VwGH vom 20.03.2002, 2001/15/0155

VwGH vom 20.03.2002, 2001/15/0155

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karger und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der W GmbH in H, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , Zl. RV 1301/1 - V6/01, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für die Jahre 1995 und 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin, den Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1995 und 1996 so rasch wie möglich festzusetzen. Der Verwaltungsgerichtshof habe erfreulicherweise die heftig umstrittene Frage der Dienstgeber- bzw. Kommunalsteuerpflicht von wesentlich beteiligten GmbH-Geschäftsführern dem Verfassungsgerichtshof zur Beurteilung vorgelegt. Im Hinblick auf die Anlassfallwirkung werde dieser Antrag gestellt.

Mit zwei Bescheiden vom setzte das Finanzamt den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 1995 und für 1996 fest.

Die Beschwerdeführerin erhob hinsichtlich der Einbeziehung der beiden wesentlich beteiligten Geschäftsführer in die Abgabepflicht zum Dienstgeberbeitrag Berufung. Die Beitragspflicht von wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern werde in der Literatur weitaus überwiegend bestritten.

In Beantwortung eines Vorhaltes betreffend "Dienstverhältnis" wesentlich Beteiligter hatte die Beschwerdeführerin ausgeführt, die beiden Geschäftsführer hätten die kaufmännische und technische Leitung des Unternehmens inne. Die Vertretung durch den jeweils anderen Gesellschafter-Geschäftsführer sei möglich gewesen. Im Jahr 1995 hätte jeder der beiden Geschäftsführer S 80.000,-- (14 mal) und im Jahr 1996 S 100.000,-- (14 mal) erhalten. Daneben seien ein KFZ-Sachbezug gewährt und die GSVG-Beiträge bezahlt worden. Ein Auslagenersatz habe teilweise stattgefunden. Vereinbarungen über den Urlaubsanspruch seien nicht getroffen worden. Ein gesetzlicher Anspruch auf Weiterzahlung der Entlohnung im Krankheitsfall und auf die Bezahlung eines 13. und 14. Bezuges habe nicht bestanden. Die beiden Geschäftsführer hätten auf Grund ihrer Gesellschafterstellung ihr Geschäftsführerverhältnis frei bestimmen können. Es sei daher lediglich auf die Gleichbehandlung geachtet worden. Seit Mitte 1996 unterlägen die Geschäftsführer der Kontrolle durch den Hauptgesellschafter. Die Arbeitszeit hätten sich die Gesellschafter-Geschäftsführer frei gestaltet, im Schnitt seien jedoch 60 Stunden pro Woche geleistet worden. Der Arbeitsort sei zeitlich überwiegend der Firmensitz gewesen.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab. Die beschwerdeführende Gesellschaft sei 1988 gegründet worden. Bis seien K.H.H. und H.K.H. zu je 50 % Gesellschafter und auch Geschäftsführer gewesen. Seit seien K.H.H. und R.H. zu je einem Anteil von 1/25000 und eine näher genannte Privatstiftung mit einem Anteil von 24998/25000 Gesellschafter.

Die Berufung lasse nicht erkennen, inwieweit die bekämpften Bescheide für rechtswidrig gehalten würden. Das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers könne entweder ein Dienstvertrag, ein freier Dienstvertrag, ein Werkvertrag oder ein Auftrag sein. Im Beschwerdefall sei davon auszugehen, dass die beiden Geschäftsführer für die Beschwerdeführerin im Rahmen von Dienstverhältnissen tätig gewesen seien. Dagegen sprechende Gründe seien nicht vorgebracht worden. Es sei unbestritten, dass die Geschäftsführer für ihre Tätigkeit eine monatliche Vergütung erhalten haben. Ein Unternehmerrisiko, das einen Geschäftsführer einer GmbH in dieser Eigenschaft treffe, liege etwa dann vor, wenn seine Vergütung gänzlich oder doch weitgehend vom Geschäftserfolg der Gesellschaft abhängig und unter Umständen sogar auf Null absinken könne. Anhaltspunkte dafür könnten der Aktenlage nicht entnommen werden und habe die Beschwerdeführerin in der Berufung auch nicht behauptet.

Alle sonstigen gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Gründe von Gewicht seien Ausfluss der Stellung als weisungsberechtigte Gesellschafter.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung ab (Beschluss vom , B 393/01) und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss vom ).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeausführungen beziehen sich lediglich auf die beiden bis zum zu je 50 % an der Beschwerdeführerin beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer. Die Beschwerdeführerin bringt sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, dass die Voraussetzungen des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht vorlägen.

Die als Sachverhaltsfeststellungen verstehbaren Ausführungen des angefochtenen Bescheides reichen aus, die Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzungen einer Dienstgeberbeitragspflicht der Bezüge der wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin rechtlich zu tragen.

