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VwGH vom 23.10.1990, 89/14/0178

VwGH vom 23.10.1990, 89/14/0178

Beachte

Besprechung in:

ÖStZB 1991, 303;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel sowie die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom , Zl. 121/2-3/87, betreffend Einkommensteuer 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer, einem zuletzt in einem unkündbaren Dienstverhältnis zu einer Sozialversicherungsanstalt stehenden Arzt, wurden Beitragsleistungen zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer in Höhe von S 394.786,72 rückerstattet, die er in den Jahre 1962 bis 1985 nach Maßgabe ihrer Verausgabung als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemacht hatte.

In seiner Einkommensteuererklärung für 1985 wies er neben seinen Einkünften als nichtselbständiger Arzt die rückerstatteten Beiträge als sonstige Einkünfte aus und beantragte letztere mit dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 37 EStG zu versteuern.

Das Finanzamt qualifizierte die rückerstatteten Beiträge als nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und gewährte den ermäßigten Steuersatz nicht.

In der gegen den Einkommensteuerbescheid 1985 erhobenen Berufung bekämpfte der Beschwerdeführer die steuerliche Erfassung dieser Beiträge mit der Begründung, sie seien wie die gemäß § 308 Abs. 3 und § 529 Abs. 5 ASVG erstatteten Pensionsbeiträge aus der gesetzlichen Sozialversicherung unter keine der im § 2 Abs. 3 EStG aufgezählten Einkunftsarten zu subsumieren. Hilfsweise begehrte er die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 37 EStG auf den Rückerstattungsbetrag, da dieser kumuliert zugeflossen sei.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte dazu im wesentlichen aus, rückgezahlte Werbungskosten seien als Einnahmen zu behandeln. Der Rückfluß der strittigen Beiträge habe sich im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abgespielt und führe im Jahr des Rückflusses zu einer Erhöhung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Rückerstattung dieser Beiträge sei mit der Rückerstattung von Pensionsbeiträgen aus der gesetzlichen Sozialversicherung gemäß § 308 Abs. 3 und § 529 Abs. 5 ASVG nicht zu vergleichen. Eine begünstigte Besteuerung des Rückerstattungsbetrages könne nicht Platz greifen, da dieser unter keine der in § 37 Abs. 2 EStG taxativ aufgezählten außerordentlichen Einkünfte zu subsumieren sei.

Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten auf Nichterfassung der erstatteten Fondsbeiträge als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bzw. auf Zuerkennung des ermäßigten Steuersatzes für außerordentliche Einkünfte verletzt. Er beantragt den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

ZUR STEUERLICHEN BEHANDLUNG VON RÜCKERSTATTETEN

WERBUNGSKOSTEN:

Gemäß § 15 EStG 1972 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z. 4 - 7 EStG zufließen. Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit alle Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.

Werden dem Steuerpflichtigen Werbungskosten in einem späteren Jahr erstattet, so fließen ihm im Rahmen der jeweiligen Einkunftsart Einnahmen im Sinne des § 15 EStG zu, die bei der Ermittlung der Einkünfte zu berücksichtigen sind (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2 § 16 EStG Tz 26, Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 15 EStG Tz 2 Seite 4, sowie auch das hg. Erkenntnis vom , Slg. 4970/F). Dem entspricht für den umgekehrten Fall die Bestimmung des § 16 Abs. 2 EStG, wonach zu den Werbungskosten grundsätzlich auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen zählt.

Zutreffend hat die belangte Behörde daher die Rückzahlung der vom Beschwerdeführer seit 1962 an den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer geleisteten Pflichtbeiträge, die in den Vorjahren bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten abgezogen wurden, im Jahr des Rückflusses als Einnahme bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erfaßt.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf § 308 Abs. 3 und § 529 Abs. 5 ASVG beruft, ist zu bemerken, daß diese Bestimmungen im Beschwerdefall nicht anzuwenden sind. Der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zitierte Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom , AÖFV Nr. 275/1968, stellt im übrigen mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt keine für den Verwaltungsgerichtshof beachtliche Rechtsquelle dar.

Unerheblich ist schließlich, daß zwischen der den Rückerstattungsbetrag auszahlenden Ärztekammer und dem Beschwerdeführer kein Dienstverhältnis bestanden hat.

