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VwGH vom 28.02.2000, 95/17/0126

VwGH vom 28.02.2000, 95/17/0126

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek sowie Senatspräsident Dr. Puck und Hofrat Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde 1.) des G und 2.) der V, beide vertreten durch Dr. D und Dr. M, Rechtsanwälte in J, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. A 8 - K 570/1993 - 2, betreffend Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages,

Spruch

I.) den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

II.) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz den Beschwerdeführern für den Anschluss der Liegenschaft G an den öffentlichen Straßenkanal einen Kanalisationsbeitrag von S 225.124,90 (inklusive 10 % USt) vor. Als Bemessungsgrundlage der Abgabenfestsetzung wurde das Produkt aus verbauter Grundfläche mal Geschoßanzahl des auf der vorbezeichneten Liegenschaft errichteten Gebäudes herangezogen, wobei dieses Produkt mit einem Einheitssatz von S 284,85 vervielfacht wurde. Die auf diese Art ermittelte (rechnerische) Fläche, welche für die Gebührenbemessung ausschlaggebend war, betrug 718,48 m2, wobei dieser Berechnung eine (tatsächlich) verbaute Grundfläche von 287,393 m2 zu Grunde gelegt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Erstbeschwerdeführer am Berufung und führte im Wesentlichen aus, dass zwar die Grundfläche im Ausmaß von 287,393 m2 richtig berechnet worden sei, in der Folge jedoch weder die tatsächliche Kellergrundfläche noch die tatsächliche Fläche des Obergeschoßes errechnet worden seien. Es sei davon auszugehen, dass nicht die gesamte Grundfläche unterkellert sei und sich das Obergeschoß nicht über die gesamte Grundfläche erstrecke. Es hätte sich daher ein wesentlich geringeres Flächenmaß ergeben, weshalb die tatsächlich zu entrichtende Gebühr wesentlich niedriger ausgefallen wäre.

Am erließ der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz eine die Berufung des Erstbeschwerdeführers abweisende Berufungsvorentscheidung. Infolge des rechtzeitig gestellten Vorlageantrages (beider Beschwerdeführer) vom galt die Berufung ungeachtet des Umstandes, dass die Wirksamkeit der Berufungsvorentscheidung dadurch nicht berührt wurde, von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt.

1.2. Mit Bescheid vom (dem angefochtenen Bescheid) wies der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz die Berufung des Erstbeschwerdeführers als unbegründet ab. Die belangte Behörde begründete diesen Bescheid wie folgt:

"Gemäß § 4 Abs. 1 des Kanalabgabengesetzes, LGBl. Nr. 71/1955 in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 80/1988 bestimmt sich die Höhe des Kanalisationsbeitrages aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs. 2), wobei Dachgeschoße und Kellergeschoße je zur Hälfte eingerechnet werden;

Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, werden nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschoßanzahl, Hofflächen, das sind ganz oder teilweise von Baulichkeiten umschlossene Grundflächen, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolgt, nach dem Flächenausmaß eingerechnet.

Wie sich aus den im Akt des Kanalbauamtes

A 10/2 - K 24.677/1993 erliegenden Bauplänen ergibt, beträgt die der Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages zugrundegelegte Grundfläche des Gebäudes G 287,393 m2 (vgl. die unter den Geschäftszahlen A 10/3 - K II 10957/1973 sowie

A 10/3 - 1234/2 - 1949 baubewilligten Pläne). Aus den baubewilligten Plänen ist ferner ersichtlich, dass nicht die gesamte Grundfläche des Gebäudes unterkellert ist bzw. dass sich nicht über der gesamten Grundfläche ein Obergeschoß befindet.

Aus der baulichen Gestaltung des der Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages zu Grunde gelegten Gebäudes ist jedoch zu entnehmen, dass es sich dabei um ein einheitliches Bauwerk handelt.

(...)"

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes spiele die Fläche der Geschoße eines Gebäudes bei der Berechnung des Kanalisationsbeitrages gemäß § 4 Abs. 1 des Kanalabgabengesetzes keine Rolle (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/17/0261). Durch diese Rechtsprechung sei unmissverständlich dargelegt, dass die in der Berufung vom vertretene Berechnungsmethode nicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen stehe.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird. Der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil die belangte Behörde den Kanalisationsbeitrag unrichtig berechnet habe. Es sei davon auszugehen, dass die Grundfläche des Hauses zwar 287,393 m2 betrage, es sei aber die Besonderheit des Baues von der Behörde völlig außer Acht gelassen worden. Wie aus den Bauplänen ersichtlich sei, betrügen die tatsächliche Kellergrundfläche und auch die tatsächliche Fläche des Obergeschoßes, die sich beide nicht auf die gesamte Grundfläche bezögen, jeweils wesentlich weniger als die gesamte Grundfläche. Dieses unrichtige Vorgehen bei der Berechnung sei offensichtlich dadurch entstanden, dass die belangte Behörde fälschlicherweise die angebaute Garage bzw. den Geräteschuppen in die Grundfläche miteinbezogen habe. Diese Teile seien tatsächlich nicht in die Berechnung miteinzubeziehen, sodass in der Folge der zu entrichtende Kanalisationsbetrag unrichtig errechnet worden sei. Auszugehen sei somit von der unterkellerten Grundfläche, die sodann mit den Faktoren zu multiplizieren sei.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a und Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom , mit dem die Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages für die Liegenschaft G erfolgte, wurde dem Erstbeschwerdeführer am zugestellt. Gemäß § 81 b Steiermärkische Landesabgabenordnung (im Folgenden: Stmk LAO) gilt, wenn eine schriftliche Ausfertigung an mehrere Personen gerichtet ist, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden oder die gemeinsam zu einer Leistung heranzuziehen sind, und diese der Abgabenbehörde keinen Zustellungsbevollmächtigten bekannt gegeben haben, mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an eine dieser Personen die Zustellung an alle als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

