VwGH vom 15.11.2005, 2001/14/0088

VwGH vom 15.11.2005, 2001/14/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des M P in S, vertreten durch Dr. Karl Wagner, Rechtsanwalt in 4780 Schärding, Unterer Stadtplatz 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. RV 911/1-10/2000, betreffend Haftung für Abgabenschuldigkeiten gemäß §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid zog die belangte Behörde den Beschwerdeführer im Instanzenzug für Abgabenschuldigkeiten der P GmbH (insbesondere Lohnabgaben für den Zeitraum Mai bis November 1998) zur Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO heran. Die P GmbH sei persönlich haftende Gesellschafterin der P GmbH & Co KG, der Beschwerdeführer deren alleiniger Kommanditist und der alleinige Geschäftsführer der P GmbH gewesen.

Im Dezember 1998 sei sowohl über das Vermögen der KG als auch deren Komplementär GmbH das Konkursverfahren eröffnet worden, im November 1999 sei der Konkurs mangels Deckung der Kosten des Verfahrens aufgehoben worden. Begründend wies die belangte Behörde darauf hin, dass die Stellung des Beschwerdeführers als verantwortlicher Vertreter der P GmbH ebenso unbestritten sei, wie die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Gesellschaft. Im gegenständlichen Fall habe der Beschwerdeführer das gänzliche Fehlen von Gesellschaftsmitteln zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben behauptet. Es seien ihm auch die den Lohnabgaben zugrundeliegenden Geschäftsführerbezüge nicht mehr ausbezahlt worden. Demgegenüber ging die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung auf Grund folgender Umstände davon aus, dass diese Verantwortung lediglich als unzutreffende Schutzbehauptung zu werten sei. Der Beschwerdeführer sei wiederholt aufgefordert worden, den Nachweis für das behauptete gänzliche Fehlen von Gesellschaftsmitteln zu erbringen. In der Stellungnahme vom sei zwar behauptet worden, dass sich aus der Buchhaltung einwandfrei ergebe, dass keine Zahlungen geleistet worden seien, die entsprechenden Unterlagen seien aber nicht vorgelegt worden. Es sei auch nicht näher begründet worden, warum es nach dem ausdrücklichen Vorbringen in dieser Stellungnahme "unmöglich ist, die gesamte Buchhaltung für den haftungsrelevanten Zeitraum" vorzulegen. Die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben seien in Saldenlisten erfasst und dem Finanzamt gemeldet worden. Bereits im Vorhalt der belangten Behörde vom sei dazu bemerkt worden, dass dies ein gewichtiges Indiz dafür sei, dass die Auszahlung der Löhne auch erfolgt sei. Die Anmeldung der Lohnabgaben für tatsächlich nicht ausbezahlte Löhne erscheine dagegen - noch dazu in einem in finanziellen Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen - weniger wahrscheinlich. Vom Beschwerdeführer werde auch nicht dezidiert bestritten, dass im Herbst 1998 eine Wiederholungstournee der Veranstaltung "Sister Act" durchgeführt worden sei, und dabei Einnahmen geflossen seien. Es sei lediglich ausgeführt worden, dass sich die wirtschaftliche Lage auch durch diese Wiederholungstournee nicht gebessert habe, dies ein untauglichen Versuch zur Verhinderung der Zahlungsunfähigkeit gewesen sei und es bei Nichtdurchführung derselben zu großen Schadenersatzansprüchen gekommen wäre. Insgesamt gesehen habe das behauptete gänzliche Fehlen von Gesellschaftsmitteln nicht glaubhaft gemacht werden können. Andere Gründe für die Nichtabfuhr der haftungsgegenständlichen Abgaben seien nicht vorgebracht worden, sodass vom Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen sei. In diesem Fall spreche eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang. Es seien keinerlei Gründe vorgebracht worden, die Anhaltspunkte für einen Ausschluss des Kausal- bzw. des Rechtswidrigkeitszusammenhanges bieten würden. Solche seien auch nicht aktenkundig.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den angefochtenen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 285/01, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof rügt der Beschwerdeführer, er sei der Verpflichtung zum Nachweis des Umstandes, dass ausreichende Mittel zur Entrichtung der Abgabenschuldigkeit fehlten, insofern nachgekommen, als er "den gesamten Konkursakt" mit einer näher angeführten Geschäftszahl sowie die Seiten 1 und 32 eines Gutachtens vorgelegt habe. Es handle sich dabei um zwei objektive Beweismittel, auf die die belangte Behörde in ihrer Begründung des bekämpften Bescheides überhaupt nicht eingegangen sei.

