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VwGH vom 24.11.1995, 95/17/0425

VwGH vom 24.11.1995, 95/17/0425

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde 1.) des LH und 2.) der GH, beide in W, beide vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der NÖ LReg vom , Zl. II/1-BE-626-60-94, betreffend Vorschreibung von Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe (mP: Gemeindeverband für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk XY), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Mit Bescheid vom setzte der Obmann des mitbeteiligten Gemeindeverbandes gemäß § 11 Abs. 6 des NÖ Abfallwirtschaftsgesetzes 1992 - NÖ AWG 1992, LGBl. 8240-0, und der Abfallwirtschaftsverordnung des mitbeteiligten Gemeindeverbandes vom (im folgenden: AbfallwirtschaftsV) für das im Pflichtbereich gelegene Grundstück der Beschwerdeführer in Z, folgende Müllbehälter mit Gültigkeit ab fest:

"ANZAHL U. ART DER BEHÄLTER ANZAHL DER ABFUHREN

-----------------------------------------------------

1 Restmülltonne 110 Liter 13

1 Altpapiertonne 240 Liter 4"

1.2. Mit Bescheid vom schrieb der Obmann des mitbeteiligten Gemeindeverbandes den Beschwerdeführern eine Abfallwirtschaftsgebühr und eine Abfallwirtschaftsabgabe im Gesamtbetrag von S 1.685,-- jährlich mit Wirksamkeit ab vor.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung und machten geltend, daß aufgrund der bestehenden Pachtverträge eine ganzjährige Nutzung der Wochenendhäuser nicht gestattet sei. In den Wintermonaten könne keine Müllabfuhr erfolgen, da die Gemeinde keine Schneeräumung durchführe.

1.3. Mit Bescheid vom gab der Verbandsvorstand des mitbeteiligten Gemeindeverbandes dieser Berufung keine Folge. Nach der Begründung dieses Berufungsbescheides sei der Festsetzungsbescheid des Obmannes vom betreffend 1 Restmülltonne und 1 Altpapiertonne in Rechtskraft erwachsen. Gemäß § 27 Abs. 1 NÖ AWG 1992 sei der Abgabenanspruch mit dem auf die Erlassung des Festsetzungsbescheides nächstfolgenden Monatsersten entstanden.

Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellung.

1.4. Mit Bescheid vom wies die Niederösterreichische Landesregierung die Vorstellung als unbegründet ab.

Nach der Begründung dieses Bescheides würden Höhe und Berechnung der Abfallwirtschaftsgebühr und der Abfallwirtschaftsabgabe nicht bestritten; vielmehr werde vorgebracht, daß die Häuser laut Pachtverträgen nicht ganzjährig genutzt werden dürften und daher die Müllabfuhr nur von Mitte März bis Oktober benötigt werde. Dieses Vorbringen richte sich gegen den Bescheid des Obmannes vom , mit dem die Verpflichtung zur Teilnahme an der Müllabfuhr ausgesprochen worden sei. Gemäß § 197 NÖ AO 1977 sei die Bekämpfung des Abgabenbescheides durch Vorbringen betreffend den Zuteilungsbescheid (gemeint: die Zuteilung der Müllbehälter) nicht zulässig. Der Zuteilungsbescheid sei rechtskräftig. Daher sei die Abgabenvorschreibung zu Recht erfolgt. Die Pachtverträge enthielten keine Nutzungsbeschränkung. Der Gemeindeverband sei nicht verpflichtet, die bloß halbjährige Abfuhr fortzusetzen. Gemäß § 27 Abs. 2 NÖ AWG 1992 seien die Abfallwirtschaftsgebühr und die Abfallwirtschaftsabgabe auch dann zu bezahlen, wenn die Müllbehälter nicht oder nicht ständig benützt würden. Eine Ausnahme für "Zweitwohnsitze bzw. Wochenendhausbesitzer" sei im Gesetz nicht vorgesehen.

