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VwGH vom 18.11.1998, 98/03/0207

VwGH vom 18.11.1998, 98/03/0207

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des H A in G, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Georg Huber, Rechtsanwalt in 6330 Kufstein, Josef-Egger-Straße 8, gegen den schriftlich ausgefertigen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. 1997/17/233-5, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) bestraft. Es wurde ihm zur Last gelegt, er habe

"es als Zulassungsbesitzer bzw. Verantwortlicher des(r) PKW, Kennzeichen GÖ-M8888 (D), unterlassen,

1. bei der amtlichen Lenkererhebung vom durch die Bezirkshauptmannschaft Kufstein, den Namen und die Anschrift der Person, welche am um 09.29 Uhr in Ebbs, A 12 Inntalautobahn, km 0.5, in Richtung Osten, das besagte Fahrzeug verwendet oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Ort abgestellt hat, der Behörde mitzuteilen."

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung. Bei der darüber vor der belangten Behörde am abgehaltenen mündlichen Verhandlung wurde in Anwesenheit des Vertreters des Beschwerdeführers der Bescheid des Inhalts verkündet, daß die Berufung als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses gleichzeitig dahin abgeändert werde, daß er zu lauten habe:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A H A-GesmbH & Co KG, welche Rechtsnachfolgerin der zulassungsbesitzenden Firma A-KG ist, unterlassen, der Bezirkshauptmannschaft Kufstein auf ihr Verlangen vom binnen einer Frist von zwei Wochen den Namen und die Anschrift jener Person bekanntzugeben, welche das auf diese Unternehmung zugelassene Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen GÖ-M8888, am um 09.29 Uhr auf der Inntalautobahn A 12, im Gemeindegebiet von Ebbs bei km 0,5, in Richtung Osten gelenkt hat."

Am wurde dem Beschwerdeführer ein als "Berufungserkenntnis" bezeichneter Bescheid der belangten Behörde vom zugestellt, demzufolge die gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen und der Spruch des Straferkenntnisses dahin abgeändert werde, daß er zu lauten habe:

"Sie haben es als persönlich haftender Gesellschafter und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma A-KG unterlassen, der Bezirkshauptmannschaft Kufstein auf ihr Verlangen vom binnen einer Frist von zwei Wochen den Namen und die Anschrift jener Person bekanntzugeben, welche das auf diese Unternehmung zugelassene Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen GÖ-M8888, am um 09.29 Uhr auf der Inntalautobahn A 12, im Gemeindegebiet von Ebbs bei km 0,5, in Richtung Osten gelenkt hat."

In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem:

"Die gegenüber der mündlichen Bescheidverkündung vorgenommene Spruchberichtigung stützt sich auf die Bestimmungen des § 69 Abs. 1 Ziff. 1 letzter Fall AVG (unberechtigte Verwendung des Firmenstempels A A-GesmbH & Co KG am - die Firmenänderung wurde erst mit Eintragung in das Handelsregister am wirksam, Vorbringen in der Berufung) und des § 52a Abs. 1 VStG (offensichtliche Unrichtigkeit, kein Rechtsnachteil des Bestraften)."

Gegen den am zugestellten Bescheid der belangten Behörde vom richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift erwogen hat:

Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0158) hat die bei der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat, zu der die Parteien ordnungsgemäß geladen wurden, erfolgte Verkündung des Berufungsbescheides die Wirkung seiner Erlassung. Für die Frage, ob und mit welchem Inhalt ein mündlicher Bescheid erlassen wurde, ist nicht die schriftliche Bescheidausfertigung, sondern jene Urkunde entscheidend, die über den Bescheidinhalt und die Tatsache der Verkündung gemäß § 62 Abs. 2 AVG angefertigt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1564/68).

Da der Inhalt und die Verkündung des am verkündeten Bescheides im Beschwerdefall ordnungsgemäß dem § 62 Abs. 2 AVG (in Verbindung mit § 24 VStG) entsprechend am Schluß der Verhandlungsschrift beurkundet wurde, ist dieser Bescheid mit seiner Verkündung und mit dem verkündeten Inhalt in Rechtswirksamkeit getreten. An diesen Bescheid knüpfen sich somit die Rechtswirkungen eines Bescheides, insbesondere auch dessen Unwiderrufbarkeit. Darunter ist zu verstehen, daß der Bescheid von Amts wegen von der Behörde nicht mehr oder nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen widerrufen, das heißt aufgehoben, abgeändert oder für nichtig erklärt werden kann (vgl. Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 458 ff).

Diese Rechtslage verkannte die belangte Behörde, als sie in der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides eine wesentliche Änderung des Bescheidspruches gegenüber dem mündlich verkündeten Bescheid vornahm. Wenn sie sich diesbezüglich in der Begründung des schriftlich ausgefertigten Bescheides auf § 69 Abs. 1 Z. 1 letzter Fall AVG und § 52a Abs. 1 VStG stützte, übersah sie, daß sowohl die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 AVG als auch die Entscheidung nach § 52a VStG der Erlassung eines entsprechenden Bescheides bedarf; ein derartiger bescheidmäßiger Abspruch kann durch den bloßen Hinweis auf diese Bestimmungen in der Begründung der schriftlichen Ausfertigung eines mündlich verkündeten Bescheides nicht ersetzt werden. Das Gleiche würde für einen Berichtigungsbescheid gelten (dessen Erlassung die belangte Behörde hier - ungeachtet der Formulierung "Spruchberichtigung" in der Begründung des angefochtenen Bescheides - nicht intendiert hat, was sich daraus ergibt, daß § 69 AVG und § 52a VStG, nicht aber § 62 Abs. 4 AVG zitiert wurden).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann der schriftlich ausgefertigte Bescheid vom aufgrund seines - in der Begründung ausdrücklich deklarierten - gegenüber dem mündlich verkündeten Bescheid unterschiedlichen normativen Gehaltes nicht mehr als schriftliche Ausfertigung dieses Bescheides gelten; er ist vielmehr als selbständiger Bescheid anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/03/0318). Als solcher verstößt er aber gegen das oben dargelegten Prinzip der Unwiderrufbarkeit eines Bescheides und ist daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

Das Vorbringen in der Beschwerde läßt mit hinreichender Klarheit erkennen, daß mit der Beschwerde - lediglich - der schriftlich ausgefertigte Bescheid vom bekämpft wird, heißt es darin doch eingangs, daß sich die Beschwerde gegen den am zugestellten Bescheid richte.

Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, daß die Beschwerdefrist gegen den am verkündeten Bescheid nicht schon mit der mündlichen Verkündung, sondern gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG erst mit der - gemäß § 67g zweiter Satz AVG (§ 24 VStG) vorzunehmenden, jedoch noch nicht erfolgten - schriftlichen Ausfertigung dieses Bescheides zu laufen beginnt (vgl. den hg. Beschluß vom , Zl. 95/17/0007).

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde erübrigte sich.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am