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof mit den Erkenntnissen vom , G 110/00, und vom ,

G 109/00, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom , 2001/14/0054, und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061, und vom , 2001/14/0103, und vom , 2001/13/0072 und 2001/13/0063, verwiesen. Wie aus den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,


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dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert ist,
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dass ihn unter Bedachtnahme auf die Einnahmen- bzw. Ausgabenschwankungen kein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis trifft und
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dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.
Die Beschwerde meint, beim gemeinsam 100 %igen Gesellschaftseigentum der beiden Geschäftsführer sei jedenfalls von ihrer "Vollkontrolle" über die Gesellschaft auszugehen und ein Dienstverhältnis völlig auszuschließen. Schon die völlige Weisungsfreiheit der geschäftsführenden Gesellschafter spreche daher klar für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.
Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Rechtsordnung der Beschwerdeführerin als GmbH eigene Rechtspersönlichkeit zubilligt und infolge des Trennungsprinzips auch steuerlich wirksame Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter (auch dem Mehrheitsgesellschafter) und der Kapitalgesellschaft ermöglicht. Die zivilrechtliche Einordnung eines solchen zulässigen Leistungsverhältnisses eines wesentlich Beteiligten einer Kapitalgesellschaft zu dieser ist, wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2001/13/0151, mit zahlreichen Nachweisen), für die Beurteilung des Vorliegens von Einkünften nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 irrelevant. Die breiten Raum einnehmenden Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich Vorliegens oder Nichtvorliegens eines Dienstverhältnisses gehen daher ins Leere. Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00, wird unter Anführung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Anzeichen für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem eine feste Arbeitszeit, ein fester Arbeitsort, die arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz. Das Beschwerdevorbringen, wonach die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer keinen arbeitsrechtlichen Schutz genießen, von Schutzbestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes ausdrücklich ausgenommen seien und keine Ansprüche auf Entgeltfortzahlung nach dem Insolvenzentgeltsicherungsgesetz sowie keinen Anspruch auf gesetzliche Abfertigung hätten, ist demnach unerheblich. Die Berufung des Beschwerdeführers auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes zu den Merkmalen des Arbeitsverhältnisses geht im Hinblick auf die fehlende Steuerharmonisierung ins Leere.
Zum Bestehen eines Unternehmerwagnisses wird sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ausgeführt, der Erfolg der Beschwerdeführerin hänge vornehmlich vom Geschick und Engagement der Geschäftsführer ab. Die Gesellschafter-Geschäftsführer würden gegenüber Banken haften. Darüber hinaus seien sie mit verschiedenen Haftungsansprüchen bedroht.
Auch zu diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin auf das bereits erwähnte Trennungsprinzip zu verweisen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht für den eigenen Betrieb, sondern für den der Kapitalgesellschaft und somit für einen fremden Betrieb tätig. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass das Risiko, welches der Gesellschafter-Geschäftsführer im Falle der Übernahme einer Bürgschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft trägt, der Gesellschaftersphäre zuzuordnen ist und damit kein Indiz für ein Unternehmerwagnis im Bereich der Geschäftsführungstätigkeit darstellt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2001/15/0060).
Die Haftung (nach § 9 BAO) trifft nicht nur die Gesellschafter-Geschäftsführer, sondern auch die Fremd-Geschäftsführer. Es handelt sich um eine verschuldensabhängige Haftung, die weitgehend schadenersatzrechtlichen Grundsätzen entspricht. Die Rechtsordnung sieht ganz allgemein das Einstehen-Müssen für durch eigenes schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten verursachte Schäden vor; derartiges ist daher nicht kennzeichnend für ein Unternehmerrisiko (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0117).
Schließlich meint die Beschwerdeführerin, die Auszahlung und Höhe der Geschäftsführervergütungen bei einer Familiengesellschaft hänge wie bei einem Einzelunternehmen von der Liquiditätslage des Unternehmens und vom wirtschaftlichen Erfolg ab. Die Behörde habe weder ermittelt noch festgestellt, wie und ob die Auszahlungen an die Geschäftsführer in ihrer Höhe je nach Ertrags- und Liquiditätslage des Unternehmens variiert hätten.
Auch damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Beschwerde übersieht, dass die belangte Behörde die Beantwortung des Vorhaltes durch die Beschwerdeführerin ihrem Bescheid zu Grunde gelegt hat, wonach jeder der Geschäftsführer im Jahr 1995 S 80.000,-- 14 mal und 1996 S 100.000,-- 14 mal erhalten hat. Angesichts dieser klaren Angabe war die belangte Behörde nicht verpflichtet, weitere Ermittlungen zu führen. Überdies zeigt auch die Beschwerde nicht auf, dass die festgestellte Entlohnung der Gesellschafter-Geschäftsführer von wirtschaftlichen Parametern der Beschwerdeführerin abhängig gewesen sei.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am