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VwGH vom 15.12.1995, 95/17/0150

VwGH vom 15.12.1995, 95/17/0150

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der Marktgemeinde A, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. R/1-V-85051/04, betreffend Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages (mitbeteiligte Partei: Dr. B in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweist der Verwaltungsgerichtshof auf die ausführliche Sachverhaltsdarstellung in seinem Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0059, und die nochmalige Zusammenfassung der wesentlichen Verfahrensschritte dieser Beschwerdesache im hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/17/0434.

Aus diesem Verfahrensgeschehen sei hervorgehoben, daß der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde mit Bescheid vom dem Mitbeteiligten als Grundeigentümer anläßlich der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes auf dessen Bauplatz gemäß § 14 der Niederösterreichischen Bauordnung einen Aufschließungsbeitrag in der Höhe von S 164.202,-- vorgeschrieben hat. Nach der Bescheidbegründung sei dem Mitbeteiligten mit baubehördlichem Bescheid vom die Errichtung eines Gebäudes auf den Grundstücken Nr. 2070/2 und 2071/2 (nunmehr zusammengelegt laut Beschluß des Bezirksgerichtes D vom ) im Ausmaß von 1.562 m2 und

1.644 m2 (nunmehr zusammengelegt 3.206 m2), EZ 1100, KG A, bewilligt worden. Anliegerleistungen seien bisher noch nicht erbracht worden. Nunmehr erfolge auf dem betreffenden Bauplatz die erstmalige Errichtung eines Gebäudes.

Dieser Bescheid ist Gegenstand des Berufungs-, der Vorstellungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Mit (zweitem) Ersatzbescheid vom setzte der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde den Aufschließungsbeitrag mit einem Betrag von S 129.384,-- fest. Nach der Begründung dieses Bescheides nehme der Gemeinderat unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Ermittlungsverfahrens als erwiesen an, daß sich auf dem Bauplatz im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung vom bzw. des Baubeginnes am kein bewilligtes Gebäude und auch kein Gebäude befunden habe, für das die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit spräche. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Bautätigkeiten (Fundamentsockel und Stützmauer, Maschinengitter-Zaunprovisorium und insbesondere betreffend die Bauhütte/Holzhütte) seien mit baubehördlicher Bewilligung erfolgt. Insbesondere die Holzhütte hätte mangels Übereinstimmung mit den bei ihrer Errichtung vor etwa 10 Jahren (vor Erstattung des Gerichtsgutachtens im Jahr 1980), also im Jahr 1970, geltenden Vorschriften in der Bauordnung von vornherein einer Baubewilligung nicht zugeführt werden können.

Dieser Bescheid wurde vom Mitbeteiligten in Vorstellung gezogen.

Mit Bescheid vom gab die Niederösterreichische Landesregierung der Vorstellung Folge, behob den Bescheid des Gemeinderates und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Nach der Begründung dieses Bescheides könne nicht als erwiesen angesehen werden, daß am kein Gebäude auf dem Grundstück gestanden sei; gehe man aber von der Annahme aus, daß am auf dem Bauplatz ein Gebäude situiert gewesen sei, dann hätte geprüft werden müssen, ob für das Gebäude die Rechtsvermutung der Konsensgemäßheit spreche. Der Gemeinderat habe für die Verneinung dieser Frage keine Begründung gegeben.