Dieses Beschwerdevorbringen ist schon deshalb nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil sowohl der vorgelegte Konkursakt als auch die vorgelegten Teile des Gutachtens die P GmbH & Co KG, nicht aber die P GmbH, für deren Abgabenschuldigkeiten der Beschwerdeführer zur Haftung herangezogen worden war, betroffen hat.

Der Beschwerdeführer rügt überdies, dass die belangte Behörde als weiteren Aspekt für ihre Beurteilung, die Löhne seien an den Beschwerdeführer ausbezahlt worden, den Umstand aufgreife, dass die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben in den Saldenlisten aufschienen. Dies sei nach Ansicht der belangten Behörde ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Auszahlung der Löhne an den Beschwerdeführer auch tatsächlich erfolgt sei. In der Folge meint der Beschwerdeführer, hohe bzw. wenig hohe Wahrscheinlichkeitsvermutungen hinsichtlich einer Lohnauszahlung könnten sicherlich nicht als Begründung herangezogen werden, um von einer für eine Haftung ausreichenden Sicherheit ausgehen zu können. Der Beschwerdeführer habe alles in seiner Macht stehende getan, um seiner Beweispflicht nachzukommen. Sollten diese Beweismittel für eine Haftungsbefreiung des Beschwerdeführers nicht ausreichen, so dränge sich die Frage auf, wie bzw. mit welchen Beweismitteln er seiner Beweispflicht nachkommen hätte können.

Auch dieses Vorbringen ist vor dem Hintergrund des Vorbringens des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren, aus der Buchhaltung ergebe sich einwandfrei, dass keine Zahlungen geleistet worden seien, es sei aber "unmöglich", die gesamte Buchhaltung für den haftungsrelevanten Zeitraum vorzulegen, nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Zutreffend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass im Verwaltungsverfahren nicht begründet worden sei, weshalb eine entsprechende Vorlage der Buchhaltung unmöglich gewesen sei. Auch in der Beschwerde wird eine nähere Begründung nicht vorgetragen. Im Übrigen wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, jene Teile der gesamten Buchhaltung zu bezeichnen und der Behörde zugänglich zu machen, aus denen sich die Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptungen ergeben.

Die Frage, ob im Beschwerdefall Löhne an den Beschwerdeführer ausgezahlt wurden, war von der belangten Behörde sachverhaltsbezogen in freier Beweiswürdigung zu beurteilen. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof insofern zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, sie somit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/14/0145). Dieser Prüfung hält der angefochtene Bescheid stand. Die belangte Behörde hat sich nämlich nicht nur auf die Saldenliste sondern auch auf die Meldung der Lohnabgaben an das Finanzamt gestützt. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, weshalb es unschlüssig sein oder der Lebenserfahrung widersprechen sollte, dass die Meldung von einbehaltenen Lohnabgaben an das Finanzamt dafür spricht, dass die entsprechenden Löhne tatsächlich ausbezahlt worden sind. Bereits im Verwaltungsverfahren war darauf hingewiesen worden, dass die Behauptung, die Meldung der Einbehaltung von Lohnabgaben sei nur erfolgt, um einer gesetzlichen Verpflichtung zu genügen, nicht überzeuge, weil eine Verpflichtung, hinsichtlich nicht ausbezahlter Löhne Lohnabgaben anzumelden, nicht bestehe. Einen überzeugenden Grund für die Anmeldung von Lohnabgaben, wenn gar keine Löhne ausbezahlt worden sind, hat der Beschwerdeführer in der Folge nicht genannt.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am