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VwGH vom 07.02.1990, 89/13/0011

VwGH vom 07.02.1990, 89/13/0011

Beachte

Besprechung in:

ÖstZB 1991/310;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden

Senatspräsident Mag. Hofstätter und die

Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler,

Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der

Schriftführerin Mag. Wimmer , über die Beschwerde des X gegen

den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion

für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VII,

vom , Zl. 6/3-3130/88, betreffend Einkommensteuer

für 1981 bis 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe

von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu

ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war in den Streitjahren und davor sudanesischer Staatsbürger. Von 1977 bis 1985 war er am saudi-arabischen Kulturbüro - nach den Feststellungen der belangten Behörde als Dolmetscher - tätig. Er gehörte damit, wie außer Streit steht, dem Verwaltungs- und technischen Personal der saudi-arabischen Vertretungsbehörde in Österreich an. Mit den Bezügen, die er in Österreich von dieser Vertretungsbehörde erhielt, zog ihn das Finanzamt mit den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1981 bis 1985 und diesem folgend die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid zur Einkommensteuer heran, wobei die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungsweg ermittelt wurden.

Vorliegende, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde bestreitet die Einkommensteuerpflicht des Beschwerdeführers mit den von der saudi-arabischen Vertretungsbehörde erhaltenen Bezügen (lediglich) dem Grunde nach; der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die Besteuerung dieser Bezüge wäre Österreich auf Grund des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, BGBl. Nr. 66/1966 (im folgenden nur noch als "Übereinkommen" bezeichnet), verwehrt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Obwohl der Beschwerdeführer schon in der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide des Finanzamtes eingewendet hatte, er sei in der Botschaft einer ausländischen Macht beschäftigt gewesen und aus den Finanzmitteln des ausländischen Staates bezahlt worden, und obwohl er in der Eingabe vom gegenüber dem Finanzamt zum Ausdruck brachte, daß auf Grund des ihm in den Streitjahren zukommenden Status sein damaliger Zufluß an Geldmittel nicht steuerbar sei, ging die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid lediglich auf die Frage nach der Höhe der strittigen Einkünfte ein. Nicht ist den Erwägungen der belangten Behörde hingegen zu entnehmen, warum diese Einkünfte überhaupt (dem Grunde nach) steuerpflichtig sind. Der angefochtene Bescheid läßt also nicht erkennen, wieso dem Standpunkt des Beschwerdeführers, seine Entlohnung für die Dienste in der saudi-arabischen Vertretungsbehörde wäre gar nicht steuerbar, keine Berechtigung zukommt. Der belangten Behörde unterlief damit ein Begründungsmangel, der sich aus folgenden Gründen auch als wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG erweist:

Gemäß Art. 34 des Übereinkommens, dem 1981 auch Saudi-Arabien beigetreten ist (siehe die Kundmachung BGBl. Nr. 460/1982), ist der Diplomat unter anderem von allen staatlichen Personalsteuern befreit. Zu den Personalsteuern zählt auch die Einkommensteuer (siehe Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 1 EStG 1972, Tz 14). Nach Art. 37 Abs. 2 des Übereinkommens genießen die Befreiung von Personalsteuern auch die Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals der Mission, wenn sie weder Angehörige des Empfangsstaates noch in demselben ständig ansässig sind.

In ihrer Gegenschrift vertritt die belangte Behörde die Auffassung, die eben aufgezeigte Einkommensteuerbefreiung komme dem Beschwerdeführer deshalb nicht zu, weil er im Empfangsstaat (das ist Österreich, dessen Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführer in den Streitjahren noch nicht besaß) ständig ansässig gewesen sei. Die belangte Behörde gründet ihre Auffassung im wesentlichen auf den Umstand, daß der Beschwerdeführer seit 1977 in Österreich, dessen Staatsbürgerschaft er schließlich (nach den Streitjahren) angenommen habe, wohnhaft sei. Diesem Umstand vermag der Verwaltungsgerichtshof jedoch keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Er ist vielmehr im Sinne des zitierten Schrifttums (Hofstätter-Reichel, aaO) der Rechtsmeinung, daß für die Beurteilung des Begriffes "ständig ansässig" die Verhältnisse im Zeitpunkt des Dienstantrittes bzw. der Funktionsübernahme maßgebend sind, eine Rechtsmeinung, die, wie nur am Rande erwähnt sei, auch der Bundesminister für Finanzen in Abschn. 10 Abs. 4 der Einkommensteuerrichtlinien 1984 vertritt. Es ist also nicht schon aus dem Inlandsaufenthalt seit der Funktionsübernahme darauf zu schließen, daß der Beschwerdeführer im Sinne des Übereinkommens in Österreich ständig ansässig ist, sondern es kommt auf die Verhältnisse an, wie sie bei Funktionsübernahme bestanden. Anhaltspunkte für eine ständige Ansässigkeit nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Funktionsübernahme (des Dienstantrittes) können sich daraus ergeben, daß der Angehörige des Verwaltungs- und technischen Personals schon vor der Funktionsübernahme in Österreich seit längerem wohnhaft war und sich daran mit der Funktionsübernahme nichts ändern soll, oder daß der Angehörige des Verwaltungs- und technischen Personals zwar erst mit der Funktionsübernahme in Österreich wohnhaft wurde, nach den bei der Funktionsübernahme bestehenden Verhältnissen aber damit zu rechnen war, daß er in Österreich nicht nur vorübergehend ansässig sein wird. Darauf wieder würde hindeuten, wenn der Angehörige des Verwaltungs- und technischen Personals schon bei Dienstantritt beabsichtigte, nicht nur für die Dauer seiner Funktion bei der ausländischen Vertretungsbehörde, sondern auch für die Zeit danach in Österreich ansässig zu bleiben. Dem Verständnis des Begriffes "STÄNDIG ansässig" würde jedenfalls eine Auslegung nicht gerecht, die dieses Tatbestandsmerkmal auch dann als gegeben sieht, wenn der Angehörige des Verwaltungs- und technischen Personals nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Funktionsübernahme nur für Dauer der wenn auch mehrjährigen (aber nicht ständigen) Funktionsausübung in Österrech seinen Wohnsitz nahm.

Nach den erst nach dem Zeitpunkt der Funktionsübernahme eingetretenen Verhältnissen ist die Frage nach der ständigen Ansässigkeit jedenfalls nicht zu beantworten; damit kann aber auch auf Grund der Ausführungen in der Gegenschrift nicht ausgeschlossen werden, daß die belangte Behörde bei einer rechtlich zutreffenden Auseindersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, seine Steuerpflicht wäre schon dem Grunde nach zu verneinen, im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher nach dieser Gesetzesstelle wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom , BGBl. Nr. 206, insbesondere auf Art. III Abs. 2 dieser Verordnung.