1.2. Mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/17/0434, hob der Verwaltungsgerichtshof über Beschwerde der Marktgemeinde A den vorzitierten Vorstellungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In der Begründung dieses Erkenntnisses wurde u.a. ausgeführt, aus der Anhängigkeit des Abgabenverfahrens am folge auf dem Boden der Übergangsvorschrift des Art. II Abs. 2 der 6. Novelle LGBl. 8200-6 zur NÖ BauO 1976, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. 8200-0, grundsätzlich, daß das fortzusetzende Abgabenverfahren nach den neuen Vorschriften der 6. Novelle zu Ende zu führen und daß somit der § 14 Abs. 1 NÖ BauO 1976 in der Fassung der 6. Novelle LGBl. 8200-6 anzuwenden sei. Die Vorstellungsbehörde hätte im Hinblick auf die für das anhängige Verfahren rückwirkende Veränderung der Rechtslage durch die 6. Novelle in Abweichung vom üblichen Zeitpunkt die Neufassung des gesetzlichen Abgabentatbestandes im Vorstellungsverfahren zu berücksichtigen gehabt. Nach § 14 Abs. 1 NÖ BauO 1976 in der neuen Fassung der 6. Novelle LGBl. 8200-6 komme es aber darauf an, ob auf dem Bauplatz am ein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden sei. Die Vorstellungsbehörde habe die Rechtslage verkannt, wenn sie der Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates vom die Rechtsauffassung zugrundegelegt habe, maßgebender Tag für den Gebäudealtbestand sei der Tag der Erlassung der Baubewilligung am . Durch dieses unzutreffende, die aufsichtsbehördliche Aufhebung tragende Begründungselement sei der beschwerdeführenden Gemeinde dieser unzutreffende Zeitpunkt anstatt des maßgeblichen Datums vom mit Bindungswirkung vorgegeben worden.

Die dem Verfahren zugrundeliegende Abgabenvorschreibung sei nicht in Wegfall geraten, sondern nach der im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes geltenden Rechtslage (hier nunmehr: wie dargestellt in der Fassung ihrer Veränderung durch die 6. Novelle) zu beurteilen.

1.3. Mit (zweitem) Ersatzbescheid vom - dem angefochtenen Bescheid - entschied die Niederösterreichische Landesregierung neuerlich über die Vorstellung des Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Gemeinderates vom , gab der Vorstellung Folge, behob den Bescheid des Gemeinderates und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an diesen. Nach der Begründung dieses Bescheides hätte der Gemeinderat im fortgesetzten Verfahren zu klären gehabt, ob auf dem gegenständlichen Bauplatz am (ab) Stichtag ein Gebäude situiert gewesen sei, für das ein Konsens vermutet werden könne. Der Gemeinderat habe seine Entscheidung im wesentlichen auf das Verkehrswertgutachten des Sachverständigen Ing. B vom und die Einheitswertbescheide des Finanzamtes St. Pölten, in denen der Bauplatz als unbebaut bezeichnet werde, gestützt. Daraus habe der Gemeinderat den Schluß gezogen, daß auf dem Bauplatz zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung am ein konsensloses Gebäude (Bauhütte im Ausmaß von 7,48 m2) bestanden habe, welches ca. 10 Jahre alt und nach den seinerzeitigen Bestimmungen der Bauordnung nicht bewilligungsfähig gewesen sei; der Gemeinderat habe diesem Gebäude die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit abgesprochen. Zum Argument des Mitbeteiligten, im Teilungsplan des Dipl.Ing. S aus 1974 wäre ein Gebäude eingezeichnet gewesen, habe der Gemeinderat nicht Stellung genommen. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen sei es somit nicht als erwiesen anzusehen, daß am (ab) kein Gebäude auf dem Bauplatz situiert gewesen sei. Die Feststellung im Gutachten des Ing. B, daß es sich bei der Liegenschaft um ein "unbebautes Grundstück" handle, stehe im Widerspruch mit seiner weiteren Feststellung über das Vorhandensein einer Holzhütte, die er schließlich genau beschreibe und bewerte.

Ginge man aber vom Bestehen eines Gebäudes am aus (was schlüssig zu begründen gewesen wäre), dann wäre es weiters Aufgabe des Gemeinderates gewesen, die Konsensgemäßheit bzw. die Vermutung der Konsensmäßigkeit zu prüfen. Im vorliegenden Fall habe aber "die Berufungsbehörde lediglich nicht nachvollziehbar festgestellt, daß auf dem Bauplatz zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung vom kein bewilligtes bzw. vermutlich bewilligtes Gebäude situiert war."

