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VwGH vom 25.01.2006, 2001/14/0125

VwGH vom 25.01.2006, 2001/14/0125

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des A W in L, vertreten durch Mag. Dr. Werner Lechner, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 4813 Altmünster, Hamberg 24, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , GZ. RV919/1-6/2000, betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erwarb im April 2000 von einem deutschen Gebrauchtwagenhändler ein Fahrzeug der Marke Ferrari Spider mit einem Kilometerstand von 3.880 um DM 189.000,--. Das Finanzamt rechnete diesen Betrag in Schilling um (S 1,329.715,--) und schrieb davon mit Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge (Fahrzeugeinzelbesteuerung, Art. 1 Abs. 7 UStG 1994) 20 % Umsatzsteuer vor.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde beantragt, bei der Festsetzung der Umsatzsteuer von einer Bemessungsgrundlage von S 1,146.306,-- (DM 162.931,03) auszugehen. Der Beschwerdeführer begründete diesen Antrag damit, dass bei der "ursprünglichen Rechnung des Lieferanten (Gebrauchtwagenhändler) über den Betrag von DM 189.000,-- offensichtlich von der Lieferung eines Gebrauchtwagens ausgegangen (Hinweis auf § 25a dUStG)" worden sei. Richtigerweise handle es sich aber gemäß § 1b dUStG auf Grund des damaligen Kilometerstandes von 3.880 km um die Lieferung/den Erwerb eines neuen Fahrzeuges. Die "richtige Rechnung des Lieferanten muss daher auf DM 162.931,03 lauten und wurde bereits angefordert". Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Umsatzsteuer sei somit ein Betrag von S 1,146.306,--, die Umsatzsteuer betrage demnach S 229.261,--. (Erhebungen der belangten Behörde ergaben, dass eine berichtigte Rechnung nicht ausgestellt wurde.)

