VwGH vom 23.10.1990, 89/14/0067
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel sowie die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des N und der M gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II) vom , Zl. 125-GA4BK/DWe/87, betreffend Umsatzsteuer und Feststellung von Einkünften 1983 und 1984, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer stellten 1983 und 1984 einem Schotterwerk ein Grundstück von 5 ha zum Schotterabbau zur Verfügung und erreichten damit selbst den Vorteil einer Geländekorrektur. Über Aufforderung des Finanzamtes reichte die steuerliche Vertreterin des Schotterwerkes eine Abrechnung über den Schotterabbau am Grundstück der Beschwerdeführer ein, wonach diese 1983 S 48.220,50 und 1984 S 390.688,36 erhalten haben.
Das Finanzamt erließ daraufhin gemäß § 303 Abs. 4 BAO neue Umsatzsteuerbescheide 1983 und 1984 und neue Bescheide über die Feststellung von Einkünften 1983 und 1984.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Sie brachten im Berufungsverfahren im wesentlichen vor, daß es sich in ihrem Fall nicht um einen Schotterabbau, sondern aus der Sicht des landwirtschaftlichen Betriebes um eine Geländekorrektur mit anschließender Rekultivierung handle. Zwischen dem Schotterwerk und den Beschwerdeführern sei vereinbart worden, daß das maschinell schwer zu bearbeitende Grundstück so korrigiert werde, daß keine Steilstufen, Hügel oder sonstigen Erhebungen die maschinelle landwirtschaftliche Bearbeitung mehr störten oder behinderten. Das überschüssige Material verbleibe dem Schotterwerk. Für die Zeit der Bearbeitung würden den Beschwerdeführern eine Nutzungsentschädigung nach den Sätzen der Landwirtschaftskammer und sonstige Leistungen nach den Maschinenringsätzen erbracht. Betriebswirtschaftlich habe sich der Ertragsausfall durch die sich ergebenden Überkapazitäten an Wirtschaftgebäuden, Maschinen und sonstigen Wirtschaftsgütern besonders stark ausgewirkt. Bei einer Grünlandfläche von insgesamt ca. 16 ha sei der Ertragsausfall von ca. 5 ha und die noch längere Ernteminderung durch eine entsprechende landwirtschaftliche Entschädigung zu neutralisieren. Dieser Schadenersatz sei ein landwirtschaftlicher Ertrag in Kompensation mit dem, was die Beschwerdeführer sonst erwirtschaftet hätten, und falle daher unter die landwirtschaftliche Pauschalierung. Der Vorteil für die Beschwerdeführer auf lange Sicht werde durch den erhöhten Einheitswert bei der neuen Hauptfeststellung kompensiert. Die gezahlten Beträge seien somit nicht den Einkünften aus Verpachtung sondern den Einkünften aus Landwirtschaft zuzurechnen. Würden diese Einnahmen unter Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nochmals angesetzt, obwohl das 5 ha große Grundstück im landwirtschaftlichen Betrieb enthalten sei, entspreche das einer Doppelbesteuerung. Sollten die strittigen Zahlungen nicht einheitlich als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft angesehen werden, werde begehrt, die anteiligen Aufwendungen des landwirtschaftlichen Betriebes bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Hilfsweise wurde vorgebracht, die vom Schotterabbau betroffene landwirtschaftliche Fläche sei als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb anzusehen. Die Umsatzsteuer falle unter die landwirtschaftliche Pauschalierung und sei auch nur im Ausmaß von 10 % verrechnet worden. Eine Teilung eines einheitlichen Betriebes "in verschiedene Umsätze" widerspreche der Unternehmenseinheit und sei im Beschwerdefall sachlich unbegründet.
Das Finanzamt ermittelte im Berufungsverfahren, daß vom Schotterwerk monatliche Akontozahlungen, berechnet nach Kubikmeter, an die Beschwerdeführer geleistet wurden und am Jahresende jeweils eine Abrechnung erstellt wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Sie begründete dies im wesentlichen folgendermaßen: Es stehe fest, daß das Entgelt für den in Rede stehenden Schotterabbau nach dem gewonnenen Material berechnet worden sei. Die Höhe der Einnahmen 1983 und 1984 sei unstrittig. Entgelte aus einem Abbauvertrag würden keineswegs einen echten Schadenersatz für eine Verminderung bzw. Verschlechterung der Bodensubstanz darstellen, sondern vielmehr für das Recht zur Materialentnahme geleistet werden. Eine andere Beurteilung wäre nur möglich, wenn die Fläche, auf der der Schotterabbau vorgenommen wurde, von untergeordneter Bedeutung im Hinblick auf den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb gewesen wäre. Auch von einem Nebenbetrieb des landwirtschaftlichen Hauptbetriebes könne nicht gesprochen werden, wenn ein Sand- und Schottervorkommen nicht vom Landwirt, sondern von einem anderen Unternehmer ausgebeutet werde. Wenn das Grundstück in wirtschaftlich ins Gewicht fallender Weise als Quelle für andere Einkünfte als Einkünfte aus Landwirtschaft diene, müßten die Umsätze mit dem Normalsteuersatz des Umsatzsteuergesetzes als Einkünfte aus Verpachtung versteuert werden und könnten nicht von der Pauschalierung des Landwirtes erfaßt sein.
