VwGH vom 26.06.1990, 89/14/0122

VwGH vom 26.06.1990, 89/14/0122

Beachte

Besprechung in:

ÖStZB 1991, 18;

Betreff

N gegen Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl. 30.538-3/88, betreffend Zurückweisung eines Antrages gemäß § 276 Abs. 1 BAO.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gegen die im Anschluß an eine abgabenbehördliche Prüfung ergangenen Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für 1982 bis 1984 erhob der Beschwerdeführer am Berufung; die bekämpften Einkommensteuerbescheide waren vorläufig erlassen worden.

Am erging hinsichtlich der Umsatzsteuer für 1982 bis 1984 eine abweisende Berufungsvorentscheidung (Formular Verf. 40), in der auf die Bescheidbegründung betreffend Einkommensteuer 1982 bis 1984 verwiesen wurde. Am wurden gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültige Einkommensteuerbescheide für 1982 bis 1984 im Automationsweg ausgefertigt; darin wurde die Berufung vom gegen die vorläufigen Einkommensteuerbescheide gemäß § 274 BAO für gegenstandslos erklärt. In der zugehörigen, gesondert am ausgefertigten Bescheidbegründung (Formular Verf. 67) wurde der Formularvordruck "Berufungsvorentscheidung" unterstrichen. Inhaltlich wurde einem Punkt der Berufung vom ("Nachverrechnung von Baumeisterarbeiten für Wohnhaus") Rechnung getragen, in den beiden übrigen Berufungspunkten ("Privatanteil Gebäude - Vermietung an die Schwägerin" sowie "Großreparatur - Antrag auf Zehntelabschreibung") wurde die Abweisung der Berufung begründet.

Am beantragte der Beschwerdeführer, seine Berufung vom gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für 1982 bis 1984 der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen. Er erstattete in seiner Eingabe ein ergänzendes Vorbringen zu den beiden Berufungspunkten, in denen laut der oben erwähnten Bescheidbegründung (Verf. 67) die Berufung abgewiesen worden war.

Am wurden im Automationsweg Berufungsvorentscheidungen ausgefertigt, in denen der Berufung vom gegen die Einkommensteuerbescheide "vom " teilweise stattgegeben wurden. Das Datum stammte von internen Buchungen mit der Bezeichnung "Mitteilung über die Durchführung einer Gesamtinformation IS 280".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Vorlageantrag des Beschwerdeführers vom zurück. § 273 Abs. 2 BAO, wonach eine Berufung nicht deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden könne, weil sie vor Beginn der Berufungsfrist eingebracht worden sei, gelte mangels einer entsprechenden gesetzlichen Bestimmung nicht auch für den Antrag auf Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz über die Berufung. Der Beschwerdeführer habe den Vorlageantrag bereits am , somit vor Zustellung der Berufungsvorentscheidungen vom gestellt; da er danach keinen Vorlageantrag mehr gestellt habe, seien die Berufungsvorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 1982 bis 1984 rechtskräftig geworden.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren und auf eine Sachentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz verletzt. Er beantragt den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Finanzamt hat nach der Aktenlage am eine Berufungsvorentscheidung lediglich hinsichtlich der Umsatzsteuer für 1982 bis 1984 erlassen. Hinsichtlich der Einkommensteuer 1982 bis 1984 sind am keine Berufungsvorentscheidungen, sondern endgültige Bescheide gemäß § 200 Abs. 2 BAO ergangen, in denen die Berufung des Beschwerdeführers gegen die vorläufigen Bescheide für gegenstandslos erklärt worden war. Die hiezu gegebene gesonderte Begründung vom stand damit insofern im Widerspruch, als darin das Wort "Berufungsvorentscheidung" unterstrichen und die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers in zwei Punkten begründet wurde.

Unrichtig ist die Darstellung der belangten Behörde, der Klammerausdruck "Berufungsvorentscheidung" wäre lediglich irrigerweise unterstrichen statt durchgestrichen worden. Aus den zweimaligen Ausführungen über eine Abweisung der Berufung ist zu erkennen, daß die Begründung von (spruchmäßig nicht existenten) Berufungsvorentscheidungen beabsichtigt war. Dem Beschwerdeführer ist zuzubilligen, daß ihn diese Vorgangsweise des Finanzamtes verwirren konnte.