In einem weiteren Ermittlungsverfahren, so heißt es im angefochtenen Bescheid weiter, werde die Berufungsbehörde zu klären haben, ob am bzw. ab dem Stichtag auf den im Jahr 1984 vereinigten Grundstücken Nr. 2070/2 und 2071/2 ein als bewilligt geltendes Gebäude gestanden sei. Hinsichtlich der Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit des Gebäudes sei die Prüfung anhand der vom Verwaltungsgerichtshof herausgearbeiteten Kriterien vorzunehmen. Für die Frage der Erstmaligkeit der Errichtung eines Gebäudes sei es nicht erforderlich, daß ein Gebäudealtbestand zum Zeitpunkt einer späteren Baubewilligung (hier jener vom ) noch vorhanden gewesen sei (hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/17/0318).

1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die beschwerdeführende Marktgemeinde erachtet sich in ihrem "Recht auf Vorschreibung und Einhebung einer Aufschließungsgebühr gemäß § 17 NÖ BauO 1976, i.d.F. LGBl. 8200-6, durch unrichtig erfolgte Aufhebung des Gemeinderatsbescheides vom " verletzt; ebenso im Recht "auf Handhabung und Beachtung des eigenen Wirkungsbereiches der durch (allf) Bindungswirkung im Sinne des § 61 Abs. 5 NÖ GO 1973, an die den aufhebenden Spruch tragenden unrichtigen Rechtsansichten und unrichtigen Sachverhaltsannahmen in der Begründung des angefochtenen Bescheides in fortgesetzen Verfahren gebunden zu sein; somit Verletzung im Recht auf gesetzmäßige Handhabung des Aufsichtsrechtes."

Zunächst werde festgehalten, daß das mit Beschluß des Bezirksgerichtes D auf der Grundlage des § 12 des Vermessungsgesetzes vereinigte Grundstück Nr. 2071/2 (neu) frühestens am in seiner Konfiguration der zusammengelegten Grundstücke Nr. 2070/2 und 2071/2 (beide alt) geschaffen worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0241, ausgesprochen, daß diese Vereinigung nicht nach der NÖ BauO 1976 bewilligt worden sei. Am sei dieses vereinigte, "wiewohl nicht durch Baubewilligung geschaffene" Grundstück Nr. 2071/2 (neu) nicht mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude bebaut gewesen, weil die Bauvollendungsfrist für den Mitbeteiligten am geendet habe, sodaß sich am auf der im Jahr 1984 mit Gerichtsbeschluß vereinigten Fläche kein bewilligtes Gebäude befunden habe. Die vereinigte Baufläche bzw. die im Jahr 1984 zum Grundstück Nr. 2071/2 (neu) vereinigten Grundstücke Nr. 2071/2 und 2070/2 (alt) seien daher am kein Bauplatz im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Z. 7 lit. c NÖ BauO 1976, LGBl. 8200-6, gewesen.

Die Baufläche sei auch "mangels vor bewilligter Grundteilung nicht Bauplatz im Sinne der Definition des § 2 Z 7 d leg. cit.". Die Baufläche sei erst mit Bescheid des Bürgermeisters vom durch Bauplatzerklärung nach § 100 Abs. 3 leg. cit. geschaffen worden, sodaß frühestens zu diesem Zeitpunkt sämtliche Voraussetzungen der Tatbestände nach § 14 Abs. 1 erster Satz und § 14 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. verwirklicht gewesen seien. Damit sei der Abgabentatbestand einer einmalig zu entrichtenden Gemeindeabgabe dem Grunde und der Höhe nach am entstanden.

Durch die 6. Novelle zur NÖ BauO 1976 seien die Abgabentatbestände für Aufschließungsabgaben neu gefaßt worden, sodaß die bisherigen aufsichtsbehördlichen Bescheide im fortgesetzten Verfahren keine Bindungswirkung entfalteten.