In einem Nachtrag zur Berufung wurde der Antrag gestellt, bei der Festsetzung der Umsatzsteuer die deutsche "Restmehrwertsteuer" (DM 26.068,97) im Betrag von S 183.409,-- in Anrechnung zu bringen und die Umsatzsteuer somit mit dem Betrag von S 45.852,-- festzusetzen. Als Begründung wurde ausgeführt, dass es ansonsten zu einer Mehrfachbelastung des "neuen" Fahrzeuges mit Umsatzsteuer käme, da der "besondere Vorsteuerabzug" für die beim Ersterwerb gezahlte Umsatzsteuer (§ 15 Abs. 4a dUStG) wohl einem deutschen Privaten, nicht aber dem deutschen Gebrauchtwagenhändler zustehe. Rat und Europäische Kommission hätten diese Problematik zwar erkannt, aber bisher keine Regelung getroffen. In einer Protokollerklärung zur Richtlinie 94/5/EWG werde lediglich in Aussicht gestellt, in einem solchen Fall auch einem Gebrauchtwagenhändler gegebenenfalls den "besonderen Vorsteuerabzug" zu gewähren. Hiezu bedürfe es aber einer entsprechenden Änderung der 6. EG-Richtlinie, welche bis dato noch nicht erfolgt sei. Nach Art. III Absatz 2 GATT dürften die aus dem Gebiet eines Vertragsstaates importierten Waren nicht mit höheren inneren Abgaben belastet werden als gleichartige Inlandswaren. Gemäß Art. 95 Abs. 1 EGV dürften ausländische Waren keiner höheren Besteuerung unterworfen werden als gleichartige inländische Waren. In diesem Zusammenhang habe der 15/81, "Gaston Schul", erkannt, dass es den Mitgliedstaaten verboten sei, die Einfuhr von durch Privatpersonen gelieferte Waren der EUSt zu unterwerfen, soweit im Wert der Ware zum Zeitpunkt des Exportes noch eine (nicht abgezogene) Mehrwertsteuer enthalten sei ("Restmehrwertsteuer"). Bei der Bemessung der EUSt müsse daher der Einfuhrstaat die noch enthaltene Restmehrwertsteuer anrechnen. Außerdem dürfe die ausländische Restmehrwertsteuer nicht in die Bemessungsgrundlage der EUSt einbezogen werden ( 47/84, "Schul II"). Nach der Rechtsprechung des EuGH habe der Einfuhrstaat also die Verpflichtung, die Restmehrwertsteuer einerseits nicht in die Bemessungsgrundlage der EUSt einzubeziehen, andererseits auf die errechnete EUSt anzurechnen. Diese EuGH-Rechtsprechung betreffe zwar die EUSt, welche es nunmehr im Binnenmarkt nicht mehr gebe, doch müsse die auf Art. 95 EGV basierende Rechtsprechung bei der Erwerbsteuer ebenso anzuwenden sein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie aus, wie im Nachtrag zur Berufung zutreffend ausgeführt werde, liege das Problem darin, dass der "besondere Vorsteuerabzug" nur einem Nichtunternehmer, also nicht dem deutschen Gebrauchtwagenhändler zustehe. Dies sei auch der Grund, warum letzterer den Preis nicht entsprechend herabgemindert habe. Nach § 4 UStG werde der Umsatz nach dem Entgelt bemessen. Die Umsatzsteuer gehöre nicht zur Bemessungsgrundlage. Dies gelte mangels abweichender Regelung im Artikel 4 UStG auch für den innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge. Die Lieferung des deutschen Gebrauchtwagenhändlers sei umsatzsteuerfrei gewesen. Es bestehe daher kein Grund, die Bemessungsgrundlage um die nicht geschuldete Umsatzsteuer zu vermindern. Es treffe zwar zu, dass es damit zu einer Doppelbelastung mit ausländischer und inländischer Umsatzsteuer komme. Diese Systemwidrigkeit durch eine entsprechende Umsatzsteuerentlastung zu beheben, obliege jedoch wohl jenem Staat, in dem die ursprüngliche Umsatzsteuerbelastung eingetreten sei. Systemkonform müsse daher im konkreten Fall Deutschland den "besonderen Vorsteuerabzug" gewähren und nicht Österreich die von Deutschland systemwidrig nicht rückerstattete Umsatzsteuer von der Bemessungsgrundlage abziehen oder gar auf die österreichische Umsatzsteuer anrechnen. Daher gingen auch die Berufungsausführungen betreffend die GATT-Verträge und die diesbezügliche EuGH-Judikatur sowie der Antrag, die Umsatzsteuer nach § 48 BAO nicht vorzuschreiben oder anzurechnen, ins Leere.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

In der Beschwerde wird zunächst vorgebracht, dass der deutsche Autohändler für die Lieferung an den Beschwerdeführer die Differenzbesteuerung nach § 25a dUStG (vergleichbar Art 24 BMR, siehe Art 26a Teil B Sechste MwSt-RL) vorgenommen habe. Die belangte Behörde verweist in ihrer Gegenschrift darauf, dass die Lieferung des deutschen Unternehmens als innergemeinschaftliche Lieferung in Deutschland steuerfreigewesen sei.

Dazu ist zu sagen, dass gemäß § 25a Abs. 7 Z. 1 lit. b dUStG (vergleichbar Art 24 Abs 1 lit b UStG, siehe Art 26a Teil D Sechste MwSt-RL) die Differenzbesteuerung auf die innergemeinschaftliche Lieferung neuer Fahrzeuge jedenfalls nicht anwendbar ist. Für die streitgegenständliche Lieferung des deutschen Händlers an den Beschwerdeführer durfte sohin deutsche Umsatzsteuer nicht anfallen.

Das weitere Beschwerdevorbringen, in dem vom Beschwerdeführer bezahlten Kaufpreis sei "somit eine Restmehrwertsteuer" enthalten, kann dahin verstanden werden, dass der deutsche Gebrauchtwagenhändler beim Einkauf des Fahrzeuges keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht habe, die Umsatzsteuer daher bei ihm zum Kostenfaktor geworden sei.

