Umsatzsteuer zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer. Die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer sei nicht allgemein ausgeschlossen; von ihrer ökonomischen Wirkung her stelle lediglich die Grunderwerbsteuer eine Verkehrsteuer dar, die Umsatzsteuer sei eine allgemeine Verbrauchsteuer. Die Grunderwerbsteuer knüpfe an das Verpflichtungsgeschäft an, die Umsatzsteuer hingegen an das Erfüllungsgeschäft. Nach der herrschenden Definition der Gegenleistung zähle auch die Umsatzsteuer zur Gegenleistung, weil im Falle der Option des Veräußerers zur Umsatzsteuerpflicht der Erwerber sich auch verpflichten müsse, den Umsatzsteuerbetrag zu leisten, um das Grundstück zu erhalten. Eine dem § 4 Abs. 10 UStG vergleichbare Bestimmung finde sich im GrEStG nicht.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom , B 388/00, ab. Er verwies auf die unterschiedliche Stellung von Unternehmern und privaten Verkäufern und auf den Umstand, dass die Höhe der Bemessungsgrundlage immer vom Kalkül des auf das Einverständnis des Erwerbers angewiesenen Verkäufers abhänge und dieser auch im Falle der Umsatzsteuerfreiheit gegebenenfalls die ihn belastende Vorsteuer im Kaufpreis berücksichtigen müsse.

In der nach Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichteinbeziehung einer Umsatzsteuerschuld auf Grund der Option des Verkäufers für die Regelbesteuerung sowie auf "gesetzmäßige" Besteuerung verletzt. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Soweit die Beschwerdeführerin die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Gegenleistung bekämpft, ist ihr die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht entgegenzuhalten (vgl. die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 5 und 6 zu § 5 GrEStG wiedergegebenen hg Erkenntnisse). Insbesondere sind bei Grundstückslieferungen gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (vgl. die bei Fellner, aaO, Rz 6a angeführten zahlreichen hg Erkenntnisse).

Macht der veräußernde Unternehmer von der Neuregelung des § 6 Abs. 2 UStG 1994 idF BGBl I Nr. 1998/79 Gebrauch, ist auch die Umsatzsteuer Teil der Bemessungsgrundlage der GrESt. Konkret handelt es sich bei dieser um einen Teil des Kaufpreises, nicht um eine sonstige Leistung iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG (Arnold/Arnold, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987,

9. Lieferung, Rz 101a zu § 5 GrEStG; ebenso Fellner, a. a.O., Rz 6a und Ruppe, NZ 1998, 327 ff). Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2000/16/0608, lag die Einbeziehung der Umsatzsteuer in den Kaufpreis auf Grund der Ausübung der seit dem Budgetbegleitgesetz 1998, BGBl. I Nr. 79 geschaffenen Optionsmöglichkeit zur Behandlung von Grundstückslieferungen zugrunde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis ausführlich begründet, warum kein Anlass zu einem Abrücken von der bisherigen Rechtsprechung zur Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage besteht (gleichfalls das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/16/0018).

Die Beschwerdeführerin vermeint eine unsachliche Differenzierung der Steuerlast darin zu erkennen, dass die Höhe der Gesamtbelastung (einschließlich Umsatzsteuer) davon abhänge, ob zuerst die Besteuerung nach dem GrEStG und dann nach dem UStG erfolgt oder umgekehrt. Auf Grund von Beispielen wird dargelegt, dass die primäre Besteuerung mit der Grunderwerbsteuer zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer und somit zu einer höheren abziehbaren Vorsteuer führt, was das Projekt insgesamt verbillige. Die primäre Besteuerung mit der Umsatzsteuer vermindere letztlich die abziehbare Vorsteuer, was zu einer Verteuerung führe.

Damit vermag die Beschwerdeführerin aber eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Der hier vorgenommenen Neufestsetzung lag der zwischen den Parteien vereinbarte Gesamtkaufpreis zugrunde, den die Beschwerdeführerin leisten musste, um das "Grundstück" zu erwerben. Die Heranziehung einer anderen Bemessungsgrundlage wäre hingegen rechtswidrig gewesen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Auf Basis der zitierten Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am