VwGH vom 13.10.1993, 93/02/0181
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des L in F, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen - 220460/2/Schi/Shn, betreffend Übertretungen arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden über den Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretungen nach a) § 46 Abs. 6 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung und b) nach § 19 Abs. 4 der Bauarbeiterschutzverordnung jeweils in Verbindung mit § 33 Abs. 7 und § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt, weil er - wie anläßlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat festgestellt worden sei - als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der P-GmbH am bei einer bestimmten Baustelle von einem Arbeitnehmer mit einem einetagigen Stahlrohrgerüst (Gerüstbelagshöhe ca. 2,5 m) Maurerarbeiten habe durchführen lassen, obwohl auf der ersten Etage a) keine Mittelwehr und b) keine Fußwehr vorhanden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bringt wie schon im Verwaltungsverfahren vor, er habe die gegenständliche Baustelle am um ca. 8.00 Uhr inspiziert und die ordnungsgemäße Aufstellung eines Gerüstes mit Fuß-, Mittel- und Brustwehr angeordnet. Während seiner Anwesenheit sei mit der Aufstellung des Gerüstes und auch der ordnungsgemäßen Bewehrung begonnen und von den Arbeitern die ordnungsgemäße Fertigstellung des Gerüstes zugesichert worden. Die zunächst angebrachte Fuß- und Mittelbewehrung sei jedoch in der Folge von den Arbeitern eigenmächtig wieder entfernt worden. Dies könne dem Beschwerdeführer nicht als Verschulden vorgeworfen werden.
Auf Seite 6 der Bescheidausfertigung hat die belangte Behörde ohnehin zum Ausdruck gebracht, daß auch sie entsprechend der Verantwortung des Beschwerdeführers von einer eigenmächtigen Entfernung der Bewehrung durch die Arbeiter ausgeht. Die Rüge des Beschwerdeführers, es würden diesbezügliche Feststellungen fehlen, der Polier hätte als Zeuge zum Beweis des Sachverhaltes vernommen werden müssen, geht daher ins Leere.
Mit einem Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0188, befaßt. Er hat darin ausgesprochen, daß die Erteilung von Weisungen, die Arbeitnehmerschutzvorschriften einzuhalten, den Arbeitgeber bzw. den zur Vertretung nach außen Berufenen oder verantwortlichen Beauftragten nur dann entschuldigt, wenn er behauptet und glaubhaft macht, daß er Maßnahmen ergriffen hat, um die Einhaltung der von ihm erteilten Anordnungen betreffend die Beachtung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu gewährleisten, insbesondere auch welche Kontrollen er eingerichtet und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat.
Der Beschwerdeführer führt aus, er könne sich nicht den ganzen Tag auf einer einzigen Baustelle aufhalten, sondern habe auch noch andere Baustellen zu beaufsichtigen; er habe die gegenständliche Baustelle bereits am Nachmittag desselben Tages (nach der Überprüfung des Arbeitsinspektorats) wieder kontrolliert. Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Allerdings wäre es ihm oblegen, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, daß seinen Anordnungen entsprochen wird, wobei er der Behörde bei einem Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften dieses System im einzelnen darzulegen hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0121).
Den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Anforderungen hat der Beschwerdeführer nicht genügt. Er hat auch nicht behauptet, einen verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG oder auch nur einen Bevollmächtigten im Sinne des § 31 Abs. 2 ANSchG bestellt zu haben (vgl. hiezu näher das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 93/02/0220-0224).
Selbst wenn der vom Beschwerdeführer genannte Polier aber als Bevollmächtigter im Sinne des § 31 Abs. 2 ANSchG zu betrachten sein sollte, wäre der Beschwerdeführer im Hinblick auf § 31 Abs. 5 ANSchG nur dann von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit befreit, wenn er es - unter anderem - bei der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten nicht an der erforderlichen Sorgfalt fehlen ließ, wobei die ihm obliegende Mitwirkungspflicht die Erstattung eines entsprechenden Vorbringens im Verwaltungsverfahren erfordert hätte; die erforderliche Sorgfalt umfaßte bei Bauarbeiten auch die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des § 3 Abs. 1 und 2 der Bauarbeiterschutzverordnung über die Ausführung der Arbeiten unter Aufsicht einer fachkundigen Person und für deren Abwesenheit eines Anordnungsbefugten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0105, und die dort zitierte Vorjudikatur). Selbst dem Beschwerdevorbringen ist aber nur zu entnehmen, der eingesetzte Polier wäre als zuverlässiger und in Sachen Arbeitnehmerschutz kundiger Arbeiter bekannt gewesen. Dies reicht nach der zitierten Rechtsprechung zur Entschuldigung des Beschwerdeführers nicht aus.
Der Beschwerdeführer bemängelt weiters, daß die belangte Behörde entgegen der Vorschrift des § 51e VStG keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe; bei Einvernahme des Poliers anläßlich der Verhandlung wäre die Richtigkeit der dauernden Verantwortung des Beschwerdeführers hervorgekommen. Damit zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, daß dem behaupteten Verfahrensmangel Relevanz (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0066, und die dort zitierte Vorjudikatur) zukäme. Auch auf der Grundlage der Verantwortung des Beschwerdeführers - der die belangte Behörde wie erwähnt ohnehin gefolgt ist - ergibt sich keine für ihn günstigere Beurteilung.
Schließlich erblickt der Beschwerdeführer einen Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides darin, daß ihm im Spruch Vorsatz, in der Begründung hingegen lediglich Fahrlässigkeit angelastet werde. Für einen verständigen Leser des Spruches ist aber hinreichend klar, daß sich die ("vorsätzliche") Anordnung des Beschwerdeführers auf die Durchführung der Maurerarbeiten und nicht auf die Nichtanbringung oder Entfernung von Mittel- und Fußwehr bezogen hat. Der behauptete Widerspruch ist daher nicht gegeben.
Schon der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.