VwGH vom 25.11.1994, 93/02/0271
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des Ing. R in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 303.7-27/92-16, betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er sei als verantwortlicher Beauftragter verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, daß die näher bezeichnete Bau GmbH mit dem Standort in L als Arbeitgeber an einer örtlich umschriebenen Baustelle eine Künette nicht gepölzt habe, obwohl diese in einen Boden gegraben war, dessen örtliche Standfestigkeit nicht an Fels herankomme, sodaß ab einer Tiefe von 1,25 m gepölzt hätte werden müssen. Der Beschwerdeführer habe dadurch die Übertretung nach § 16 Abs. 4 der Bauarbeiterschutzverordnung (BGBl. Nr. 267/1954) begangen. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 50.000,-- verhängt.
Die belangte Behörde gab der Berufung bezüglich der Schuld keine, bezüglich der verhängten Geldstrafe jedoch teilweise Folge und sprach aus, daß eine Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 10 Tage Ersatzarrest) verhängt werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, Feststellungen über seine Verantwortlichkeit zu treffen, ist er auf das ihn betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 93/02/0220 bis 0224, ebenso gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zu verweisen, wie hinsichtlich seiner Ausführungen unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit betreffend die Anwendbarkeit des § 9 Abs. 2 VStG und das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes.
Wenn der Beschwerdeführer weiters davon ausgeht, daß zum Tatzeitpunkt keine manuellen Arbeiten im Gefährdungsbereich durchgeführt worden wären, so handelt es sich dabei um ein gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliches Vorbringen, hat er in seiner Berufung doch nur behauptet, daß keine unmittelbare Gefährdung von Arbeitnehmern gegeben gewesen sei, da auf den Fotos zu erkennen sei, daß sich keine Arbeitnehmer in der ungesicherten Künette befunden hätten.
Der Beschwerdeführer verweist überdies darauf, daß nach seiner Ansicht keine Künette, sondern ein Graben vorgelegen sei; für diesen aber sehe § 16 zweiter Absatz der Bauarbeiterschutzverordnung zwei Alternativen vor, nämlich eine Abböschung, die der örtlichen Standfestigkeit des Materials entspricht oder eine sachgemäße Pölzung. Die belangte Behörde hätte daher nicht davon ausgehen dürfen, daß nur eine Pölzung zur Absicherung in Frage gekommen sei, wie dies Abs. 4 leg. cit. für Künetten mit einer Tiefe von über 1,25 m vorsehe (sofern nicht ein Boden vorhanden sei, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankomme).
Selbst dann, wenn man dem Beschwerdeführer insoweit folgen und das Vorliegen einer Künette verneinen wollte, so wäre damit für ihn - wie die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend erkannt hat - nichts gewonnen. Bei dem vorliegenden, zweifellos künettenartigen (vgl. dazu die Angaben des Beschwerdeführers vor der Bezirkshauptmannschaft am , in denen er selbst nach Einsicht in die vorgelegten Fotographien von einer Künette sprach) Graben müßte - aufgrund der besonderen Gefährlichkeit der senkrecht verlaufenden Wände - eine Pölzung im Sinne des § 16 Abs. 2 leg. cit. vorgenommen werden; aufgrund der künettenähnlichen Beschaffenheit des vorliegenden Grabens könnte nämlich nicht - wie dies der Beschwerdeführer rechtsirrig annimmt - davon gesprochen werden, daß die Auswahl der Schutzmaßnahmen in seinem Belieben stünde.
Der Beschwerdeführer bekämpft schließlich noch die Feststellung der belangten Behörde, daß der Boden, in dem die Künette gegraben worden sei, aus einem mehr oder minder bindigen Verwitterungsboden bestanden habe, der jedenfalls in seiner Beschaffenheit nicht der von Fels gleichzusetzen wäre. Wenngleich für die Beurteilung der Standfestigkeit im Zweifel Bodenproben gezogen und untersucht werden müssen, ist das von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang eingeholte Sachverständigengutachten doch insoweit schlüssig, als Aussagen über die Bodenbeschaffenheit auch schon aufgrund des Augenscheines getroffen werden können (vgl. auch § 16 Abs. 7 leg. cit.). Hiezu aber ist dem Sachverständigengutachten zu entnehmen: "In der Aushubwandung sind die Spuren der Zähne des Löffelbaggers ersichtlich. Die Böschungsneigung ist nahezu senkrecht. In der Aushubwand stehen gemischtkörnige, graubraune Sedimente in Form von sehr schluffigen, sandigen Kiesen und Steinen an." Wenn aus diesem unbestrittenen Befund im Sachverständigengutachten die belangte Behörde im Einklang mit diesem Gutachten den Schluß gezogen hat, daß eine Bodenbeschaffenheit im Sinne des Vorliegens von Felsen oder einer diesem gleichkommenden örtlichen Standfestigkeit nicht vorliege, kann der Verwaltungsgerichtshof darin keine Unschlüssigkeit des bekämpften Bescheides erkennen.
Aber auch die Strafbemessung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen: Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist generell die Wichtigkeit von Sicherungsmaßnahmen bei Erdarbeiten wie den vorliegenden anzunehmen; auf die konkrete Bodenbeschaffenheit im Einzelfall und den Umstand, daß die Unterlassung der Sicherungsmaßnahmen im Einzelfall folgenlos geblieben ist, kann es dabei nicht wesentlich im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer angesprochene "Gefährdungspotential" ankommen. Aber auch was die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides betrifft, ist eine Überschreitung des der Behörde eingeräumten Ermessensspielraumes nicht zu erkennen.
Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.