Auch sei angesichts des Erlöschens der Baubewilligungsbescheide vom und vom davon auszugehen, daß nach der neuen Rechtslage ein allenfalls bestandener Abgabenanspruch erloschen sei, sehe sogar § 15a leg. cit. eine Behebung eines Abgabenbescheides nach Erlöschen einer Teilungsbewilligung vor. Gleiches müsse beim Erlöschen der Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes gelten.

Daher sei der Prozeßgegenstand nach der neuen Rechtslage ein wesentlich anderer; damit seien die in Rede stehenden Spruchteile jedenfalls nicht mehr verbindlich. Es komme folglich darauf an, ob sich auf der im Jahr 1984 durch Vereinigung gebildeten Fläche am ein bewilligtes Gebäude oder ein Gebäude befunden habe, für das Konsensmäßigkeit vermutet werde. Da dies nicht der Fall sei, komme die Bauplatzerklärung der im Jahr 1984 vereinigten Fläche zum Tragen. Eine Prüfung, ob sich auf dem Grundstück oder Bauplatz am ein Gebäude befunden habe, sei im Hinblick darauf, daß die gegenständliche Grundfläche bzw. das gegenständliche Grundstück erst im Jahr 1984 ohne Grundabteilung nach § 10 leg. cit. geschaffen worden sei, rechtlich wie tatsächlich nicht möglich. Demzufolge könne das in § 14 Abs. 1 leg. cit. vorgesehene Tatbestandsmerkmal "eines Bauplatzes nach § 2 Z. 7 lit. d im tatsächlichen gelegen, frühestens am , rechtlich aber in Anwendung des § 14 Abs. 1 NÖ BauO 1976 nach der 6. Novelle zum Zeitpunkt der Bauplatzerklärung am verwirklich werden." Die der Gemeinde überbundene Feststellung, es wäre "von den Gemeinden" zu prüfen, ob sich am (ab) auf den vereinigten Grundstücken 2070/2 und 2071/2 (alt) ein Gebäude befunden habe, sei daher rechtswidrig.

Schließlich sei der angefochtene Bescheid deshalb rechtswidrig, "weil in der Aufsichtsbehörde sich nicht der Rechtsansicht anschließen kann, aufgrund des "Gutachtens" des Sachverständigen Ing. B nach den seinerzeit geltenden Bestimmungen der NÖ BauO 1970 einer Beurteilung zugeführt hätte werden können. Ing. B nahm an, daß das Holzgebäude im Jahr 1970 errichtet wurde. Dem könnten andere Aussagen entgegenstehen."

Die belangte Behörde übersehe, daß dem Gutachten Ing. B "schon ein Beweiswert zukommt". Die belangte Behörde übersehe, daß Ing. B nicht für die Abgabenbehörden eingeschritten sei, sondern eine Verkehrswertberechnung des Grundstückes Nr. 2070/2 (alt) im Zuge eines Liegenschaftsversteigerungsverfahrens erstellt habe. Da dem Gutachten im Abgabenverfahren nicht "der gleiche Beweiswert eines Gutachtens, sondern einer Zufallsurkunde zugekommen" sei, sei die Feststellung, "es könne sich die Aufsichtsbehörde gleichsam der Ansicht des Gemeinderates nicht anschließen, das Gutachten wäre als Beweis geeignet, rechtswidrig."

Schließlich wird geltend gemacht, die belangte Behörde hätte der beschwerdeführenden Marktgemeinde kein Parteiengehör gewährt; sie hätte jedoch zu einem anderen Ergebnis gelangen können.

1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie der Mitbeteiligte eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Art. II Abs. 2 der 6. Novelle LGBl. 8200-6 zur NÖ BauO 1976, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. 8200-0, bestimmt, daß die am anhängigen Verfahren nach den neuen Vorschriften zu Ende zu führen sind. Dies gilt nach der Rechtsprechung auch für die Aufschließungsbeiträge bzw. die Aufschließungsabgabe (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 94/17/0002, und vom , Zl. 90/17/0434). Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall, wie der Verwaltungsgerichtshof in dem zuletzt zitierten Erkenntnis ausgesprochen hat, gegeben.

