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VwGH vom 25.01.2006, 2001/14/0126

VwGH vom 25.01.2006, 2001/14/0126

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des W S in W, vertreten durch die Saxinger Chalupsky Weber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Europaplatz 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. RV 631/1-10/1999, betreffend Haftung für Abgabenschulden, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Komplementär GmbH der S GmbH & Co KG für näher angeführte Abgabenschuldigkeiten dieser am in Konkurs verfallenen Gesellschaft im Ausmaß von S 963.348,-- zur Haftung herangezogen.

In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, dass die Beantwortung des zur Prüfung der Voraussetzungen einer Haftungsinanspruchnahme ergangenen Vorhaltes keine konkreten Angaben über das Zufließen der zu versteuernden Entgelte und die Verwendung der Mittel ab Dezember 1997, wohl aber die Feststellung enthalte, dass sämtliche Forderungen an die Bank zediert gewesen seien. Im Abschluss eines (globalen) Mantelzessionsvertrages, durch den einerseits die Bank als andrängender Gläubiger begünstigt, andererseits unter anderem der Bund als Abgabengläubiger benachteiligt werde, sei eine dem Geschäftsführer vorzuwerfende Pflichtverletzung zu erblicken. Im Hinblick auf das eröffnete Insolvenzverfahren erschienen die Abgabenschuldigkeiten der KG als uneinbringlich. Unter Berücksichtigung der rechtlichen Möglichkeit zur Stellung eines Antrages auf Zwangsausgleich (Mindestquote 20 %) werde der Beschwerdeführer nur für 80 % der zu Grunde gelegten Abgaben zur Haftung herangezogen.

In seiner dagegen erhobenen Berufung wendete der Beschwerdeführer ein, er habe bereits in seiner Vorhaltsbeantwortung ausführlich dargestellt und nachgewiesen, dass er als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft den Konkursantrag rechtzeitig gestellt habe und keine wie immer geartete Benachteiligung des Finanzamtes gegenüber anderen Gläubigern der Gesellschaft erfolgt sei. Es seien keine Geldmittel vorhanden gewesen, die eine Bedienung der Forderungen des Finanzamtes möglich gemacht hätten, ebenso wie auch "keine anderen Altgläubiger" hätten bedient werden können. Wenn dem Beschwerdeführer vorgeworfen werde, dass er in diesem Zeitraum einen Mantelzessionsvertrag abgeschlossen habe, entbehre dies jeder Grundlage. Im "besagten Zeitraum" sei kein Zessionsvertrag mit einer Bank abgeschlossen worden, der "z. B eine Bank als Altgläubiger" in irgend einer Form bevorrechtet hätte. Der vom Finanzamt angesprochene Mantelzessionsvertrag sei offensichtlich jener, der im November 1996 mit der G Bank abgeschlossen worden sei. Dass dieser Zessionsvertrag seitens des Beschwerdeführers nicht einseitig hätte aufgelöst werden können, bedürfe wohl keiner weiteren Erörterung, sodass "eben auch Forderungen" für die Bedienung des Finanzamtes nicht zur Verfügung standen, weil diese eben rechtswirksam auf Grund eines "anfechtungsfesten" Zessionsvertrages zediert worden seien. Zahlungseingänge aus zedierten Rechnungen seien daher ausschließlich der G Bank zugestanden. Aus der "Zessionsabwicklung sei daher ebenfalls" keine Begünstigung eines Gläubigers und keine Benachteiligung des Finanzamtes zu sehen. Zum Zeitpunkt der Fälligkeit der im Haftungsbescheid angesprochenen Abgaben seien keine Mittel zur Bedienung der Abgaben mehr zur Verfügung gestanden. Ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit der im Haftungsbescheid genannten Abgaben seien keine "Altgläubiger zu Lasten des Finanzamtes" bezahlt worden, sodass eine Benachteiligung des Finanzamtes gegenüber "anderen Altgläubigern" nicht erfolgt sei. Zum Nachweis der Richtigkeit dieser Behauptungen der mangelnden Benachteiligung des Finanzamtes und dafür, dass keine Mittel zur Bezahlung zur Verfügung gestanden seien, stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Einholung eines Buchsachverständigengutachtens und beantragte die Vernehmung eines näher genannten Wirtschaftstreuhänders.

Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung ab. Begründend wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer der Aufforderung des Finanzamtes, den Einnahmenzufluss und die Verwendung dieser Einnahmen für bestimmte Zeiträume nachzuweisen, nicht nachgekommen sei und damit seine Mitwirkungspflicht verletzt habe. Es könne daher angenommen werden, dass der Beschwerdeführer seinen Pflichten schuldhafterweise nicht nachgekommen sei, zumal eingeräumt werde, dass der Beschwerdeführer wegen eines abgeschlossenen Zessionsvertrages über entsprechende Mittel nicht habe verfügen können. Gerade im Abschluss eines derartigen Zessionsvertrages liege aber eine vorzuwerfende Pflichtverletzung.

In seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz meinte der Beschwerdeführer unter anderem, das Finanzamt verkenne nach wie vor, dass der angesprochene Zessionsvertrag zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden sei, zu welchem Abgabenverbindlichkeiten immer erfüllt worden seien. Nur der Abschluss eines Zessionsvertrages zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits eine konkursrelevante Verschuldung oder Zahlungsunfähigkeit bestanden hätte, könnte einen berechtigten Vorwurf darstellen.

In einer weiteren Eingabe legte der Beschwerdeführer eine Aufstellung vor, in welcher dargestellt wurde, in welchem prozentuellen Ausmaß Zahlungen in den Monaten Dezember bis April an "Gläubiger und das Finanzamt im Verhältnis zur Verbindlichkeit" geleistet worden seien. Insgesamt seien ausgehend von den jeweiligen Verbindlichkeiten ("Gläubiger: S 60,482.485,--, Finanzamt: S 7,452.379,--") Zahlungen im Ausmaß von 13,48 % an Gläubiger und 18,37 % an das Finanzamt geleistet worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise statt und schränkte den Haftungsbetrag auf S 958.368 ein. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer verkenne die Rechtslage, wenn er meine, er dürfe die für die Aufrechterhaltung des Betriebes seiner Meinung nach notwendigen Zahlungen leisten und erst danach allfällig übrige Beträge für die Abgabenentrichtung verwenden. Der Hinweis des Beschwerdeführers in seiner vor Erlassung des Haftungsbescheides erstatteten Vorhaltsbeantwortung, es seien auch keine anderen "Altgläubiger" bedient worden, sondern lediglich im Zusammenhang mit dem Versuch, das Unternehmen als Gesamtsache zu verkaufen, ab Beginn der 60-Tage-Frist zur Aufrechterhaltung des Betriebes die notwendigen Geschäfte Zug um Zug getätigt worden, um die Fortführung des Unternehmens für einen erhofften positiven Abschluss der Beteiligungsgespräche zu gewährleisten, könne den Beschwerdeführer nicht entschuldigen. Ganz im Gegenteil werde damit die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes dokumentiert, da diese "Neugläubiger" hinsichtlich der Zug-um-Zug-Lieferungen offenkundig voll befriedigt worden seien.

Auf die wiederholten Aufforderungen des Finanzamtes, die Einnahmen der Gesellschaft bis zur Konkurseröffnung und die Verwendung dieser Mittel darzulegen, habe der Beschwerdeführer mit der zuletzt vorgelegten prozentuellen Aufstellung der Zahlungen an das Finanzamt und an die übrigen Gläubiger reagiert, mit welcher jedoch eine Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes nicht dargetan werde, weil diese überschlagsmäßige Gegenüberstellung des Prozentsatzes der im gesamten haftungsrelevanten Zeitraum bezahlten Abgabenschuldigkeiten und der übrigen Verbindlichkeiten eine nachvollziehbare Berechnung für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte nicht ersetzen könne.

Darüber hinaus sei der Abschluss eines Zessionsvertrages dem Vertreter der Körperschaft dann als Pflichtverletzung vorzuwerfen, wenn dieser es durch entsprechende Vertragsgestaltung unterlassen habe, vorzusorgen, dass insbesondere die Bedienung der Abgabenschuldigkeiten nicht durch diesen Vertrag beeinträchtigt werde. Auch wenn im Zeitpunkt des Abschlusses des Zessionsvertrages die Abgabenverbindlichkeiten erfüllt worden seien, wäre es am Beschwerdeführer gelegen gewesen, vorzusorgen, dass bei einer Änderung der Verhältnisse die Bedienung der Abgabenschuldigkeiten nicht beeinträchtigt werde. In der Berufung werde ausgeführt, dass auf Grund des Zessionsvertrages die Zahlungseingänge aus den zedierten Rechnungen ausschließlich und allein der G Bank zugestanden seien. Gerade dieser Umstand lege eine Bevorzugung der Bank nahe.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Bei einer GmbH & Co KG, bei welcher die KG durch die Komplementär-GmbH, somit im Ergebnis durch deren Geschäftsführer vertreten wird, haben diese Geschäftsführer die abgabenrechtlichen Pflichten, welche die KG betreffen, zu erfüllen. Sie haften bei schuldhafter Pflichtverletzung für die Abgaben der KG (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 95/15/0120 und 96/15/0107).

Unbestritten ist, dass die Abgabenforderungen, für die der Beschwerdeführer als Haftender herangezogen worden ist, bei der KG nicht mehr eingebracht werden können.