1.5. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Nach der Beschwerdebegründung habe sich die Berufung gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid nicht gegen den Bescheid des mitbeteiligten Gemeindeverbandes vom , mit dem die Verpflichtung zur Teilnahme an der Müllabfuhr ausgesprochen worden sei, gerichtet. Die Berufung habe sich dagegen gerichtet, daß für den Zeitraum, in dem das Pachtobjekt nicht benutzt werden könne, eine Abgabe vorgeschrieben worden sei. Aus dem Pachtvertrag gehe hervor, daß der Verpächter nicht verpflichtet sei, die das Pachtgrundstück aufschließende Straße von Schnee zu räumen bzw. zu bestreuen. Demnach sei eine Benutzung des Pachtgrundstückes im Winter de facto nicht möglich, sohin falle auch kein Müll an und auch eine Entleerung der Müllbehälter sei praktisch nicht möglich. Es wäre daher unbillig, den Beschwerdeführern Abgaben für nicht durchführbare und nicht durchgeführte Leistungen in Rechnung zu stellen.

Der erstinstanzliche Abgabenbescheid sehe 13 Abfuhren a S 108,--/Abfuhr vor. Nicht gegen die Höhe der Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe pro Abfuhr in Höhe von S 108,-- richte sich die Beschwerde, sondern gegen die Anzahl der vorgeschriebenen Abfuhren. Maximal wären 7 Abfuhren im Jahr gerechtfertigt.

Gemäß § 27 Abs. 2 NÖ AWG 1992 sei die Abfallwirtschaftsgebühr und die Abfallwirtschaftsabgabe auch dann zu entrichten, wenn die Müllbehälter nicht oder nicht ständig benützt würden. Nach dem letzten Satz des § 27 Abs. 2 leg. cit. gelte dies jedoch nicht für den Fall, daß der Behandlungsanteil nach der Zahl der tatsächlichen Abfuhren berechnet werde. Im Beschwerdefall müßte im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes jedenfalls die Vorschreibung der Abfallwirtschaftsgebühr und der Abfallwirtschaftsabgabe nach den tatsächlichen Abfuhren erfolgen, da ansonsten die Beschwerdeführer ungleich schlechter gestellt wären als jene Personen, die die Müllabfuhr ganzjährig in Anspruch nähmen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die Bestimmungen des NÖ AWG 1992 lauten auszugsweise:

"§ 11

Erfassung von Müll im Pflichtbereich

(1) Die Gemeinde hat für die Einrichtung und den Betrieb einer Müllabfuhr nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu sorgen. ...

...

(6) Die Anzahl und die Größe der aufzustellenden Müllbehälter nach dem Holsystem ist mit Bescheid so festzusetzen, daß in den beigestellten Müllbehältern der zu erfassende (§ 9) und erfahrungsgemäß anfallende Müll innerhalb des Abfuhrzeitraumes nach dem Stand der Technik erfaßt werden kann. Bei Verwendung von Säcken ist die Anzahl der jährlich vorzusehenden Säcke in den Bescheid aufzunehmen.

...

§ 23

Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe

(1) Die Gemeinden werden gemäß § 8 Abs. 5 F-VG 1948 und gemäß bundesgesetzlichen Bestimmungen ermächtigt, folgende Abgaben zu erheben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Eine Abfallwirtschaftsgebühr für die Bereitstellung von Abfallentsorgungseinrichtungen sowie für die Erfassung und die Behandlung von Abfall und
2.
eine Abfallwirtschaftsabgabe für die übrigen Zwecke der Abfallwirtschaft.

(2) Die auf Grund des Absatzes 1 ausgeschriebenen Gebühren und Abgaben sind in der Abfallwirtschaftsverordnung (§ 28) näher auszuführen.

§ 24

Berechnung der Abfallwirtschaftsgebühr

(1) Die Abfallwirtschaftsgebühr besteht jedenfalls aus o einem Anteil für die Erfassung und Behandlung von

Abfall.

