VwGH vom 27.06.1991, 89/13/0004
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der E gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/3-3239/88, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1983 bis 1985, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt eine Tabaktrafik und erzielt dabei unter anderem auch Erträge aus dem Lotto- bzw. Totogeschäft, die gemäß § 2 Z. 1 Gewerbesteuergesetz von der Gewerbesteuer befreit sind. Streit besteht vor dem Verwaltungsgerichtshof darüber, in welchem Ausmaß die Umsätze aus der genannten Tätigkeit mit anteiligen Betriebsausgaben belastet sind, weil nur auf diese Weise die Höhe des befreiten Teilgewinnes festgestellt werden kann.
Die Beschwerdeführerin hat die Streitfrage zunächst mit Bescheidbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof herangetragen. Mit Beschluß vom , B 1766/88-4, hat dieser die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und gemäß Artikel 144 Abs. 3 B-VG deren Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof verfügt.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erklärt sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf gesetzmäßige "Ermittlung der anteiligen Lotto- und Totospesen" verletzt. Geltend gemacht wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Z. 1 Gewerbesteuergesetz sind von der Gewerbesteuer befreit:
"die Österreichischen Bundesbahnen, die staatlichen Monopolbetriebe mit Ausnahme der Betriebe des Tabakmonopols; die Geschäftsstellen der Klassenlotterie, die Lottokollekturen, die Vertriebsstellen (Annahmestellen) für das Lotto, den Sporttoto und das Zusatzspiel sowie die Verkaufsstellen der Österreichischen Brieflotterie auch dann, wenn diese Tätigkeiten im Rahmen eines Gewerbebetriebes ausgeübt werden, ..."
Das Gesetz trifft keine Anordnung darüber, wie jener Teilgewinn zu ermitteln ist, auf den sich die zitierte Befreiungsbestimmung bezieht. Während die Einnahmen aus der begünstigten Tätigkeit in der Regel feststehen bzw. unschwer in ihrer tatsächlichen Höhe feststellbar sind, kann die Höhe der mit dieser Tätigkeit verbundenen anteiligen Betriebsausgaben im allgemeinen nur im Schätzungsweg ermittelt werden.
Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, daß die Zuordnung der anteiligen Betriebsausgaben nach dem Verhältnis der Umsätze aus dem Lotto- bzw. Totogeschäft und dem Gesamtumsatz zu erfolgen habe.
Sie ist dabei für das Jahr 1983 von folgenden Zahlen
ausgegangen:
Provisionseinnahmen aus dem
Lotto- bzw. Totogeschäft: S 138.441,80
abzüglich eindeutig zurechenbare
Betriebsausgaben - S 12.425,30
anteilige Betriebsausgaben (3,08 v.H.
von S 348.217,63 = Betriebsausgaben ohne
Wareneinsatz und Investitionsrücklage) - S 10.725,10
gewerbesteuerfreier Teilgewinn S 115.291,40
Der Prozentsatz von 3,08 v.H. ergab sich aus dem Verhältnis
von S 138.441,80 zum Gesamtumsatz von S 4,487.958,16. Der
Gewinn (einschließlich des befreiten Teiles) betrug
S 217.119,98.
Für die übrigen Streitjahre 1984 und 1985 wurde eine analoge Berechnung durchgeführt; der Prozentsatz der anteilig zu berücksichtigenden Betriebsausgaben wurde dabei mit 3,89 v.H. bzw. 3,79 v.H. ermittelt. Den Gewinn erklärte die Beschwerdeführerin für das Jahr 1984 mit S 280.380,06 (davon gewerbesteuerbefreit: S 141.134,53) und für das Jahr 1985 mit S 247.383,67 (davon gewerbesteuerbefreit: S 143.729,80).
Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid die Rechtsansicht, daß eine Zuordnung anteiliger Betriebsausgaben nach der Umsatzrelation zu einem realitätsfremden Ergebnis führen würde, weil die Umsätze aus den verschiedenen Geschäftsfällen ganz unterschiedlich mit Betriebsausgaben belastet seien. Den tatsächlichen Verhältnissen entspreche weit eher das Verhältnis des Rohgewinnes aus dem Lotto- bzw. Totogeschäft zum gesamten Rohgewinn.
Mit dieser Verhältnisrechnung gelangte die belangte Behörde zu einen Betriebsausgabenanteil im Lotto- bzw. Totogeschäft zwischen 20,7 v.H. und 24,3 v.H..