§ 14 Abs. 1 NÖ BauO 1976 in der somit anzuwendenden Fassung LGBl. 8200-6 lautet auszugsweise:

(1) ... eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben. Diese

Abgabe ist auch dem Eigentümer eines Bauplatzes nach § 2 Z. 7

lit. b aus dem Anlaß der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes

(§ 2 Z. 5) ... auf diesem Bauplatz vorzuschreiben, wenn für

diesen Bauplatz noch kein der Höhe nach bestimmter

Aufschließungsbeitrag und auch keine Aufschließungsabgabe

vorgeschrieben worden ist. Als erstmalig gilt die Errichtung

eines Gebäudes auf dem Bauplatz, wenn auf diesem am

kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden

ist. Eine Gerätehütte mit höchstens 6 m2 bebauter Fläche und

einer Gebäudehöhe bis zu 2 m gilt in diesem Zusammenhang nicht

als Gebäude."

Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden dann, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG stattgegeben hat, verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Vorerkenntnis vom , Zl. 90/17/0434, eingehend mit der Frage befaßt, welche Rechtslage aufgrund der Übergangsvorschrift des Art. II Abs. 2 der 6. Novelle LGBl. 8200-6 zur NÖ BauO 1976 im Beschwerdefall anzuwenden ist und welche Konsequenzen dies unter anderem für die Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes hat. Er ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß die genannte Übergangsvorschrift für die am anhängigen Verfahren eine ausdrückliche Abweichung vom Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben (§ 3 NÖ AO 1977) vorsieht und anordnet, daß diese Verfahren nach den neuen Abgabenvorschriften zu Ende zu führen sind. Das bedeutet, daß die Gesetzmäßigkeit der gemeindebehördlichen Abgabenvorschreibung anhand der durch die 6. Novelle LGBl. 8200-6 geschaffenen Rechtslage zu beurteilen ist.

Gegenstand des gesamten Verfahrens ist aber nach wie vor die Abgabenvorschreibung, die den Inhalt des Spruches des Abgabenbescheides des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom gebildet hat. Die beschwerdeführende Gemeinde irrt, wenn ihre Beschwerdeausführungen so zu verstehen sein sollten, daß sie meint, "daß nach der neuen Rechtslage ein allenfalls bestandener Abgabenanspruch erloschen" sei und daher "der Prozeßgegenstand nach der neuen Rechtslage ein wesentlich anderer und damit die in Rede stehenden Spruchteile jedenfalls nicht mehr verbindlich" seien. Tatsache ist hingegen, daß die gegenständliche Abgabenvorschreibung nach wie vor dem Rechtsbestand angehört.

Nach § 14 Abs. 1 NÖ BauO 1976 in der Fassung der 6. Novelle kommt es nun - wie der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis bereits ausgeführt hat - darauf an, ob auf dem Bauplatz am ein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden ist. Diesfalls könnte eine spätere Errichtung eines Gebäudes auf dem Bauplatz nicht eine erstmalige Errichtung sein, die die Abgabenpflicht auslöst. Es ist daher für den Gebäudealtbestand der Zeitpunkt der Erlassung des Baubewilligungsbescheides (hier vom ) unmaßgeblich. Mit dem Vorerkenntnis vom wurde sodann der Vorstellungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom aufgehoben, weil durch ihn der Gemeinde statt des maßgeblichen Prüfungszeitpunktes zum mit Bindungswirkung der Zeitpunkt zum vorgegeben worden war.

Die belangte Behörde hat dieser Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes im angefochtenen Ersatzbescheid durch Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates vom Rechnung getragen. Sie hat sich dabei zur Begründung der Aufhebung darauf gestützt, es könne aufgrund der von den Gemeindeabgabenbehörden getroffenen Feststellungen nicht als erwiesen angesehen werden, "daß am (ab) kein Gebäude auf dem Bauplatz situiert" gewesen sei (Seite 3 des angefochtenen Bescheides, 12. Zeile von unten; Seite 4,

16. Zeile von unten); der Gemeinderat habe nämlich lediglich (und dies nicht nachvollziehbar) festgestellt, "daß auf dem Bauplatz zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung vom kein bewilligtes bzw. vermutlich bewilligtes Gebäude situiert war" (Seite 5 des angefochtenen Bescheides, 18. Zeile von unten).