In ertragsteuerlicher Hinsicht führte die belangte Behörde unter anderem aus, die angeführten Einnahmen für den Schotterabbau seien aus der Überlassung des Rechtes zum Abbau von Bodensubstanz erzielt worden, weswegen sie als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzusehen seien. Das Grundstück, von dem Schotter abgebaut worden sei, sei zwar im landwirtschaftlichen Einheitswert erfaßt, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen wäre aber eine Fortschreibung des landwirtschaftlichen Einheitswertes möglich gewesen; aus der Zurechnung eines Grundstückes zum landwirtschaftlichen Einheitswert sei für die Einkommensteuer keine Bindungswirkung abzuleiten. Den Beschwerdeführern seien für die im Zusammenhang mit dem Schotterabbau entstandenen Aufwendungen (z.B. Traktorleistungen) 50 % der Einnahmen als Betriebsausgaben pauschal anerkannt worden; damit seien die Aufwendungen der Beschwerdeführer aus der Landwirtschaft für den Schotterabbau als abgegolten anzusehen.
Die Beschwerdeführer erachten sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Besteuerung der strittigen Entgelte im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und nicht als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie auf Festsetzung der Umsatzsteuer nach § 22 UStG in gleicher Höhe wie die Vorsteuern verletzt. Sie beantragen den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
ZUR UMSATZSTEUER:
Gemäß § 22 Abs. 1 UStG 1972 wird bei nicht buchführungspflichtigen Unternehmern, die Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausführen, die Steuer für diese Umsätze mit 10 (bis : 8) v.H. der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge werden in gleicher Höhe festgesetzt.
Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle gehören zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen bestimmt sind.
Nach Abs. 5 ist der land- und forstwirtschaftliche Betrieb als gesondert geführter Betrieb im Sinne des § 12 Abs. 7 zu behandeln, wenn der Unternehmer neben den im Abs. 1 angeführten Umsätzen auch andere Umsätze ausführt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellen Entgelte aus dem Abbau von Bodensubstanz (Abbauverträge) keinen echten Schadenersatz für eine Verminderung bzw. Verschlechterung der Bodensubstanz dar, sondern werden sie für das Recht auf Materialentnahme geleistet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/14/0092). Es ist daher ein Leistungsaustausch und damit ein steuerbarer Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 UStG anzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/15/0098).
Von einem Nebenbetrieb des landwirtschaftlichen Hauptbetriebes im Sinne des § 22 Abs. 4 UStG kann im Beschwerdefall schon deshalb nicht gesprochen werden, weil das Schottervorkommen nicht vom Landwirt, sondern von einem anderen Unternehmer ausgebeutet wird. Bei der Beurteilung der Frage, ob die aus der Einräumung eines Abbaurechtes resultierenden Umsätze als "im Rahmen" des landwirtschaftlichen Betriebes (§ 22 Abs. 1 UStG) ausgeführt wurden, ist ausschlaggebend, daß das ehemals und künftig landwirtschaftlich genutzte Grundstück der Beschwerdeführer in wirtschaftlich ins Gewicht fallender Weise als Quelle für andere Einkünfte dient (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. 5147/F, und Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Umsatzsteuer § 22 UStG Anm. 77c). Es ist daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde für die in Rede stehenden Umsätze die Anwendbarkeit des § 22 Abs. 1 UStG verneint hat.
