TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 30.01.1990, 89/14/0161

VwGH vom 30.01.1990, 89/14/0161

Beachte

Besprechung in:

ÖStZB 1990, 306;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte

Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Müller als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat II) vom , Zl. 30.782-3/87, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften sowie betreffend Gewerbesteuer, jeweils für 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen im Betrag von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zum gewillkürten Betriebsvermögen der beschwerdeführenden KG (in der Folge: Beschwerdeführer), die ihren Gewinn gemäß § 5 EStG 1972 ermittelt, gehören zwei Gebäude. Da der Beschwerdeführer Abgabenerklärungen nicht rechtzeitig abgegeben hatte, erfolgte die Feststellung der Einkünfte und die Festsetzung der Gewerbesteuer für das Streitjahr durch das Finanzamt jeweils auf Grund einer Schätzung. Im Berufungsverfahren holte der Beschwerdeführer die Steuererklärungen nach und beantragte gleichzeitig die Bildung von Mietzinsrücklagen gemäß § 4 Abs. 7 EStG 1972 in einer den Überschuß der Mieteinnahmen über die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesen Grundstücken (Gebäuden) stehenden Betriebsausgaben nicht erreichenden Höhe.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof nur insofern angefochtenen Bescheid lehnte die belangte Behörde bei Erledigung der Berufung die Anerkennung der Mietzinsrücklage mit der Begründung ab, eine solche dürfe nur im Höchstausmaß oder gar nicht gebildet werden. Ginge man jedoch davon aus, daß die in den Anträgen auf Rücklagenbildung ausgewiesenen Mieteinnahmen nicht zur Gänze verrechnungspflichtige Mietzinse (bzw. nach § 10 MRG vereinnahmte Beträge) wären, würden die Anträge mangels Trennung in verrechnungspflichtige und nicht verrechnungspflichtige Beträge den gesetzlichen Bestimmungen nicht entsprechen. Es fehlte dann nämlich an der von § 4 Abs. 7 EStG 1972 geforderten Abrechnung nach mietrechtlichen Vorschriften.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Bildung einer Mietzinsrücklage zu Lasten des Gewinnes verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4 Abs. 7 EStG 1972 spricht ebenso wie § 28 Abs. 3 EStG 1972 vom "übersteigenden Betrag", der auf Antrag nach der erstgenannten Gesetzesbestimmung einer steuerfreien Rücklage zugeführt werden kann und nach der zuletzt genannten Vorschrift auf Antrag zunächst steuerfrei bleibt. Zu § 28 Abs. 3 EStG 1972 hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, daß der steuerfreie Betrag nur im Höchstausmaß in Anspruch genommen werden darf oder gar nicht (Erkenntnis vom , Zl. 86/14/0176). Auf die Begründung dieser Entscheidung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen. Wegen des übereinstimmenden Wortlautes im gleichen Zusammenhang hat dasselbe für die Bildung der steuerfreien Rücklage nach § 4 Abs. 7 EStG 1972 zu gelten. Eine Rücklagenbildung unterhalb des Höchstbetrages ist daher unzulässig und darf steuerlich nicht anerkannt werden. Der Gesetzgeber hat nämlich mit der genannten Regelung ein Gestaltungsrecht zur Erreichung stufenloser Gewinn(Verlust) verschiebung bis zu einem Höchstbetrag in andere Abgabenjahre ausgeschlossen. Er war durch verfassungsrechtliche Normen daran nicht gehindert. Die von ihm gewählte Lösung ist nämlich nicht unsachlich, sie bricht auch nicht mit einem System steuerrechtlicher Anerkennung freier Rücklagenbildung, da ein solches nicht besteht. Die Rücksichtnahme des Steuergesetzgebers auf gesetzliche Mietzinsregelungen ist sachgerecht. Auch ein verfassungswidriger Eingriff in die Freiheit der Erwerbsbetätigung liegt nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Worte "vom übersteigenden Betrag" in § 4 Abs. 7 EStG 1972.

Dem Beschwerdeführer steht also kein Anspruch darauf zu, die Rücklagenbildung nur teilweise in Anspruch zu nehmen, um "entsprechend disponieren" zu können, "welche Mittel er zweckmäßig und günstig" für die Sanierung des Hausbesitzes einsetzt. Diese Disposition bliebe ihm im übrigen auch bei Inanspruchnahme der Rücklagenbildung in dem vom Gesetz vorgesehenen Ausmaß unbenommen.

Der angefochtene Bescheid ist daher nicht inhaltlich rechtswidrig.

Die von der belangten Behörde herangezogene Hilfsbegründung kam mit Rücksicht auf die Richtigkeit der primären Begründung nicht zum Tragen. Die Einwendungen gegen die Hilfsbegründung können deshalb der Beschwerde auch nicht zum Erfolg verhelfen.

Der Beschwerdeführer bestätigt ausdrücklich, daß an verrechnungspflichtigen Einnahmen tatsächlich nur Mieten anzuführen waren. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß die beantragte Rücklagenbildung unter dem übersteigenden Betrag lag. Die Richtigkeit dieser Prämisse wird vom Beschwerdeführer auch gar nicht bestritten.

Zu Unrecht behauptet er eine Verletzung des § 161 Abs. 3 BAO: Die belangte Behörde habe ihm ein Abweichen von der Abgabenerklärung im Punkte der Mietzinsrücklage zu seinen Ungunsten nicht zur vorherigen Äußerung mitgeteilt. § 161 Abs. 3 BAO bezweckt aber nichts anderes als die Gewährleistung des Parteiengehörs. Dieses erstreckt sich nur auf sachverhaltsbezogene Umstände, nicht jedoch auf die Rechtsansicht, die die Behörde ihrem Bescheid zugrunde legen möchte (vgl. Doralt- Ruppe, Grundriß des Österreichischen Steuerrechts, Band II, zweite Auflage, 206). § 161 Abs. 3 BAO zielt daher nicht auf Anleitung des Steuerpflichtigen zur Änderung seines Antrages im Sinne der Rechtsansicht der Behörde. Diese verhielt sich daher nicht rechtswidrig, wenn sie dem Beschwerdeführer ihre Rechtsansicht zur Auslegung des § 4 Abs. 7 EStG 1972 nicht vorhielt, um ihm Gelegenheit zu geben, "die Bildung der Rücklage im Höchstausmaß zu beantragen".

Auch der Vorwurf, die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften verletzt, erweist sich daher als unberechtigt.

Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes demnach in seinen Rechten nicht verletzt wird, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom , BGBl. Nr. 206.