Zwar ist diese letztere Feststellung im angefochtenen Bescheid aktenwidrig und unzutreffend, weil der Bescheid des Gemeinderates vom ausdrücklich (unter anderem) als erwiesen angenommen hat, daß "besonders die Holzhütte mangels Übereinstimmung mit den bei ihrer Errichtung (GA Bl. 6: "vor etwa 10 Jahren" = 1970) geltenden Vorschriften der Bauordnung und den sonstigen gesetzlichen Bestimmungen von vornherein einer Baubewilligung nicht zugeführt" hätte werden können. Der Gemeinderat hat somit sehr wohl auch das Jahr 1970 in seine Feststellungen miteingeschlossen. Im Recht ist die belangte Behörde aber damit, daß die vom Gemeinderat getroffenen Feststellungen wegen ihrer Mangelhaftigkeit nicht ausreichen, um den Schluß zu rechtfertigen, daß sich am kein bewilligtes oder als bewilligt geltendes Gebäude auf dem Bauplatz befunden habe. Der Verwaltungsgerichtshof hatte im Zuge des Verfahrens bereits im hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0059, Gelegenheit, eben diese Frage zu prüfen, und zwar aus Anlaß der damaligen Beschwerde der Gemeinde gegen den kassatorischen Vorstellungsbescheid der Landesregierung vom , mit welchem der auch jetzt in Rede stehende (zweite Ersatz-)Bescheid des Gemeinderates vom aufgehoben worden war. Der Gerichtshof führte im Erkenntnis vom aus:

2.4.1. Bei Beurteilung der Beschwerdebehauptungen fällt auf, daß sich die beschwerdeführende Gemeinde darin weit umfassender mit den einzelnen Beweisergebnissen auseinandersetzt als dies in dem (mit dem angefochtenen Bescheid aufgehobenen) Bescheid des Gemeinderates vom (siehe oben Punkt 1.8.) der Fall war. Es wird damit eine Lösungsvariante ins Spiel gebracht, die im Bescheid des Gemeinderates vom noch nicht dargelegt und begründet wurde. Diese Version besteht darin, daß als erwiesen anzunehmen sei, es habe auf dem ursprünglich mit Nr. 2071/1 bezeichneten Grundstück zum einen das im Teilungsplan des Dipl.Ing. S vom eingezeichnete Gebäude (Holzhütte A) bestanden, welches noch vor dem abgebrochen worden sei, und zum anderen habe jedenfalls eine später als das Gebäude A errichtete Holzhütte B existiert, und zwar auf dem oberen Teil der Grundstücke 2070/2 und 2071/2 (wobei es zweckmäßig wäre zu präzisieren, welche Grundstücke ab wann durch die genannten Bezeichnungen gemeint sind). Damit wird - erst - in der Beschwerde der Gemeinde einer Sachverhaltsannahme das Wort geredet, die daraus resultiert, daß der scheinbare Widerspruch zwischen einzelnen Beweismitteln nicht unbedingt dazu führen müsse, daß das eine oder andere als unzutreffend qualifiziert werden müsse, sondern daß es möglicherweise um die Bekundungen der Wahrnehmung verschiedener Sachverhalte gehen könnte. Wenn nun die beschwerdeführende Gemeinde in ihrer Beschwerde die Auffassung vertritt, eben dieses Feststellungsergebnis liege bereits dem Bescheid des Gemeinderates vom zugrunde, so ist ihr entgegenzuhalten, daß dies in der Begründung dieses Bescheides keinerlei Niederschlag findet. Der Bescheid des Gemeinderates kommt vielmehr deswegen zum Ergebnis, es habe am , wenn überhaupt, (nur) noch die Holzhütte B existiert, weil sich der Gemeinderat vor allem auf das Verkehrswertgutachten des gerichtlichen Sachverständigen Ing. B vom stützte. Der Bescheid läßt jedoch eine Auseinandersetzung mit den übrigen Beweisen, insbesondere den Personalbeweisen wie den Aussagen des F, des Baumeisters Ing. R und des P sowie mit dem Teilungsplan des Dipl.Ing. S vom , dem vom Mitbeteiligten vorgelegten Schreiben der S-Bausparkasse vom und des B vom , dem Schreiben des Dipl.Ing. O vom und der NEWAG vom , völlig vermissen.

