VwGH vom 31.01.2002, 2001/15/0098
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karger und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Bröll Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH Kommanditpartnerschaft in 6850 Dornbirn, Färbergasse 15, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom , GZ RV 1104/1-V6/00, betreffend Einkommensteuer 1998, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist in Österreich ansässig und als Grenzgänger in Liechtenstein tätig. Er hat ein Fachhochschulstudium für Maschinenbau an der Liechtensteinischen Ingenieursschule (LIS), nunmehr Fachhochschule Liechtenstein, absolviert.
Im Streitjahr war der Beschwerdeführer in Liechtenstein als Projektleiter im Anlagenbau beschäftigt.
In der Einkommensteuererklärung 1998 machte der Beschwerdeführer die Kosten des an der Fachhochschule Liechtenstein absolvierten Nachdiplomstudiums (postgradualer Studiengang) "Internationales Management" in Höhe von 132.765 S als Werbungskosten geltend.
Das Finanzamt anerkannte die Kurskosten nicht als Werbungskosten. Das Studium sei als dem Besuch einer höheren technischen Lehranstalt bzw. einem Universitätsstudium gleichwertig anzusehen und stelle somit eine Berufsausbildung dar.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Aus den dem Finanzamt vorgelegten Unterlagen sei zu ersehen, dass es sich bei dem gegenständlichen Nachdiplomstudium um eine berufsbegleitende Weiterbildung handle. Dieses Studium diene der Ergänzung und Vertiefung der im Erststudium erworbenen Kenntnisse in praxisorientierter Weise.
Nach Ergehen einer hinsichtlich der Anerkennung der Kurskosten als Werbungskosten abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Neben den Kurskosten des Nachdiplomstudiums beantragte er nunmehr auch die Anerkennung von Fahrtkosten in Höhe von 5.880 S als Werbungskosten.
Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof strittigen Punkt, ob die 1998 vom Beschwerdeführer in Zusammenhang mit dem Nachdiplomstudium geltend gemachten Kosten Werbungskosten darstellen, keine Folge. Sie führte zur Begründung aus, dass zwar Kosten der Berufsfortbildung Werbungskosten darstellten, nicht aber Kosten der Berufsausbildung. Die Kosten eines Hochschulstudiums dienten grundsätzlich der Ausbildung und könnten daher in der Regel nicht als Fortbildung für eine bisher ohne akademische Ausbildung ausgeübten Berufstätigkeit angesehen werden. Dies gelte zumindest bis einschließlich der Veranlagung 1999 auch für das Studium an einer Fachhochschule. Auch Kosten eines Zweitstudiums seien in der Regel Ausbildungskosten und könnten nach Lehre und Rechtsprechung nur bei qualifizierter Verflechtung mit dem bereits absolvierten Erststudium Fortbildungskosten sein. Aufwendungen für postgraduale Studien seien nur dann den abzugsfähigen Fortbildungskosten zuzurechnen, wenn damit die im Erststudium erworbenen Kenntnisse in praxisorientierter Weise ergänzt und vertieft würden und nicht ein Wechsel in eine andere Berufssparte eröffnet werde.
Es ergebe sich aus dem vom Beschwerdeführer dem Finanzamt vorgelegten Prospekt, dass Zweck und Ziel des in Rede stehenden Nachdiplomstudiums darin gelegen seien, den Teilnehmern ein breites, grundlegendes Managementwissen zu vermitteln. Das sei dem Studienplan und den angebotenen Fächern zu entnehmen.