Soweit die Beschwerdeführer unter Berufung auf § 22 Abs. 5 und § 12 Abs. 7 UStG für die Umsätze aus dem Schotterabbau einen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen wollen, und in diesem Zusammenhang auf den Einsatz von Maschinen des landwirtschaftlichen Betriebes (offenbar für die Rekultivierung) samt Betriebsmitteln und anteiliger Gebäudeverwendung verweisen, ist zunächst zu bemerken, daß sogenannte "Innenumsätze" zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb und der nicht landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit nicht als Umsätze im Sinne des Umsatzsteuergesetzes angesehen werden können. Vielmehr handelt es sich im Hinblick auf den das Umsatzsteuerrecht beherrschenden Grundsatz der Unternehmenseinheit um innerbetriebliche Vorgänge (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/15/0215). Daß von anderen Unternehmen der gegenständlichen, nicht landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit der Beschwerdeführer zuordenbare Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 1 Z. 1 UStG) gelegt worden wären, haben die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Eine Aufteilung von Vorsteuern im Sinne des § 12 Abs. 7 UStG konnte daher nicht erfolgen.
ZUR FESTSTELLUNG VON EINKÜNFTEN:
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mehrfach mit der Frage, unter welche Einkunftsart Einnahmen aus einem Abbauvertrag zu subsumieren sind, befaßt. Er ist hiebei zu dem Schluß gelangt, daß das wirtschaftlich entscheidende Moment eines derartigen Vertrages im Abbau von Bodensubstanz, nicht jedoch im Gebrauch oder Verbrauch des überlassenen Grund und Bodens liegt. Die aus einem Abbauvertrag erzielten Einnahmen sind daher - sofern der zur Duldung des Abbaues Verpflichtete nicht im Rahmen seines Gewerbebetriebes am Abbau mitwirkt - als solche aus der Überlassung des Rechtes auf Abbau von Bodensubstanz gemäß § 28 Abs. 1 Z. 3 EStG unter Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu subsumieren (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom , Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, Tz 6.2 zu § 28, Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, Tz 19 zu § 28).
Die Beschwerdeführer meinen, die "wirtschaftliche Betrachtungsweise" und der gesetzliche Tatbestand des § 28 Abs. 4 EStG würden darauf hinweisen, daß es sich bei der Bezahlung von Ernteausfall, durch den landwirtschaftlichen Betrieb geleisteten Kultivierungsarbeiten etc. um typisch landwirtschaftliche Einkünfte handle.
Aus der Subsidiaritätsklausel des § 28 Abs. 4 EStG ist für die Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, da das Recht auf Abbau der Bodensubstanz im Hinblick auf die obigen Ausführungen in keinem Zusammenhang mit dem Betrieb einer Landwirtschaft steht. Ihre Argumentation, es gehe im wesentlichen gar nicht um einen Schotterabbau sondern um eine Geländebegradigung, haben die Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ohnehin nicht mehr aufrecht erhalten, sodaß sich eine Auseinandersetzung mit dieser "Betrachtungsweise" erübrigt. Eine Qualifizierung der strittigen Beträge als Schadenersatz für Ernteausfall kommt nicht in Frage, da das "schädigende" Abbauunternehmen nicht rechtswidrig vorgegangen ist, sondern von einem ihm durch die "geschädigten" Liegenschaftseigentümer eingeräumten vertraglichen Recht Gebrauch gemacht hat. Was den Rekultivierungsaufwand anlangt, ist darauf hinzuweisen, daß die Finanzbehörden ohnehin Werbungskosten von 50 % der Einnahmen in Abzug gebracht haben. Daß diese Bemessung für sie nachteilig wäre, haben die Beschwerdeführer nicht behauptet.
Schließlich ist noch auf den Einwand der Doppelbesteuerung einzugehen: Richtig ist, daß das Grundstück, von dem Schotter abgebaut wurde, im Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebes erfaßt ist. Sollte sich dieser Einheitswert durch den Schotterabbau im für die Bewertung erheblichen Ausmaß geändert haben, so wären die Beschwerdeführer berechtigt gewesen, gemäß § 193 Abs. 2 BAO die Erlassung eines Fortschreibungsbescheides zu beantragen. Daß die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung (Neufeststellung) gemäß § 21 Abs. 1 lit. a BewG tatsächlich vorgelegen wären, behaupten die Beschwerdeführer selbst in der Beschwerde nicht. Für die pauschalierte Gewinnermittlung bei landwirtschaftlichen Betrieben kann aber immer nur von einem bescheidmäßig festgestellten, und nicht von einem hypothetischen anderen Einheitswert ausgegangen werden. Für das Auscheiden eines Teileinheitswertes, wie dies in den Veordnungen des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft vorgesehen ist, fehlt es in bezug auf den Schotterabbau an einer entsprechenden Rechtsgrundlage.
Den Beschwerdeführern ist es somit nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.