Überdies darf die Gemeinde festlegen, daß ein Teil der Abfallwirtschaftsgebühr als

o Anteil für die Bereitstellung von Einrichtungen für die Abfallwirtschaft eingehoben wird.

(2) Die Höhe der jährlichen Abfallwirtschaftsgebühr ist wie folgt zu errechnen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Anteil für die Erfassung und Behandlung von Abfall (Behandlungsanteil):
a.
Bei Verwendung von Müllbehältern für eine wiederkehrende Benützung (Tonnen) ist die Grundgebühr für einen Müllbehälter mit der Anzahl der aufgestellten Müllbehälter und mit der Zahl der Abfuhrtermine oder mit der Zahl der tatsächlichen Abfuhren zu vervielfachen.
b.
...

§ 27

Entstehen des Abgabenanspruches, Fälligkeit

(1) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Abfallwirtschaftsgebühr und der Abfallwirtschaftsabgabe entsteht ab dem Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der Abfallwirtschaftsverordnung. Werden Müllbehälter zugeteilt, so entsteht der Abgabenanspruch erst mit dem auf die Erlassung des Bescheides über die Festsetzung der Anzahl der aufzustellenden oder anzubringenden Müllbehälter nächstfolgenden Monatsersten.

(2) Der Zeitpunkt der Fälligkeit der Abfallwirtschaftsgebühr und der Abfallwirtschaftsabgabe ist in der Abfallwirtschaftsverordnung (§ 28) festzusetzen. Die im Abgabenbescheid festgesetzte Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe ist bis zur Erlassung eines neuen Abgabenbescheides in unveränderter Höhe zu entrichten. Die Abfallwirtschaftsgebühr und die Abfallwirtschaftsabgabe sind auch dann zu entrichten, wenn die Müllbehälter nicht oder nicht ständig benützt werden. Dies gilt nicht für den Fall, daß der Behandlungsanteil nach der Zahl der tatsächlichen Abfuhren berechnet wird.

(3) ..."

Die AbfallwirtschaftsV lautet auszugsweise:

"§ 5

Durchführung der Abfuhr

(1) Den Grundstückseigentümern bzw. Nutzungsberechtigten, der im Pflichtbereich gelegenen Grundstücke werden die vom Gemeindeverband für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk XY mittels Bescheid festgesetzten Müllbehälter zur Verfügung gestellt. Die Anzahl und Größe der aufzustellenden Müllbehälter wird so festgesetzt, daß in den beigestellten Müllbehältern der zu erfassende und erfahrungsgemäß anfallende Müll innerhalb des Abfuhrzeitraumes nach dem Stand der Technik erfaßt werden kann.

(2) ...

§ 9

Entstehen des Abgabenanspruches

(1) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe entsteht ab dem Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der Abfallwirtschaftsverordnung. Werden Müllbehälter zugeteilt, so entsteht der Abgabenanspruch erst mit dem auf die Erlassung des Bescheides über die Festsetzung der Anzahl der aufzustellenden Müllbehälter nächstfolgenden Monatsersten.

(2) Die Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe ist auch dann zu entrichten, wenn die Müllbehälter nicht oder nicht ständig benützt werden.

(3) ...

§ 12

Abfuhrpläne

(1) Im Pflichtbereich werden

13 Einsammlungen von Restmüll

4 Einsammlungen von Altpapier

30 Einsammlungen von kompostierbaren Abfällen

pro Jahr durchgeführt.

(2) ..."

Gemäß § 7 der Verordnung errechnet sich die Abfallwirtschaftsgebühr aus einem Behandlungsanteil. Die Berechnung des Behandlungsanteiles erfolgt nach der Anzahl der festgesetzten Abfuhrtermine. Die Grundgebühr beträgt bei der Tonnenart "Restmüll" von 110 l Nutzinhalt öS 108,--, wobei 13 Abfuhren pro Jahr vorgesehen sind. Die Abfallwirtschaftsabgabe beträgt 20 % des Behandlungsanteiles für Restmüll.