Nach Auffassung des Gerichtshofes entspricht dieses Schätzungsergebnis weit eher den tatsächlichen Verhältnissen als jenes der Beschwerdeführerin. Diese erklärte mehr als die Hälfte ihres jeweiligen Betriebsergebnisses als gewerbesteuerfreien Teilgewinn aus dem Lotto- bzw. Totogeschäft, indem sie diesem nur 3 bis 4 v.H. der aufzuteilenden Betriebsausgaben zuordnete. Das so ermittelte Ergebnis steht im auffallenden Mißverhältnis zu der Relation der Umsätze, wonach nur etwa 3 v.H. des jeweiligen Gesamtumsatzes auf den begünstigten Teilgewinn entfällt. Nun trifft es zwar zu, daß mit den verschiedenen Betriebseinnahmen sehr unterschiedlich hohe Betriebsausgaben verbunden sein können. Es kann daher das Verhältnis der Umsätze wesentlich von jenem der zurechenbaren Betriebsausgaben und damit der Reingewinnanteile abweichen. Wird aber, wie im Beschwerdefall, ein solches Abweichen festgestellt, dann ist das Verhältnis der Umsatzanteile am Gesamtumsatz nicht mehr geeignet, Aufschluß über die Zuordnung der Betriebsausgaben zu geben. Zielführender erscheint es vielmehr, die nach Abzug der eindeutig zuzuordnenden Betriebsausgaben verbleibenden Einnahmengruppen (diese entsprechen weitgehend den teilweise adaptierten Rohgewinnanteilen) zueinander in Relation zu setzen und die verbleibenden, nicht eindeutig zuzuordnenden Betriebsausgaben in diesem Verhältnis aufzuteilen. Dies hat die belangte Behörde getan.
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei einer solchen Zurechnung von Betriebsausgabenteilen um eine Schätzung, die deswegen erforderlich ist, weil das Gesetz selbst keinen eigenen "Aufteilungsschlüssel" vorsieht. Die Rüge der Beschwerdeführerin, es sei nicht erkennbar, wo der von der belangten Behörde gewählte Aufteilungsschlüssel "gesetzlich normiert ist", erscheint unverständlich, weil die Beschwerdeführerin selbst das Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Bestimmung festgestellt und damit ihre Schätzungsmethode gerechtfertigt hat.
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht einen "Zeitfaktor" mitberücksichtigt, indem sie davon ausgegangen sei, daß die Abgabe bzw. Annahme von Lotto- bzw. Totoscheinen ebenso zeitaufwendig und daher mit Betriebsausgaben verbunden sei, wie der Verkauf von Zigaretten oder anderen Artikeln (ohne Berücksichtigung des Wareneinsatzes).
Dieser Vorwurf ist unberechtigt. Die belangte Behörde ist bei Aufteilung der nicht eindeutig zurechenbaren Betriebsausgaben ausschließlich von einer Rohgewinnrelation ausgegangen. Mit dem vergleichbaren Zeitaufwand für die unterschiedlichsten Geschäftsfälle wollte sie offensichtlich nur eine zusätzliche Begründung dafür geben, daß sich die Betriebsausgaben nicht in gleicher Weise auf die einzelnen Geschäftsfälle verteilen wie die dabei erzielten Umsätze.
Gegen das Zahlenmaterial, das die belangte Behörde ihrer Schätzung zugrunde gelegt hat, bringt die Beschwerdeführerin nichts vor. Auch sonst enthält die Beschwerde keinen Anhaltspunkt dafür, daß eine andere Schätzungsmethode den tatsächlichen Verhältnissen näher gekommen wäre.
Dem Argument, die Höhe der aufzuteilenden Betriebsausgaben werde durch die Abgabe bzw. Annahme von Lotto- bzw. Totoscheinen kaum beeinflußt, ist entgegenzuhalten, daß dies grundsätzlich für alle sogenannten Fixkosten einer Tabaktrafik im Verhältnis zu bestimmten (zusätzlichen) Einnahmen gilt. Solche Kosten wie z.B. Miete, Beheizung und Beleuchtung des Geschäftslokales sowie die Kosten für die Geschäftseinrichtung fallen regelmäßig in unveränderter Höhe auch dann an, wenn einzelne Kurzwaren oder Zeitschriften nicht im Sortiment geführt werden. Dessen ungeachtet sind die Fixkosten einer Tabaktrafik ANTEILSMÄSSIG allen tatsächlich erzielten Einnahmen zuzuordnen. Die kausale Verknüpfung ergibt sich aus der Überlegung, daß zusätzliche Einnahmen durch die bereits vorhandenen Betriebseinrichtungen ermöglicht werden. Wäre mit den zusätzlichen Einnahmen ein ZUSÄTZLICHER Aufwand verbunden, so müßte dieser folgerichtig zur Gänze (und nicht bloß anteilig) den zusätzlichen Einnahmen zugerechnet werden.
Aus den aufgezeigten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.