VwGH vom 20.07.1995, 95/18/0757

VwGH vom 20.07.1995, 95/18/0757

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der B in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 300.066/3-III/11/95, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) gemäß § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes abgewiesen. Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß die am von der Beschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsbürger geschlossene Ehe am durch das Bezirksgericht Donaustadt aus dem Grunde für nichtig erklärt worden sei, daß diese Ehe bloß zur Erlangung einer Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung und in weiterer Folge der österreichischen Staatsbürgerschaft zum Schein geschlossen worden sei. In diesem Umstand erblickte die belangte Behörde einen - auch für die Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz maßgeblichen - Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 4 des Fremdengesetzes. Das Eingehen einer Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger nur zum Schein, um sich eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung zu beschaffen, stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 4 des Fremdengesetzes dar. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß die Beschwerdeführerin am eine Tochter geboren habe, die aufgrund einer im Gesetz vorgesehenen Vermutung als ehelich gelte.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die folgende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die maßgebliche Sachverhaltsnahme der belangten Behörde unbestritten, daß die Beschwerdeführerin eine Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger nur zum Schein eingegangen sei, um sich eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung zu beschaffen, und daß diese Ehe vom Bezirksgericht Donaustadt am für nichtig erklärt worden sei. Ein derartiges Verhalten stellt eine gravierende Mißachtung der den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften dar. Es wird daher vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung als eine beträchtliche Gefährdung der Ordnung qualifiziert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/18/0171), die sogar die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigt (vgl. dazu das Erkenntnis vom , Zl. 95/18/0441 mwN.).

Die Beschwerdeführerin meint, aus der Tatsache der gerichtlichen Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe nach § 23 des Ehegesetzes könne nicht auf eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit geschlossen werden. Sie sei arbeitstätig und um soziale Integration bemüht und habe durch ihr sonstiges Verhalten keinerlei Beeinträchtigung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit "gesetzt." Die belangte Behörde habe diesbezüglich keinerlei Feststellungen getroffen.

Zu diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin auf die bereits angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Die rechtsmißbräuchliche Eingehung einer Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen stellt einen derart evidenten Rechtsmißbrauch dar, der für sich allein genommen schon die öffentliche Ordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 4 des Fremdengesetzes gefährdet. Der belangten Behörde kann daher kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie keine zusätzlichen Ermittlungen betreffend das Gesamtverhalten der Beschwerdeführerin vornahm.

3. Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde auch vor, sie hätte nicht berücksichtigt, daß ihre Tochter innerhalb eines Zeitraumes von 302 Tagen nach Nichtigerklärung der Ehe auf die Welt gekommen sei. Aufgrund der gesetzlichen Vermutung des § 155 ABGB sei sie bis zum Beweis des Gegenteiles als ein eheliches Kind eines Österreichers und als solches als österreichische Staatsbürgerin zu betrachten. Die Versagung der begehrten Aufenthaltsbewilligung stelle daher einen gravierenden Eingriff in das Recht der Beschwerdeführerin auf Privat- und Familienleben dar.

Auch dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat zwar die Behörde bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z 4 FrG auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen, und zwar derart, daß bei Vorliegen von privaten oder familiären Beziehungen des Fremden im Bundesgebiet die Versagung der Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz aufgrund dieser Bestimmung nur dann zulässig ist, wenn die im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (siehe dazu die Erkenntnisse vom , Zlen. 94/18/0764, 0815, und

vom , 93/18/0477). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall aber insoferne erfüllt, als der von der Beschwerdeführerin gesetzte evidente Rechtsmißbrauch als eine Gefährdung der Ordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK zu qualifizieren ist.

Der Verwaltungsgerichtshof braucht sich daher im vorliegenden Fall mit der übereinstimmend von der belangten Behörde wie auch von der Beschwerdeführerin getroffenen Annahme nicht auseinanderzusetzen, ob die am geborene Tochter der Beschwerdeführerin aufgrund einer gesetzlichen Vermutung als ein eheliches Kind eines österreichischen Staatsbürgers und daher selbst auch als österreichische Staatsangehörige zu betrachten ist. Im übrigen hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan, daß ihre Tochter daran gehindert ist, ihr in das Ausland zu folgen.

4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.