Da der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz auf Seite 4 ausdrücklich auf diese Rechtsfolge hinweist, ist durch Zustellung dieses Bescheides an den Erstbeschwerdeführer auch gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin die Zustellung rechtmäßig erfolgt. Die Zweitbeschwerdeführerin hat gegen diesen Bescheid keine Berufung erhoben und ihr Vorlageantrag vom betreffend die über Berufung des Erstbeschwerdeführers ergangene Berufungsvorentscheidung kann mangels einer förmlichen Prozesserklärung nicht als Beitritt zur Berufung im Sinne des § 202 Abs. 1 Stmk LAO gewertet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0089, sowie Ritz, Bundesabgabenordnung2, 629, zum vergleichbaren § 258 Abs. 1 BAO). Der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom ist somit ihr gegenüber in Rechtskraft erwachsen. Im Berufungsverfahren können zwar gemäß § 214 Abs. 1 Stmk LAO nur einheitliche Entscheidungen getroffen werden und wirkt die Berufungsentscheidung für und gegen die gleichen Personen wie der angefochtene Bescheid. Da jedoch der Berufung des Erstbeschwerdeführers im Abgabenverfahren nicht stattgegeben und die Rechtslage der Zweitbeschwerdeführerin durch den Berufungsbescheid nicht zu ihren Lasten verändert wurde, bewirkt in einem solchen Fall die Nichterschöpfung des Instanzenzuges seitens der Zweitbeschwerdeführerin - wenngleich eine Teilrechtskraft des erstinstanzlichen Abgabenbescheides im Anwendungsbereich des § 214 Abs. 1 Stmk LAO begrifflich nicht in Betracht kommt -, dass ihr, prozessual betrachtet, die Geltendmachung einer Verletzung in ihren Rechten durch die Berufungsentscheidung verwehrt ist. Im Mehrparteienverfahren (bei Gesamtschuldnern) bedeutet die Prozessvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges für das verwaltungsgerichtliche Verfahren, dass die beschwerdeführende Partei selbst den Instanzenzug erschöpft haben muss. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Partei im Mehrparteienverfahren durch Unterlassung der Berufung zum Ausdruck gebracht hat, dass sie durch einen Bescheidinhalt, wie er sodann in dem über Berufung einer anderen Partei ergangenen Berufungsbescheid enthalten ist, nicht als beschwert erachtet werden kann (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 95/17/0070, mwN).

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, weil von ihr die Erschöpfung des Instanzenzuges verabsäumt wurde (vgl. Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S 389).

2.2. § 4 Abs. 1 des Kanalabgabengesetzes 1955, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 71 (im Folgenden: Stmk KanalAbgG 1955) lautet:

"Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs. 2), wobei Dachgeschosse und Kellergeschosse je zur Hälfte eingerechnet werden;

Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, werden nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschoßanzahl, Hofflächen, das sind ganz oder teilweise von Baulichkeiten umschlossene Grundflächen, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolgt, nach dem Flächenausmaß eingerechnet."

2.3. Bereits auf Grund des klaren Gesetzeswortlautes dieser Bestimmung ist der Beschwerde der Erfolg zu versagen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 87/17/0261, zur Bestimmung des § 4 Abs. 1 leg. cit. ausgeführt und welches die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend zitiert hat, kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung bei der Vervielfachung des Einheitssatzes lediglich auf die verbaute Grundfläche einerseits und die Geschoßanzahl andererseits, mit der das Ausmaß der Grundfläche zu multiplizieren ist, an. Die Fläche der Geschoße spielt keine Rolle. Mit seinem Beschwerdevorbringen verkennt der Erstbeschwerdeführer die Rechtslage daher insofern, als die tatsächliche Fläche des Obergeschoßes entgegen seiner Rechtsmeinung für die Berechnung der Abgabe nicht ausschlaggebend ist. Dasselbe gilt für die tatsächliche Kellerfläche. Der Umstand, dass es sich nur um ein Kellergeschoß handelt, findet (ausschließlich) im Multiplikator (Geschoßzahl 0,5) Berücksichtigung.

Darüberhinaus findet sich auch für die vom Erstbeschwerdeführer vertretene Auslegung des Gesetzes, dass nur die unterkellerte Grundfläche für die Abgabenberechnung heranzuziehen sei, kein Anhaltspunkt in der zitierten Bestimmung. Würde man der Rechtsauffassung des Erstbeschwerdeführers - die sich nur durch eine den Gesetzeswortlaut überschreitende und somit unzulässige Auslegung erzielen ließe - folgen, so wäre beispielsweise ein nicht unterkellertes (Wohn-)Gebäude zur Gänze von der Entrichtung des Kanalisationsbeitrages befreit. Dem Landesgesetzgeber kann nicht zugesonnen werden, dass er durch die genannte Bestimmung eine solche (auch aus dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes bedenkliche) Rechtslage hätte schaffen wollen. Vielmehr geht der Gesetzgeber davon aus, dass die verbaute Grundfläche vervielfacht mit der Anzahl der angeschlossenen Geschoße bei typisierender Betrachtung der zu erwartenden Fälle einen tauglichen Maßstab für den Entsorgungsnutzen darstellt, den ein Gebäude aus der öffentlichen Kanalanlage zieht (vgl. erneut das Erkenntnis vom , Zl. 87/17/0261).

Im Übrigen stellt das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der angebauten Garage und des Geräteschuppens eine im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerung dar.

2.4. Aus den unter Punkt 2.3. dargelegten Erwägungen ergibt sich daher, dass der Erstbeschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am