Strittig ist, ob die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten anlasten durfte. Dazu vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, auf den Abschluss des Zessionsvertrages könne im Beschwerdefall ein Schuldvorwurf nicht gegründet werden, weil er zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurde, in welchem "alle Abgabenverbindlichkeiten bezahlt" worden seien.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann im Abschluss eines (globalen) Mantelzessionsvertrages, durch den einerseits die Bank als andrängender Gläubiger begünstigt wird, andererseits andere andrängende Gläubiger - insbesondere der Bund als Abgabengläubiger - benachteiligt werden, eine dem Geschäftsführer vorzuwerfende Pflichtverletzung liegen. Der Abschluss eines Mantelzessionsvertrages ist dem Vertreter dann vorzuwerfen, wenn er es unterlassen hat - insbesondere durch entsprechende Vertragsgestaltung - vorzusorgen, dass auch im Falle einer Änderung der Verhältnisse, wenn diese bei Aufwendung entsprechender Sorgfalt als nicht unvorhersehbar zu werten ist, die Bedienung der anderen Schulden, insbesondere der Abgabenschulden, durch diesen Vertrag nicht beeinträchtigt wird (vgl. neben dem diesbezüglich bereits im angefochtenen Bescheid zutreffend zitierten hg Erkenntnis vom , 96/15/0107, aus jüngerer Zeit das Erkenntnis vom , 2001/14/0176). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann daher der Abschluss eines Mantelzessionsvertrages durchaus nicht nur dann eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers darstellen, wenn die wirtschaftliche Situation bereits zum Zeitpunkt dieses Vertragsabschlusses erwarten lässt, dass die liquiden Mittel der Gesellschaft eine Abstattung der Abgabenschuldigkeiten nicht zulassen.

Gegenständlich ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer bei Abschluss des Rahmenzessionsvertrages keine Vorsorge für die künftige Abgabenentrichtung getroffen hat. Eine Änderung der Verhältnisse wegen auch bei entsprechender Sorgfalt unvorhersehbarer Umstände hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Damit durfte die belangte Behörde bereits im Abschluss des Rahmenzessionsvertrages eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers erblicken.

Solcherart oblag es dem Beschwerdeführer nachzuweisen, welcher Betrag unter Einbeziehung der auf dem Konto der G Bank eingegangenen Beträge bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Einen derartigen Nachweis hat der Beschwerdeführer trotz der ihm dazu eingeräumten Gelegenheit nicht erbracht. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/14/0189). Es geht daher auch die Beschwerderüge ins Leere, der dem Beschwerdeführer allenfalls anzulastende Abgabenausfall könne nur in der Differenz zwischen der an die übrigen Gläubiger einerseits und an das Finanzamt andererseits bezahlten Quote liegen.

Der Beschwerdeführer leitet aus dem erstmals in der Beschwerde aufgezeigten Umstand, dass auf Grund der Konkurseröffnung sämtliche Unterlagen "mit Konkursbeschlag belegt" gewesen seien, weshalb es ihm aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen wäre, detailliertere Angaben zu liefern, eine Verletzung von Verfahrensvorschriften insofern ab, als die belangte Behörde von sich aus entsprechende Ermittlungen hätte anstellen müssen, was durch eine "einfache Anfrage beim Masseverwalter leicht möglich" gewesen wäre. Dazu ist einerseits zu sagen, dass die behauptete Unmöglichkeit, detailliertere Angaben zu liefern, wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes unbeachtlich bleiben muss, andererseits ist nicht zu erkennen, weshalb die einfache Anfrage beim Masseverwalter nicht auch durch den Beschwerdeführer hätte erfolgen können, zumal es nach ständiger Rechtsprechung Sache des Geschäftsführers ist, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 2004/15/0015). Der in diesem Zusammenhang auch erhobene Beschwerdevorwurf, die von der belangten Behörde geforderten Nachweise überspannten die den Beschwerdeführer treffenden Mitwirkungspflichten bei weitem, ist daher unberechtigt.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wurde ihm im angefochtenen Bescheid nicht die Abwicklung von Zug-um-Zug Geschäften "zum Vorwurf" gemacht. Die belangte Behörde leitete aus diesen Geschäften lediglich ab, dass bestimmte Gläubiger hinsichtlich ihrer Forderungen voll befriedigt (und damit besser als die Finanzverwaltung behandelt) wurden. Die gesetzliche Bestimmung des § 69 Abs. 2 KO in Gestalt der dort normierten 60 Tagesfrist befreit den Beschwerdeführer nicht vom Vorwurf der schuldhaften Pflichtverletzung gegenüber der Abgabenbehörde.

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am