VwGH vom 29.03.2006, 2001/14/0224
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der P GmbH in W, vertreten durch Dr. Susanna Fuchs-Weisskircher, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rudolfsplatz 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom , Zl. RV/274-06/09/2001, betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für das Jahr 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anlässlich einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde unter anderem festgestellt, dass die von der G GmbH der Beschwerdeführerin im Jahr 1997 in Rechnung gestellten Honorare (im Ausmaß von brutto S 1,013.070,--) Leistungen in Form von Beratungen an die DT GmbH (die 100 %ige Muttergesellschaft der Beschwerdeführerin) und die V GmbH (welche 50 % der Anteile an der DT GmbH hielt) betroffen hätten, welche bis dato von der Beschwerdeführerin nicht an die DT GmbH und die V GmbH weiter verrechnet worden seien. Die angefallenen Kosten seien daher einerseits im Bruttowert als Forderungen "in die Bilanz aufzunehmen" (dies führe zu einer entsprechenden Erfolgsänderung) und andererseits im Wert von netto S 844.225,-- der Umsatzsteuer zu unterziehen.
Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren für das Jahr 1997 einen entsprechenden Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheid.
In einer dagegen erhobenen Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, dass es sich bei den gegenständlichen Honoraren um "unternehmerische Aufwandspositionen" gehandelt habe, die "in keiner Weise einer Vereinbarung für eine Weiterverrechnung und damit zusammenhängende Forderungspositionen unterlegen sind". Die "Ertragsseite des Unternehmens ist im Jahr 1997 auf Basis der Einnahmenseite durch die Beratungserlöse betreffend DT GmbH im Rahmen der Budgetierung jeweils für das Wirtschaftsjahr (1.10. bis 30.9.) festgelegt". Die "Budgetierung für das Wirtschaftsjahr 96/97 wurde mit S 1,2 Mio für Beratungsleistungen beschlossen, für das Wirtschaftsjahr 97/98 mit S 1,8 Mio". Weiters bestünden "die Einnahmen im Jahr 1997 aus Provisionserträgen zu Gunsten der Beschwerdeführerin für Verpackungslieferungen der H GmbH an die V GmbH". Diese Provisionsverrechnung sei aus Gründen der Geheimhaltung von Einkaufspreisen und damit verbundenen Kalkulationsmöglichkeiten vorgenommen worden. Diese Vorgangsweise sei dringend notwendig gewesen, um Indiskretionen im Mittelmanagement hinsichtlich Preis- und Kalkulationsdaten an Konkurrenzunternehmen auszuschalten. Die V GmbH habe diese Provisionsforderungen an die Beschwerdeführerin zum Ausgleich der Beratungs- und Managementleistungen abgetreten; daher seien "in der wirtschaftlichen Beurteilung der Provisionserträge diese Einnahmen für Beratungsleistungen der Beschwerdeführerin für die V GmbH einzustufen". Die Honorare der G GmbH stellten somit Subhonorare der Beschwerdeführerin dar, die "nur wirtschaftlich im Ertrag Platz fänden". Sie seien eine "klassische Aufwandsposition für eingekaufte Subleistungen", das Risiko einer eventuellen Unterdeckung gehe zu Lasten der Beschwerdeführerin. Der Erfolg habe sich wirtschaftlich in den Folgejahren manifestiert. Es werde daher beantragt, die Forderungsposition im Jahr 1997 nicht anzusetzen bzw. die "Umsatzsteuerbasis" 1997 entsprechend zu kürzen, da dafür keine wirtschaftliche und rechtliche Grundlage vorgelegen und eine solche auch nicht durchsetzbar sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insofern teilweise Folge, als die bei der Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage zugerechneten Beträge um die in Zusammenhang mit der V GmbH stehenden Beträge vermindert wurden. Im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen.
In ertragsteuerlicher Hinsicht verwies die belangte Behörde begründend auf § 8 KStG 1988, wonach es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung sei, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt werde. Entscheidendes Merkmal einer solchen verdeckten Ausschüttung sei die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sei und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen habe. Subjektive Voraussetzung für eine verdeckte Ausschüttung sei eine auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft, wobei sich die Absicht der Vorteilsgewährung schlüssig aus den Umständen des Einzelfalles ergeben könne, was etwa auch dann zu unterstellen sei, wenn die Gesellschaft nach Kenntnis des vom Gesellschafter in Anspruch genommenen Vorteils nichts unternimmt, um ihn rückgängig zu machen. Es bedürfe somit zur Verwirklichung einer verdeckten Ausschüttung rechtlich eines der Gesellschaft zuzurechnenden Verhaltens des geschäftsführenden Organs, welches, bestehe es auch in einem bloßen Dulden oder Unterlassen, den Schluss erlaube, dass die durch ihre Organe vertretene Gesellschaft die Entnahme von Gesellschaftsvermögen durch den Gesellschafter akzeptiert habe.