Auch Abgabenbescheide bedürfen einer entsprechenden Begründung (§ 71 Abs. 3 lit. a NÖ AO 1977). Die Begründung muß erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde und aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß dieser Sachverhalt vorliegt; der bloße Hinweis auf durchgeführte Erhebungen reicht zur Begründung eines Spruches nicht aus (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Handbuch5, 222, mit Rechtsprechungshinweisen).

Die belangte Behörde hat nun den vorliegenden Mangel der Begründung des Bescheides des Gemeinderates vom , in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und insbesondere die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen der Abgabenbehörde zweiter Instanz klar und übersichtlich zusammenzufassen gewesen wären, zu Recht aufgegriffen und zum Anlaß eines aufhebenden Bescheides genommen. Dieser Verfahrensmangel, der die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes betrifft, ist wesentlich, da zum einen durch diesen Mangel eine Überprüfung des Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit unmöglich gemacht wird und daher auch nicht ausgeschlossen werden kann, daß der Gemeinderat bei Vermeidung dieses Fehlers zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, und zum anderen die Gemeindeaufsichtsbehörde nicht verpflichtet ist, das Ermittlungsverfahren durch eigene Ermittlungen zu ergänzen und durch eine eigene Würdigung der Beweise abzuschließen.

2.4.2. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid weiters feststellt, der Gemeinderat habe die Frage des Vorliegens einer Baubewilligung für das am vorhandene Gebäude (Holzhütte B) bzw. dessen vermutete Konsensmäßigkeit nicht geprüft, so wäre dies auf dem Boden der Feststellungen des Gemeinderates an sich unzutreffend, da der Gemeinderat festgestellt hat, daß eine Baubewilligung nicht vorliegt, und - dem Verkehrswertgutachten folgend - ein Alter der Hütte von ca. 10 Jahren angenommen hat. Da aber die Feststellungen des Gemeinderates über den Gebäudebestand am selbst von der Vorstellungsbehörde zu Recht als mangelhaft begründet erkannt wurden, erweist sich auch der Aufhebungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens in der Frage der Bewilligung bzw. der vermuteten Bewilligung des Gebäudealtbestandes nicht als rechtswidrig.

Es werden hiezu im fortgesetzten gemeindebehördlichen Abgabenverfahren geeignete Feststellungen über Art und Alter des am vorhandenen Gebäudebestandes sowie über die Bewilligung bzw. die Bewilligungsfähigkeit desselben anhand der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Prüfungskriterien zu treffen sein."

Soweit sich die Feststellungen des Gemeinderates in seinem Bescheid vom überhaupt auf den nach der jetzt anzuwendenden Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt vom erstrecken, erweisen sie sich somit aus den eben wiedergegebenen Überlegungen als mangelhaft, sodaß sich die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Aufhebung unter diesem Gesichtspunkt nicht als rechtswidrig erweist.

2.3.1. Die belangte Behörde hat damit - zutreffend - EINE Rechtswidrigkeit des bei ihr mit Vorstellung bekämpften Bescheides des Gemeinderates vom herausgegriffen, nämlich den Mangel einer schlüssig begründeten Sachverhaltsfeststellung darüber, daß am auf dem Bauplatz kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden ist. Sie hat die Aufhebung dieses Bescheides des Gemeinderates (ausschließlich) darauf gestützt.

