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VwGH vom 27.06.1991, 89/13/0013

VwGH vom 27.06.1991, 89/13/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 5-2205/88, betreffend Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Antrag der Beschwerdeführerin wurde vom Finanzamt für das Jahr 1987 ein Jahresausgleich durchgeführt. Dabei wurde berücksichtigt, daß der Beschwerdeführerin in der Zeit von 1. Jänner bis Leistungen aus der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung zugeflossen waren, sodaß die Bestimmung des § 3 Z. 4 EStG in der Fassung des Dritten Abgabenänderungsgesetzes 1987, BGBl. Nr. 606, zum Tragen kam, wonach die Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 EStG auf einen Jahresbetrag umzurechnen sind und das Einkommen mit jenem Steuersatz zu besteuern ist, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt.

Der umgerechnete Jahresbetrag wurde im Jahresausgleichsbescheid mit S 136.305,-- ausgewiesen; der Steuererstattungsbetrag (Gutschrift) betrug S 462,--.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Ihrer Meinung nach müßte sich ein höherer Erstattungsbetrag ergeben; sie bitte "um Überprüfung und Neuberechnung".

Die belangte Behörde gab der Berufung insoweit statt, als sie den umgerechneten Jahresbetrag mit S 130.286,61 festsetzte und so zu einem Erstattungsbetrag von S 615,-- gelangte.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde. Die belangte Behörde habe entgegen dem Wortlaut des Gesetzes die "Vergleichsberechnung" des § 3 Z. 4 letzter Halbsatz EStG 1972 unterlassen und dadurch "den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 3 Z. 4 Abs. 2 EStG 1972 in der Fassung des Dritten

Abgabenänderungsgesetzes 1987, BGBl. Nr. 606, lautet:

"Erhält der Steuerpflichtige versicherungsmäßiges Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Überbrückungshilfe für Bundesbedienstete nach den besonderen gesetzlichen Vorschriften bzw. gleichartige Bezüge, die auf Grund besonderer landesgesetzlicher Regelungen gewährt werden, nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind für das restliche Kalenderjahr bezogene Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die Steuer darf jenen Betrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn die Bezüge dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen, ...."

Die Beschwerdeführerin regt zunächst an, der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß Art. 140 BVG beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der zitierten gesetzlichen Bestimmung als verfassungswidrig beantragen und bringt in diesem Zusammenhang verfassungsrechtliche Bedenken vor.

Der Verfassungsgerichtshof hat von sich aus anläßlich anderer Beschwerdefälle den 2. Absatz der Ziffer 4 des § 3 EStG 1972 in der zitierten Fassung in Prüfung gezogen und mit Erkenntnis vom , G 71/90-8, ausgesprochen, daß die geprüfte Bestimmung nicht verfassungswidrig ist. Der Verwaltungsgerichtshof sieht daher keine Veranlassung, die Anregung der Beschwerdeführerin aufzugreifen.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, die belangte Behörde habe die im letzten Halbsatz des § 3 Z. 4 EStG vorgesehene "Vergleichsberechnung" nicht durchgeführt. Obwohl dieser Umstand zu Recht gerügt wird, führt er die Beschwerde nicht zum gewünschten Erfolg. Wird nämlich durch die gesetzlich angeordnete Vergleichsrechnung die primär vorzunehmende Steuerfestsetzung bestätigt, so ist ihr Fehlen nur als Begründungsmangel anzusehen, der für die Entscheidung nicht relevant und daher vom Gerichtshof auch nicht als Verfahrensmangel aufzugreifen ist.

Dies trifft im Beschwerdefall zu. Die Beschwerdeführerin meint, daß auch bei der Vergleichsrechnung ein durchschnittlicher Steuerbelastungsprozentsatz zu ermitteln sei, und zwar jener, der sich ergeben würde, wenn das Arbeitslosengeld steuerpflichtig wäre. Dieser Prozentsatz sei dann mit jenem Prozentsatz zu vergleichen, der sich auf Grund der primären Steuerermittlung ergibt; der geringere Steuersatz sei schließlich der Steuerberechnung zugrunde zu legen.

Der Gerichtshof teilt hingegen die Auffassung der belangten Behörde, daß als "Steuer", die jenen Betrag nicht übersteigen darf, der sich ergeben würde, "wenn die Bezüge dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen", jene Steuer anzusehen ist, die sich als tatsächlich festzusetzende Steuer ergeben würde, wenn das Arbeitslosengeld steuerpflichtig wäre, und nicht eine fiktive Steuer, die nur dazu dient, um im Wege einer Verhältnisrechnung einen weiteren durchschnittlichen Steuerbelastungsprozentsatz zu ermitteln, der dem primär ermittelten durchschnittlichen Steuerbelastungsprozentsatz gegenüber zu stellen wäre. Der Gesetzgeber differenziert nämlich deutlich zwischen den Begriffen "Steuersatz" und "Steuer". Nur bei der primären Steuerfestsetzung wird ein durchschnittlicher Steuersatz ermittelt, während sich die "Vergleichssteuer" unmittelbar aus dem Steuertarif ergibt, wobei lediglich die Steuerpflicht des Arbeitslosengeldes fingiert wird.

Kommt man aber zu diesem Auslegungsergebnis so erweist sich die Beschwerde als unbegründet; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 107/1991.