VwGH vom 22.03.1996, 95/17/0384

VwGH vom 22.03.1996, 95/17/0384

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Dkfm. MZ in D, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. IIIa-206/143, betreffend Fremdenverkehrsbeiträge für die Jahre 1991 und 1992 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom setzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde für den Beschwerdeführer - den "verantwortlichen Geschäftsführer der Z-Gesellschaft m.b.H. & Co (Einzelhandelsgewerbe, Tabaktrafik)" - betreffend die in der mitbeteiligten Gemeinde "betriebene Filiale" den Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 1991 gemäß § 7 Abs. 5 des Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. für Vorarlberg Nr. 9/1978 idF LGBl. Nr. 5/1991, mit S 92.024,-- samt Säumniszuschlag in der Höhe von S 1.840,-- fest. In der Begründung heißt es, der Beschwerdeführer sei "als verantwortlicher Geschäftsführer der Jahre 1991 bestandenen", näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. der Verpflichtung, den Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 1991 bis spätestens zu entrichten, nicht nachgekommen.

Mit dem im wesentlichen gleichlautenden Bescheid vom wurde dem Beschwerdeführer der Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 1992 mit S 79.736,-- samt Säumniszuschlag in der Höhe von S 1.595,-- (somit insgesamt S 81.331,--) vorgeschrieben.

Gegen diese Bescheide richtet sich die Berufung vom . In diesem Schriftsatz ist der Beschwerdeführer namentlich mit Adresse angeführt. In der Berufung heißt es sodann, "bezugnehmend auf die Bescheide des Gemeindeamtes X vom und erhebe ich fristgerecht nachstehende Berufung". Nach den Berufungsausführungen wird diese Berufung gezeichnet mit: "Mit freundlichen Grüßen (handschriftliche Unterschrift) i.V. S", darunter in Maschinschrift ist der Name des Beschwerdeführers angeführt.

Die Abgabenkommission der mitbeteiligten Gemeinde wies im zweiten Rechtsgang die "durch MS im Namen des" Beschwerdeführers "erhobene Berufung gegen die Bescheide des Bürgermeisters der Gemeinde X vom und " mit Bescheid vom als unzulässig zurück. Dies mit der Begründung, die gegen die Bescheide des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde erhobene Berufung vom sei von "i.V. S" unterfertigt. Eine Vollmacht des Beschwerdeführers, die MS zur Einbringung dieser Berufung legitimiere, sei in diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen.

Dieser Bescheid ist laut Zustellverfügung an MS ergangen, er wurde diesem am zugestellt.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit Bescheid vom als unbegründet ab. Die Begründung stützt sich dabei auf die bereits angeführte Fertigungsklausel der Berufung, die im Verfahren nachträglich vorgelegte schriftliche Vollmacht und einen Aktenvermerk datiert mit mit dem Inhalt, dem Beschwerdeführer sei anläßlich einer (aus anderen Gründen) erfolgten Vorsprache im Gemeindeamt im Laufe der ersten Woche im Jänner 1994 nicht bekannt gewesen, daß gegen die Bescheide betreffend Fremdenverkehrsbeitrag für die Jahre 1991 und 1992 Berufung eingebracht worden sei.

Weiters heißt es, dem Aktenvermerk sei klar zu entnehmen, daß zwischen dem Beschwerdeführer und MS bis zum Ablauf der Berufungsfrist kein Vollmachtsverhältnis bestanden habe. Da die zitierte Vollmacht mit datiert und aus dem Wortlaut dieser Vollmacht nicht zu entnehmen sei, daß das Vollmachtsverhältnis "bereits vor Ablauf des " bestanden habe, gelange die belangte Behörde unter Berücksichtigung des Inhaltes des Aktenvermerkes zur Auffassung, daß während der Berufungsfrist ein Vollmachtsverhältnis nicht bestanden habe. Somit habe die nachträgliche Genehmigung der Einbringung der Berufung die Rechtswirksamkeit dieser Verfahrenshandlung nicht zu begründen vermocht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf ein gesetzmäßiges Abgabenverfahren und Nichtentrichtung der vorgeschriebenen Fremdenverkehrsbeiträge für die Jahre 1991 und 1992 verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, mit der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid ist an den Beschwerdeführer ergangen. Er ist beschwerdelegitimiert: Durch diesen Bescheid, mit dem die vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung gegen den nicht an ihn, sondern an MS ergangenen Bescheid als unbegründet abgewiesen (und nicht als unzulässig zurückgewiesen) wurde, konnte der Beschwerdeführer in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt werden, weil der Spruch des Berufungsbescheides auch die Entscheidung darüber enthält, daß die Berufung vom nicht dem Beschwerdeführer zuzurechnen ist, weil kein Vollmachtsverhältnis bestanden habe (vgl. hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 81/11/0119). Die Beschwerde ist somit zulässig.

Die Abgabenberufungsbehörde hat im angefochtenen Bescheid die Berufung vom aus dem im Berufungsbescheid angeführten Gründen dem MS und nicht dem Beschwerdeführer zugerechnet. Diese Ansicht erweist sich jedoch als rechtswidrig. Ergibt sich doch aus der Formulierung der Berufung, daß diese vom Beschwerdeführer erhoben und von MS als Vertreter (arg.: i.V.) gezeichnet wurde. Aus der Berufungsschrift ergibt sich kein Hinweis, daß MS als Berufungswerber Berufung gegen einen nicht an ihn ergangenen erstinstanzlichen Abgabenbescheid erhoben hat.