In der Folge gibt die belangte Behöre die Rechtsansicht wieder, dass ein die verdeckte Ausschüttung ausschließender Vorteilsausgleich vorliegt, wenn dem Vorteil, den eine Gesellschaft ihrem Gesellschafter einräumt, ein Vorteil gegenübersteht, den der Gesellschafter der Gesellschaft gewährt.
In weiterer Folge verweist die belangte Behörde darauf, dass die Frage, ob eine Rechtsbeziehung auch unter Fremden in gleicher Weise zustande gekommen und abgewickelt worden wäre, eine Tatfrage ist, und daher auf Grund entsprechender Erhebungen in freier Beweiswürdigung zu lösen ist. In "diesem Zusammenhang sei festzuhalten", dass zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer 100 %igen Gesellschafterin keinerlei schriftliche Vereinbarungen bezüglich der Verrechnung der von der Beschwerdeführerin an ihre Muttergesellschaft zu erbringenden Leistungen existierten. Vorgelegt habe lediglich die Kopie eines Faxes werden können, aus welchem hervorgehe, dass für das nächste Wirtschaftsjahr das der Beschwerdeführerin gewährte Budget für externe Beratungen erhöht worden sei.
Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Rechnungen der G GmbH beträfen einerseits Honorare für Geschäftsführung in Höhe von S 420.000,--, die unzweifelhaft für die DT GmbH erfolgt sei, sowie andererseits für erbrachte Beratungsleistungen, wobei weder aus "der Rechnung" noch aus den ebenfalls vorgelegten "sog. Leistungsnachweisen" ersehen werden könne, für welche Gesellschaft diese Leistungen erbracht worden seien. Es müsse dies nicht die V GmbH gewesen sein. Da eine zweifelsfreie Zuordnung hinsichtlich der "strittigen Beratungsleistungen" in Höhe von S 357.250,-- nicht möglich sei, schließe sich die belangte Behörde den "Feststellungen der Betriebsprüfung" an, wonach die strittigen Rechnungen an Hand der vorgelegten Buchhaltungsunterlagen der DT GmbH zuzurechnen seien. Die Beratungshonorare könnten somit nicht mit den V GmbH- Erlösen aufgerechnet werden, weshalb die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin ins Leere gingen. Auch widerspreche es jeder kaufmännischen Sorgfalt, Leistungen, die nur einem speziellen Kunden weiter verrechnet werden könnten, diesem mit Verlust zu verkaufen. Eine konkrete Darlegung, weshalb die Beschwerdeführerin die eingekauften Beratungsleistungen mit Verlust weiterverkauft habe, habe seitens der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt werden können.
Da es den Lebenserfahrungen widerspreche, dass ein Unternehmer eine spezielle Beratungsleistung einkaufe, ohne bereits einen diesbezüglichen Abnehmer zu haben "(auf den ja die Beratungsleistung abgestimmt ist)" und diesem den damit verbundenen Aufwand auch weiter zu verrechnen, sei nach Ansicht der belangten Behörde zu Recht davon auszugehen gewesen, dass von der Beschwerdeführerin eine "offene Forderung in Höhe von S 803.750,-- (exkl. USt) betreffend die DT GmbH einzustellen gewesen wäre, insbesondere da in den Buchhaltungsunterlagen eine solche Zuordnung von der Beschwerdeführerin selbst vorgenommen" worden sei. Insoweit diese Honorare zwar entrichtet, aber nicht an ihre Muttergesellschaft weiterverrechnet worden seien, liege "entsprechend den obigen Ausführungen" eine verdeckte Ausschüttung vor, da die "diesbezügliche Vorgangsweise" der Beschwerdeführerin einem Fremdvergleich in keiner Weise stand halte und dementsprechend eine Vorteilsgewährung an die Muttergesellschaft darstelle.
In umsatzsteuerlicher Hinsicht verwies die belangte Behörde auf § 19 Abs. 2 Z. 1 lit. a UStG 1994 und darauf, dass die Steuerschuld für Lieferungen und Leistungen grundsätzlich mit Ablauf des Kalendermonats entstehe, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt worden sei, wenn die Besteuerung nicht nach vereinnahmten Entgelten (§ 17 UStG 1994) oder im Wege der Einzelbesteuerung (§ 20 Abs. 4 UStG 1994) vorzunehmen sei. Maßgebend sei, welche Leistungen im fraglichen Monat ausgeführt, d. h. bewirkt oder vollendet worden seien. Der Zeitpunkt der Ausstellung einer Rechnung habe mit dem Zeitpunkt der Leistung tatbestandsmäßig nichts zu tun. Werde daher eine Rechnung über eine Leistung nicht oder erst lange nach der Bewirkung der Leistung gelegt, so entstehe die Steuerschuld trotzdem nach Maßgabe des Leistungszeitpunktes. Sei die Ausstellung einer Rechnung von vorneherein nicht beabsichtigt oder zu erwarten, so bleibe es bei der Entstehung der Steuerschuld mit Ablauf des Kalendermonats der Leistung. Da die Beschwerdeführerin gegenüber ihrer Muttergesellschaft im Jahre 1997 Leistungen erbracht habe, die dieser nicht in Rechnung gestellt worden seien, sei auch für die dafür in Ansatz zu bringenden Honorarforderungen entsprechend den obigen Ausführungen bereits im Jahr 1997 (in den Kalendermonaten, in welchen die Leistung erbracht worden sei) in umsatzsteuerlicher Hinsicht die Steuerschuld entstanden. Eine etwaige Verschiebung im Hinblick auf die Rechnungslegung komme diesbezüglich ebenfalls nicht in Betracht, da die Ausstellung einer solchen - wie den "bisherigen Ausführungen" der Beschwerdeführerin zu entnehmen sei - nicht beabsichtigt gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Erkenntnissen ausgesprochen hat, muss die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Zentrales Begründungselement eines Bescheides ist dabei die zusammenhängende Sachverhaltsdarstellung, worunter nicht etwa die Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens einschließlich des Vorbringens des Abgabepflichtigen oder der Bekundungen von Prüfungsorganen, sondern die Anführung jenes Sachverhaltes gemeint ist, den die belangte Behörde als Ergebnis ihrer Überlegungen zur Beweiswürdigung als erwiesen annimmt (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0291).
