VwGH vom 14.11.1996, 95/18/0995
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des P, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 1251/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, die Ausweisung verfügt.
Der Beschwerdeführer sei am von Ungarn kommend in das Bundesgebiet eingereist und dabei nicht im Besitz eines Reisedokumentes gewesen. Einen Tag später habe er einen Asylantrag gestellt, der mittlerweile rechtskräftig abgewiesen worden sei. Seit der rechtswirksamen Erlassung des zweitinstanzlichen Asylbescheides am verfüge der Beschwerdeführer über keine Aufenthaltsberechtigung, zumal auch der von ihm am eingebrachte Sichtvermerksantrag am rechtskräftig abgewiesen worden sei und der Verwaltungsgerichtshof die dagegen eingebrachte Beschwerde abgewiesen habe (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 93/18/0188). Daß der Beschwerdeführer - wie er angebe - am "einen Visumsantrag" (gemeint wohl einen Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz) gestellt habe, vermöge daran ebensowenig wie eine angeblich seinerzeit legal erfolgte Einreise etwas zu ändern, könne doch die bloße Antragstellung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht die behördliche Bewilligung ersetzen, wenn nicht die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 FrG vorlägen.
Danach lägen beim Beschwerdeführer, der auch mit Straferkenntnis vom wegen illegalen Aufenthaltes bestraft worden sei, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 FrG vor. In einem solchen Fall seien Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn dem nicht die Bestimmung des § 19 FrG entgegenstehe.
In diesem Zusammenhang könne kein Zweifel daran bestehen, daß die Ausweisung einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, der seit mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und für zwei Kinder sorgepflichtig sei, bedeute. Dessen ungeachtet sei aber seine Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit über einem Jahr unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach und trotz der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages (sowie seines Sichtvermerksantrages) und einer Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes, würden die öffentliche Ordnung in hohem Maße gefährden. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Hinzu komme, daß dem Beschwerdeführer - mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz des Aufenthaltsgesetzes normierten Voraussetzung, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus zu stellen sei - auch nicht die erforderliche Bewilligung nach diesem Gesetz erteilt werden dürfe. Eine Abstandnahme von der Ausweisung könnte dem Beschwerdeführer entgegen der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelungen darstellenden Bestimmung den tatsächlichen, jedoch nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens grob zuwiderlaufen würde. Somit sei die Ausweisung des Beschwerdeführers auch im Grunde des § 19 FrG zu Recht verfügt worden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, daß dem Beschwerdeführer seit der rechtswirksamen Erlassung des zweitinstanzlichen Asylbescheides am keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich zukomme, unbekämpft. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt dagegen keine Bedenken.
1.2. Der Beschwerdevorwurf, das Ermittlungsverfahren sei "grob mangelhaft" geführt worden, weil der Beschwerdeführer einen "Visumsantrag" gestellt habe und dieser noch "anhängig beim Amt der Wiener Landesregierung" sei, geht ins Leere; die belangte Behörde hat diesbezüglich - zutreffend - festgehalten, daß ein solcher Antrag dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich verschaffen könne.
1.3. Die Beschwerdeausführungen zur Frage der Rechtmäßigkeit der Einreise des Beschwerdeführers in Österreich sind nicht zielführend, da es im Zusammenhang mit einer Ausweisung nach § 17 FrG nicht auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Einreise, sondern auf die des Aufenthaltes ankommt (vgl. § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG).
1.4. Die belangte Behörde hat somit das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung für die Erlassung einer Ausweisung gegen den Beschwerdeführer - vorbehaltlich der Zulässigkeit nach § 19 FrG - zutreffend bejaht.
2. Die Beschwerde hält die Ausweisung im Grunde des § 19 FrG für rechtswidrig. Dazu bringt der Beschwerdeführer vor, daß er seit mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei und Sorgepflicht für zwei Kinder habe.
Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde aber nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die belangte Behörde hat im Hinblick auf die Ehe des Beschwerdeführers sowie auf seine Sorgepflicht für zwei Kinder zutreffend angenommen, daß die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Ausweisung einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers begründet. Trotz der durchaus beachtlichen privaten Interessen ist der belangten Behörde aber nicht entgegenzutreten, wenn sie zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die Ausweisung des Beschwerdeführers im Lichte des § 19 FrG dringend geboten sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt nämlich der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 96/18/0372, mwH). Der Beschwerdeführer hat diese Regelungen in gravierender Weise mißachtet. Bei der Abwägung der öffentlichen Interessen gegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers fällt abgesehen davon, daß sich dieser im Zeitpunkt der bekämpften Entscheidung bereits mehr als eineinhalb Jahre (bei einer Aufenthaltsdauer von insgesamt etwas mehr als drei Jahren) unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat, zu seinen Ungunsten ins Gewicht, daß er seinen Aufenthalt in Österreich trotz rechtskräftiger Abweisung seines Sichtvermerksantrages - die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde zudem vom Verwaltungsgerichtshof abgewiesen - im Februar 1993 sowie ungeachtet seiner Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes im Jahr 1994 fortgesetzt hat. Die damit bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens ist von solchem Gewicht, daß die - zweifellos beachtlichen - gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten sind als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Bekräftigt wird dieses Abwägungsergebnis durch den - von der belangten Behörde zutreffend festgehaltenen - Umstand, daß der Beschwerdeführer rechtens nicht in der Lage ist, seinen Aufenthalt in Österreich von hier aus zu legalisieren.
3. Da nach den obigen Ausführungen dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Fundstelle(n):
WAAAE-42939