ZUM ERMÄßIGTEN STEUERSATZ GEMÄß § 37 ESTG 1972:

Gemäß § 37 Abs. 1 EStG ist auf Antrag die auf die im Einkommen enthaltenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Gemäß § 37 Abs. 2 EStG sind außerordentliche Einkünfte im Sinne des Abs. 1 nur Einkünfte, welche die Entlohnung für eine Tätigkeit darstellen, die sich über mehrere Jahre erstreckt, Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24 EStG und Einkünfte im Sinne des § 31 EStG, Gewinne, die infolge eines Wechsels der Gewinnermittlungsart entstehen, Entschädigungen im Sinne des § 32 Z. 1 EStG und Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen, bei denen ein Bestandsvergleich für das stehende Holz nicht vorgenommen wird.

Der einzig erkennbare Zweck der Vorschrift des § 37 Abs. 1 EStG ist die Herbeiführung einer Progressionsmilderung. In Anbetracht dieser Zielsetzung sieht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nur für den Fall als gerechtfertigt an, daß es zu einer (regelmäßig progressionswirksamen) Zusammenballung von Einkünften in einem einzigen Veranlagungsjahr kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/14/0074, mit zahlreichen Hinweisen auf die Vorjudikatur). Es muß sich bei den Einkünften des § 37 Abs. 2 EStG - sieht man von denen der Z. 5 ab, bei denen der Gesetzgeber eine Zusammenballung bereits auf Grund der Art der Waldnutzung unterstellt - um solche handeln, die ausnahmsweise und einmalig in einem bestimmten Jahr anfallen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/14/0175). Von außerordentlichen Einkünften kann daher grundsätzlich nur dann gesprochen werden, wenn die (in einem einzigen Jahr anfallenden) Einkünfte wirtschaftlich das Ergebnis einer mehrjährigen Tätigkeit oder mehrjähriger Vorgänge sind (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg aaO. § 37 EStG Tz 8).

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, daß die Rückerstattung von Werbungskosten im Wortlaut der im § 37 Abs. 2 EStG aufgezählten Einkünfte keine Deckung findet. Allerdings sind die dem Beschwerdeführer rückerstatteten Werbungskosten - wie dargetan - als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ("Arbeitslohn") gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4, § 25 EStG zu behandeln. Es erscheint daher nicht schon von vornherein ausgeschlossen, sie als im Sinne des § 37 Abs. 2 Z. 1 EStG begünstigungsfähige Tätigkeitseinkünfte aufzufassen.

Einer Anwendung der Begünstigung des § 37 Abs. 1 EStG steht im Beschwerdefall aber ein anderer Gesichtspunkt entgegen: Eine Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz kommt bei den in Abs. 2 genannten Tatbeständen grundsätzlich auch dann nicht in Betracht, wenn die betreffenden Einnahmen verteilt auf einen mehrjährigen Zeitraum zufliesen, weil in solchen Fällen ohnedies bereits die mit § 37 EStG bezweckte Progressionsmilderung eintritt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/13/0044).

Betrachtet man nun die dem Beschwerdeführer im Jahr 1985 zugeflossene Rückerstattung von Wohlfahrtsfondsbeiträgen als Tätigkeitseinkünfte, so scheitert die Gewährung der Begünstigung daran, daß diese Einkünfte nachträglich zugeflossene Teile der vom Beschwerdeführer von 1962 bis 1985 erzielten Entgelte sind. Durch die in Rede stehende Rückerstattung wurden nämlich ursprünglich in zu geringer Höhe ausbezahlte Entgelte "ergänzt". Die rückerstatteten Beträge waren somit Teile einheitlicher Entgelte, die verteilt auf die Vorjahre und das Jahr der Rückerstattung zugeflossen sind (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom ). Der grundsätzlich progressionssteigernden Wirkung im Streitjahr steht die grundsätzlich progressionsmildernde Wirkung in den Jahren des Abzuges der Wohlfahrtsfondsbeiträge gegenüber.

Zusammenfassend ergibt sich im Beschwerdefall, daß die von der Rechtsprechung geforderte Zusammenballung von Einkünften in einem einzigen Veranlagungsjahr nicht vorliegt.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.