Das Nachdiplomstudium könne vor allem deshalb nicht als berufliche Fortbildung angesehen werden, weil das vermittelte Wissen eine umfassende Ausbildungsgrundlage für verschiedene Berufe darstelle und nicht nur der spezifischen fachlichen Weiterbildung in dem vom Beschwerdeführer bereits ausgeübten Beruf - für den es zweifellos auch von Vorteil sei - diene. Das Nachdiplomstudium sei nicht nur für eine bestimmte Berufsgruppe zugeschnitten. Dieser Umstand sei im Rahmen der Berufungsverhandlung vom Beschwerdeführer insofern bestätigt worden, als er angegeben habe, dass auch ein Rechtsanwalt dieses Studium absolviert habe. Der Beschwerdeführer habe sich somit nicht vordergründig in seinem bereits ausgeübten Beruf als Projektleiter im Anlagenbau fortgebildet, sondern in erster Linie für einen grundlegend anderen, neuen Beruf ausgebildet. Er habe sich durch die Absolvierung des postgradualen Studiums nicht nur eine bessere und umfangreichere Ausbildung verschafft, sondern auch die Möglichkeit für eine Vielzahl von späteren Anstellungen eröffnet. An dieser Beurteilung vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass dem Beschwerdeführer die erworbenen Fachkenntnisse im ausgeübten Beruf nützlich gewesen seien. Auch wenn es durchaus vorkomme, dass ein Berufstätiger im Rahmen der Berufsausübung seinen Bildungsstand erhöhe, sei bei der Frage, ob eine bestimmte Bildungsmaßnahme eine Fortbildungsmaßnahme sei, doch bei der bisherigen Berufsausbildung anzuknüpfen. Durch die Absolvierung der AHS sowie durch das Fachhochschulstudium für Maschinenbau könne im vorliegenden Fall von keiner abgeschlossenen Berufsausbildung im wirtschaftlichen Bereich (Management) gesprochen werden, die das Nachdiplomstudium als Fortbildungsmaßnahme erscheinen lasse. Die im Rahmen des Nachdiplomstudiums vermittelten Kenntnisse seien nicht geeignet, den durch das Fachhochschulstudium für Maschinenbau erworbenen und die wesentliche Grundlage des ausgeübten Berufes darstellenden Wissenstand auszubauen.
Der Beschwerdeführer habe sich nicht unmittelbar im erlernten und ausgeübten Beruf weitergebildet, sondern spezifische Kenntnisse, Erfahrungen und Verhaltensweisen für globales Management erworben, welche im Rahmen der Ausbildung zum Maschinenbauer nicht vermittelt worden seien. Studienziel des Fachhochschulstudiums für Maschinenbau sei die Ausbildung von Fachleuten, die im "ingenieurmäßigen Denken geschult" seien und fähig seien, wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden in der Praxis umzusetzen.
Die belangte Behörde stellte in weiterer Folge die Lehrinhalte des Nachdiplomstudiums jenen des Fachhochschulstudiums gegenüber. Das anlässlich des Nachdiplomstudiums erworbene Wissen könne der Beschwerdeführer in vielen Unternehmensbranchen verwerten, sofern diese nur irgendwie technisch ausgerichtet seien. Da der postgraduale Studiengang in Anbetracht der Verschiedenheit der beiden Studienrichtungen nicht geeignet gewesen sei, den durch das Maschinenbaustudium gewonnenen und für die praktische Berufsausübung grundlegenden Wissensstand des Beschwerdeführer auszubauen, liege keine qualifizierte Verflechtung zwischen der Berufstätigkeit, dem Erst- und dem Nachdiplomstudium des Beschwerdeführers vor, weshalb die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Aufwendungen nicht als Werbungskosten anzuerkennen seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Nach der im vorliegenden Fall anzuwendende Rechtslage vor Inkrafttreten der mit Bundesgesetz BGBl I 1999/106 eingeführten Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 zählen Aufwendungen für die berufliche Fortbildung, nicht jedoch Aufwendungen für die Berufsausbildung zu den Werbungskosten. Während die berufliche Fortbildung der Verbesserung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten dient, dient die Berufsausbildung dem Erlernen eines Berufs. Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich dann, wenn der Abgabepflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Die Eignung der dafür getätigten Aufwendungen an sich zur Erreichung dieses Ziels ist dabei ausreichend. Die Unterscheidung zwischen Ausbildung und Fortbildung kann jeweils nur in Bezug auf einen bestimmten Abgabepflichtigen getroffen werden (vgl das hg Erkenntnis vom , 93/15/0201).