Gemäß § 16 Abs. 1 Abgabenverfahrensgesetz, LGBl. für Vorarlberg Nr. 23/1984, können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht für persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Wird ein Anbringen nicht vom Abgabepflichtigen selbst vorgebracht, ohne daß sich der Einschreiter durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen kann und ohne daß § 16 Abs. 4 Anwendung findet, dann gelten gemäß § 19 Abs. 4 leg. cit. für die nachträgliche Beibringung der Vollmacht die Bestimmungen des § 20 Abs. 1 sinngemäß.

Gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. berechtigen Formgebrechen von Eingaben die Behörde nicht zur Zurückweisung. Sie hat dem Einschreiter deren Behebung mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Schreitet ein - wie im Beschwerdefall nicht zur berufsmäßigen Vertretung befugter - Vertreter ein, der nicht durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen ist, dann ist der Vollmachtsnachweis im Wege eines Mängelbehebungsverfahrens zu erbringen. Diese Bestimmungen des Abgabenverfahrensgesetzes dienen nicht dazu, eine nachträgliche Vollmachtserteilung einzuräumen, sondern ermöglichen lediglich, den Nachweis einer bereits erfolgten Bevollmächtigung (allenfalls durch nachträgliche Beurkundung) nachzureichen (vgl. das zur BAO ergangene Erkenntnis vom , Zl. 87/14/0003). Bestehen konkrete Zweifel, ob der betreffende Parteienvertreter tatsächlich bevollmächtigt war, so hat die Abgabenbehörde von Amts wegen entsprechende Ermittlungen vorzunehmen. In Betracht kommt dabei vor allem die diesbezügliche Einvernahme des Vertretenen. Solche Ermittlungen werden nicht nur bei Zweifeln über den Bestand der Bevollmächtigung an sich, sondern auch bei Zweifeln über den Umfang der Bevollmächtigung oder daran, daß die Bevollmächtigung von einer hiezu befugten Person bzw. einer diesbezüglich handlungsfähigen Person erfolgte, vorzunehmen sein (Ritz, BAO Kommentar, Rz. 12 zu § 83). Aus der Datierung einer vorgelegten VollmachtsURKUNDE kann aber nicht darauf geschlossen werden, daß erst mit der Datierung der Urkunde das Vollmächtsverhältnis entstanden wäre (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0123).

Der Beschwerdeführer hat sowohl in der Berufungsergänzung vom als auch in der Vorstellung vom ausgeführt, aus dem an die Gemeinde gerichteten Schreiben vom ergebe sich, daß MS mündlich bevollmächtigt gewesen sei, Berufung gegen die Bescheide vom 15. und zu erheben. Dieses Vollmachtsverhältnis habe also schon zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung vom bestanden und sei vom Beschwerdeführer am beurkundet worden. Daher sei die entgegenstehende Feststellung unrichtig, wonach MS über keine Vollmacht verfügt habe, als er die Berufung eingebracht habe. Auf diese Vorbringen geht der angefochtene Bescheid überhaupt nicht ein. Aus dem Aktenvermerk vom , auf den sich die belangte Behörde insbesondere stützt, ergibt sich hingegen keineswegs, daß der Beschwerdeführer MS zur Einbringung der Berufung nicht bevollmächtigt hätte. Daß er bei einer Vorsprache im Gemeindeamt keine Kenntnis von der eingebrachten Berufung hatte, läßt nicht den Schluß zu, er habe MS zur Einbringung der Berufung keine Vollmacht erteilt. Der Machtgeber muß nämlich von den durch den Machthaber im Namen des Machtgebers gesetzten Verfahrenshandlungen nicht informiert sein.

Die Berufungsbehörde rechnete somit die Berufung vom auf Grund einer rechtsirrigen Ansicht statt dem Beschwerdeführer dem MS zu und wies diese rechtswidrig mit einem an MS ergangenen Bescheid als unzulässig zurück. Da die belangte Behörde dies nicht zum Anlaß nahm, den mit Vorstellung bekämpften Bescheid aufzuheben, hat sie ihrerseits den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, die ungeachtet des Umstandes, daß in der Beschwerde lediglich Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurde, von Amts wegen aufzugreifen war.

Zum fortgesetzten Behördenverfahren wird darauf hingewiesen, daß nach § 4 Abs. 1 Fremdenverkehrsgesetz, LGBl. für Vorarlberg Nr. 9/1978, alle Personen, die von einem in der Gemeinde gelegenen Standort aus eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, abgabepflichtig sind. Die Abgabe war im Falle eines entstandenen Abgabenanspruches somit nicht dem "verantwortlichen Geschäftsführer", sondern allenfalls der GesmbH & Co vorzuschreiben, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt. Damit erweist sich schon der erstinstanzliche Bescheid aus diesem Grund als rechtswidrig, weil die Abgabe dem Beschwerdeführer als Geschäftsführer und nicht der die selbständige Erwerbstätigkeit ausübenden Gesellschaft vorgeschrieben wurde.

Aus den oben dargestellten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.