Damit ist für ihn im Beschwerdefall aber nichts gewonnen:

Den normativen Gehalt der behördlichen Erledigung enthält der Spruch, er ist die Willenserklärung der Behörde (vgl. Stoll, BAO Handbuch Seite 220). Zwar stand die gesonderte Begründung zu den Sprüchen der (dem Rechtsbestand derzeit angehörenden) Bescheide vom im Widerspruch; dies änderte aber nichts daran, daß es sich laut Spruch um endgültige Bescheide handelte, mit denen die Berufung vom gegen die vorläufigen Einkommensteuerbescheide für gegenstandslos erklärt wurde.

Unrichtig ist in diesem Zusammenhang die Behauptung der belangten Behörde, die Berufung sei nur "insoweit" für gegenstandslos erklärt worden, als dem Berufungsbegehren (teilweise) Rechnung getragen worden sei. Der Bescheid vom enthält eine solche Einschränkung nicht. Wurde aber eine Berufung mit Bescheid gemäß § 274 BAO für gegenstandslos erklärt, so war allenfalls diese bescheidmäßige Erklärung zu bekämpfen, für einen Vorlageantrag gemäß § 276 Abs. 1 BAO fehlte die Voraussetzung des Vorliegens von Berufungsvorentscheidungen.

Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet der belangten Behörde hingegen darin bei, daß auch nach der im Beschwerdefall geltenden Fassung des § 276 Abs. 1 BAO die Einbringung eines Vorlageantrages vor Zustellung der Berufungsvorentscheidung ohne rechtliche Wirkung ist, weil § 276 BAO keine dem § 273 Abs. 2 BAO entsprechende Bestimmung enthält (vgl. Stoll a.a.O. Seite 657). An diesem Umstand hat sich durch die Neufassung des § 276 BAO durch die Novelle 1980 BGBl. Nr. 151 nichts geändert, obwohl statt der Formulierung, der Vorlageantrag wäre "binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsvorentscheidung" zu stellen, die Formulierung, dies könne "innerhalb eines Monates" geschehen, gewählt wurde (vgl. zur alten Rechtslage das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 4048/F, zur Neufassung Ritz, Die Berufungsvorentscheidung und der Antrag auf Entscheidung, ÖStZ 1980, Seite 121 f). Auch ohne ausdrückliche Anführung in der geltenden Fassung des § 276 Abs. 1 BAO beginnt der Fristenlauf mit der Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides (§ 97 BAO) an den Antragsberechtigten (vgl. Stoll a.a.O Seite 663).

Der Beschwerdeführer ist der angeführten Rechtsmeinung in seiner Beschwerde auch nicht entgegengetreten, sondern hat lediglich den Standpunkt eingenommen, sein Vorlageantrag wäre nach Fällung einer Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuer gestellt worden. Da dies nicht zutrifft, hat die belangte Behörde diesen Antrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen - die Regel des § 274 Abs. 1 letzter Satz BAO läßt sich auf unerledigte Vorlageanträge nicht übertragen.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich abschließend zu folgendem Hinweis veranlaßt:

Die Bescheide, mit denen die Berufung für gegenstandslos erklärt wurde, müssen, weil sie gesetzeskonform zu interpretieren sind und ihr Wortlaut eine solche Auslegung nicht verbietet, im Beschwerdefall dahin verstanden werden, daß die Gegenstandsloserklärung im Sinne des § 274 BAO nur insoweit erfolgt ist, als dem Berufungsbegehren gegen die vorläufigen Bescheide Rechnung getragen wurde. Im übrigen blieb daher die Berufung, die sich insofern auch gegen die endgültigen Bescheide richtet, bisher unerledigt. Die Berufungsvorentscheidungen vom haben nämlich ausdrücklich eine Berufung gegen Bescheide vom erledigt, die jedoch nicht existierten. Unter diesem Datum besteht nur jeweils eine "Mitteilung über die Durchführung einer Gesamtinformation IS 280". Die Erledigung der Berufung ging daher hier ins Leere. Der belangten Behörde kann nun nicht die Absicht unterstellt werden, mit einer ins Leere gehenden Berufungserledigung Abgaben festzusetzen. Ihre Meinung, die Berufungsvorentscheidungen vom wären in Rechtskraft erwachsen, überzeugt also nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.