2.2. Aus den vorstehenden Rechtsvorschriften ergibt sich, daß der Berechnung der Abfallwirtschaftsgebühr und der Abfallwirtschaftsabgabe die bescheidmäßig festgesetzte Anzahl und Art der Behälter sowie die Anzahl der Abfuhren, deren Festlegung durch Bescheid das Gesetz nicht fordert, sondern (auch) unmittelbar durch Verordnung (Abfuhrplan) nicht ausschließt, zugrundezulegen sind. Ein (alle) diese Festsetzungsmerkmale enthaltender BESCHEID über die Festsetzung der Anzahl und Art der Behälter sowie über die Anzahl der Abfuhren wurde den Beschwerdeführern gegenüber erlassen. Es handelt sich dabei um den Bescheid des Obmannes des mitbeteiligten Gemeindeverbandes vom , der unbestritten in Rechtskraft erwachsen ist. Anhaltspunkte dafür, daß die Bezeichnung der Anzahl der Abfuhren pro Jahr im Bescheid keine normative Wirkung haben, sondern nur eine Belehrung über den Inhalt darstellen sollte, fehlen. Bei dieser Sach- und Rechtslage hätten die Beschwerdeführer, die sich gegen "die Anzahl der vorgeschriebenen Abfuhren" wenden, die bescheidmäßige Festsetzung der Anzahl der Abfuhrtermine durch den eben zitierten Bescheid des Obmannes vom bekämpfen müssen. Die sich auf diese Grundlage stützenden Abgabenbescheide können mit Einwendungen gegen die bescheidmäßig vorgeschriebene Zahl der Abfuhrtermine nicht mehr in Frage gestellt werden. Zu Recht hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, daß ein dem § 197 NÖ AO 1977 zu subsumierender Fall vorliegt.

Aus der Beschwerde läßt sich erkennen, daß die Beschwerdeführer der Auffassung sind, es komme bei der Gebührenfestsetzung auf die TATSÄCHLICHE Anzahl der Abfuhren an. Sie scheinen davon auszugehen, im Beschwerdefall handle es sich um den zweiten Fall der Gebührenberechnung nach § 24 Abs. 2 Z. 1 lit. a NÖ AWG 1992. Danach wäre die Grundgebühr für einen Müllbehälter mit der Anzahl der aufgestellten Müllbehälter und mit der Zahl der tatsächlichen Abfuhren zu vervielfachen. Tatsächlich liegt aber ein solcher Fall nicht vor. Denn im Beschwerdefall wurde die Anzahl der Abfuhrtermine (13 Abfuhren) bescheidmäßig festgesetzt, sodaß eine Gebührenberechnung nach tatsächlich erfolgten Abfuhren nicht in Betracht kam. Ist somit ein Fall der Gebührenbemessung nach der bescheidmäßig festgesetzten Anzahl der Abfuhren (§ 24 Abs. 2 Z. 1 lit. a erster Fall NÖ AWG 1992) verwirklicht, dann erweist sich auch der Hinweis der belangten Behörde auf § 27 Abs. 2 dritter Satz leg. cit. als zutreffend, wonach die Abfallwirtschaftsgebühr und die Abfallwirtschaftsabgabe auch dann zu entrichten sind, wenn die Müllbehälter nicht oder nicht ständig benützt werden. Es liegt nämlich die im vierten Satz dieser Gesetzesstelle normierte Ausnahme von der Regel des dritten Satzes für den Fall, daß der Behandlungsanteil nach der Zahl der tatsächlichen Abfuhren berechnet wird, im Beschwerdefall, wie ausgeführt, nicht vor.

Das Beschwerdevorbringen erweist sich daher nicht als zielführend.

2.3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.