VwGH vom 19.10.1993, 89/14/0052
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde des H in N, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. 4/59/7-BK/Hm-1988, betreffend Einkommensteuer 1982, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war mit einem Anteil von einem Dreißigstel nach seinem im Jahr 1980 verstorbenen Halbbruder Martin Sch. zum Erben berufen. Die Verlassenschaft wies Aktiva in Höhe von S 869.730,14 und Passiva in Höhe von S 129.661,59 auf. Der reine Nachlaß betrug somit S 740.068,55. Zur Verlassenschaft gehörte auch eine Liegenschaft (Sommerhaus), die zum Todestag mit einem Verkehrswert von S 640.000,-- bewertet war. Während der Dauer des Verlassenschaftsverfahrens erhielt der damit beauftragte Notar Dr. Walter K. vom Beschwerdeführer ein "Kaufangebot" betreffend diese Liegenschaft. Das Anbot war in einem Schreiben des Notars vom festgehalten. Als "Kaufpreis" wurde ein Betrag von S 1,312.200,-- abzüglich des Erbteiles von S 43.740,-- sohin S 1,268.460,-- angeboten und in der Folge auf ein beim Notar geführtes Anderkonto überwiesen. Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes D.
vom wurde dem Beschwerdeführer der Nachlaß "zu
2/60" eingeantwortet. Weiters wurde in der
Einantwortungsurkunde festgehalten, daß ob der genannten
Liegenschaft "aufgrund des Ergebnisses des
Verlassenschaftsverfahrens ... die Einverleibung des
Eigentumsrechtes für ... (den Beschwerdeführer) vorzunehmen
sein" wird.
Im August 1982 veräußerte der Beschwerdeführer einen Hälfteanteil der Liegenschaft an seine Ehegattin zu einem Kaufpreis von S 1,100.000,--.
Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausschließlich darüber, ob dieser Vorgang als Spekulationsgeschäft im Sinne des § 30 EStG 1972 zu beurteilen ist.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dies bejaht, während der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, daß das für die Annahme eines Spekulationsgeschäftes erforderliche Tatbestandsmerkmal der "Anschaffung" nicht vorliege, weil er die Liegenschaft im Erbweg und nicht durch Anschaffung erworben habe. Mit diesem Argument wird in der Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichshof hat erwogen:
Gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1972 sind Spekulationsgeschäfte, Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ein näher bestimmtes Ausmaß nicht übersteigt. Im Beschwerdefall beträgt dieser Zeitraum unbestritten fünf Jahre. Als Anschaffung gelten nach Lehre und Rechtsprechung nur Erwerbsvorgänge aufgrund schuldrechtlicher Verträge (z.B. Kauf und Tausch), nicht jedoch der Erwerb durch Schenkung, Erbschaft oder Vermächtnis (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, Seite 668 f).
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, ihm sei die Liegenschaft aufgrund eines "Erbteilungsübereinkommens" eingeantwortet worden. Der Erwerb von Wirtschaftsgütern im Wege einer Erbteilung sei aber keine Anschaffung, sondern ein unentgeltlicher Erwerb durch Erbschaft. Mit diesem Argument wäre der Beschwerdeführer im Recht, wenn er die Liegenschaft tatsächlich im Wege einer Erbteilung erworben hätte; dies trifft jedoch nicht zu.
Eine Erbteilung setzt begrifflich eine teilungsfähige Erbmasse voraus (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, a. a.O., Seite 565). Im Beschwerdefall betrug der Wert des reinen Nachlasses ca. S 740.000,--. Darin waren Aktiva im Wert von ca. S 870.000,-- enthalten, wozu auch der Verkehrswert der Liegenschaft von S 640.000,-- rechnete. Der Beschwerdeführer hatte als Erbe unbestritten nur auf ein Dreißigstel des Nachlasses Anspruch. Eine Teilung der Verlassenschaft in der Weise, daß der Beschwerdeführer die gesamte Liegenschaft erhalten hätte und die übrigen Erben mit anderen, der Verlassenschaft zugehörigen äquivalenten Wirtschaftsgütern abgefunden worden wären, war daher begrifflich nicht möglich (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/14/0031). Durch TEILUNG eines Nachlaßvermögens kann dieses nämlich keine Wertsteigerung erfahren. Würde die Auffassung des Beschwerdeführers zutreffen, daß alle Erben, denen der Nachlaß eingeantwortet wurde, nur im Erbweg erworben hätten, - dies wäre eine notwendige Konsequenz seiner Rechtsansicht - dann wäre das letzlich aufgeteilte Verlassenschaftsvermögen um den vom Beschwerdeführer an die übrigen Erben bezahlten Kaufpreis in Höhe von S 1,268.460,-- vermehrt worden. Als Teilung eines Nachlaßvermögens kann ein solcher Vorgang nicht bezeichnet werden. Vielmehr hat der Beschwerdeführer 29 Dreißigstel der zum Nachlaß gehörigen Liegenschaft entgeltlich von den übrigen Erben erworben. Daß dieses Rechtsgeschäft noch während des Verlassenschaftsverfahren abgeschlossen wurde und in der Einantwortungsurkunde seinen Niederschlag gefunden hat, vermag an seiner Beurteilung als Anschaffungsvorgang nichts zu ändern.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.