Im Beitrag von Hörtnagl, Der Ausschluss neuer Fahrzeuge von der Differenzbesteuerung - eine systemwidriger Kumulierung, ÖStZ 2001, 740, wird darauf hingewiesen, dass dem gewerblichen Pkw-Händler, der neue Fahrzeuge in andere Mitgliedstaaten liefere, beim Einkauf solcher Fahrzeuge von einem Nichtunternehmer der Vorsteuerabzug nicht zustehe. Dadurch komme es - unter Mitberücksichtigung der Erwerbsteuer auf die neuen Fahrzeuge im Bestimmungsland - zu einer "systemwidrigen Kumulation der Umsatzsteuer".

Hörtnaglweist in ihrem Beitrag zutreffend darauf hin, dass das bei neuen Fahrzeugen durch die Regelungen der Sechsten MwSt-RL ausnahmslos verwirklichte Bestimmungslandprinzip die steuerliche Erfassung des Pkw im Wege des innergemeinschaftlichen Erwerbes nach Art 1 BMR erfordere. Die Kumulation der Umsatzsteuer werde im allgemeinen durch den Vorsteuerabzug des Lieferanten vermieden. Liefere ein Nichtunternehmer, werde ihm durch Art 12 Abs. 3 Z 2 UStG (vergleichbar § 15 Abs. 4a dUStG, siehe Art 28a Abs. 4 Sechste MwSt-RL) (dennoch) der Vorsteuerabzug eingeräumt. Liefere hingegen ein Händler, der den neuen Pkw ohne die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges zum Zwecke des Weiterverkaufs erworben habe, räume ihm das Gesetz - seinem Wortlaut nach - keinen Vorsteuerabzug ein. Als Lösung dieses Problems spricht sich Hörtnagl- unter Verweis auf die gleichlautende Meinung von Rau/Dürrwächter, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 8.Auflage, § 25a, Rz 142f - dafür aus, Art 12 Abs 3 Z 2 UStG bzw § 15 Abs 4a dUStG analog auf gewerbliche Wiederverkäufer anzuwenden: Wenn schon Nichtunternehmen der Vorsteuerabzug für den Erwerb neuer Fahrzeuge eingeräumt sei, dann soll dies erst recht für gewerbliche Wiederverkäufer gelten.

Der Verwaltungsgerichtshof hält die eben wiedergegebene Auffassung, dass die umsatzsteuerliche Erfassung neuer Fahrzeuge ausnahmslos dem Bestimmungslandprinzip folgt, für zutreffend. Die uneingeschränkte Erhebung der Erwerbsteuer im Bestimmungsland erweist sich daher als nicht rechtswidrig. Die Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbelastung mit Umsatzsteuer hat im Ursprungsland durch Gewährung des Vorsteuerabzuges zu erfolgen.

Soweit der Beschwerdeführer unter Verweis auf Ruppe, UStG2 § 1 Tz 437, sein Vorbringen im Sinne der Berufungsergänzung wiederholt, ist darauf hinzuweisen, dass Ruppe a.a.O. ausführt, dass im EU-Binnenmarkt die Gaston-Schul-Rechtsprechung "entfällt", da es - wie auch in der Beschwerde eingeräumt wird - nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der EU keine Einfuhrumsatzsteuer mehr gibt. Im EU-Binnenmarkt beschränkt sich der Einfuhrtatbestand auf die Einfuhr aus Drittländern. Im innergemeinschaftlichen Handel wurde der Einfuhrtatbestand ab (für Österreich ab dem Beitritt zu den Europäischen Gemeinschaften) zum Teil durch den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs abgelöst, zum Teil entfällt er wegen des Übergangs zum Ursprungslandprinzip (vgl. auch Ruppe, UStG3, § 1 Tz 436). Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Auffassung aus den oben angeführten Gründen.

Da sich die Beschwerde daher als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am