2.3.2. Gemäß § 61 Abs. 5 erster Satz NÖ GdO 1973, LGBl. 1000-1 (Absatzbezeichnung in der Fassung LGBl. 1000-3) ist die Gemeinde bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.

Die Besonderheit der Bindungswirkung kassatorischer gemeindeaufsichtsbehördlicher Bescheide, die sich aus der eben zitierten Bestimmung ergibt, bringt es mit sich, daß nicht nur der Spruch an sich, sondern auch die maßgebende in der Begründung enthaltene Rechtsansicht - taugliches - Beschwerdeobjekt sein kann.

Die Wendung im angefochtenen Bescheid, die Berufungsbehörde werde in einem weiteren Ermittlungsverfahren zu klären haben, "ob am bzw. ab dem Stichtag auf den im Jahre 1984 vereinigten Grundstücken Nr. 2070/2 und 2071/2 ein als bewilligt geltendes Gebäude gestanden ist", stellt allerdings keine die Aufhebung tragende Begründung dar, die die Abgabenbehörden in der Richtung zu binden vermöchte, daß sie die Bauplatzeigenschaft nicht zu prüfen hätten. Es handelt sich vielmehr um eine Anleitung für das weitere Ermittlungsverfahren.

Das Nichtaufgreifen eines allenfalls vorliegenden weiteren Aufhebungsgrundes durch die Gemeindeaufsichtsbehörde bewirkt keine Bindung der Gemeindeabgabenbehörden dergestalt, daß es ihnen im fortgesetzten Verfahren verwehrt wäre, diese allfällige Rechtswidrigkeit des erstinstanzlichen Bescheides aufzugreifen. Trifft im Beschwerdefall die Auffassung der beschwerdeführenden Gemeinde zu, daß es der Abgabenvorschreibung aus dem Jahr 1984 unter dem Gesichtspunkt der rückwirkenden Änderung der Rechtslage durch die 6. Novelle zur NÖ BauO 1976 an einer WEITEREN Tatbestandsvoraussetzung - etwa an der von der Gemeinde in den Vordergrund ihrer Beschwerdeausführungen gerückten Bauplatzeigenschaft im Sinne des § 14 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Z. 7 lit. b leg. cit. - mangelt, dann wird der Gemeinderat dieser Rechtslage Rechnung zu tragen haben.

2.4. Das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte der Gemeinde kein Parteiengehör gewährt, ist nicht zielführend, weil die belangte Behörde keine eigenen, über den Akteninhalt hinausgehenden Beweisaufnahmen durchgeführt hat, hinsichtlich deren Ergebnisse den Verfahrensparteien hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, davon Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

2.5. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die beschwerdeführende Gemeinde durch den angefochtenen kassatorischen Vorstellungsbescheid in ihren Rechten nicht verletzt worden ist.

Von dem vorliegenden Beschwerdefall unterscheidet sich der Fall des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 90/17/0200, in dem der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis gelangte, daß die Gemeinde durch den damals bekämpften Vorstellungsbescheid gar nicht verletzt sein KONNTE, dadurch, daß damals wegen Verjährung das Recht auf Abgabenfestsetzung der beschwerdeführenden Gemeinde ohnedies nicht (mehr) bestand und die Frage der Verjährung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von diesem von Amts wegen wahrgenommen wird.

Was die mehrmals von der belangten Behörde gebrauchte, allenfalls zu Mißverständnissen Anlaß gebende Wendung "am (bzw. ab) dem Stichtag " anlangt, so verweist sie zutreffend darauf, es sei für die Frage der Erstmaligkeit der Errichtung eines Gebäudes nicht erforderlich, daß ein Gebäudealtbestand zum Zeitpunkt einer späteren Baubewilligung noch vorhanden ist (hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/17/0318).

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 48 Abs. 3 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4, 5 und 7 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.7. Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom , Zlen. 1902, 1903/78 = ZfVB 1979/2/513).

2.8. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.