Die Begründung des angefochtenen Bescheides entspricht diesen Anforderungen nicht. So lässt sie zunächst nicht erkennen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde. Einerseits meint die belangte Behörde, dass von der Beschwerdeführerin eine "offene Forderung" gegenüber ihrer Muttergesellschaft "einzustellen gewesen wäre", andererseits bringt sie zum Ausdruck, dass in der fehlenden Weiterverrechnung der Honorare eine verdeckte Ausschüttung vorliege.
Nun setzt jedoch sowohl die Annahme, dass von der Beschwerdeführerin in ihrem Rechenwerk eine Forderung gegenüber der DT GmbH zu verbuchen gewesen wäre, als auch die Annahme, dass die Beschwerdeführerin gegenüber ihrer Muttergesellschaft einen in der Folge als verdeckte Ausschüttung zu beurteilenden Vermögensvorteil zuwenden habe wollen, entsprechende Feststellungen im Sachverhaltsbereich voraus. Wäre nämlich davon auszugehen, dass im Beschwerdefall von der Beschwerdeführerin entsprechende Forderungen gegen ihre Muttergesellschaft in Ansatz zu bringen gewesen wären, setzte dies im Sachverhaltsbereich Vereinbarungen voraus, dass die Beschwerdeführerin gegenüber ihrer Muttergesellschaft entsprechende Leistungen gegen Entgelt zu erbringen habe. Wäre hingegen davon auszugehen, dass im Beschwerdefall eine verdeckte Ausschüttung erfolgt sei, setzte dies im Sachverhaltsbereich die Annahme voraus, dass die Beschwerdeführerin ihrer Muttergesellschaft dadurch, dass Leistungen unentgeltlich erbracht wurden, einen Vermögensvorteil zuwenden wollte. Von welchem Sachverhalt die belangte Behörde nun tatsächlich ausgegangen ist, ist dem angefochtenen Bescheid allerdings nicht zu entnehmen.
Mangels entsprechender Ausführungen, welcher entscheidungswesentliche Sachverhalt von der belangten Behörde angenommen wurde, lässt der angefochtene Bescheid naturgemäß auch die Gründe vermissen, auf Grund derer die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade der von ihr angenommene Sachverhalt vorliegt. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon deshalb als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Hinzu kommt, dass sich die belangte Behörde mit dem behaupteten Sachverhalt, wonach es sich bei den Honoraren der G GmbH (insgesamt) um "unternehmerische Aufwandspositionen" gehandelt habe, nicht auseinander gesetzt hat. Nun ist zwar einzuräumen, dass im gegebenen Zusammenhang sowohl diese Behauptung, wie auch das weitere Berufungsvorbringen, wie etwa die "Ertragsseite des Unternehmens ist im Jahr 1997 auf Basis der Einnahmenseite durch die Beratungserlöse betreffend DT GmbH im Rahmen der Budgetierung jeweils für das Wirtschaftsjahr (1.10. bis 30.9.) festgelegt", oder die "Budgetierung für das Wirtschaftsjahr 96/97 wurde mit S 1,2 Mio für Beratungsleistungen beschlossen, für das Wirtschaftsjahr 97/98 mit S 1,8 Mio", in deren Begründungswert und ihren Auswirkungen auf die von der Beschwerdeführerin angestrebte Berufungsentscheidung nicht ohne weiteres nachzuvollziehen sind. Dennoch wäre es die Aufgabe der belangten Behörde gewesen, die Bedeutung dieser Ausführungen - allenfalls unter Mitwirkung der Beschwerdeführerin - herauszufinden und sich damit auseinander zusetzen. Ein vollständiges Übergehen des diesbezüglichen Berufungsvorbringens jedoch belastet den angefochtenen Bescheid ebenfalls mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am