VwGH vom 30.07.2002, 2001/14/0105
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des OW in V, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Grazbachgasse 39/III, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , GZ. RV 834/1- 7/00, betreffend Antrag auf Rückzahlung von zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer 1998 gemäß § 240 Abs. 3 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den auf § 240 Abs. 3 BAO gestützten Antrag des Beschwerdeführers auf Rückerstattung von im Jahr 1998 zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer ab.
Der Beschwerdeführer hatte in seinem Antrag ausgeführt, er sei im Jahr 1996 fristlos entlassen worden. Als Ergebnis eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens sei das Urteil ergangen, dass die Entlassung zu Unrecht erfolgt sei. Er sei Ende 1998 wieder eingestellt worden und habe in diesem Jahr die Bezüge vom bis nachgezahlt bekommen. Die Lohnsteuer für die auf das Jahr 1998 entfallenden Bezüge sei im Wege der Aufrollung ermittelt und entrichtet worden, die Lohnsteuer der Bezüge für die Jahre 1996 und 1997 sei gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1988 - grundsätzlich richtig (mit dem Belastungsprozentsatz) - berechnet worden. Da die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1996 und 1997 jeweils (die Lohnsteuerbemessungsgrundlagen überschreitende) negative Einkünfte (aus Vermietung und Verpachtung) ausgewiesen hätten, werde der Antrag gestellt, die nachgezahlten Gehaltseinkünfte für die Jahre 1996 und 1997 "im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen 1996 und 1997" zu erfassen und die entrichtete Lohnsteuer rückzuvergüten.
In einer gegen die Abweisung des Antrages durch das Finanzamt erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, hätte sein Arbeitgeber nicht die ungerechtfertigte Entlassung ausgesprochen und die Gehaltsbezüge in den Jahren 1996 und 1997 laufend ausgezahlt, wäre der Beschwerdeführer in der Lage gewesen, diese Gehaltsbezüge mit den "Verlusten" aus Vermietung und Verpachtung zu kompensieren und die Lohnsteuer rückerstattet zu erhalten. Wäre die Ansicht des Finanzamtes richtig, dass die Einbehaltung der Lohnsteuer zu Recht erfolgt sei, so erwüchse dem Beschwerdeführer durch die Vorgangsweise seines Arbeitgebers ein entsprechender Schaden.
Die belangte Behörde begründete die Abweisung dieser Berufung im Wesentlichen damit, dass § 240 Abs. 3 BAO dem Arbeitnehmer nur jenen ergänzenden Rechtsschutz gewähren solle, der wegen des zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden besonderen Verhältnisses beim Lohnsteuerabzug notwendig sei, um ein Fehlverhalten des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer gegenüber zu korrigieren. Von einer zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer könne somit nur dann die Rede sein, wenn der Arbeitgeber unter Vernachlässigung der gemäß § 67 Abs. 12 EStG 1988 zu berücksichtigenden Verhältnisse des Lohnsteuerpflichtigen zu viel an Lohnsteuer einbehalten habe. Ein derartiges Fehlverhalten des Arbeitgebers sei vom Beschwerdeführer nicht dargelegt worden, weil mit dem Vorbringen nicht aufgezeigt worden sei, dass der Arbeitgeber gegen § 67 Abs. 12 EStG 1988 oder sonstige Bestimmungen des 5. Abschnittes des Einkommensteuergesetzes (Lohnsteuer, §§ 47 ff) verstoßen habe. Ein "Verlustausgleich" sei in § 2 EStG 1988 geregelt und folglich ausschließlich im Veranlagungsverfahren möglich. Damit sei das Schicksal des Antrages gemäß § 240 Abs. 3 BAO entschieden, weil nur zu Unrecht einbehaltene Abgaben und damit ausschließlich Einkommensteuer in Form von Lohnsteuer nach § 240 Abs. 3 BAO richtig gestellt werden könnten. Auch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen 1996 und 1997 könnten die für die Jahre 1996 und 1997 nachgezahlten Gehaltseinkünfte nicht erfasst werden, weil für die zeitliche Zuordnung der Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit - außer die Einnahmen wären kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, in welche sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen - der Zufluss gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 maßgeblich ist. Da die Nachzahlungen erst Monate nach Ablauf der entsprechenden Jahre erfolgt seien, könne die erwähnte Ausnahme vom Zuflussprinzip nicht zur Anwendung kommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer meint, folge man Sinn und Zweck der Regelung des § 240 Abs. 3 BAO, könne diese gesetzliche Bestimmung wohl nur dahingehend interpretiert werden, dass die Lohnsteuer auch dann zurückzuzahlen sei, wenn sich diese "unter Beachtung der gesamtsteuerlichen Situation des Abgabepflichtigen" als nicht zu Recht bestehend erweise. Die seitens der belangten Behörde vertretene, streng am Gesetzeswortlaut orientierte Gesetzesinterpretation führe zu einer gröblichen Ungleichbehandlung und Benachteiligung des Beschwerdeführers.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf:
Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass der dem Beschwerdeführer vorschwebende Ausgleich seiner in den Jahren 1996 und 1997 erzielten negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit den unbestritten im Jahr 1998 zugeflossenen Nachzahlungen an Gehältern für 1996 und 1997 gestützt auf § 240 Abs. 3 BAO (und auch im Wege der Veranlagung) nicht erreicht werden kann. Einen derartigen Ausgleich, aber auch der Annahme einer (nach § 240 Abs. 3 BAO rückzahlbaren) zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer steht - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - schon der Umstand entgegen, dass der Einkommensteuer gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 das Einkommen zu Grunde zu legen ist, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat, wobei gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 Einnahmen - von im Beschwerdefall nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - in jenem Kalenderjahr bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
Der vor dem Hintergrund der im angefochtenen Bescheid erfolgten Beurteilung erhobene Vorwurf einer gröblichen Ungleichbehandlung und Benachteiligung des Beschwerdeführers ist schon deswegen nicht zielführend, weil der Besteuerung nicht ein fiktiver, sondern der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zu Grunde zu legen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 94/14/0048). Die Annahme einer laufenden Gehaltszahlung stellte aber einen fiktiven Sachverhalt dar. Es mag zutreffen, dass die nach dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt zu erfolgende Besteuerung im Vergleich zu einer Besteuerung, wie sie zu erfolgen hätte, wenn der Beschwerdeführer im Jahr 1996 nicht (zu Unrecht) gekündigt worden wäre (und die entsprechenden Gehaltsteile nicht in späteren Jahren zugeflossen wären), belastender ist, dies vermag aber an der Richtigkeit der im Beschwerdefall erfolgten steuerrechtlichen Beurteilung nichts zu ändern.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am