Ein Universitätsstudium, aber auch ein Fachhochschulstudium dient in der Regel nicht der Berufsfortbildung, sondern der Berufsausbildung. Dies gilt auch für einen umfassenden postgradualen Studiengang, es sei denn, das postgraduale Studium wäre mit dem abgeschlossenen ersten Studium, auf Grund dessen der Steuerpflichtige seinen Beruf ausübt, derart qualifiziert verflochten, dass dadurch die Ausweitung der Berufskenntnisse ermöglicht wird. Unter dieser Voraussetzung ist die Absolvierung des postgradualen Studiums nicht als Ausbildung für das Ergreifen eines Berufes zu betrachten, sondern stellt sich als eine den Beruf fördernde Ergänzung, Vermehrung und Vertiefung der vorhandenen Kenntnisse im Sinne einer Berufsfortbildung dar (vgl nochmals das Erkenntnis 93/15/0201 und die Erkenntnisse vom , 93/15/0065, und vom , 86/14/0025).
Ein und dieselbe Bildungsmaßnahme kann somit bei einer Person eine Berufsausbildung darstellen, während sie bei einer anderen Person aufgrund der Berufstätigkeit als Berufsfortbildung zu werten ist. Daher ist jeweils eine einzelfallbezogene Prüfung vorzunehmen. Der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Besuch des vom Beschwerdeführer belegten postgradualen Studienganges durch einen Rechtsanwalt, ist daher für die Beantwortung der Frage, ob dieser Studiengang gerade für die Person des Beschwerdeführers Berufsaus- oder Berufsfortbildung darstellt, nicht von Bedeutung.
Die belangte Behörde hatte im vorliegenden Falle vielmehr für den konkreten Beschwerdeführer zu prüfen, ob dessen Fachhochschulstudium (Maschinenbau) mit dem postgradualen Studiengang (Internationales Management) in Hinblick auf die von diesem konkret ausgeübte Tätigkeit qualifiziert verflochten ist.
Der Beschwerdeführer hat vor der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass ihm im Rahmen des gegenständlichen Studienganges Kenntnisse vermittelt worden seien, mit denen er seine Arbeit als Projektleiter besser habe durchführen können. Die Absolvierung des Studienganges habe seine Arbeit als Projektleiter erleichtert. Zusätzlich zu den verschiedenen Managementformen seien auch Kenntnisse im Umgang mit anderen Ländern vermittelt worden, welcher Umstand von Vorteil für seine Arbeit gewesen sei, da ein Großteil der Kunden aus Übersee stammte.
Nun hat die belangte Behörde die steuerliche Anerkennung der dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Besuch des postgradualen Studienganges erwachsenen Kosten versagt, weil dieser nicht der spezifischen fachlichen (technischen) Weiterbildung in dem vom Beschwerdeführer ausgeübten Beruf als Projektleiter im Anlagenbau gedient habe, sondern weit über eine Maßnahme zur Fortbildung im erlernten und ausgeübten Beruf hinausgehe. Die belangte Behörde hat aber im angefochtenen Bescheid keinerlei Feststellungen getroffen, worin die konkrete berufliche Tätigkeit (das Anforderungsprofil) des Beschwerdeführers als Projektleiter im Anlagenbau bestanden hat und welche fachlichen Anforderungen im Bereich des Managements für diese konkrete Tätigkeit vorgelegen sind. Solcherart konnte sie die aufgezeigten Feststellungen über einen Fortbildungszusammenhang mit dem Lehrinhalt des vom Beschwerdeführer besuchten Studienganges nicht treffen (vgl nochmals das hg Erkenntnis 93/15/0201).
Die belangte Behörde wäre insbesondere im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung gehalten gewesen, bezüglich der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit als Projektleiter weitere Ermittlungen anzustellen. Sodann hätte sie feststellen müssen, ob zwischen der aufgrund des Fachhochschulstudiums ausgeübten Berufstätigkeit und dem zumindest weitaus überwiegenden Teil der im postgradualen Studium vermittelten Lehrinhalte ein Zusammenhang besteht, der die Annahme einer qualifizierten Verflechtung rechtfertigt.
Da der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 501/2001.
Wien, am