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VwGH vom 20.09.2006, 2001/14/0180

VwGH vom 20.09.2006, 2001/14/0180

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des N D in E, vertreten durch Dr. Dipl. Dolm. Johann Zivic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 20, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , Zl. RV 429/1- 5/00, betreffend Familienbeihilfe ab , zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am beim Finanzamt die rückwirkende Gewährung der Familienbeihilfe für seine in Bosnien lebenden Enkelkinder Arnela (ab August 1992), Fatima (ab März 1993), Nasiha (ab Oktober 1993) sowie Dzenita und Selma (ab September 1995).

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag im Instanzenzug teilweise Folge. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1992, 1993 und 1994 alleine in Österreich gelebt habe und auf Grund seiner Arbeit bei näher angeführten Holzschlägerungsunternehmen in Gratisunterkünften untergebracht gewesen sei, müsse bei einem Einkommen von rund S 8.000,-- bis S 10.000,-- monatlich eine Unterhaltszahlung für ein Enkelkind im Jahr 1992, für zwei Enkelkinder im Jahr 1993 (bis September 1993) und für drei Enkelkinder (ab Oktober 1993) in den Jahren 1992, 1993 und 1994 als zumutbar und glaubhaft angesehen und eine überwiegende Kostentragung als gegeben angenommen werden. Anders sei die Situation ab , da seine Ehefrau und die Tochter Edina, für welche der Beschwerdeführer ab Familienbeihilfe bezogen habe, aus Bosnien zugezogen seien. Neben dem Unterhaltsaufwand für die dreiköpfige Familie und der Sorge um den Unterhalt für die noch in Bosnien lebende Tochter Sabina, für welche der Beschwerdeführer die verminderte Familienbeihilfe bis einschließlich Juni 1995 bezogen habe, erscheine es unwahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer ab Jänner 1995 bei einem durchschnittlichen monatlichen Einkommen von S 10.041,-- im Jahre 1995 bzw. von S 11.373,-- im Jahre 1996 noch Unterhaltsleistungen von S 4.500,-- (für drei Enkelkinder bis August 1995) bzw. von S 7.500,-- für fünf Enkelkinder (ab September 1995 bis September 1996) habe erbringen können. Darüber hinaus habe er ab September 1995 monatliche Kreditrückzahlungen in Höhe von S 2.700,-- für einen Kredit leisten müssen, welchen er für die Anschaffung von Wohnungseinrichtung aufgenommen habe. Folge man dem Vorbringen des Beschwerdeführers, so hätte er im Zeitraum Jänner 1995 bis August 1995 mit einem Betrag von durchschnittlich monatlich S 5.541,-- die Unterkunft seiner Ehefrau und der Tochter Edina sowie die Lebenshaltungskosten für seine Ehefrau, die Tochter Edina und für sich zu bestreiten gehabt. Dies sei nicht glaubwürdig. Im Zeitraum September 1995 bis Dezember 1995 seien "überhaupt keine Geldmittel" für die Lebensführung übrig geblieben. "Dasselbe" träfe für den Zeitraum Jänner 1996 bis September 1996 zu, wonach lediglich S 1.173,-- monatlich zur Verfügung gestanden wären.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass für den Anspruch auf Familienbeihilfe im Beschwerdefall entscheidend und nachzuweisen ist, dass der Anspruchswerber im antragsgegenständlichen Zeitraum zumindest die Hälfte der Lebenshaltungskosten der Enkelkinder getragen hat (§ 2 Abs. 2 FLAG). Für einen entsprechenden Nachweis ist aber entgegen der Annahme des Beschwerdeführers die Frage der Mittelaufbringung bzw. die Mittelherkunft, d.h. die Beantwortung der Frage, wie der Anspruchswerber zu den entsprechenden Geldbeträgen gekommen ist bzw. woher er über selbige verfügt hat, insofern nicht bedeutungslos, als damit Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage gewonnen werden können, ob der Anspruchswerber über entsprechende Mittel verfügen konnte. Hätte der Beschwerdeführer, festgestellt in einem einwandfreien Verfahren, die Geldmittel aus welchen Quellen immer - unter Berücksichtigung erforderlicher Lebenshaltungskosten - nicht zur Verfügung gehabt, könnte der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Nachweis der Kostentragung nicht als erbracht angesehen hätte. Insofern ist die Frage, ob dem Beschwerdeführer entsprechende Mittel zur Verfügung gestanden sind, von maßgebender Bedeutung. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie zu prüfen versuchte, welche Mittel dem Beschwerdeführer zur Verfügung standen.

Im Beschwerdefall wurden die Anträge auf Familienbeihilfe ab für drei Enkelkinder bzw. ab September 1995 für fünf Enkelkinder ausschließlich mit der Begründung abgewiesen, es erscheine unwahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer entsprechende Unterhaltsleistungen hätte erbringen können.

Hinsichtlich des Zeitraumes Jänner 1995 bis August 1995 meinte die belangte Behörde, es sei - unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer erzielten durchschnittlichen Monatseinkommens von rund S 10.000,-- - nicht glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer die Lebenshaltungskosten für sich, seine Ehefrau und seine Tochter Edina mit einem Betrag von durchschnittlich monatlich S 5.500,-- hätte decken können. Diese Annahme wird weder näher begründet, noch beruht sie auf nachvollziehbaren Ermittlungen über die Höhe der tatsächlichen Lebenshaltungskosten des Beschwerdeführers und seiner Familie. Hinzu kommt, dass die belangte Behörde in der Gegenschrift einräumt, dass in dem entsprechenden Betrag die vom Beschwerdeführer bezogene Familienbeihilfe für die Tochter Edina "rein rechnerisch sodann nicht (als Einkommen) berücksichtigt erscheint". Der in der Folge vertretenen Ansicht der belangten Behörde, dies ändere nichts am "Kern der Beurteilung", dass dem Beschwerdeführer im Zeitraum von Jänner bis August 1995 für die Bestreitung der Lebenshaltungskosten "mit durchschnittlich rund S 7.500,-- (anstatt mit S 5541,--) monatlich zu wenig verblieben ist" liegt eine nachvollziehbare Begründung ebenfalls nicht zu Grunde.

Hinsichtlich des Zeitraumes ab September 1995 kam die belangte Behörde zur Ansicht, es blieben "überhaupt keine Geldmittel" für die Lebensführung übrig. Sie berücksichtigte damit zwar neben den strittigen Unterhaltskosten von S 7.500,-- und dem durchschnittlichen Monatseinkommen des Beschwerdeführers auch den Umstand, dass dieser ab September 1995 Kreditrückzahlungen in Höhe von S 2.700,-- monatlich zu leisten hatte. Abgesehen davon, dass damit auch für die Zeiträume ab September 1995 die dem Beschwerdeführer ausbezahlte Familienbeihilfe für seine Tochter Edina nicht berücksichtigt wurde, vernachlässigte die belangte Behörde aber darüber hinaus den Umstand, dass dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den von ihm geleisteten Rückzahlungen ein Kredit in Höhe von S 100.000,-- gewährt worden war. Soweit in der Gegenschrift in diesem Zusammenhang ausgeführt wird, dass diese Kreditgewährung nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufung für die Tilgung bis dahin entstandener Schulden aus Unterhaltsleistungen an die Enkelkinder verwendet worden sei, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid als erwiesen angenommen hatte, dass der in Rede stehende Kredit für die Anschaffung von Wohnungseinrichtung aufgenommen worden wäre. Diesbezüglich hatte der Beschwerdeführer über Vorhalt allerdings angegeben, dass der entsprechende Verwendungszweck gegenüber der Bank nur angegeben worden sei, weil damit die niedrigste Zinsenbelastung verbunden gewesen sei. Hinzu kommt, dass die belangte Behörde in den Jahren 1992 bis 1994 entsprechende Unterhaltszahlungen aus dem Einkommen des Beschwerdeführers als zumutbar und glaubhaft angesehen hat. Für den Zeitraum Jänner bis September 1995, dem Zeitpunkt der Kreditgewährung, konnten bei Unterhaltsleistungen von S 4.500,-- pro Monat rein rechnerisch selbst dann keine Schulden im Ausmaß von S 100.000,-- entstehen, wenn keinerlei Geldbeträge aus dem Einkommen verwendet worden wären. Eine auf tauglichen Feststellungen beruhende, nachvollziehbare und schlüssige Begründung im Zusammenhang mit unzureichend zur Verfügung stehenden Geldmitteln enthält der angefochtene Bescheid somit nicht.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am